OGH 3Ob100/22k

OGH3Ob100/22k22.6.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei DDr. B* E*, vertreten durch Arnold Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die verpflichtete Partei T* GmbH, *, vertreten durch Mag. Roland Herbst, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 351 EO, über den Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 19. April 2022, GZ 47 R 232/21x‑84, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 21. Juli 2021, GZ 35 E 43/18h‑71, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 1. September 2021, GZ 35 E 43/18h-81, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0030OB00100.22K.0622.000

 

Spruch:

Der „außerordentliche“ Revisionsrekurs wird als jedenfalls unzulässig zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Betreibende beantragte am 25. 10. 2018 aufgrund eines vollstreckbaren Urteils des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien, ihr zur Durchsetzung ihres Anspruchs auf Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft an einer Liegenschaft in Wien durch Begründung von Wohnungseigentum die Exekution nach § 351 EO zu bewilligen.

[2] Das Erstgericht bewilligte die Exekution und ordnete mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss die Realteilung der gemeinschaftlichen Liegenschaft durch Begründung von Wohnungseigentum im Weg der Zuweisung von bestimmten Liegenschaftsanteilen und Wohnungseigentumsobjekten zu näher festgelegten Bedingungen an die Parteien an.

[3] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Verpflichteten nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei.

[4] Gegen diese Entscheidung richtet sich der „außerordentliche“ Revisionsrekurs der Verpflichteten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass die Realteilung in anderer Form (nach Maßgabe mehrerer vorgeschlagener Varianten) durchgeführt werde.

Rechtliche Beurteilung

[5] Der Revisionsrekurs ist absolut unzulässig.

[6] 1. Nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 78 Abs 1 EO ist der Revisionsrekurs grundsätzlich auch im Exekutionsverfahren jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene Beschluss zur Gänze bestätigt wurde (RS0002321 [T14 und T18]; RS0012387 [T13, T15 und T16]). Von dieser Regelung macht die EO nur in den Fällen des § 402 Abs 1 letzter Satz (Entscheidungen im Provisorialverfahren), § 411 Abs 4 EO (Erteilung oder Versagung der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels) und § 418 Abs 4 EO (Entscheidungen über den Antrag auf Versagung oder Vollstreckung) eine Ausnahme. Wegen des generellen Verweises in § 88 Abs 2 (nunmehr § 89 Abs 2) EO auf das GBG gilt dies nach der Rechtsprechung auch für die zwangsweise Pfandrechtsbegründung (3 Ob 5/14b).

[7] Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

[8] 2. Für die Exekution nach § 351 EO wird der in Rede stehende Rechtsmittelausschluss seit jeher judiziert (vgl 3 Ob 21/17k; 3 Ob 174/19p).

[9] 3. Diesem Rechtsmittelausschluss hält die Verpflichtete dessen teleologische Reduktion durch den erkennenden Senat bei der Exekution nach § 350 GBG entgegen (vgl RS0022851). Besagte teleologische Reduktion hat aber der Senat zu der – hier ohnehin nicht vorliegenden – Exekution nach § 350 EO mit der Entscheidung zu 3 Ob 43/18x (RS0132161) in Abkehr von der früheren Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben (bestätigt durch 3 Ob 174/19p).

[10] 4. Die Verpflichtete hält den Rechtsmittelausschluss bei der Exekution nach § 351 EO auch für gleichheitswidrig, weil gegen ein Teilungsurteil nach § 841 ABGB eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision zulässig sei. Dabei verkennt die Verpflichtete allerdings, dass – entgegen ihrer Behauptung – nicht „beide Verfahren inhaltlich genau denselben Entscheidungsgegenstand haben“. Mit der Entscheidung über die Teilungsklage wird der Aufhebungsanspruch des Klägers materiell beurteilt, während mit der Exekution nach § 351 EO die bereits titulierte Realteilung durchgeführt werden soll. Ein „Paradebeispiel einer gleichheitswidrigen Gesetzesbestimmung“ liegt daher mangels gleichartiger Rechtsschutzverfahren nicht vor.

[11] 5. Damit liegen auch die von der Verpflichteten behaupteten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die unterschiedliche Ausgestaltung der Rechtsmittelbeschränkungen je nach der Art der Rechtsdurchsetzung nicht vor. Durch unterschiedliche Regelungen in unterschiedlichen Verfahrensarten in Bezug auf unterschiedliche Anträge der Parteien ist der Gleichheitssatz mangels Vorliegens eines „gleichen Sachverhalts“ nicht betroffen.

[12] 6. Auf Art 17 GRC kann sich die Verpflichtete schon deshalb nicht stützen, weil der Anwendungsbereich des Unionsrechts und damit auch der GRC im Anlassfall nicht eröffnet ist (vgl 8 Ob 7/13g; 4 Ob 23/20s). Auf primäres Unionsrecht kann sich die Verpflichtete nicht erfolgreich berufen, weil kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt (vgl 8 ObA 8/17k; 8 ObA 34/17h).

[13] 7. Dem vorliegenden Rechtsmittel der Verpflichteten steht der Rechtsmittelausschluss nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 78 Abs 1 EO entgegen, weshalb dieses als absolut unzulässig zurückzuweisen war.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte