OGH 13Os17/25m

OGH13Os17/25m19.3.2025

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. März 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Mag. Vogel in der Strafsache gegen * R* wegen Vergehen der pornographischen Darstellungen Minderjähriger nach § 207a Abs 3 erster Satz StGB idF vor BGBl I 2023/135, AZ 23 Hv 26/24g des Landesgerichts Linz, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil jenes Gerichts vom 21. Mai 2024 (ON 27) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Staatsanwalt Dr. Roitner, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0130OS00017.25M.0319.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Sexualdelikte

 

Spruch:

 

In der Strafsache AZ 23 Hv 26/24g des Landesgerichts Linz verletzt das Urteil dieses Gerichts vom 21. Mai 2024 (ON 27) im Unterbleiben des Anführens der für die Befugnis zur Anordnung der Einziehung maßgebenden Umstände in Schlagworten § 270 Abs 4 Z 2 StPO iVm § 488 Abs 1 StPO.

Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird im Einziehungserkenntnis aufgehoben und es wird die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Linz verwiesen.

 

Gründe:

[1] Mit unbekämpft in Rechtskraft erwachsenem, in gekürzter Form ausgefertigtem (§ 270 Abs 4 StPO iVm § 488 Abs 1 StPO) Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Linz vom 21. Mai 2024 (ON 27) wurde * R* – soweit hier von Bedeutung – mehrerer Vergehen der pornographischen Darstellungen Minderjähriger nach § 207a Abs 3 erster Satz StGB idF vor BGBl I 2023/135 schuldig erkannt.

[2] „Gemäß § 26 Abs 1 StGB“ wurden zugleich „folgende beschlagnahmte Datenträger eingezogen: Laptop Acer Aspire V (ON 11, Pos 1), Laptop Acer Aspire E15 (ON 11, Pos 2), Festplatte My Passport Ultra (ON 11, Pos 3) und das Smartphone Nokia GMS Lumnia 520 rot (ON 12, Pos 3)“. Aus der Urteilsausfertigung geht hervor, dass es sich dabei um Datenträger des Verurteilten handelt, auf denen er jene sexualbezogenen bildlichen Darstellungen minderjähriger Personen gespeichert hatte, deren Besitz vom Schuldspruch umfasst ist (ON 27 S 2 und 3). Davon abgesehen sind ihr keine Gründe für die Einziehung zu entnehmen.

[3] Die auf dem Einziehungserkenntnis beruhenden Vernichtungsaufträge (ON 11.2 und 12.2) wurden nach der Aktenlage bislang nicht signiert und abgefertigt (vgl ON 1.24 und 1.25).

Rechtliche Beurteilung

[4] Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde aufzeigt, steht dieses Urteil mit dem Gesetz nicht in Einklang:

[5] Einziehung setzt voraus, dass diese vorbeugende Maßnahme nach der besonderen Beschaffenheit des Gegenstands geboten erscheint, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen durch den Täter selbst oder durch andere Personen entgegenzuwirken. Dabei spricht das in § 26 StGB verwendete Wort „geboten“ die Deliktstauglichkeit des Gegenstands an (RIS‑Justiz RS0121298 sowie Haslwanter in WK2 StGB § 26 Rz 6 und 12).

[6] Bei Datenträgern kommt eine Einziehung grundsätzlich dann in Betracht, wenn auf ihnen (im dargestellten Sinn) gefährliche Daten gespeichert sind (13 Os 96/06a, 14 Os 59/10y sowie RIS‑Justiz RS0121298 [T11 und T12]). Nach dem Urteilsinhalt trifft dies auf sämtliche vom Einziehungserkenntnis betroffenen Gegenstände zu.

[7] Allerdings ist von der Einziehung abzusehen, wenn der Berechtigte die besondere Beschaffenheit der Gegenstände beseitigt (§ 26 Abs 2 erster Satz StGB). Dies (auf seine Kosten) zu veranlassen ist dem Berechtigten (hier dem Verurteilten) vor der Einziehung angemessen Gelegenheit zu geben (RIS-Justiz RS0121299 [insbesondere T1 bis T3] und Haslwanter in WK2 StGB § 26 Rz 15, zur Beseitigung der Deliktstauglichkeit durch Löschen verpönter Daten erneut 14 Os 59/10y).

[8] Tatumstände, die (in rechtlicher Hinsicht) die Bejahung dieser (negativen) Einziehungsvoraussetzung tragen, sind solcherart für die Anordnungsbefugnis maßgebend (vgl Haslwanter in WK2 StGB § 26 Rz 18).

[9] Aufgrund der keine Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) enthaltenden Ausfertigung des Urteils in gekürzter Form konnte sich der Oberste Gerichtshof insoweit zwar nicht von einer Verletzung des materiellen Rechts überzeugen (vgl Ratz, WK-StPO § 292 Rz 34, im Sachverhalt anders 11 Os 163/10w). Jedenfalls aber wären – im Unterschied zur Rechtslage vor BGBl I 2009/52 (vgl dazu im gegebenen Zusammenhang 13 Os 43/08k) – die für die Anordnungsbefugnis maßgebenden Umstände gemäß § 270 Abs 4 Z 2 StPO (iVm § 443 Abs 3 StPO) in der gekürzten Urteilsausfertigung zumindest schlagwortartig festzuhalten gewesen (vgl Danek/Mann, WK-StPO § 270 Rz 60 und Lendl, WK-StPO § 260 Rz 35, zu diesem Erfordernis hinsichtlich der für die Sanktionsbefugnis maßgebenden Umstände 13 Os 49/21m, 50/21h [Rz 15] mwN). Dass der Einzelrichter dies in Ansehung der (negativen) Einziehungsvoraussetzung nach § 26 Abs 2 erster Satz StGB unterließ, verletzt daher § 270 Abs 4 Z 2 StPO iVm § 488 Abs 1 StPO.

[10] Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die aufgezeigte Gesetzesverletzung zum Nachteil des Verurteilten wirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, ihre Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).

[11] Vom aufgehobenen Urteilsausspruch rechtslogisch abhängige Entscheidungen und Verfügungen gelten gleichermaßen als beseitigt (RIS-Justiz RS0100444).

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