OGH 9ObA9/24z

OGH9ObA9/24z14.2.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als Vorsitzende, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Stelzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Alexander Leitner (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei B*, gegen die beklagte Partei R* GmbH, *, vertreten durch E+H Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses (Streitwert: 7.000 EUR) über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 19. Dezember 2023, GZ 9 Ra 80/23k‑16, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:009OBA00009.24Z.0214.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Arbeitsrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Nach § 15n Abs 1 MSchG, beginnt der Kündigungs- und Entlassungsschutz gemäß §§ 10 und 12 MSchG grundsätzlich mit der Bekanntgabe, frühestens jedoch vier Monate vor dem beabsichtigten Antritt der Teilzeitbeschäftigung. Er dauert bis vier Wochen nach dem Ende der Teilzeitbeschäftigung, längstens jedoch bis vier Wochen nach dem Ablauf des vierten Lebensjahres des Kindes.

[2] Nach § 15h Abs 1 Z 1 MSchG besteht der Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung nur dann, wenn das Dienstverhältnis zum Zeitpunkt des Antritts der Teilzeitbeschäftigung ununterbrochen drei Jahre gedauert hat.

[3] 2. Wie schon die Vorinstanzen ausgeführt haben, hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 8 ObA 68/15f zur identen Rechtslage nach dem VKG dargelegt, dass es keiner Sachentscheidung des Obersten Gerichtshofs bedürfe, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage bereits nach dem Wortlaut der anzuwendenden Norm so eindeutig gelöst sei, dass nur die in der angefochtenen Entscheidung erstmals vorgenommene – im Schrifttum nicht in Zweifel gezogene – Auslegung ernsthaft in Betracht zu ziehen sei (RS0042656 [T24]).

[4] Das VKG unterscheide ganz klar zwischen den Voraussetzungen für einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung (§ 8), zu denen ein ununterbrochenes Dienstverhältnis von drei Jahren zähle, und den Voraussetzungen für das Wirksamwerden des besonderen Bestandschutzes bei einer Teilzeitbeschäftigung (§ 8f), die das Erfordernis eines drei Jahre dauernden Dienstverhältnisses nicht enthalte. Der Bestandschutz trete schon mit Bekanntgabe der Teilzeitbeschäftigung ein, frühestens vier Monate vor deren Antritt und nicht vor der Geburt des Kindes.

[5] 3. Diese Rechtsprechung wurde von den Vorinstanzen richtigerweise auf die insoweit gleichlautenden Regelungen des MSchG übertragen. Auch die Revision bietet keine Grundlage für eine andere Beurteilung.

[6] 4. Die Novelle BGBl I 2015/149 hat hinsichtlich der hier relevanten Bestimmungen zu keiner Änderung der Rechtslage geführt. Warum Neuregelungen im Zusammenhang mit der Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Karenz Rückschlüsse auf den Beginn des Kündigungsschutzes bei Inanspruchnahme einer Teilzeitbeschäftigung zulassen, lässt sich der Revision nicht entnehmen. Wie die Beklagte selbst darlegt, besteht der Anspruch auf Karenz unabhängig von der zuvor im Betrieb zugebrachten Dienstzeit. Die hier zu beurteilende Frage stellt sich daher bei der Karenz nicht.

[7] 5. Selbst wenn man der Beklagten darin folgt, dass der Wortlaut des § 15n MSchG offen lässt, ob der besondere Kündigungs- und Entlassungsschutz auch gelten soll, wenn im Meldezeitpunkt die gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch noch nicht erfüllt sind, würde das, wie bereits in 8 ObA 68/15f dargelegt, zu keinem anderen Auslegungsergebnis führen. Offenkundiger Zweck des Kündigungs- und Entlassungsschutzes ist es, die praktische Durchsetzbarkeit des Teilzeitanspruchs zu gewährleisten und seine Vereitelung durch Arbeitgeberkündigung zu verhindern. Dieser Zweck wäre aber, folgt man der Ansicht der Revisionswerberin, in den ersten vier Monaten des Anspruchszeitraums verfehlt.

[8] 6. Insgesamt gelingt es der Beklagten nicht das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision der Beklagten ist daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

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