European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0140OS00104.24M.0401.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu II./, demgemäß auch in der zu I./ und II./ gebildeten Subsumtionseinheit, im Strafausspruch sowie im Zuspruch von 3.633,64 Euro an den Privatbeteiligten * B* aufgehoben und es wird die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Eisenstadt verwiesen.
Mit seiner den aufgehobenen Schuldspruchpunkt II./ betreffenden Nichtigkeitsbeschwerde und seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * Z* des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, § 148 zweiter Fall und (zu ergänzen:) § 15 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, * B* durch Vorspiegelung seiner Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit sowie durch die Vorgabe, ein vertrauenswürdiger und redlicher Vertragspartner zu sein, zu Handlungen verleitet, die diesen in einem 5.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, wobei er den schweren Betrug nach § 147 Abs 2 StGB gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB) beging, nämlich
I./ zur Überlassung von Geldbeträgen, ohne seiner Rückzahlungsverpflichtung nach Fälligkeit (US 6) nachzukommen, und zwar
1./ am 18. August 2023 in E* zur Zuzählung von 40.000 Euro;
2./ am 8. September 2023 in H* zur Vornahme einer Überweisung von 602 Euro, „wobei es beim Versuch blieb, weil kein Schaden entstanden ist“;
3./ zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt bis Mitte September 2023 in H* zur Zuzählung von (weiteren) 9.000 Euro;
II./ dadurch, dass er spätestens am 29. September 2023 in M* seine Absicht zum Kauf einer B* gehörenden Liegenschaft mit der Einlagezahl *, Katastralgemeinde *, bekundete, zur Errichtung eines Kaufvertrags sowie zur Einrichtung eines Treuhandkontos zum Erlag des Kaufpreises von 300.000 Euro, wobei B* von diesem Rechtsgeschäft zurücktrat, weil der Angeklagte den Kaufpreis nicht aufbringen konnte, und durch frustrierte Aufwendungen einen Schaden von 3.633,64 Euro erlitt.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerdedes Angeklagten.
[4] Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, dass dem Urteil im Schuldspruch zu II./ nicht geltend gemachte Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) zum Nachteil des Angeklagten anhaftet.
[5] Nach den Feststellungen (US 6 f; vgl auch US 2) gab der Angeklagte gegenüber * B* vor, über ausreichende finanzielle Mittel zum Erwerb der Liegenschaft des Letzteren mit der EZ *, KG *, zum Preis von 300.000 Euro zu verfügen. Getäuscht über die Zahlungsfähigkeit und -willigkeit des Angeklagten schloss B* mit ihm einen Kaufvertrag über die Liegenschaft ab und beauftragte am 29. September 2023 einen Rechtsanwalt mit der Errichtung eines schriftlichen Kaufvertrags und der Einrichtung eines Treuhandkontos. Da der Angeklagte mangels finanzieller Mittel den Kaufpreis nicht begleichen konnte, trat B* vom Kaufvertrag zurück, wodurch ihm „Kosten für die Vertragserrichtung und Anderkontospesen in Höhe von insgesamt 3.633,64 Euro“ entstanden. In subjektiver Hinsicht ging das Schöffengericht zu II./ davon aus, dass der Angeklagte wusste, dass er über keine ausreichenden finanziellen Mittel verfügte, und „wusste und wollte“, dass er B* durch Täuschung über seine Zahlungsfähigkeit und -willigkeit sowie Redlichkeit zum Abschluss eines Kaufvertrags über die gegenständliche Liegenschaft „und zur darauffolgenden Beauftragung der Errichtung eines Kaufvertrags samt Einrichtung eines Treuhandkontos durch einen Rechtsanwalt“ verleitet. Weiters „wusste und wollte“ er, dass B* (zum Schuldspruch zu I./ und II./) insgesamt im Ausmaß von 53.235,64 Euro am Vermögen geschädigt wird und wollte er sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig bereichern und sich bei sämtlichen Taten einen ihm nicht zustehenden Vermögensvorteil verschaffen (US 7).
[6] Betrug setzt (unter anderem) voraus, dass zwischen dem Vermögensschaden und der vom Täter angestrebten Bereicherung ein funktionaler Zusammenhang in der Weise besteht, dass der Vorteil auf der Vermögensverfügung des Getäuschten beruht, die den Schaden herbeiführt. Die vom Tätervorsatz umfasste Bereicherung stellt solcherart die (wenn auch betragsmäßig nicht unbedingt entsprechende) Kehrseite des zugefügten Schadens dar (zur sogenannten „Stoffgleichheit“ von Schaden und Nutzen siehe RIS-Justiz RS0094215, RS0094598, RS0094140; Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 146 Rz 6, 114).
[7] Gegenständlich hat das Schöffengericht eine selbstschädigende Vermögensverfügung des Opfers (bloß) in Ansehung der Kosten für frustrierte Anwaltsleistungen konstatiert, wobei diesem (eingetretenen) Vermögensschaden keine (tatsächliche oder angestrebte) Vermehrung des Vermögens (iS einer unrechtmäßigen Bereicherung) des Angeklagten gegenübersteht. Dass dieser B* zu einer – einen effektiven Verlust an Vermögenssubstanz und somit den Schadenseintritt bewirkenden – Überlassung der Liegenschaft (vgl dazu RIS-Justiz RS0094563 [T1]) veranlasst hat oder veranlassen wollte, ist den Feststellungen hingegen nicht zu entnehmen. Demnach bleiben die Konstatierungen zum Bereicherungsvorsatz (US 7) ohne Sachverhaltsbezug (vgl RIS-Justiz RS0119090).
[8] Dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen erforderte – bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285e iVm § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) – die Aufhebung des Schuldspruchs zu II./, demgemäß auch der zu I./ und II./ gebildeten Subsumtionseinheit, des Strafausspruchs sowie des Zuspruchs von 3.633,64 Euro an den Privatbeteiligten B*. In diesem Umfang war die Strafsache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.
[9] Auf das zum Schuldspruch zu II./ erstattete Beschwerdevorbringen war daher nicht einzugehen.
[10] Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Kassation des Strafausspruchs zu verweisen.
[11] Im zweiten Rechtsgang wird hinsichtlich aller dem Angeklagten letztlich zur Last liegenden Betrugstaten die Subsumtionseinheit nach § 29 StGB neu zu bilden sein (RIS‑Justiz RS0116734).
[12] Im Übrigen kommt der Nichtigkeitsbeschwerde keine Berechtigung zu:
[13] Undeutlich (Z 5 erster Fall) ist ein Urteil, wenn den Feststellungen unter Berücksichtigung der Gesamtheit der Entscheidungsgründe nicht unzweifelhaft zu entnehmen ist, welche entscheidenden Tatsachen das Gericht als erwiesen angenommen hat und aus welchen Gründen dies geschehen ist (RIS-Justiz RS0089983, RS0117995).
[14] Mit der Behauptung, das Erstgericht habe „keine hinreichenden Feststellungen“ zur inneren Tatseite, insbesondere zur Rückzahlungsfähigkeit und ‑willigkeit getroffen, wird eine – von der Beschwerde behauptete – Undeutlichkeit nicht aufgezeigt. Unter dem Aspekt der Z 9 lit a wiederum macht die Beschwerde nicht klar, warum die angesprochenen Konstatierungen (US 7) den Schuldspruch zu I./ nicht tragen sollten und welcher weiteren Feststellungen es zur rechtsrichtigen Subsumtion bedurft hätte (RIS‑Justiz RS0099620).
[15] Soweit der Beschwerdeführer aus seiner – in Betreff seiner Rückzahlungsfähigkeit und ‑willigkeit als unglaubwürdig beurteilten (US 9 ff) – Verantwortung andere Schlüsse als das Schöffengericht zieht und behauptet, das Erstgericht habe sich mit dieser „nicht im ausreichenden Maße auseinandergesetzt“, bekämpft er die tatrichterliche Beweiswürdigung bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (vgl § 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung. Gleiches gilt für das Begehren nach „hinreichenden Feststellungen“, „ob der Angeklagte in der Lage war, die Rückzahlung (...) zu tätigen“ (vgl dazu aber US 5 ff).
[16] Die einen Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz in Abrede stellende Rechtsrüge (Z 9 lit a) argumentiert nicht auf Basis der in objektiver und subjektiver Hinsicht getroffenen Feststellungen (US 5 ff), sondern bestreitet diese zum Teil abermals wie zuvor bereits die Mängelrüge. Damit verfehlt sie jedoch die prozessordnungsgemäße Ausführung materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).
[17] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in diesem Umfang – ebenfalls in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
[18] Die Kostenentscheidung, die sich nicht auf die amtswegige Maßnahme erstreckt (RIS-Justiz RS0101558), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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