European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0050OB00226.24G.0306.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Wohnungseigentumsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Streitteile sind zu unterschiedlichen Anteilen schlichte Miteigentümer zweier benachbarter Liegenschaften. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist die Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs für ein auf eine Benützungsvereinbarung der Rechtsvorgänger der Streitteile gestütztes Feststellungsbegehren der Antragstellerin.
[2] Das Erstgericht verwarf die Einreden der Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs der Erstantragsgegnerin und des Zweitantragsgegners und sprach gemäß § 40a JN aus, dass die Rechtssache im Außerstreitverfahren zu behandeln sei.
[3] Das Rekursgericht gab den Rekursen der Erstantragsgegnerin und des Zweitantragsgegners nicht Folge, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ den Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
[4] Die außerordentlichen Revisionsrekurse der Erstantragsgegnerin und des Zweitantragsgegners zeigen keine erhebliche Rechtsfrage auf.
[5] 1. Nach dem mit dem FamErbRÄG 2004 neu geschaffenen § 838a ABGB sind Streitigkeiten zwischen den Miteigentümern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinsamen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten allgemein im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden, dies auch dann, wenn der Auseinandersetzung eine Vereinbarung der Miteigentümer zugrunde liegt (RS0132879; RS0013563 [T15]). Irrelevant ist daher nunmehr, ob als Grundlage des Anspruchs das Miteigentumsverhältnis selbst oder ein Vertrag herangezogen wird, solange es sich bei diesem um eine gemeinschaftliche Vereinbarung iSd § 838a ABGB handelt, die von Miteigentümern im Verhältnis zueinander abgeschlossen wurde (5 Ob 46/14x; H. Böhm/Palma in Kletečka/Schauer ABGB‑ON1.03 § 838a Rz 9; vgl auch 5 Ob 186/13h). Die Rechtsprechung stellt darauf ab, ob die Streitigkeit zwischen den Teilhabern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten „den Kern des Begehrens“ bildet (1 Ob 123/11m; 5 Ob 106/14w; 5 Ob 200/14v). Nicht in das außerstreitige Verfahren gehören Streitigkeiten zwischen Miteigentümern dann, wenn sich der Anspruch nicht (nur) aus dem Miteigentumsverhältnis ableitet, sondern auch auf andere Rechtsgrundlagen (etwa Besitzstörungs‑ oder Schadenersatzansprüche) stützt (7 Ob 189/14s).
[6] 2. Die Entscheidungen der Vorinstanzen bewegen sich in diesem von höchstgerichtlicher Rechtsprechung vorgegebenen Rahmen und bedürfen daher keiner Korrektur im Einzelfall. Im Hinblick darauf, dass neben dem Wortlaut des Begehrens vor allem die zu dessen Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen von Bedeutung sind, wobei vor allem der innere Sachzusammenhang des jeweils geltend gemachten Anspruchs mit einer entweder in die streitige oder außerstreitige Gerichtsbarkeit verwiesene Materie relevant ist (RS0013639 [T15, T17, T19]; RS0012214 [T6, T16]), ging das Rekursgericht davon aus, die Antragstellerin begehre neben der Feststellung des aufrechten Bestands der Benützungsvereinbarung jedenfalls auch eine Entscheidung darüber, wer welche Teile der Liegenschaft ausschließlich nutzen darf und in welchem Verhältnis Kosten, Aufwendungen und Erträge aufzuteilen sind, somit die Klärung von „mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechten und Pflichten“. Diese Auslegung des bei der Beurteilung der Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs heranzuziehenden „Kerns des Begehrens“ ziehen die Revisionsrekurswerber im Grunde nicht in Zweifel. Dass Voraussetzung für die Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs eine beabsichtigte „Rechtsgestaltung durch das Außerstreitgericht“ wäre, ist seit Inkrafttreten des § 838a ABGB überholt. Die Entscheidung 10 Ob 25/06h, von der die Vorinstanzen angeblich abgewichen sein sollen, erging noch zur Rechtslage vor Inkrafttreten des § 838a ABGB und ist daher nicht einschlägig.
[7] 3. In der bereits vom Rekursgericht zitierten Entscheidung 7 Ob 169/16b behaupteten die klagenden Mit‑ und Wohnungseigentümer ein auf sie übergegangenes Alleinbenutzungsrecht aufgrund einer zwischen früheren Mit‑ und Wohnungseigentümern abgeschlossenen Benützungsvereinbarung. Dass das Berufungsgericht im dortigen Verfahren dieses Begehren dem außerstreitigen Verfahren zuwies, billigte der Oberste Gerichtshof unter Hinweis darauf, dass auch Feststellungsbegehren, denen eine Vereinbarung zwischen Miteigentümern zugrunde liegt, von der Verweisung in das außerstreitige Verfahren nach § 838a ABGB erfasst sind. Dort wurde auch darauf hingewiesen, dass die Entscheidung zu 5 Ob 46/14x damit nicht in Widerspruch steht, weil der dortige Antragsteller, der damals nicht Eigentümer war, behauptete, vom früheren Eigentümer ein Benützungsrecht im Rahmen eines Bestandverhältnisses eingeräumt erhalten zu haben. All dies gilt auch hier.
[8] 4. Dass die Benützungsvereinbarung, deren Geltung beim Streit über exklusive Nutzungsrechte naturgemäß jedenfalls als Vorfrage zu beurteilen ist (wie dies auch zu 7 Ob 169/16b der Fall war) zwischen den früheren Miteigentümern abgeschlossen worden war, ist nicht strittig. Die Überbindungsvereinbarungen in Schenkungs‑ bzw Kaufverträgen zwischen den damaligen Miteigentümern und den diese Miteigentumsanteile später erwerbenden Rechtsnachfolgern führten im Gegensatz zur Meinung der Revisionsrekurswerber nicht dazu, dass im Sinn der Entscheidung 5 Ob 46/14x Nutzungsrechte zu beurteilen wären, die nichts mit einer Vereinbarung der Miteigentümer zu tun hätten. Nach den für die Beurteilung der Rechtswegzulässigkeit maßgeblichen Behauptungen des Antrags ist es vielmehr so, dass die Antragsgegner mittlerweile der Antragstellerin (nach Erwerb der Miteigentumsanteile durch sie) die Nutzung der in der Benützungsvereinbarung der Miteigentümer dem Rechtsvorgänger der Antragstellerin zugewiesenen Liegenschaftsbereiche streitig machen. Damit ist die Auffassung der Vorinstanzen, Kern des Begehrens sei unter Berücksichtigung des Antragsvorbringens jedenfalls die Frage der Verwaltung und Benutzung der gemeinschaftlichen Sache, nicht zu beanstanden.
[9] 5. Damit war der Revisionsrekurs zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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