European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0100NC00010.25I.0307.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Antrag der klagenden Partei auf Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht Dornbirn wird abgewiesen.
Begründung:
[1] Der Kläger begehrt von der Beklagten aus dem Titel der Gewährleistung und des Schadenersatzes insgesamt 6.795,66 EUR. Er habe den von der Beklagten erworbenen, mangelhaften PKW VW Golf VII Variant 1.6 TDI Comfort aufgrund deren Verbesserungsverweigerung selbst reparieren lassen müssen, wodurch ihm Kosten in dieser Höhe entstanden seien.
[2] Die Beklagte erhob Einspruch gegen den Zahlungsbefehl, bestritt das Vorliegen von Mängeln und wandte im Übrigen ein, ihr sei nie die Möglichkeit zur Verbesserung eingeräumt worden.
[3] Mit Antrag vom 21. 2. 2025 beantragte der Kläger – noch vor der vorbereitenden Tagsatzung – die Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht Dornbirn, weil nicht nur er sowie das Unternehmen, in dessen Kfz‑Werkstatt das Fahrzeug repariert worden sei, und dem er im Verfahren den Streit verkündet habe, sondern auch die von ihm in großer Zahl namhaft gemachten Zeugen ihren (Wohn‑)Sitz in Vorarlberg hätten. Zudem befinde sich das in Rede stehende Fahrzeug im Sprengel des Bezirksgerichts Dornbirn. Die Weiterführung des Verfahrens vor dem Bezirksgericht Graz‑Ost wäre daher mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden bzw müsste allenfalls praktisch das gesamte Beweisverfahren im Wege der Videokonferenz durchgeführt werden.
[4] Die Beklagte trat der Delegierung unter Hinweis auf die Möglichkeit einer Videokonferenz sowie darauf entgegen, dass sie ebenso wie die von ihr geführten Zeugen, die jeweils ihren Wohnsitz in der Steiermark hätten, im Fall der Delegierung nach Dornbirn anreisen müsste, was wiederum mit entsprechenden Mehrkosten verbunden wäre. Ob es zu einer Nebenintervention komme, sei im Übrigen noch gar nicht geklärt.
[5] Das Erstgericht legte den Akt dem Obersten Gerichtshof unter Hinweis auf den Verfahrensstand, aber entgegen § 31 Abs 3 JN ohne eigene Stellungnahmezur Zweckmäßigkeit, zur Entscheidung über den Delegierungsantrag vor. Da es jedoch hier keiner weiteren Aufklärung bedarf, kann der Delegierungsantrag auch ohne eine solche Stellungnahme des Vorlagegerichts erledigt werden (vgl RS0112499).
Rechtliche Beurteilung
[6] Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.
[7] 1. Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung soll allerdings nur den Ausnahmefall bilden. Keinesfalls soll durch eine zu großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (RS0046441). Aus Zweckmäßigkeitsgründen soll die Delegierung vor allem dann angeordnet werden, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verkürzung, eine Kostenverringerung oder eine Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit zu bewirken verspricht (RS0046333). Es entspricht daher der ständigen Rechtsprechung, dass die Delegierung gegen den Willen der anderen Partei nur dann auszusprechen ist, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zugunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RS0046589; RS0046324).
[8] 2. Zwar können der Wohnort der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen oder auch die Lage eines Augenscheinsgegenstands Zweckmäßigkeitsgründe für die Beurteilung des Delegierungsantrags sein (vgl RS0046333 [T8]). Hier sind aber nicht nur der Geschäftsführer der Beklagten, sondern auch die von ihr beantragten neun Zeugen jeweils unter Adressen in der Steiermark zu laden. Davon abgesehen wird es im vorliegenden Verfahren letztlich primär auf die Beurteilung der vom Kläger behaupteten Mängel durch einen einschlägig fachkundigen Sachverständigen (und nicht einen Augenschein des Gerichts) ankommen; dieser könnte auch aus dem Sprengel des Bezirksgerichts Dornbirn oder dessen näherer Umgebung gewählt werden, was die Anreisekosten für eine Befundaufnahme jedenfalls reduzieren würde. Die Möglichkeit nicht nur der Vernehmung der auswärtigen Zeugen, sondern auch einer allenfalls erforderlichen Gutachtenserörterung im Weg der Videokonferenz ist bei der Beurteilung zu berücksichtigen (vgl RS0046333 [T37, T40]; 5 Nc 9/19x). Zweckmäßigkeitserwägungen, die eindeutig im Sinn aller Verfahrensbeteiligten für die vom Kläger beantragte Delegierung sprechen, liegen somit nicht vor (RS0046324). Es hat daher beim Regelfall der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung zu bleiben.
[9] 3. Ein erfolgloser Delegierungswerber hat dem Prozessgegner die notwendigen Kosten seiner ablehnenden Äußerung zum Delegierungsantrag unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits zu ersetzen (RS0036025). Hier sind jedoch der Beklagten keine abgrenzbaren Kosten des Zwischenstreits entstanden. Ihr Schriftsatz mit der Stellungnahme zum Delegationsantrag enthält auch Vorbringen zur Sache und Beweisanträge und ist damit im Hauptverfahren verwertbar (RS0036025 [T5, T8, T10]).
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