European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0140OS00009.25T.0225.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Sexualdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Graz zu.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * A* des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGBschuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 16. Juli 2024 in G* * V* mit Gewalt und durch Entziehung der persönlichen Freiheit zur Vornahme oder Duldung des Beischlafs zu nötigen versucht, indem er die Zimmertüre versperrte, sodass sie den Raum nicht verlassen konnte, äußerte, mit ihr schlafen zu wollen, sich bis auf die Unterhose auszog und mehrfach auf sie legte, ihre Oberarme packte und versuchte, sich auf sie zu werfen, ihr weiters fest an die Brust griff und versuchte, sie unter Festhalten ihres Oberkörpers auszuziehen, wobei es aufgrund der massiven Gegenwehr der Genannten, die seine mehrfachen Angriffe durch Stöße und Fußtritte immer wieder abwehren konnte, beim Versuch blieb.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
[4] Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde der Angeklagte durch die Abweisung (ON 48, 14) seines in der Hauptverhandlung gestellten Antrags (ON 48, 13 f) aufEinholung eines medizinischen Gutachtens zum Beweis, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt zurechnungsunfähig war, in seinen Verteidigungsrechten nicht verletzt. Die Beiziehung eines (hier: medizinischen) Sachverständigen setzt voraus, dass im Beweisverfahren konkrete objektivierte Umstände hervorgekommen sind, die bei Anlegung eines realitätsbezogenen Maßstabs Zweifel hervorrufen, dass der Angeklagte zur Tatzeit fähig war, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wobei ein darauf abzielender Antrag diese Indizien anzuführen hat (vgl RIS-Justiz RS0097641 [T15, T17]).
[5] Gegenständlich verwies der Antrag in diesem Zusammenhang „auf die ärztliche Diagnose in ON 10.9 (Anmerkung: ärztlicher Entlassungsbrief vom 17. Juli 2024), nämlich 'psychische und Verhaltensstörung durch Alkohol'“, die Alkoholisierung des Angeklagten im Ausmaß von 2,5 Promille und dessen Verantwortung, Cannabis sowie Kokain konsumiert zu haben.
[6] Mit Blick auf die Verfahrensergebnisse, insbesondere die detailreichen Angaben des Angeklagten vor der Polizei und in der Hauptverhandlung (ON 9.2, ON 13 und ON 48, 3 ff), sowie seine Einlassung, erst „ab dem Eintreffen der Polizei bewusstlos“, davor jedoch wach gewesen zu sein und gewusst zu haben, was er tue, er mit „bewusstlos“ meine, dass er sich „an manche Sachen nicht erinnern“ könne (ON 48, 13 f), erfüllte der Antrag die zuvor dargelegten Kriterien nicht. Da er somit auf objektiven Beweisergebnissen beruhende Zweifel über die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit nicht darlegte, lief er im Ergebnis auf einen – im Hauptverfahren unzulässigen – Erkundungsbeweis hinaus (RIS-Justiz RS0118123).
[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
[8] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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