OGH 2Ob222/24x

OGH2Ob222/24x25.3.2025

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte MMag. Sloboda, Dr. Thunhart und Dr. Kikinger und die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richterin und Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin C *, vertreten durch Mag. Dietmar Krammer, MA, Rechtsanwalt in Ternitz, wegen freiwilliger Eidesleistung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des C*, vertreten durch Mag. Roland Schlegel, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 15. November 2024, GZ 19 R 62/24i‑14, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0020OB00222.24X.0325.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Erbrecht und Verlassenschaftsverfahren

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

[1] Die Antragstellerin wurde in einem Pflichtteilsprozess mit rechtskräftigem Teilurteil vom 18. Oktober 2023 dazu verpflichtet, ihrem Prozessgegner „umfassend Auskunft über Zeitpunkt, Gegenstand und Wert aller ihr bekannten Zuwendungen und Schenkungen des Erblassers, insbesondere solche an die beklagte Partei selbst, zu erteilen und die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Auskünfte eidlich zu bekräftigen“.

[2] Am 18. Juni 2024 beantragte die Antragstellerin beim Außerstreitgericht die „freiwillige Eidesableistung im obigen Sinne“.

[3] Einen Antrag des Prozessgegners (und nunmehrigen Revisionsrekurswerbers) auf Beiziehung zur anzuberaumenden Verhandlung zwecks Ausübung des Fragerechts und Wahrung des Parteiengehörs wies das Erstgericht mit der Begründung zurück, dass dem Gläubiger im Verfahren zur freiwilligen Eidesleistung keine Parteistellung zukomme.

[4] Am 22. August 2024 vernahm das Erstgericht die Antragstellerin im Rahmen einer Tagsatzung, zu der der Prozessgegner nicht geladen worden war, detailliert zur „Auskunftspflicht aufgrund des Teilurteils“ und nahm dieser in der Folge einen Eid darüber ab, dass „sie mit ihren heutigen Angaben über alle ihr bekannten Zuwendungen und Schenkungen des Erblassers […], insbesondere an sie selbst, Auskunft gegeben hat und ihre Angaben vollständig und richtig sind“.

[5] Das Rekursgerichtgab einem Rekurs des Rechtsmittelwerbers gegen die Zurückweisung seines Antrags nicht Folge. Der Rechtsmittelwerber sei im Streit über seine Parteistellung rechtsmittellegitimiert. Er sei durch die Entscheidung ungeachtet der bereits erfolgten Eidesleistung auch beschwert. Da keine Entscheidung in der Sache (mehr) ergehen könne, sei der Beschluss des Erstgerichts ungeachtet seiner verfahrensleitenden Natur selbständig anfechtbar. Im Verfahren zur freiwilligen Eidesleistung sei der Gläubiger keine Partei.

[6] Der dagegen gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs mit dem Antrag auf ersatzlose Behebung der angefochtenen Entscheidungen ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, aber nicht berechtigt.

[7] Der Rechtsmittelwerber argumentiert, dass das Erstgericht eine Tagsatzung nicht nur zur Eidesleistung, sondern auch zur Auskunftserteilung anberaumt habe. Es sei unklar, ob diese Auskunftserteilung überhaupt im Außerstreitverfahren zu erfolgen habe. Jedenfalls müsse der Rechtsmittelwerber einer solchen (erstmaligen) Auskunftserteilung beigezogen werden. Außerdem sei zu klären, ob eine unvollständige Auskunftserteilung überhaupt die Ablegung eines Eides ermögliche und ob die Auskunftserteilung und Eidesleistung auch im Titelverfahren (Zivilprozess) erfolgen könne.

Rechtliche Beurteilung

Dazu hat der Senat erwogen:

[8] 1. Da in der Zurückweisung der Anträge auf Beiziehung keine Entscheidung „in der Sache“ – also über den Verfahrensgegenstand (RS0120860) – liegt, ist das Revisionsrekursverfahren einseitig.

[9] 2. Grundsätzlich muss es dem Schuldner einer titulierten Verpflichtung möglich sein, die geschuldete Leistung freiwillig zu erbringen, um die Einleitung eines Exekutionsverfahrens durch den Gläubiger zu vermeiden (vgl 5 Ob 551/76 SZ 49/73).

[10] 3. Der Beklagte, der im Rahmen einer Stufenklage nach Art XLII EGZPO mit Teilurteil zur Auskunftserteilung verhalten wird, kann (und muss) diese Verpflichtung (selbstverständlich – um einer Exekution zuvorzukommen – freiwillig erfüllen (Konecny in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze³ II/1 Art XLII EGZPO Rz 124). Dafür bedarf es – entgegen der vom Erstgericht gewählten Vorgehensweise – nicht der dafür nicht vorgesehenen Einbindung des Gerichts. Vielmehr ist die Auskunft durch entsprechende (im Regelfall schriftliche) außergerichtliche Mitteilung des Schuldners an den Gläubiger zu erteilen.

[11] 4. Die freiwillige Erfüllung der titelmäßigen Verpflichtung auf eidliche Angabe des Vermögens gemäß Art XLII EGZPO hat hingegen vor dem Bezirksgericht im Außerstreitverfahren zu erfolgen (RS0005935). Die Frage, ob die Eidesleistung aus prozessökonomischen Erwägungen auch im Prozess selbst erfolgen kann, hat der Senat zuletzt in 2 Ob 220/21y offen gelassen, jedoch betont, dass es jedenfalls keine Verpflichtung des Prozessgerichts zur Abnahme des Eides gibt (Rz 19). Auch im Anlassfall bedarf diese Frage mangels Entscheidungsrelevanz keiner Prüfung.

[12] 5. Nach der ausführlich begründeten Entscheidung 5 Ob 551/76 beruht der Gerichtsakt der Abnahme des freiwilligen Eides und seiner gehörigen Beurkundung ausschließlich auf öffentlichem Recht und schafft auch nur öffentlich-rechtliche Beziehungen zwischen dem antragstellenden Verpflichteten und dem Gericht. Eine Mitwirkung des Gläubigers an der Erbringung der Eidesleistung ist weder erforderlich noch von schutzwürdigem Interesse. Dem Gläubiger kommt daher im Verfahren zur freiwilligen Eidesleistung durch den Schuldner keine Parteistellung zu. Wenn der Gläubiger die Eidesleistung als (formell) nicht dem Urteil entsprechend ansehen sollte, steht es ihm frei, im Umfang der Nichterfüllung der urteilsmäßig zu erbringenden Leistung Exekution (regelmäßig nach § 354 EO [vgl Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka, ZPO5 Art XLII EGZPO Rz 6]) zu führen, wohingegen der Schuldner seine allfällige Einwendung, der Anspruch sei bereits durch Tilgung erloschen, im Rechtsweg (§ 35 EO) geltend machen kann.

[13] 6. Auf dieser Grundlage haben die Vorinstanzen eine Parteistellung des Rechtsmittelwerbers zutreffend verneint. Dass das Erstgericht in der zur freiwilligen Ablegung eines Eides beantragten Tagsatzung auch die von der Antragstellerin gemachten Auskünfte protokollierte, verschafft dem Rechtsmittelwerber keine Parteistellung. Es ist auch nicht geboten, ihm ein Fragerecht einzuräumen, weil ihm ein solches bei regulärer – also außergerichtlicher – Auskunftserteilung aufgrund einer titulierten Verpflichtung ebensowenig zukäme. Wenn der Rechtsmittelwerber die Ansicht vertritt, die ihm nunmehr zugegangene Auskunftserteilung erfülle die titelgemäße Verpflichtung der Antragstellerin nicht, steht es ihm – wie oben dargestellt – frei, einen Exekutionsantrag zu stellen, wobei im Weg der Exekution nur eine formell vollständige, nicht jedoch eine materiell richtige Auskunftserteilung erzwungen werden kann (vgl RS0004372). Da auch im Titelprozess die Frage, ob der Beklagte einen dort strittigen Auskunftsanspruch bereits erfüllt hat, danach zu beurteilen ist, ob eine formell vollständige Auskunft vorliegt (RS0004372 [T8]), liegt die vom Rechtsmittelwerber insoweit behauptete Ungleichbehandlung nicht vor.

[14] 7. Ob der titulierte Auskunftsanspruch durch die Angaben im Rahmen der abgehaltenen Tagsatzung erfüllt wurde, ist im vorliegenden Revisionsrekursverfahren, das nur die Frage der Parteistellung des Rechtsmittelwerbers betrifft, nicht zu beurteilen. Sekundäre Feststellungsmängel liegen in diesem Zusammenhang nicht vor.

[15] 8. Dem außerordentlichen Revisionsrekurs war damit insgesamt ein Erfolg zu versagen.

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