OGH 5Ob219/24b

OGH5Ob219/24b6.3.2025

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Mag. Wurzer als Vorsitzenden, sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Painsi, Dr. Weixelbraun‑Mohr, Dr. Steger und Dr. Pfurtscheller als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin M*, vertreten durch Mag. Rudolf Lind, Rechtsanwalt in Korneuburg, gegen die Antragsgegnerin 1. B* GmbH, *, vertreten durch Mag. Alexander Jelly, Rechtsanwalt in Villach, sowie sämtliche Mit‑ und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ * KG *, darunter 18. D*, vertreten durch Dr. Georg Bauer, Mag. Edwin Kerschbaummayr, Rechtsanwälte in Linz, 25. M*, 26. M*, beide vertreten durch die Liebenwein Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen § 52 Abs 1 Z 4 und 6 WEG iVm §§ 24 Abs 6 und 20 Abs 3 WEG, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 5. September 2024, GZ 1 R 184/24i‑46, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Villach vom 19. Februar 2024, GZ 6 MSch 16/23w‑35, bestätigt wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0050OB00219.24B.0306.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Wohnungseigentumsrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragstellerin ist schuldig, der Erstantragsgegnerin binnen 14 Tagen deren mit 1.000,75 EUR (darin 166,79 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Die Antragstellerin kaufte am 13. 3. 2019 Miteigentumsanteile an der streitgegenständlichen Liegenschaft verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung W 48. Die sechsstöckige Wohnungseigentumsanlage liegt auf einer Alpe auf 1.500 m Seehöhe. Die Erstantragsgegnerin ist die aktuelle Verwalterin, zuvor übte die Verwaltung E* aus. Die übrigen Antragsgegner sind die weiteren Mit‑ und Wohnungseigentümer.

[2] Die Antragstellerin beantragte die Aufhebung oder Nichtigerklärung einer Vielzahl von Mehrheitsbeschlüssen der Eigentümergemeinschaft sowie die Richtigstellung der Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2020, 2021 und 2022. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens sind nur mehr die Anfechtung eines Beschlusses vom 23. September 1995 (Spruchpunkt 4.c des erstgerichtlichen Sachbeschlusses), der den (damaligen) Hausverwalter ermächtigte, unter näheren Voraussetzungen einen Kaufvertrag über eine Waldparzelle abzuschließen, weiters der Beschluss vom 13. September 2014 (Spruchpunkt 4.i des erstgerichtlichen Sachbeschlusses), der die Erstantragsgegnerin ermächtigte, mit dem nordöstlichen Grundstücksnachbarn hinsichtlich einer seit 1968 aus dessen Parzelle 493/1 KG O* in Anspruch genommenen Teilfläche für die Nutzung des Parkplatzes samt Böschung (ca 50 m²) und einer Waldabstandsfläche (von ca 15 x 70 m), insgesamt 1.050 m² entlang der Nordostgrenze der Liegenschaft einen Pachtvertrag zu näher beschriebenen Konditionen abzuschließen, und letztlich die Beanstandung der Betriebskostenabrechnungen von 2020, 2021 und 2022 (Spruchpunkte 3.a, 3.b und 3.c des erstgerichtlichen Sachbeschlusses).

[3] Das Erstgericht wies den Sachantrag betreffend den Beschluss vom 23. September 1995 zurück, hinsichtlich desjenigen vom 13. September 2014 hingegen ab. Die Betriebskostenabrechnungen stellte es jeweils mit (nicht mehr Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens bildenden) Änderungen als richtig und ordnungsgemäß im Sinn des WEG 2002 fest, wobei es jeweils die Positionen „Waldparzelle“ mit näher angeführten Beträgen zur Gänze strich. Hinsichtlich des Spruchpunkts 4.c (Kauf „westliche Liegenschaft“ Grundstück 493/6 KG O*) ging es davon aus, diessei kein Beschluss der Eigentümergemeinschaft gewesen, der somit auch nicht im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren angefochten werden könne. Hinsichtlich Spruchpunkt 4.i (Pacht eines Teils des „östlichen Grundstücks“ Nr 493/1) ging es von einer einem Mehrheitsbeschluss zugänglichen Verwaltungsmaßnahme aus. Die Betriebskostenabrechnungen korrigierte es – soweit noch wesentlich – hinsichtlich der Positionen „Waldparzelle“, einerseits betreffend das „westliche Grundstück“ 493/6 im Ausmaß der Grundsteuer von jeweils 10 EUR jährlichsowie der Grundsteuer und des Pachtzinses für das „südliche Grundstück“ 498/51 KG O* (dies ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens).

[4] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin dagegen nicht Folge (soweit es einen anderen Beschlusspunkt über Rekurs der Erstantragsgegnerin bestätigte, ist dies nicht mehr Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens) und teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichts. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit jeweils insgesamt 10.000 EUR übersteigend und ließ den Revisionsrekurs mit der Begründung zu, die Bestätigung des Punkts 4.i des erstgerichtlichen Beschlusses könnte mit der Entscheidung 5 Ob 62/04k im Widerspruch stehen, weil dem Abschluss des Pachtvertrags keine Einstimmigkeit zugrunde gelegen sei, die Bestätigung des Punkts 4.c hingegen mit der Rechtsprechung, wonach hinsichtlich des Anscheins eines Beschlusses im Zweifel Großzügigkeit angebracht sei.

[5] Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag auf Abänderung dahin, den Beschluss der Eigentümerversammlung betreffend den Kaufvertrag der „westlichen Liegenschaft“ vom 23. September 1995 ebenso für nichtig zu erklären wie den Beschluss vom 13. September 2014 betreffend den Pachtvertrag für die „östliche Liegenschaft“, weiters die Betriebskostenabrechnungen 2020, 2021 und 2022 dahin richtigzustellen, als die Verrechnung sämtlicher bezugnehmender Positionen für die „östliche, westliche und südliche Fremdliegenschaft“ auszuscheiden und rückzuverrechnen seien.

[6] Die Erstantragsgegnerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihm keine Folge zu geben. Die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer haben sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

[7] Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Zum Sachbeschluss Punkt 4.c (betreffend den Ankauf der westlichen Liegenschaft Grundstück 493/6)

[8] 1.1. Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, hier liege jedenfalls der Anschein eines Beschlusses der Eigentümergemeinschaft vor, weil in der Eigentümerversammlung am 23. September 1995 unter Tagesordnungspunkt 5 ein Willensbildungsprozess stattgefunden habe. Dass nur die Treugeber des „südlichen Grundstücks“ 498/51 einen treuhändigen Ankauf des „westlichen Grundstücks“ 493/6 beschlossen hätten, gehe aus dem Beschlusstext selbst nicht hervor.

[9] 1.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Fachsenats (schon zum hier auf den „Beschluss“ aus 1995 anwendbaren WEG 1975) ist im Fall des Anscheins eines Mehrheitsbeschlusses eine fristgerechte Anfechtung erforderlich, bei deren Unterbleiben der Mangel heilt. Besteht aber ein solcher Anschein nicht – wie etwa dann, wenn die Minderheit unter Ausschluss der Mehrheit einen Beschluss fasst – ist von unheilbarer Nichtigkeit auszugehen (RS0118450). Das wohnrechtliche Außerstreitverfahren steht etwa für eine Anfechtung von Beschlüssen einer „Miterrichtergemeinschaft“ nicht zur Verfügung, die zu einem Zeitpunkt, als die Eigentümergemeinschaft noch gar nicht existierte, ein Wohnhaus gemeinsam errichten ließ (5 Ob 497/97t). Voraussetzung einer Antragstellung gemäß § 26 Abs 1 Z 4 WEG 1975 ist nämlich, dass überhaupt ein Beschluss der (Wohnungs‑)Eigentümergemeinschaft vorliegt (RS0109645). In Zweifelsfällen hält die Rechtsprechung bei der Zulässigkeit des Außerstreitverfahrens zur Erleichterung einer Klarstellung Großzügigkeit für angebracht; aus Gründen der Rechtssicherheit soll im Zweifel bei der Abgrenzung zwischen nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen für (befristete) Anfechtbarkeit entschieden werden (RS0118451). Ob der Anschein eines Mehrheitsbeschlusses gegeben ist, hängt aber regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl RS0118451) und könnte eine erhebliche Rechtsfrage daher nur im Fall einer krassen Fehlbeurteilung aufwerfen. Ein Bedürfnis nach Klarstellung und Rechtssicherheit ist insoweit aber nicht erkennbar.

[10] 1.3. Ob der Antragstellerin, die nicht (überstimmtes) Mitglied der (Wohnungs‑)Eigentümergemeinschaft bei Beschlussfassung im Jahr 1995 war und ihr Objekt erst Jahre nach dem Ankauf des „westlichen Grundstücks 493/6“ durch den (damaligen) Verwalter im eigenen Namen erworben hatte, überhaupt ein Anfechtungsrecht unter dem Regime des WEG 1975 zustand und welche Fristen sie dafür allenfalls einzuhalten gehabt hätte, kann aus den nachstehenden Gründen dahinstehen.

[11] 1.4. Aus den Feststellungen ist klar, dass es sich bei dem „Beschluss“ vom 23. September 1995 – mag er auch in einer Eigentümerversammlung ergangen sein – nicht um einen solchen der (Wohnungs-)Eigentümergemeinschaft handelte und auch nicht handeln hätte können, weil schon nach dem Beschlusstext kein Bezug zu ihr bestand. Eine „einstimmige“ Ermächtigung (nur) durch die anwesenden Mit‑und Wohnungseigentümer an den (damaligen) Verwalter, unter näheren Voraussetzungen für sich selbst ein Nachbargrundstück anzukaufen, hat – für sich allein – keinerlei Auswirkung auf die Eigentümergemeinschaft (soweit Betriebskostenabrechnungen danach die Grundsteuer dafür von 10 EUR jährlich beinhalteten, ist dies nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanzen jedenfalls unberechtigt, weil Alleineigentümer dieses Nachbargrundstücks der damalige Verwalter war, nun die Erstantragsgegnerin ist und Vereinbarungen, die die Eigentümergemeinschaft zur Tragung dieser Aufwendungen verpflichten hätte können, nicht festgestellt wurden). Dem Argument der Antragstellerin, der Beschluss sei relevant, da er die Rechtsgrundlage für die Kostentragung der Eigentümergemeinschaft für die Aufwendungen der westlichen Nachbarliegenschaft darstellen sollte, ist entgegenzuhalten, dass dies dem Text der damaligen Abrede nicht zu entnehmen ist und es ihr – wie tatsächlich geschehen – frei steht, allenfalls zu Unrecht in die Verwalterabrechnung aufgenommene Aufwendungen für dieses „westliche Grundstück“ zu beanstanden.

[12] 1.5. Zusammengefasst besteht daher für den erkennenden Senat kein Grund, in diesem konkreten Einzelfall von einem aufgrund des Interesses an Rechtssicherheit unbefristet anfechtbaren Beschluss der Eigentümergemeinschaft auszugehen, die Entscheidungen der Vorinstanzen sind vielmehr nicht zu beanstanden.

2. Zum Sachbeschluss Punkt 4.i (betreffend Pacht eines Teils des „östlichen Grundstücks“ 493/1)

[13] 2.1. Die Antragstellerin meint hiezu, die Ermächtigung zum Abschluss des Pachtvertrags sei keine Verwaltungsmaßnahme, sie setze Einstimmigkeit der Wohnungseigentümer voraus. Die Rechtsfrage, ob die Entscheidung zum Abschluss von Nutzungsverträgen mit liegenschaftsfremden Personen im Rahmen eines Mehrheitsbeschlusses gefasst werden könne, sei erheblich.

[14] 2.2. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Fachsenats (RS0130070), dass Mehrheitsbeschlüsse nur Maßnahmen der Verwaltung zum Gegenstand haben können und dürfen. Allfällige ihre Kompetenz überschreitende Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft können unbefristet bekämpft und zur Klarstellung der Rechtslage beseitigt werden (5 Ob 16/18s mwN). Auf diese unbefristete Anfechtungsmöglichkeit beruft sich die Antragstellerin hier: Ihre Legitimation ist nicht zu bezweifeln, weil nach ihren Behauptungen dieses Pachtverhältnis unverändert aufrecht ist und sie dieses als neu hinzugekommenes Mitglied der Eigentümergemeinschaft hinzunehmen hatte.

[15] 2.3. Voraussetzung eines wirksamen Vertragsabschlusses durch die Eigentümergemeinschaft ist deren Rechtsfähigkeit, die nach § 18 Abs 1 Satz 1 WEG grundsätzlich auf Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft beschränkt ist. Maßgeblich ist daher die Beantwortung der Frage, ob es sich beim Gegenstand des Beschlusses um eine Verwaltungsmaßnahme oder eine Verfügung handelte.

[16] 2.4. Verwaltungshandlungen zeichnen sich nach ständiger Rechtsprechung des Fachsenats (RS0109188; 5 Ob 244/21z) dadurch aus, dass sie gemeinschaftliches Vorgehen erfordern, weil es um Interessen aller Gemeinschafter geht. Von bloßen Besitz‑ oder Gebrauchshandlungen einzelner Miteigentümer heben sie sich dadurch ab, dass mit ihnen Geschäfte der Gemeinschaft besorgt werden, während die Abgrenzung zu den Verfügungen nach den Auswirkungen der Geschäftsführungsakte auf das gemeinschaftliche Gut bzw die Anteile der Miteigentümer vorzunehmen ist. Zur Verwaltung gehört demnach alles, was gemeinschaftliche Interessen bei der Nutzung und Erhaltung des Gemeinschaftsguts fördern oder aber auch beeinträchtigen könnte; eine Verfügung greift hingegen in die Substanz der Gemeinschaftsrechte oder Anteilsrechte ein. Zu fragen ist bei der Abgrenzung zwischen Verwaltungshandlungen und Verfügungen nach den Auswirkungen auf das gemeinschaftliche Gut bzw die Anteile der Miteigentümer (RS0109188 [T2]). Verwaltungshandlungen zielen darauf ab, gemeinschaftliche Pflichten zu erfüllen oder gemeinschaftliche Interessen wahrzunehmen (RS0109188 [T12]).

[17] 2.5. Zur Frage der Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft für den Erwerb obligatorischer Nutzungsrechte an einer Nachbarliegenschaft hat der Fachsenat noch nicht explizit Stellung genommen. Die in der Zulassungsbegründung zitierte Entscheidung 5 Ob 62/04k befasst sich damit, unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen für Anlagen, die sich auf einer Nachbarliegenschaft befinden, in die Abrechnung einbezogen werden können, und erwähnt eine – dort nicht vorliegende – Vereinbarung aller Eigentümer. Zur Frage, ob die Pacht eines (Teils des) Nachbargrundes Verwaltungsmaßnahme oder Verfügung ist, enthält sie keine explizite Aussage. Die Entscheidung 5 Ob 228/17s, die die Abrechnung von Aufwendungen für einen auf einer Nachbarliegenschaft befindlichen Parkplatz betraf, geht von der Zulässigkeit einer Vereinbarung (auch) der Eigentümergemeinschaft mit der Eigentümerin der Nachbarliegenschaft über deren Nutzung aus. Nach 5 Ob 116/01x und 5 Ob 214/01h ist der Erwerb dinglicher Rechte an einer (fremden) Liegenschaft, selbst wenn dies der Erhaltung und Benützung des Hauptstamms dienen sollte, keine Verwaltungshandlung, weil sich die geplante Rechtshandlung nicht auf den bestehenden Miteigentumsanteil selbst bezieht (krit Häublein/Köll, Die rechtsfähige Eigentümergemeinschaft als Liegenschaftseigentümerin – zu den Grenzen der Verwaltungsangelegenheiten iSv § 18 Abs 1 WEG 2002, wobl 2019, 256).

[18] 2.6. Hier geht es beim Beschluss vom 13. September 2014 nicht um den Ankauf eines Teils des „östlichen Grundstücks“ 493/1, sondern um dessen Pacht für Zwecke der Eigentümergemeinschaft. Bei Beurteilung der Frage, ob der Abschluss eines Pachtvertrags über einen Teil des Nachbargrundstücks als Angelegenheit der Verwaltung (und nicht als Verfügung) anzusehen ist, ist auf die allgemeine Definition von Verwaltung und Verfügung und die von der zitierten Rechtsprechung dazu entwickelten Abgrenzungskriterien abzustellen. Voraussetzung einer Verwaltungshandlung ist daher zunächst, dass damit Gemeinschaftsinteressen verfolgt werden (RS0109188). Überdies muss die vorzunehmende Maßnahme einen Bezug zur Nutzung, Erhaltung oder Verbesserung der gemeinsamen Liegenschaft aufweisen und darf nicht in die dingliche Rechtsposition einzelner Wohnungseigentümer eingreifen (Häublein/Köll, Die rechtsfähige Eigentümergemeinschaft als Liegenschaftseigentümerin – zu den Grenzen der Verwaltungsangelegenheiten iSv § 18 Abs 1 WEG 2002, wobl 2019, 256 [258]; Terlitza, Zur Abgrenzung von Verwaltung und Verfügung – eine dogmatische Frage von eminenter praktischer Bedeutung, wobl 2011, 185 [201 f]. Diese weiteren Voraussetzungen haben ihre Grundlage – so auch Häublein/Köll (aaO [258])– im Normzweck der auf die Verwaltung beschränkten Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft, der aus einer Interessenabwägung des Gesetzgebers resultiert. Während im Bereich der Verwaltung zwecks Ermöglichung eines effizienten Vorgehens im Rechtsverkehr die unbeschränkte Vertretungsmacht des Verwalters besteht (§ 18 Abs 1 WEG) und der einzelne Wohnungseigentümer auf die ihm durch das WEG eingeräumten Minderheitenrechte beschränkt ist, wird für Verfügungen, bei denen das individuelle Interesse des einzelnen Eigentümers überwiegt, Einstimmigkeit verlangt. Von einem solchen Überwiegen des individuellen Interesses wird etwa dann auszugehen sein, wenn eine an sich im Gemeinschaftsinteresse liegende Maßnahme entweder keinen Bezug zur Nutzung oder Erhaltung der Liegenschaft aufweist oder aber ein Eingriff in die dingliche Rechtsposition einzelner Wohnungseigentümer mit sich bringen würde.

[19] 2.7. Grund für den beschlossenen Pachtvertragsabschluss war nach den Festellungen, dadurch den Waldbewuchs zwecks besserer Aussicht und größeren Lichteinfalls niedrig zu halten, weiters Waldabstandsflächen zu schaffen und damit die Waldbrandgefahr zu minimieren, aber auch der Umstand, dass ein Teil des nordostseitigen Parkplatzes samt Böschung im Ausmaß von ca 50 m² und ein Teil der (alten) Kläranlage der Wohnungseigentumsanlage auf diesem Fremdgrundstück liegen, weil schon der seinerzeitige Bauträger diese Bauten dort errichtet hatte. Wenn auch die Kläranlage seit dem Anschluss der Wohnungseigentumsanlage an den öffentlichen Kanal nicht mehr in Betrieb gewesen sein mag, sind die Rohrleitungen nach wie vor vorhanden, wobei die – vom Eigentümer des Nachbargrundstücks verlangte – Entfernung dieser Kläranlage Kosten von ca 20.000 EUR erfordert und dieser die weitere Nutzung der Parkplatzfläche auf dem Nachbargrund unterbunden hätte.

[20] 2.8. Dass Gegenstand dieses Beschlusses daher die Wahrung von Gemeinschaftsinteressen aller Mit‑ und Wohnungseigentümer war, liegt auf der Hand. Insbesondere hätte der Nichtabschluss des Pachtvertrags Gemeinschaftsinteressen massiv beeinträchtigt, weil die Beseitigung der alten Kläranlage auf Kosten der Eigentümergemeinschaft erwartbare Folge gewesen wäre und es zu einer Reduktion der Parkmöglichkeiten kommen hätte können. Dass ein jährlicher Pachtzins von (wertgesichert) 600 EUR zur Abwendung der mit dem Nichtabschluss des Pachtvertrags verbundenen Nachteile im Gemeinschaftsinteresse liegt, ist ebenso nicht zu beanstanden. Die Maßnahme diente zweifellos der Nutzung und Verbesserung der gemeinsamen Liegenschaft. Ein Eingriff in die dingliche Rechtsposition einzelner Wohnungseigentümer ist demgegenüber nicht zu erkennen. Im konkreten Fall ist der im angefochtenen Beschluss vorgesehene Abschluss des Pachtvertrags über einen Teil des „östlichen Grundstücks“ 493/1 daher als Verwaltungsmaßnahme zu werten, die einer Beschlussfassung durch die Eigentümergemeinschaft unterliegen konnte.

2.9. Zusammenfassend gilt:

[21] Auch der Abschluss eines Bestandvertrags über einen Teil eines Nachbargrundstücks kann eine Verwaltungsmaßnahme sein, wenn er im Gemeinschaftsinteresse erfolgt, einen ausreichenden Bezug zur Nutzung, Erhaltung oder Verbesserung der gemeinschaftlichen Liegenschaft aufweist und in die dingliche Rechtsposition einzelner Wohnungseigentümer dadurch nicht eingegriffen wird. Der Eigentümergemeinschaft kommt insoweit Rechtsfähigkeit zu, sodass eine solche Maßnahme wirksamer Gegenstand ihrer Beschlussfassung sein kann.

3. Zu den Bewirtschaftungskostenabrechnungen

[22] 3.1. Vorauszuschicken ist, dass das Rekursgericht insoweit den Revisionsrekurs nicht zugelassen hat und die Aufwendungen für das (nicht Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens bildende) „südliche Grundstück“ und das „westliche Grundstück“ 493/6 unter den Positionen „Waldparzelle“ aus den Abrechnungen ohnedies – den Argumenten der Revisionsrekurswerberin folgend – gestrichen wurden. Dass die Aufwendungen für die Pacht des Teils des „östlichen Grundstücks“ 493/1 zu Recht in den Abrechnungen aufschienen, ist logische Folge der Entscheidung zu Punkt 2.; soweit sich die Antragstellerin gegen die Unwirksamkeit der Aufnahme dieser Positionen in die Betriebskostenabrechnungen wendet, ist sie auf die Ausführungen dort zu verweisen.

[23] 3.2. Weshalb die Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2020, 2021 und 2022 „auch aufgrund der festgestellten Unwirksamkeit des Beschlusses zum Pachtvertrag zur südlichen Fremdliegenschaft (498/51) nach wie vor unrichtig sind und neu berechnet werden müssen“, ist dem Revisionsrekurs nicht nachvollziehbar zu entnehmen. Unklar bleibt, warum bereits durchgeführte Gutschriften unvollständig, rechtlich unrichtig und daher richtigzustellen sein sollen, und was die Antragstellerin damit meint, „jede Betriebskostenabrechnung sei als Einheit zu betrachten, soweit diese teilweise ohne Rechtsgrundlage nicht ordnungsgemäß sei, sei dies auf Antrag auszusprechen und wäre diese Abrechnung in der Form richtigzustellen, dass Aufwendungen auszuscheiden seien“. Ein Entfall der Positionen der Abrechnungen unter dem Titel „Waldparzelle“ – wie vom Erstgericht aufgeschlüsselt – ist ja ohnedies erfolgt. Dass eine Auflistung von wirtschaftlichen Eigentümern (der „südlichen Liegenschaft“) oder ein Kontoblatt für die Pachtverrechnung nicht in die Betriebskostenabrechnung gehören, mag sein; inwieweit sie dadurch beschwert sein soll, ist ihren Ausführungen allerdings nicht zu entnehmen. Eine inhaltliche Würdigung ihrer insoweit nicht den Anforderungen an die Rechtsrüge eines Revisionsrekurses entsprechenden Ausführungen kann daher unterbleiben (vgl RS0048272).

[24] 4. Damit war dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

[25] 5. Die Erstantragsgegnerin hat im Revisionsrekursverfahren obsiegt, es entspricht daher der Billigkeit, ihr die tarifgemäß verzeichneten Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung zuzusprechen.

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