European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0070OB00022.25Y.0319.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Versicherungsvertragsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Dieklagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.127,40 EUR (darin enthalten 187,90 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Zwischen den Parteien besteht ein Haftpflichtversicherungsvertrag, dem die Allgemeinen und Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung AHVB/EHVB 2012/1 zugrundeliegen.
[2] Sie lauten auszugsweise:
„ Artikel 1
Versicherungsfall und Versicherungsschutz
1. Versicherungsfall
1.1 Versicherungsfall ist ein Schadenereignis, das dem versicherten Risiko entspringt und aus welchem dem Versicherungsnehmer Schadenersatzverpflichtungen (Pkt. 2.) erwachsen oder erwachsen können.
[...]
2. Versicherungsschutz
2.1 Im Versicherungsfall übernimmt der Versicherer
2.1.1 die Erfüllung von Schadenersatzverpflichtungen, die dem Versicherungsnehmer wegen eines Personenschadens, eines Sachschadens oder eines Vermögensschadens, der auf einen versicherten Personen- oder Sachschaden zurückzuführen ist, aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts erwachsen
[...]
2.3 Sachschäden sind die Beschädigung oder die Vernichtung von körperlichen Sachen.
[…]“
[3] DieKlägerin führt im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit die Prüfung der Dichtheit von Leitungen durch. Sie begehrt die Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten für einen Schadenersatzanspruch, bestehend aus den Kosten einer Leitungssanierung, die aufgrund einer behauptetermaßen unrichtigen Diagnose der Undichtheit erfolgt sei, weshalb diese Kosten für den Kunden frustriert gewesen seien.
[4] Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren wegen des Vorliegens eines bloßen Vermögensschadens ab.
[5] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle, ob ein infolge fehlerhafter Werkleistung frustrierter Reparaturaufwand an einer körperlichen Sache als Sachschaden iSd Art 1.2.3 AHVB 2012 zu qualifizieren sei.
Rechtliche Beurteilung
[6] Da die Klägerin in ihrer Revision das Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu begründen vermag, ist die Revision entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):
[7] 1. Das Leistungsversprechen in Art 12.1.1 AHVB 2012 bezieht sich nicht auf den gesamten Bereich des Schadensbegriffs des § 1293 ABGB, sondern nur auf die Deckung von Personenschäden und Sachschäden sowie solcher Vermögensschäden, die auf einen versicherten Personenschaden oder Sachschaden zurückzuführen sind. Demgegenüber sind sogenannte „reine“ Vermögensschäden, das sind Schäden, die weder durch einen Personenschaden, noch durch einen Sachschaden entstanden sind, soweit sie nicht nach den EHVB unter Versicherungsschutz fallen, nicht mitversichert. Es kommt auf den Ursachenzusammenhang an: Ist der betreffende Vermögensschaden ein Schaden, der mit dem Personenschaden oder Sachschaden in einem ursächlichen Zusammenhang im Sinn der Adäquanztheorie steht, so ist ein solcher Vermögensschaden als „unechter“ Vermögensschaden regelmäßig gedeckt (RS0081414 zum wortgleichen Art 1 AHVB 1978; 7 Ob 153/21g).
[8] 2. Ein Sachschaden ist die Beschädigung oder Vernichtung von körperlichen Sachen (Art 1.2.3 AHVB 2012). Eine Beschädigung liegt vor, wenn auf die Substanz einer (bereits bestehenden) Sache körperlich so eingewirkt wird, dass deren zunächst vorhandener Zustand beeinträchtigt und dadurch ihre Gebrauchsfähigkeit aufgehoben oder gemindert wird (7 Ob 65/15g mwN).
[9] 3. Im vorliegenden Fall erfolgte durch die Überprüfung der Leitung durch die Klägerin keine Verminderung oder Aufhebung der Gebrauchsfähigkeit der Leitung; ihre Reparatur war lediglich unnötig, weil gar keine Undichtheit vorgelegen hatte. Damit hält sich die Rechtsansicht der Vorinstanzen, bei den frustrierten Kosten für diese Reparatur handle es sich um einen bloßen Vermögensschaden im Rahmen der dargestellten Rechtsprechung und ist daher nicht korrekturbedürftig.
[10] 4. Die Revision ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.
[11] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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