European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0140OS00106.24F.1216.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Amtsdelikte/Korruption
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * W* des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er vom 16. Juni bis zum 30. September 2023 als Bürgermeister der Gemeinde A* und Baubehörde erster Instanz, mithin als Beamter (§ 74 Abs 1 Z 4 StGB), mit dem Vorsatz, dadurch den Staat an dessen Recht auf Entfernung von rechtswidrig errichteten Bauwerken zu schädigen, seine Befugnis, im Namen dieser Gemeinde als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem er es unterließ, ein Verfahren zur Erlassung eines Abbruchauftrags nach § 35 NÖ BauO hinsichtlich mehrerer, im angefochtenen Urteil näher bezeichneter Container einzuleiten, die ohne Baubewilligung auf „Punktfundamenten“ errichtet worden waren.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen aus den Gründen der Z 5, 5a und 10a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
[4] Die Mängelrüge zeigt unter dem Aspekt der Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) keine unrichtige Wiedergabe des Inhalts der Stellungnahme des Angeklagten (ON 10) zu einer Information der Staatsanwaltschaft (ON 9) auf, sondern kritisiert bloß die tatrichterlichen Erwägungen im Zusammenhang mit diesem Schriftsatz (US 7 f; RIS‑Justiz RS0099431).
[5] Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) aus den vom Erstgericht angeführten Prämissen (insbesondere der als nicht glaubhaft verworfenen Verantwortung des Beschwerdeführers [US 9 und 11]) für den Beschwerdestandpunkt günstigere Schlussfolgerungen zieht, zeigt sie erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen nicht auf (RIS‑Justiz RS0099674).
[6] Gleiches gilt für den Hinweis auf (teils nicht konkret anhand der Fundstelle im Akt bezeichnete, teils von den Tatrichtern erörterte [US 10 f]) Verfahrensergebnisse, nach denen der Beschwerdeführer sich um eine „Widmungsänderung“ betreffend das verfahrensgegenständliche Grundstück bemüht habe (vgl im Übrigen zur Irrelevanz nachträglicher Umwidmung in derartigen Konstellationen Nordmeyer in WK2 StGB § 302 Rz 141 mwN).
[7] Davon abgesehen erschöpft sich das zu diesem Nichtigkeitsgrund erstattete Vorbringen darin, die tatrichterliche Beweiswürdigung ohne Bezugnahme auf konkrete Beweismittel (vgl aber RIS‑Justiz RS0117446) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung zu bekämpfen.
[8] Die Darstellung einer Diversionsrüge (Z 10a) ist – unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens der Voraussetzungen nach § 198 StPO – auf Basis der Urteilsfeststellungen methodisch korrekt zu entwickeln (RIS‑Justiz RS0124801). Indem der Beschwerdeführer unter anderem das Fehlen von Feststellungen „hinsichtlich der mehrfachen Verantwortungsübernahme“ kritisiert, dabei aber die dazu getroffenen Urteilsannahmen übergeht, verfehlt er die prozessordnungskonforme Darstellung (vgl auch RIS‑Justiz RS0118580 [T24 und T25]). Nach diesen habe der Beschwerdeführer zwar einen „Fehler“ eingestanden, sich dabei jedoch bloß auf „das unterbliebene Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung“, nicht jedoch auf das (allein vom Schuldspruch erfasste) Unterlassen der Einleitung eines Verfahrens zur Erlassung eines Abbruchauftrags bezogen und demnach „nicht die Verantwortung für die von ihm begangene strafbare Handlung“ übernommen (US 12 f; zur von Unrechtsbewusstsein getragenen Verantwortungsübernahme als Diversionsvoraussetzung vgl RIS‑Justiz RS0116299 [T3]).
[9] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
[10] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)