European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0060OB00038.25V.0326.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
I. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
II. Der Ordinationsantrag wird abgewiesen.
Begründung:
[1] Der Kläger begehrt von den Beklagten Schadenersatz und die Feststellung der Haftung für Gesundheitsschäden, die er durch die Verwendung eines fehlerhaften Beatmungsgeräts im Zeitraum 2018 bis Ende 2022 erlitten habe. Das Beatmungsgerät habe die Zweitbeklagte hergestellt, die ihren Sitz in den Vereinigten Staaten von Amerika habe. Die Erstbeklagte sei die Importeurin dieses Geräts, die Drittbeklagte Bevollmächtigte im Sinn der VO (EU) 2017/745 über Medizinprodukte (MP‑VO).
[2] Hilfsweise stellte der Kläger einen Ordinationsantrag an den Obersten Gerichtshof.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die Vorinstanzen wiesen die Klage gegen die Zweitbeklagte a limine wegen fehlender internationaler Zuständigkeit zurück.
I. Zum Revisionsrekurs:
[4] 1. In seinem außerordentlichen Revisionsrekurs zeigt der Kläger keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO auf. Der Oberste Gerichtshof hat in ganz vergleichbar gelagerten Parallelverfahren bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Verneinung der internationalen Zuständigkeit der österreichischen Gerichte für die gegen die zweitbeklagte Herstellerin gerichteten Ansprüche nicht korrekturbedürftig ist (3 Ob 200/23t, 3 Ob 129/24b, 8 Ob 126/24y und 9 Ob 93/24b). Die dort angestellten Erwägungen treffen auch auf den vorliegenden Fall zu.
[5] 2. Die Beantwortung der Frage, ob eine im Rekursverfahren unzulässige Neuerung vorliegt, geht in ihrer Bedeutung über den Einzelfall nicht hinaus und begründet daher – vom Fall krasser Fehlbeurteilung abgesehen – keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (RS0042828 [T35]).
[6] Das Rekursgericht erachtete das Klagevorbringen zu einer Handlungspflicht der Zweitbeklagten „in Österreich“ nicht als ausreichend konkretisiert für die Behauptung der Verletzung bestimmter Informationspflichten gegenüber bestimmten österreichischen Behörden und beurteilte das Rekursvorbringen zu konkreten Meldepflichten gegenüber näher bezeichneten Institutionen als unzulässige Neuerung. Angesichts des Umstands, dass die Klägerin in diesem Zusammenhang im Verfahren erster Instanz nur allgemein einen Rückruf des Beatmungsgeräts des Klägers sowie die „Lancierung“ einer Sicherheitsmitteilung als geboten ansah, ohne im Hinblick auf § 27a JN den Ort, an dem die Handlungspflicht auszuüben gewesen wäre, oder die zu informierende Institution näher zu bezeichnen, ist diese Beurteilung vertretbar und liegt innerhalb des dem Rekursgericht zukommenden Beurteilungsspielraums.
[7] Im Revisionsrekurs wird daher insgesamt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO geltend gemacht.
II. Zum Ordinationsantrag:
[8] 1. Über den vom Kläger gestellten Eventualantrag auf Ordination ist in der für die Behandlung des Rechtsmittels vorgesehenen Besetzung zu entscheiden (RS0124243).
[9] 2. Sind für eine bürgerliche Rechtssache die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts im Sinne dieses Gesetzes oder einer anderen Rechtsvorschrift nicht gegeben oder nicht zu ermitteln, so hat der Oberste Gerichtshof aus den sachlich zuständigen Gerichten gemäß § 28 Abs 1 Z 2 JN eines zu bestimmen, welches für die fragliche Rechtssache als örtlich zuständig zu gelten hat, wenn der Kläger österreichischer Staatsbürger ist oder seinen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz im Inland hat und im Einzelfall die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre.
[10] 3. Die Voraussetzungen des § 28 Abs 1 Z 2 JN sind nach § 28 Abs 4 zweiter Satz JN vom Antragsteller zu behaupten und zu bescheinigen (RS0124087 [T3]). Diese Bestimmung soll Fälle abdecken, in denen trotz Fehlens eines Gerichtsstands im Inland ein Bedürfnis nach Gewährung inländischen Rechtsschutzes vorhanden ist, weil ein Naheverhältnis zum Inland besteht und im Einzelfall eine effektive Klagemöglichkeit im Ausland nicht gegeben ist (RS0124087 [T4]).
[11] 4. Der Kläger führt zu seinem Ordinationsantrag ohne jede Konkretisierung lediglich aus, die Rechtsverfolgung gegenüber der Zweitbeklagten sei „im Ausland unmöglich und unzumutbar“. Es bestehe „das Risiko, dass das Erstgericht die inländische Gerichtsbarkeit verneint, weshalb auch dann die Voraussetzungen der mangelnden örtlichen Zuständigkeit des österreichischen Gerichts“ vorlägen. Damit zeigt der Kläger aber nicht auf, aus welchen Gründen die Rechtsverfolgung gegen die Zweitbeklagte in den Vereinigten Staaten für ihn unmöglich oder unzumutbar sein sollte.
[12] 5. Der für den – aufgrund der unter einem erfolgten Zurückweisung des außerordentlichen Revisions-rekurses bereits eingetretenen – Fall der rechtskräftigen Verneinung der Zuständigkeit gestellte Ordinationsantrag war daher abzuweisen.
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