European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0060OB00140.24T.0326.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
I. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
II. Der Antrag, der außerordentlichen Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird zurückgewiesen.
Begründung:
Zu I.:
[1] Die Klägerin begehrt Räumung des Bestandobjekts, in dem der Beklagte einen Gastronomiebetrieb führt, mit der Begründung, den Pachtvertrag im Jänner 2023 unter Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist zum 31. 1. 2024 sowie mit Schreiben vom 7. 7. 2023 aus wichtigen Gründen mit sofortiger Wirkung gekündigt zu haben.
[2] Der Beklagte bestritt die Wirksamkeit sowohl der ordentlichen als auch der außerordentlichen Kündigung.
[3] Die Vorinstanzen gaben der Klage statt.
[4] Zur ordentlichen Kündigung konnte nicht festgestellt werden, ob die Klägerin das am 23. 1. 2023 abgesendete Kündigungsschreiben auch postalisch – der Zugang per E‑Mail ist festgestellt – erhalten hat. Es steht allerdings fest, dass das am 25. 1. 2023 neuerlich eingeschrieben absendete Kündigungsschreiben am 26. 1. 2023 von einer Angestellten des Beklagten übernommen wurde.
[5] Das Berufungsgericht führte aus, zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz (§ 193 ZPO) am 21. 2. 2024 sei die ordentliche Kündigungsfrist bereits abgelaufen gewesen. Schon deshalb sei das Räumungsbegehren berechtigt. Darüber hinaus bejahte es das Vorliegen von Gründen für eine sofortige Vertragsauflösung.
Rechtliche Beurteilung
[6] Die außerordentliche Revision zeigt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.
[7] 1. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO kann nur dann vorliegen, wenn die Entscheidung gerade von deren Lösung abhängt. Die maßgebende Rechtsfrage muss daher präjudiziell sein (RS0088931 [T2]). Stützt das Berufungsgericht seine Entscheidung auf mehrere Begründungen und bekämpft die Revision nur die Hilfsbegründung des Berufungsgerichts, so mangelt es an der Präjudizialität dieser Rechtsfrage (Lovrek in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze³ § 502 Rz 119). Die Revision vermag daher keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung darzustellen, wenn sie eine von mehreren Begründungen des Berufungsgerichts, die selbständig tragfähig ist, unbekämpft lässt (RS0118709 [T3, T7]; 6 Ob 48/23m; Lovrek in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze³ § 502 Rz 120).
[8] 2. Das Berufungsgericht stützte die Berechtigung des Räumungsbegehrens auf die Wirksamkeit sowohl der ordentlichen als auch der außerordentlichen Kündigung. Der Beklagte wendet sich in der außerordentlichen Revision nicht gegen die Beurteilung, er sei aufgrund der ordentlichen Kündigung zur Räumung verpflichtet. Soweit er den Zugang des ersten Kündigungsschreibens in Zweifel zieht, lässt er die Zustellung des am 25. 1. 2023 abgesendeten Kündigungsschreibens außer Acht.
[9] 3. In der außerordentlichen Revision werden im Übrigen ausschließlich Rechtsfragen im Zusammenhang mit den von der Klägerin behaupteten Gründen für eine außerordentliche Kündigung geltend gemacht. Diese erweisen sich allerdings als nicht präjudiziell, weil die Begründung, der Beklagte sei aufgrund der ordentlichen Kündigung zur Räumung verpflichtet, selbständig tragfähig ist.
Zu II.:
[10] Eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für eine außerordentliche Revision sieht die Zivilprozessordnung nicht vor, weshalb schon aus diesem Grund der darauf gerichtete Antrag des Klägers zurückzuweisen ist (8 Ob 67/24x [Rz 16]; 5 Ob 204/23w [Rz 7 f]).
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