European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0040OB00098.24A.0318.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Streitteile kooperierten im Zusammenhang mit COVID‑19-Tests. Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die (sinngemäße) Feststellung, dass die Beklagten (weder einzeln noch gemeinsam) einen Anspruch gegen sie „auf ein Drittel oder einen sonstigen Anteil des Gewinns“ hätten, den sie aus der Abwicklung der PCR- und Antigen-Tests für fünf Wiener Apotheken erwirtschaftet habe oder erwirtschaften werde, und dementsprechend insbesondere ein Anspruch laut Rechnung vom 6. 3. 2022 nicht zu Recht bestehe.
[2] Das Berufungsgericht bestätigte die Klagsabweisung gegenüber der Zweitbeklagten, weil sie sich nie eines Rechts berühmt und auch keine Rechnung gelegt habe. Hingegen gab es der Berufung der Klägerin gegen das klagsabweisende Ersturteil im Verhältnis zur Erstbeklagten Folge und stellte ihr gegenüber das Nichtbestehen des Rechtsverhältnisses (mit in dritter Instanz nicht relevierten Klagsmodifikationen) fest. Die vom Erstgericht getroffene Negativfeststellung zum Abschluss einer Gewinnbeteiligungsvereinbarung gehe entgegen seiner Ansicht nicht zu Lasten der Klägerin, sondern zu Lasten der Erstbeklagten, die nach der Rechtsprechung das angemaßte Recht beweisen oder aufgeben müsse.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die außerordentliche Revision der Erstbeklagten ist mangels Aufzeigens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig und zurückzuweisen.
[4] Die Revision wendet sich nicht gegen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts zur Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens und zur Behauptungs- und Beweislast, sondern greift (neuerlich) die Negativfeststellung an. Die Beweiswürdigung und die Tatsachenfeststellungen sind in dritter Instanz jedoch nicht mehr bekämpfbar (vgl RS0042903, RS0069246, RS0043371).
[5] Soweit die Erstbeklagte eine Nichtigkeit gemäß § 477 Abs 1 Z 9 ZPO behauptet, ist ihr zu entgegnen, dass eine von der zweiten Instanz – wie hier – verneinte Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens nicht weiter anfechtbar ist (vgl RS0042981, RS0043405, RS0042917). Die behauptete Nichtigkeit der Berufungsentscheidung liegt ebensowenig vor. Der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Begründung ist nämlich nur dann gegeben, wenn die Entscheidung gar nicht oder so unzureichend begründet ist, dass sie sich nicht überprüfen lässt (RS0007484, RS0042133), wovon hier keine Rede sein kann.
[6] Eine Mangelhaftigkeit des zweitinstanzlichen Verfahrens läge in diesem Zusammenhang nur vor, wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisfrage überhaupt nicht befasst hätte (vgl RS0043371), was hier ebensowenig der Fall ist. Die Rüge, dass sich das Berufungsgericht mit bestimmten Zeugenaussagen und anderen Beweisergebnissen nicht auseinandergesetzt habe, bedeutet in Wahrheit nur eine im Revisionsverfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung (RS0043131).
[7] Beizupflichten ist der Erstbeklagten, dass die Schlussfolgerung, ob ein Vertrag wirksam zustande kam, grundsätzlich keine Beweis-, sondern eine Rechtsfrage ist, und dafür das (Erklärungs‑)Verhalten der Parteien (gegebenenfalls ein übereinstimmender Parteiwille) festzustellen und gemäß §§ 914 f ABGB auszulegen ist. Die Verwendung von Rechtsbegriffen in den Feststellungen schadet aber nicht, insbesondere wenn sie in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen sind (vgl RS0111996, RS0043593, RS0111277).
[8] Zudem begründet weder die Auslegung einer Willenserklärung bzw eines Vertrags, noch der Urteilsfeststellungen im Einzelfall eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO, solange kein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (vgl RS0042555, RS0042936, RS0042776, RS0118891).
[9] Entgegen den Revisionsausführungen hat sich das Berufungsgericht umfassend mit den von den Beklagten ins Treffen geführten Aussagen und Urkunden in beweiswürdigender sowie in rechtlicher Hinsicht auseinandergesetzt. Es hat die Feststellungen anhand der gesamten Urteilsbegründung und des eigenen Vorbringens der Beklagten ausgelegt und davon ausgehend sowohl die Beweiswürdigung des Erstgerichts zur Nichtfeststellbarkeit von mündlichen Zusagen betreffend eine Gewinnbeteiligung gebilligt, als auch eine Auslegung des Schriftverkehrs gemäß §§ 914 f ABGB im Sinne der Beklagten verneint.
[10] Der Revision gelingt es nicht, insoweit eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung aufzuzeigen. Der von der Erstbeklagten konstruierte Unterschied zwischen einem Gewinn der Apotheken und jenem der Klägerin überzeugt nicht, ging es doch im Verfahren stets nur um eine interne Aufteilung und einen „Anteil am Anteil“ (konkret ein Drittel), sodass die Negativfeststellung zwanglos in diesem Sinne verstanden werden kann. Der von der Erstbeklagten weiters ins Treffen geführte Schriftverkehr wurde vom Berufungsgericht als unstrittig qualifiziert und ohnedies seiner Beurteilung zugrunde gelegt, sodass auch die insoweit behaupteten sekundären Feststellungsmängel nicht vorliegen. Schließlich ist auch kein unvertretbares Abgehen von der ständigen Rechtsprechung zu §§ 914 f ABGB ersichtlich, wenn das Berufungsgericht den Begriff „Apotheken Wien“ im E-Mail des Rechtsvertreters der Beklagten vom 1. 6. 2021 für auslegungsbedürftig erachtete und nur auf die bereits bestehende Vereinbarung mit einem Dritten bezog, nicht aber auf die hier strittigen, erst ab Juli 2021 von der Klägerin neu eingerichteten Teststationen. Auf die behauptete Bevollmächtigung des Empfängers des E-Mails durch die Klägerin kommt es damit nicht an.
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