OGH 1Ob7/25y

OGH1Ob7/25y25.2.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely-Kristöfel, Dr. Parzmayr und Dr. Pfurtscheller als weitere Richterinnen und Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I*, vertreten durch Mag. Gerhard Moser, Rechtsanwalt in Murau, gegen die beklagte Partei L*, vertreten durch Dr. Ozegovic und Dr. Maiditsch, Rechtsanwälte in Klagenfurt am Wörthersee, wegen 147.843,88 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 22. November 2024, GZ 5 R 162/24v-91, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0010OB00007.25Y.0225.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Die Beklagte wendet sich in ihrer außerordentlichen Revision gegen die Bemessung des Pflegeaufwands für den aufgrund einer fehlerhaften Pränataldiagnostik mit erheblichen Beeinträchtigungen geborenen Sohn der Klägerin. Mit ihren Ausführungen spricht sie allerdings keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO an:

[2] 1. Nach § 1325 ABGB sind vom Schädiger auch die Kosten der Vermehrung der Bedürfnisse aufgrund notwendiger Beiziehung einer Pflegeperson zu ersetzen (RS0031108 [T15, T16]). Wird die Pflege von einem Angehörigen erbracht, geschieht dies nicht zu dem Zweck, den Schädiger zu entlasten (RS0022789). Nach ständiger Rechtsprechung ist der Anspruch auf Ersatz der Betreuungskosten unter Bedachtnahme auf die Bruttokosten einschließlich der Lohnnebenkosten einer professionellen Ersatzkraft nach § 273 ZPO zu bemessen. Dabei sind auch die Lohnnebenkosten, und zwar unabhängig davon, ob diese bloß für den Arbeitnehmer abzuführen oder vom Arbeitgeber selbst zu leisten wären, zu berücksichtigen (5 Ob 241/21h; 8 Ob 129/14z; 7 Ob 63/10f). Warum das hier anders sein sollte, dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die Betreuungskosten bereits in zwei zwischen den Parteien geführten Vorverfahren – mit Billigung des Obersten Gerichtshofs (5 Ob 122/13x; 8 Ob 25/18m) – nach denselben Grundsätzen bemessen wurden, zeigt die Revisionswerberin nicht konkret auf.

[3] 2. Entgegen der Meinung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Erstgericht nicht die Rechtsfrage nach freiem Ermessen entscheiden lassen, unter welchen Voraussetzungen eine „Vollkostenrechnung“ in Ansatz gebracht werden kann, sondern hat es die Anwendung des § 273 ZPO zur Ermittlung der Höhe des Gesamtkostenaufwands eines Arbeitgebers für eine Pflegekraft auf Basis des eingeholten berufskundlichen Sachverständigengutachtens gebilligt.

[4] Eine Ermessensentscheidung nach § 273 Abs 1 ZPO ist nicht revisibel, solange dem Berufungsgericht kein an die Grenze des Missbrauchs gehender Fehler unterlief oder der Ermessensspielraum eklatant überschritten wurde (RS0007104 [T4]). Derartiges bringt die Beklagte mit dem Einwand, dass unter Berücksichtigung der Selbsterhaltungsfähigkeit des Sohnes sowie des reduzierten Pflegeumfangs bestenfalls der Bruttolohn einer Pflegekraft (nach dem Oö Gehaltsgesetz) zu ersetzen sei, der wiederum nur auf eine Außerachtlassung des (fiktiven) Gesamtaufwands, aber nicht auf dessen Höhe abzielt, nicht zur Darstellung.

[5] 3. Unverständlich ist, warum die Beklagte eine Verletzung des – sich auf das Klagebegehren beziehenden – Bestimmtheitsgebots des § 226 ZPO hinsichtlich der Ausführungen des Sachverständigen in den Raum stellt.

[6] 4. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens verneint. Dieser kann daher im Revisionsverfahren nicht mehr gerügt werden (RS0042963).

[7] Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt ebenso wenig wie eine Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO vor.

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