OGH 8ObA61/24i

OGH8ObA61/24i27.2.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Tarmann‑Prentner als Vorsitzende sowie die Hofräte MMag. Matzka und Dr. Stefula und die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Stelzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Gerald Fida (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Betriebsrat für das wissenschaftliche Personal der * Universität *, vertreten durch Dr. Peter Wallnöfer, LL.M., und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei * Universität *, vertreten durch Dr. Markus Orgler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. Oktober 2024, GZ 13 Ra 19/24b‑18, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 25. April 2024, GZ 48 Cga 111/23y‑11 bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:008OBA00061.24I.0227.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiete: Arbeitsrecht, Datenschutzrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.883,40 EUR (darin 313,90 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Die Vorinstanzen wiesen übereinstimmend das auf § 99 Abs 3 ArbVG gestützte Klagebegehren auf Feststellung ab, dass die Beklagte – „ausgenommen des Anwendungsbereichs des § 98 UG (Berufungsverfahren)“ – verpflichtet sei, dem Kläger die Stellenbewerber für von der Beklagten ausgeschriebene Stellen zu benennen, und zwar nach Einlangen der jeweiligen Bewerbung, soweit diese im Fall der Einstellung dem wissenschaftlichen Personal angehören würden und über deren Aufforderung die Einsichtnahme in die Bewerbungsunterlagen all jener Stellenbewerber zu gewähren, die nach ihrer Bewerbung im Einstellungsprozess noch nicht ausgeschieden seien.

[2] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mangels Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur von ihm als über den Einzelfall hinaus bedeutsam erachteten Frage der Zulässigkeit eines auf § 99 Abs 3 ArbVG gegründeten Auskunfts- und Einsichtsbegehrens des Betriebsrats im Lichte der Verordnung (EU) 2016/679 vom 27. 4. 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (in der Folge: DSGVO) zu, insbesondere unter Berücksichtigung der grundsätzlichen Vorgaben im Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofs vom 30. 3. 2023, C‑34/21 , Hauptpersonalrat der Lehrerinnen und Lehrer beim Hessischen Kultusministerium/Minister des Hessischen Kultusministeriums.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):

[4] 1. Der Kläger stimmt zwar der Zulassungsbegründung des Berufungsgerichts zu, begründet aber weiters die Zulässigkeit der Revision doch auch damit, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts von der bisherigen Rechtsprechung zu 9 ObA 51/22y abgewichen sei.

[5] Im Übrigen beschränkt sich die Revision des Klägers auf eine weitestgehend wort‑ und völlig sinngleiche Wiederholung der Ausführungen seiner Berufung.

[6] 2. Ebenso wie in einem bloßen inhaltsleeren Verweis auf die Berufung keine Auseinandersetzung mit der Begründung des Berufungsgerichts erkannt werden kann (vgl RS0043603 [T13]), ist auch die bloße Wiederholung der Ausführungen an die zweite Instanz, ohne konkret auf deren Stellungnahme hierzu einzugehen, keine gesetzmäßige Ausführung eines Rechtsmittels an ein Höchstgericht (vgl RS0043603 [T9, T15, T16]; vgl RS0043605).

[7] 3.1. Das Berufungsgericht hat die Abweisung des Klagebegehrens unter anderem darauf gestützt, dass der Kläger trotz ausdrücklichen Einwendungen der Beklagten in erster Instanz kein ausreichend konkretes Vorbringen zu den ihn über die Verpflichtung zur Wahrung der Verschwiegenheit nach § 115 Abs 4 ArbVG hinaus treffenden konkreten Pflichten iSd Art 5 ff DSGVO erstattet habe, die sich daraus ergäben, dass er eine „indirekte Datenerhebung“ iSd Art 14 iVm Art 4 Z 7 DSGVO anstrebe. Auch dieser Aspekt stehe der Klagsstattgebung entgegen.

[8] 3.2. Auf diese Begründung für die Klagsabweisung geht die Revision des Klägers mit keinem Wort ein. Wird aber die angefochtene Entscheidung auch – wie hier – auf eine selbständig tragfähige Hilfsbegründung gestützt, muss auch diese im Rechtsmittel bekämpft werden (RS0118709). Die Revision des Klägers zeigt somit schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage auf, weil er die alternative Begründung des Berufungsgerichts unbekämpft lässt (RS0118709 [T3]).

[9] 4.1. Der Oberste Gerichtshof sprach in 9 ObA 51/22y keineswegs aus, dass auch vor dem Hintergrund der DSGVO Einsichtsrechte des Betriebsrats nicht beschnitten werden könnten bzw sich an dieser „Haltung“ durch die DSGVO nichts geändert hätte. Tatsächlich wurde in dieser Entscheidung lediglich festgehalten, dass die im dortigen Verfahren Beklagte den in 6 ObA 1/14m (= RS0129697) zum DSG 2000 angestellten Erwägungen auch vor dem Hintergrund der DSGVO nichts Stichhältiges entgegengehalten habe. Bereits das Berufungsgericht hielt dazu fest, dass damit keine Auseinandersetzung mit (insbesondere Art 6 und Art 88) der DSGVO stattgefunden habe, und überdies das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union C‑34/21 noch nicht habe berücksichtigt werden können.

[10] 4.2. Die auch insofern mit der Berufung deckungsgleiche Revision geht auch auf diese Ausführungen des Berufungsgerichts nicht ein. Mit dem bloßen Hinweis darauf, dass 9 ObA 51/22y fünf Jahre nach Inkrafttreten der DSGVO ergangen wäre, wird (weiterhin) nicht dargelegt, inwiefern auf diese Entscheidung gegründete Überlegungen zur Anwendbarkeit des § 99 Abs 3 ArbVG konkret im Lichte der DSGVO sowie insbesondere des vom Berufungsgericht eingehend analysierten Urteils des Europäischen Gerichtshofs C‑34/21 Bestand haben könnten.

[11] 5.1. Die Zulassungsfrage stellt sich daher nicht mehr. Auch die – teils nicht gesetzmäßig ausgeführte – Revision zeigt keine die Anrufung des Obersten Gerichtshofs rechtfertigende Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

[12] 5.2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 50, 41 ZPO. Die Beklagte hat die Unzulässigkeit der Revision aufgezeigt (RS0035979 [insb T2]).

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