European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0040OB00111.24P.0625.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung aus anderen Gründen
Spruch:
Die außerordentlichen Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die beiden Antragstellerinnen beantragten am 14. 11. 2019 bei der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamts die Nichtigerklärung des österreichischen Teils des Streitpatents der Antragsgegnerin und stützten sich im Wesentlichen auf das Fehlen der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit sowie der Ausführbarkeit bzw Offenbarung.
[2] Die Nichtigkeitsabteilung gab dem Antrag teilweise statt und hielt das Patent nur in eingeschränktem Umfang aufrecht.
[3] Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung.
[4] Gegen diese Entscheidung brachten die Erstantragstellerin und die Antragsgegnerin außerordentliche Revisionen ein, die jedoch verspätet sind.
Rechtliche Beurteilung
[5] 1.1. Die Endentscheidungen der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts können gemäß § 141 Abs 1 PatG durch Berufung an das Oberlandesgericht Wien angefochten werden. Gegen diese Urteile des Berufungsgerichts kann grundsätzlich binnen zwei Monaten Revision erhoben werden (§ 143 Abs 1 und 3 PatG).
[6] 1.2. Wird in einem Nichtigerklärungsverfahren jedoch ein Unterbrechungsbeschluss nach § 156 PatG vorgelegt, so gelten für das Verfahren ab der Vorlage einige Besonderheiten. Unter anderem beträgt die Frist für die Revision nach § 157 Abs 1 Z 5 PatG nur einen Monat.
[7] 2. Die (hier) Antragsgegnerin brachte unter anderem gegen die (hier) Zweitantragstellerin als Zweitbeklagte und gegen die Nebenintervenientin als Drittbeklagte beim Handelsgericht eine Klage auf Unterlassung, Beseitigung, Rechnungslegung, Zahlung und Veröffentlichung wegen Verletzung ihres Patents ein.
[8] Am 23. 3. 2021 zog die Antragsgegnerin ihre Klage gegen die Zweitantragstellerin zurück.
[9] Mit Schriftsatz vom 22. 4. 2022 schränkte die Antragsgegnerin ihre Klage gegen die (hier) Nebenintervenientin als dortige Drittbeklagte auf Rechnungslegung und Zahlung ein. Die maximale Schutzdauer ihres Streitpatents sei am 22. 4. 2022 abgelaufen.
[10] Das Handelsgericht Wien unterbrach sein Verfahren mit Beschluss vom 8. 11. 2022 nach § 156 Abs 3 PatG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verfahrens über den Antrag auf Nichtigerklärung, weil es nach der Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung die (rechtskräftige) Nichtigerklärung des Patents für wahrscheinlich hielt.
[11] Diesen Beschluss legte die Nebenintervenientin am 7. 12. 2022 anlässlich ihres Verfahrensbeitritts als Beilage ./1 im Verfahren bei der Nichtigkeitsabteilung vor, welche den Beitritt am 9. 1. 2023 zuließ und diese Entscheidung samt dem Schriftsatz der Nebenintervenientin am 10. 1. 2023 an die Parteien sandte.
[12] Das Verfahren vor dem Handelsgericht Wien ist nach wie vor unterbrochen. Spätere Prozesshandlungen von Parteien und Gericht im Patentverletzungsprozess beziehen sich nur auf das zur selben Aktenzahl anhängige Provisorialverfahren.
[13] 3. Das Berufungsurteil im Nichtigerklärungsverfahren wurde den Vertretern aller Verfahrensparteien am 8. 4. 2024 zugestellt. Die Erstantragstellerin und die Antragsgegnerin brachten ihre Revisionen erst am 4. 6. 2024 ein – somit nach Ablauf der einmonatigen Frist gemäß § 157 Abs 1 Z 5 PatG.
[14] Sie waren daher als verspätet zurückzuweisen.
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