European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0140OS00006.25A.0225.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Wirtschaftsstrafsachen
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant wurde * I* mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, § 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB) mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder Dritte unrechtmäßig zu bereichern, nachstehend angeführte Personen durch Täuschung über Tatsachen zu nachgenannten Handlungen verleitet, die diese in einem 5.000 Euro übersteigenden Gesamtbetrag am Vermögen schädigten, und zwar
I./ Anfang Oktober 2022 in W* L* und M* Sc* durch die wahrheitswidrige Vorspiegelung, mit dem Unternehmen I* GmbH, dessen Gesellschafter er war (US 4), weitere wesentliche Bauleistungen auf ihrer Liegenschaft erbringen zu können, zur Überweisung von 20.000 Euro an die I* GmbH (US 6) am 13. Oktober 2022, der angesichts bereits vorausgegangener Zahlungen keine Gegenleistung gegenüber stand;
II./ in S*
1./ am 27. Juli 2022 I* B* durch die wahrheitswidrige Behauptung, ein Darlehen binnen zwei Monaten zurückzuzahlen, zur Übergabe von 5.000 Euro in bar an ihn (US 9), wodurch I* und R* B* mangels Rückzahlung einen Schaden in genannter Höhe erlitten;
2./ I* und R* B* durch die wiederholte wahrheitswidrige Behauptung, mit dem Unternehmen I* GmbH diverse Umbau- und Renovierungsarbeiten auf ihrer Liegenschaft durchzuführen, zu nachstehenden Akontozahlungen in bar an ihn (Fakten a./, b./, d./ und f./ bis i./) und Überweisungen an die I* GmbH (Fakten c./, d./, e./ und j./ [US 10 ff]) in Höhe von insgesamt 131.880 Euro, wobei nur Arbeiten im Gesamtwert von 24.824 Euro (US 14) erbracht wurden, sodass ein Schaden von 107.056 Euro entstand, und zwar
a./ am 6. August 2022 10.000 Euro,
b./ am 7. August 2022 10.000 Euro,
c./ am 10. August 2022 12.000 Euro,
d./ am 1. September 2022 15.000 Euro in bar und 25.000 Euro per Überweisung,
e./ am 19. September 2022 10.000 Euro,
f./ am 27. September 2022 5.000 Euro,
g./ am 29. September 2022 5.000 Euro,
h./ am 7. Oktober 2022 10.000 Euro,
i./ am 23. Oktober 2022 14.880 Euro,
j./ am 25. Oktober 2022 15.000 Euro.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerdedes Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
[4] Entgegen der Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) können die angesprochenen Konstatierungen zum Schuldspruch zu I./, wonach einerseits im August 2022 mit der Errichtung des Rohbaus begonnen wurde und andererseits der Angeklagte ab Anfang Oktober 2022 „das Ehepaar Sc* – erneut entgegen der Zahlungsvereinbarung – um Zahlung eines weiteren Geldbetrags von 20.000 Euro“ ersuchte, „da er diesen für die Subfirma für die Herstellung des Rohbaus brauche und er sonst nicht mit der Baustelle weitermachen könne“ (US 6), nach den Kriterien der Logik und Empirie – und demnach ohne Beachtung der beschwerdegegenständlichen Spekulationen über den Baufortschritt zwischen August und Oktober 2022 – nebeneinander bestehen (RIS-Justiz RS0099709).
[5] Offenbar unzureichend ist eine Begründung, die den Kriterien der Logik oder Empirie widerspricht (RIS-Justiz RS0118317), während im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) gezogene Wahrscheinlichkeitsschlüsse – sofern sie vertretbar sind – einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde entzogen sind (RIS-Justiz RS0098471 [T4]). Indem die zum Schuldspruch zu I./ erhobene Rüge (Z 5 vierter Fall) eine „nachvollziehbare Erklärung“ für die zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen vermisst und dabei auf die Angaben des Zeugen Dr. * H* verweist, wonach der Angeklagte um den Erhalt des Unternehmens gekämpft habe (vgl dazu aber US 24), kein Kaufmann gewesen sei und sich nicht ausgekannt habe (ON 48, 29), wird ein Begründungsmangel iSd Z 5 vierter Fall nicht aufgezeigt. Im Übrigen sind Meinungen, Wertungen oder ähnliche intellektuelle Vorgänge nicht Gegenstand des Zeugenbeweises (RIS-Justiz RS0097540), sodass die von der Beschwerde ins Treffen geführten Einschätzungen des Genannten (unter dem Aspekt der Z 5 zweiter Fall) ohnehin keiner Erörterung bedurften.
[6] Ebenfalls kein Begründungsdefizit wird durch die Überlegung vorgebracht, die Aussage des Zeugen * M*, er sei „bis zum Schluss auf dieser Baustelle in W*“ gewesen (ON 23.1, 71), spreche dafür, „dass der Angeklagte die Baustelle fertigbringen wollte“ (vgl dazu aber US 24). Das Vorbringen erschöpft sich vielmehr in Beweiswürdigungskritik nach Art einer – im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (vgl § 283 Abs 1 StPO) – Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.
[7] Dass das Erstgericht die Feststellungen zur subjektiven Tatseite betreffend den Schuldspruch zu II./1./ und 2./ „aus dem äußeren Geschehensablauf“ abgeleitet hat (US 23), ist der Beschwerde zuwider – mit Blick auf die leugnende Verantwortung des Angeklagten (vgl dazu US 22 f) – unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS-Justiz RS0116882 [T1]). Soweit zum Schuldspruch zu II./2./ darauf verwiesen wird, dass der Angeklagte „wenn auch nicht im Ausmaß der Zahlungen“ Leistungen erbracht hat und nach den (oben wiedergegebenen) Angaben des Zeugen Dr. H* um den Erhalt des Unternehmens gekämpft habe, wird abermals in unzulässiger Form die Beweiswürdigung kritisiert.
[8] Die Kritik an den zur Intention gewerbsmäßiger Begehung angestellten Erwägungen nimmt nicht die Gesamtheit der darauf bezogenen Entscheidungsgründe in den Blick (so aber RIS-Justiz RS0119370). Denn das Erstgericht hat diese Urteilsannahmen – aus Z 5 vierter Fall nicht zu beanstanden – nicht nur aus dem äußeren Geschehensablauf, sondern – von der Beschwerde übergangen – „aus der wiederholten Begehung schwerer Betrügereien mit 5.000 Euro weit übersteigenden Schadensbeträgen innerhalb rund eines halben Jahres und der dabei auch zum Ausdruck gekommenen Beharrlichkeit des Angeklagten“ abgeleitet und die „zuletzt auch wegen gewerbsmäßigen schweren Betrugs in Zusammenhang mit Bauleistungen“ stehende Verurteilung des Angeklagten berücksichtigt (US 23 ff).
[9] Die von der zum Schuldspruch zu I./ erhobenen Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermissten Feststellungen zu einem Anfang Oktober 2022 im Zeitpunkt des Ersuchens um Überweisung weiterer 20.000 Euro bestehenden Täuschungsvorsatz des Angeklagten befinden sich auf US 7 f (RIS-Justiz RS0099775). An derselben Stelle finden sich auch die von der Beschwerde in Abrede gestellten Konstatierungen zum Fehlen eines Äquivalents (RIS-Justiz RS0094263). Diesen entsprechend „wusste und wollte“ der Angeklagte, „dass die I* GmbH keine weiteren wesentlichen Bauleistungen auf der Liegenschaft des Ehepaars Sc* mehr erbringen wird können“ und dass es „durch diese täuschungsbedingte Überweisung angesichts des Umstandes, dass der Wert der bisher erbrachten Bauleistungen bereits deutlich unter dem bis dahin vom Ehepaar Sc* gezahlten Gesamtbetrag lag, einen Schaden in Höhe von 20.000 Euro erleidet“.
[10] Dass das Erstgericht über die Feststellungen zum Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz (US 7 f) hinaus auch solche zu den Erwartungen des Angeklagten betreffend den künftigen Geschäftsgang des Unternehmens, die daraus resultierenden Möglichkeiten der Erfüllung von Verbindlichkeiten und die „Gründe für die spätere tatsächliche Fehlentwicklung“ treffen hätte müssen, leitet die Beschwerde nicht aus dem Gesetz ab (RIS-Justiz RS0116565; vgl im Übrigen RIS-Justiz RS0103999 [T2]).
[11] Gleiches gilt für die zum Schuldspruch zu II./2./ erhobene Rechtsrüge (Z 9 lit a), welche sich überdies – indem sie einen Täuschungs- und Bereicherungsvorsatz des Angeklagten verneint – nicht an den zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen (US 11 f) orientiert (RIS-Justiz RS0099810). Dass der Angeklagte auch aus seiner eigenen Sicht keine adäquate Gegenleistung erbracht hat und erbringen wollte, hat das Schöffengericht – entgegen dem Beschwerdevorbringen – im Übrigen auch konstatiert (US 11 f).
[12] Die den Wegfall der Qualifikation nach § 148 zweiter Fall StGB anstrebende, den bloßen Gebrauch der „verba legalia“ behauptende Subsumtionsrüge (Z 10) macht nicht klar, weshalb die dazu getroffenen Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 7 f, 9, 12 und 14) unter Berücksichtigung der Gesamtheit der übrigen Urteilskonstatierungen keinen ausreichenden Sachverhaltsbezug aufweisen sollten (RIS-Justiz RS0119090 [T2, T3]).
[13] Soweit die Rüge das Bestehen dreier Taten iSd § 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB in Abrede stellt, weil aus ihrer Sicht zum Faktum II./2./ eine (einzige) tatbestandliche Handlungseinheit anzunehmen sei (vgl dazu RIS-Justiz RS0130965 [T6]), argumentiert sie abermals nicht auf Basis des Urteilssachverhalts (US 10 f, 12 f, 27 f), demzufolge einerseits die den Fakten II./2./a./ bis e./ und j./ zugrundeliegenden Taten („erster Direktauftrag“) und andererseits die den Fakten II./2./f./ bis i./ zugrundeliegenden Taten („zweiter Direktauftrag“) jeweils von einem einheitlichen Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz getragen sind, dem „zweiten Direktauftrag“ aber ein gesonderter Tatentschluss des Angeklagten zugrunde liegt. Weshalb unter diesen Prämissen nicht von zwei tatbestandlichen Handlungseinheiten auszugehen ist, bleibt demnach unklar (vgl RIS-Justiz RS0122006 [T10]).
[14] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
[15] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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