OGH 15Os149/24m

OGH15Os149/24m26.2.2025

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Februar 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Sadoghi sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Prieth in der Strafsache gegen * D* wegen der Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 22. Oktober 2024, GZ 609 Hv 5/24s‑92.2, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0150OS00149.24M.0226.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde * D* zweier Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB (A./I./ und II./) und des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB (B./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 18. Mai 2024 in W* mit einem Küchenmesser mit einer 20 Zentimeter langen Klinge

A./ Nachgenannte vorsätzlich zu töten versucht, nämlich

I./ * K*, indem er ihm mehrfach in den Nacken stach und auf ihn einschlug,

II./ * M*, indem er mehrfach in Richtung dessen Kopfbereichs stach,

wodurch sieim Urteil näher beschriebene Verletzungen erlitten;

B./ * B* eine schwere Körperverletzung absichtlich zugefügt, indem er ihm mehrfach in die Oberarme stach, wodurch dieser im Urteil beschriebene Verletzungen, nämlich insgesamt eine an sich schwere Körperverletzung verbunden mit einer 24 Tage übersteigenden Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit erlitt.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die auf § 345 Abs 1 Z 6, 8, 12 und 13 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

[4] Die Fragenrüge (Z 6) reklamiert die Stellung von Zusatzfragen nach dem Schuldausschließungsgrund der Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) sowie Eventualfragen nach Vergehen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 StGB.

[5] Sie verweist zunächst darauf, dass sich der Angeklagte damit verantwortet habe, Alkohol zusammen mit Amphetamin konsumiert zu haben, weswegen er massive Erinnerungslücken habe und „nicht ganz bei Sinnen“ gewesen sei. Entgegen dem Beschwerdevorbringen stellt die Einlassung des Angeklagten in ihrer Gesamtheit (ON 85.1,  3 ff) jedoch kein nach allgemeiner Lebenserfahrung ernst zu nehmendes Indiz für die Stellung der begehrten Fragen dar (RIS‑Justiz RS0100860 [T1]; RS0100527 [T1]). Insbesondere lässt der Rechtsmittelwerber außer Acht (vgl aber RIS‑Justiz RS0120766), dass er sich in der Hauptverhandlung in Bezug auf die Punkte A./I./ und II./ des Schuldspruchs jeweils der absichtlichen schweren Körperverletzung und in Bezug auf B./ des Schuldspruchs der schweren Körperverletzung schuldig bekannte.

[6] Ebenso wenig stellt das Gutachten des Sachverständigen Univ.‑Doz. Dr. * H*, wonach beim Angeklagten zur Tatzeit eine „relevante Einschränkung der Steuerungsfähigkeit“ vorlag (ON 85.1, 64), einen konkreten Anhaltspunkt für das Vorliegen eines in § 11 StGB beschriebenen, die Dispositionsfähigkeit oder Diskretionsfähigkeit des Angeklagten ausschließenden Ausnahmezustands dar (neuerlich RIS‑Justiz RS0100527).

[7] Soweit die Fragenrüge auf das Gutachten des Sachverständigen Mag. Dr. * B* MScTox Bezug nimmt, verfehlt sie prozessförmige Ausführung, weil sie dessen Gutachten falsch zitiert. Der Sachverständige erklärte nämlich in der Hauptverhandlung, dass es im Fachbereich der Toxikologie grundsätzlich nicht möglich sei, zu beantworten, ob der Angeklagte zur Tatzeit zurechnungsfähig war oder nicht, „weil man das nicht auf einem Zahlenwert aufhängen“ könne (ON 92.1, 7 f).

[8] Die Instruktionsrüge (Z 8) vermisst eine Belehrung der Geschworenen zum Schuldausschließungsgrund der Zurechnungsunfähigkeit nach § 11 StGB, übersieht aber, dass die Rechtsbelehrung nur insoweit angefochten werden kann, als sie Fragen betrifft, die tatsächlich an die Geschworenen gestellt wurden (RIS‑Justiz RS0101091).

[9] Die gesetzmäßige Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z 12 setzt einen Vergleich der im Wahrspruch der Geschworenen enthaltenen und damit festgestellten Tatsachen mit dem darauf angewendeten Strafgesetz voraus. Daran geht die Rüge vorbei, indem neuerlich auf die Gutachten der genannten Sachverständigen sowie die Verantwortung des Angeklagten verwiesen wird (RIS‑Justiz RS0101469 [T7]).

[10] Entgegen dem Vorbringen der Sanktionsrüge (Z 13) hat das Geschworenengericht seine Strafbefugnis nicht überschritten, vielmehr verkennt der Rechtsmittelwerber das Wesen des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes, indem er neuerlich „eine Verurteilung wegen § 287 StGB“ begehrt.

[11] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 344, 285i StPO).

[12] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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