European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0030OB00025.25K.0226.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Zivilverfahrensrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Ob es sich bei dem Schreiben einer Gemeinde seinem Inhalt nach um einen (die Gerichte bindenden) Feststellungsbescheid handelt, kann naturgemäß nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. Das Berufungsgericht verneinte eine Bindung an das von der Beklagten vorgelegte, als „Bestätigung des rechtmäßigen Bestandes gemäß § 40 Steiermärkisches Baugesetz“ betitelte Schreiben der Marktgemeinde * vom 9. Februar 2022 mit der Begründung, es handle sich dabei um keinen Feststellungsbescheid, weil die Gemeinde darin bloß das Ergebnis des von der Beklagten vorgelegten Privatgutachtens, das Gebäude sei bereits 1960 errichtet worden (was der getroffenen Negativfeststellung zur Errichtung des Hauses vor dem 1. Jänner 1969 entgegenstünde), ungeprüft zugrunde gelegt habe. Diese Auslegung stellt keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.
[2] 2. Es begründet auch keine erhebliche Rechtsfrage, dass das Berufungsgericht das (modifizierte) Urteilsbegehren als schlüssig beurteilte:
[3] 2.1. Die Beklagte erhob gegen das auf Unterfertigung des (der Klage angeschlossenen) Entwurfs eines Kaufvertrags über ihre Liegenschaft gerichtete Klagebegehren insbesondere die Einrede der laesio enormis, weil der mündlich vereinbarte Kaufpreis von 30.000 EUR deutlich weniger als die Hälfte des gemeinen Werts der Liegenschaft ausmache. Der Kläger, der iSd § 934 Satz 2 ABGB vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz seine Bereitschaft zur Aufzahlung erklärte, trug dem Einwand der Beklagten dadurch Rechnung, dass er – nach Vorliegen eines Sachverständigengutachtens, das, in Abhängigkeit von der Beweiswürdigung des Erstgerichts, mehrere mögliche Werte der Liegenschaft zum maßgeblichen Stichtag ermittelte – sein Begehren dahin modifizierte, dass die Beklagte den Kaufvertrag mit der Maßgabe zu unterfertigen habe, dass der darin angeführte Kaufpreis von 30.000 EUR richtig 69.700 EUR, hilfsweise 119.854,20 EUR, hilfsweise 156.000 EUR betrage. Das Erstgericht gab dem Haupt-begehren statt.
[4] 2.2. Ob in einer bestimmten Verfahrens-konstellation ein Zwischenurteil gefällt werden kann (oder muss), richtet sich nach der Norm des § 393 ZPO, die als Bestimmung des Verfahrensrechts zu qualifizieren ist. Sollte die Auffassung der Revisionswerberin zutreffen, dass das Erstgericht die genannte Vorschrift insofern unrichtig angewendet hat, als es ein Zwischenurteil über den Wert des Kaufgegenstands zu fällen gehabt hätte, läge ein Verfahrensmangel vor (1 Ob 209/12k), den die Beklagte allerdings in zweiter Instanz nicht geltend gemacht hat. War aber ein angeblicher Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens nicht einmal Gegenstand des Berufungsverfahrens, kann er umso weniger erst in dritter Instanz gerügt werden (vgl RS0042963 [T30]).
[5] 2.3. Auch der von der Beklagten (wenn auch erstmals in dritter Instanz) richtig erkannte Umstand, dass die Passage in Punkt IV. des Kaufvertragsentwurfs, die sich auf die vom Käufer zu entrichtende Grunderwerbssteuer und Eintragungsgebühr bezieht, noch die auf Basis des ursprünglichen Kaufpreises von 30.000 EUR errechneten Beträge enthält, macht das Klagebegehren nicht unschlüssig; es versteht sich vielmehr von selbst, dass der Käufer – also der Kläger – zur Erlangung der bücherlichen Einverleibung seines Eigentumsrechts die Grunderwerbssteuer und die Eintragungsgebühr auf Basis des von ihm zu leistenden Kaufpreises von 69.700 EUR zu zahlen haben wird.
[6] 2.4. Eine Unrichtigkeit der Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach die Beklagte in erster Instanz keine Einwände gegen die sonstigen Inhalte des Kaufvertrags erhoben habe, behauptet die Revisionswerberin nicht einmal.
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