European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0150OS00146.24W.0226.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * O* des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (1./) und des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB (2./) schuldig erkannt und zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe verurteilt. Zudem ordnete das Erstgericht aus Anlass der zu 2./ dargestellten Tat die strafrechtliche Unterbringung des Genannten in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB an.
[2] Danach hat er – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – am 21. Mai 2024 in G* M* Z*
2./ vorsätzlich am Körper verletzt und dadurch, wenn auch nur fahrlässig, eine an sich schwere Körperverletzung sowie eine länger als vierundzwanzig Tage dauernde Gesundheitsschädigung (§ 84 Abs 1 StGB) zugefügt, indem er ihr „wiederholt Schläge ins Gesicht sowie gegen den Körper versetzte“ und an „ihren Armen riss“, wobei die Tat zahlreiche Hämatome, Hautabschürfungen und eine Oberarmkopffraktur mit erheblichen Bewegungseinschränkungen zur Folge hatte.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die nicht berechtigt ist.
[4] Die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) kritisiert, das Erstgericht habe in seiner Beweiswürdigung den Umstand übergangen, dass keiner der „mittelbaren Zeugen“ Ma* C*, B* Z* und Mi* C* „Aussagen zur Entstehung der [Oberarm]kopfverletzung tätigte [...], ja nicht einmal das Festhalten an der Hand wiedergab [...]“. Damit legt sie aber nicht dar, inwieweit das Fehlen derartiger Schilderungen durch (wie sie selbst einräumt) Zeugen vom Hörensagen (vgl US 12) den vorliegenden Feststellungen zum Tathergang erörterungsbedürftig entgegenstehen sollte (vgl RIS‑Justiz RS0116767). Die (den Angeklagten diesbezüglich belastenden) Ausführungen des Opfers „im Ermittlungsverfahren“ (ON 2.6, 5) wurden – der Beschwerde zuwider – sehr wohl gewürdigt (US 13 f und 16).
[5] Im Übrigen bekämpft der Beschwerdeführer die freie Beweiswürdigung der Tatrichter (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer – im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) – Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.
[6] Der Erledigung der Subsumtionsrüge (Z 10) wird vorangestellt, dass der Angeklagte nach dem Urteilssachverhalt am 21. Mai 2024 M* Z* an der rechten Hand packte und „so heftig an ihrem linken Arm“ zerrte, dass sie dem Druck nachgeben musste; dadurch erlitt sie eine Verletzung in Form von Hämatomen am Oberarm. Daraufhin versetzte ihr der Angeklagte „mit der flachen Hand einen heftigen Schlag ins Gesicht“ sowie „nachfolgend weitere Schläge gegen ihr Gesicht bzw ihren Körper“. Beim anschließenden Fluchtversuch aus der Wohnung „erfasste“ er sie „fest am Arm“. Als sie sich „mit aller Kraft aus der Fixierung herauswand“, erlitt sie „aus nicht mehr genau aufklärbaren Umständen, höchstwahrscheinlich jedoch durch die Fixierung der Hand und des Verdrehens ihres Körpers, zweifelsfrei jedoch ausgelöst, mithin kausal, durch die […] mit Körperverletzungsvorsatz gesetzte Gewalthandlung des Angeklagten“ eine Oberarmkopffraktur (US 6 f).
[7] Indem die Rüge zunächst darauf verweist, „das Festhalten an sich“ stelle keine „Körperverletzungshandlung dar, sondern nur eine Nötigungshandlung“, erklärt sie nicht, weshalb die vorliegend vom Angeklagten gesetzten, von einem einheitlichen (Verletzungs‑)Vorsatz (US 9) getragenen (und demzufolge zulässigerweise zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit im weiteren Sinn zusammengefassten – vgl 12 Os 107/22k; RIS‑Justiz RS0122006) Angriffe keine dem Tatbild des § 84 Abs 4 StGB entsprechenden Verletzungshandlungen sein sollten. Soweit sie mit ihren weiteren Ausführungen unter Hinweis auf die Angaben des Opfers eine rechtliche Unterstellung der Tat nach „§ 88 StGB“ anstrebt, bestreitet sie lediglich die zur subjektiven Tatseite getroffenen Urteilskonstatierungen (US 9). Solcherart verfehlt sie den – im Urteilssachverhalt gelegenen – Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).
[8] Im Übrigen ist dem Erstgericht bei der Lösung der Rechtsfrage betreffend die (vorliegend angenommene) Vorhersehbarkeit des eingetretenen Erfolgs kein Fehler unterlaufen. Denn schon die vorsätzliche (US 7) – keineswegs atypisch ungefährliche – Verwirklichung des Grundtatbestands indiziert die objektive Sorgfaltswidrigkeit in Bezug auf die (nicht „überschwere“) Verletzungsfolge (RIS‑Justiz RS0089151). In der Hauptverhandlung vorgekommene Beweisergebnisse, die Feststellungen zu einem Ausnahmesatz (etwa zu einem atypischen Kausalverlauf oder dazu, dass der Beschwerdeführer den objektiven Sorgfaltsanforderungen nicht hätte nachkommen können) indiziert hätten, werden nicht genannt (RIS‑Justiz RS0118580).
[9] Indem das weitere Rügevorbringen fehlende Feststellungen zu den „objektiven Umständen“, durch welche „die Verletzung tatsächlich entstanden ist“, einfordert, lässt es offen, weshalb es – bei hier festgestellter Kausalität der Angriffshandlungen des Angeklagten (auch) in Bezug auf die Oberarmkopffraktur – einer genaueren Beschreibung der Tatmodalität bedurft hätte (US 7; vgl hiezu RIS‑Justiz RS0098648).
[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und Beschwerde (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
[11] Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
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