OGH 6Ob2/25z

OGH6Ob2/25z26.3.2025

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Dr. Faber, Mag. Pertmayr und Dr. Weber als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien zu FN * eingetragenen „H*“‑Privatstiftung mit dem Sitz in * über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Privatstiftung, vertreten durch Eiselsberg Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 19. November 2024, GZ 6 R 207/24s‑19, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0060OB00002.25Z.0326.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 15 Abs 1 FBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Der Stiftungsprüfer ist neben dem Vorstand das zweite zwingend vorgesehene Organ der Stiftung (6 Ob 224/16h; vgl § 14 Abs 1 PSG). Seine wesentliche Funktion als das dem Stiftungsvorstand beigestellte Kontrollorgan (vgl 6 Ob 239/08b [ErwGr 2.1.]; ErläutRV 1132 BlgNR 18. GP  26) liegt darin, das bei der Stiftung aufgrund des Fehlens von Eigentümern bestehende Kontrolldefizit (RS0129853; ErläutRV 1132 BlgNR 18. GP  16 f) auszugleichen (6 Ob 224/16h [ErwGr 2.]; Rizzi in Harrer/Neumayr/Told, Organhaftung [2022] IX. Überwachungsorgane der Privatstiftung 460: „einzig obligatorische[s] Überwachungsorgan“ der Privatstiftung; Müller, Die Handlungsautonomie des Stiftungsvorstands [2015] 96: „verpflichtende externe Kontrolle“).

[2] 2. Um seine Aufgabe als Kontrollorgan wahrnehmen zu können, bedarf es der Bestellung eines effizienten und unabhängigen Stiftungsprüfers (6 Ob 239/08b). Die Bestellung hat – soweit (wie hier) kein Aufsichtsrat eingerichtet ist – zwingend durch das Gericht zu erfolgen (§ 20 Abs 1 PSG). Zwar ermöglicht es § 9 Abs 2 Z 2 PSG, Regelungen über Vorschläge (hier: des Vorstands) in die Stiftungsurkunde aufzunehmen. Ein solcher Vorschlag kann aber – wiewohl Vorschlägen nach einer gut eingespielten Praxis häufig gefolgt wird – nur dazu führen, dass das Gericht anlässlich der Bestellung des Stiftungsprüfers auf ihn Bedacht zu nehmen hat. Das Gericht ist an den Vorschlag aber nicht gebunden (so schon 6 Ob 231/02t unter Verneinung eines Eingriffs in ein eigenständiges subjektives Recht der in der Stiftungsurkunde als Vorschlagsberechtigte genannten Stifter; RS0117218; vgl auch Hasch/Weberndorfer, PSG² [2014] § 20 Rz 5, wonach das Vorschlagsrecht die Befugnis des Gerichts, einen Stiftungsprüfer frei zu wählen, nicht begrenzen darf).

[3] 3. Ausgehend von diesen in der Rechtsprechung bereits gezogenen Leitlinien zeigt der Revisionsrekurs keine erhebliche Rechtsfrage auf:

[4] 3.1. Für die von der Stiftung als erheblich iSd § 15 Abs 1 FBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG angesehene Rechtsfrage, ob ein „Anspruch des Vorschlagsberechtigten [besteht], dem Gericht noch einen weiteren Vorschlag zu unterbreiten“, insbesondere dann, wenn (hier über Aufforderung des Gerichts) vom Vorschlagsrecht Gebrauch gemacht worden sei, findet sich kein Ansatz im Gesetz.

[5] 3.2. Stiftungen sind vielgestaltig. Es kann die Stiftung von der Form einer „einfachen“ Sparbuchstiftung bis hin zu sehr komplexen Vermögensmassen (mit vielschichtigen Beteiligungen und Verflechtungen) ausgestaltet sein. Sie kann eigennützig oder gemeinnützig ausgerichtet sein. „Wie weit der Ermessensspielraum bei der Ausübung von Bestellungsrechten gezogen werden kann“, lässt sich daher auf allgemeingültiger Ebene nur insoweit beantworten, als dass es dafür immer auf das Wohl der konkreten Stiftung ankommt.

[6] 3.3. Das Erstgericht sah ausdrücklich wegen des von ihm herausgestrichenen Auswahlkriteriums des Wohls der Stiftung unter Hinweis auf die im vorliegenden Fall auch gegebene Eigennützigkeit der Stiftung und ihren (in‑)direkten Beteiligung(en) an bzw Verflechtung mit unternehmerisch tätigen Gesellschaften mit beschränkter Haftung die Bestellung einer nach dem APAG zertifizierten Prüferin als zweckmäßig an. Aus diesem Grund folgte es dem Vorschlag der Weiterbestellung der bisherigen (nicht nach dem APAG zertifizierten) Stiftungsprüferin nicht. Schon in seiner Aufforderung hatte es aufgetragen, einen nach dem APAG zertifizierten Stiftungsprüfer vorzuschlagen.

[7] Das Rekursgericht vertrat nach Erörterung der (dazu differierenden) Stellungnahmen in der Literatur den Standpunkt, es möge eine Zertifizierung nach dem APAG zwar für einen Stiftungsprüfer nicht (grundsätzlich) verpflichtend sein (wovon im Übrigen auch das Erstgericht nicht ausgegangen war), sie stelle aber durchaus einen tauglichen Entscheidungsparameter dar (so auch Ludwig in Arnold, Stiftungshandbuch³ 11.2. Stiftungsprüfung Rz 11/26b); der Rekurs habe dem Argument des Erstgerichts, die Beteiligung der Privatstiftung indiziere die Bestellung eines nach dem APAG zertifizierten Prüfers, nichts entgegengesetzt.

[8] Wenn das Rekursgericht mit dieser Begründung für den vorliegenden Fall zu dem Ergebnis gelangte, es habe das Erstgericht sein Auswahlermessen anlässlich der Bestellung der Abschlussprüferin nicht überschritten, liegt darin keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung. Dass zwingende Gründe in der bestellten Prüferin vorlägen, wonach sie gemäß § 20 Abs 2 und 3 PSG ungeeignet sei (siehe Schereda, Der Stiftungsprüfer [2015] 14), wurde nicht behauptet.

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