European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00048.21X.0421.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Der Kläger begehrt die Feststellung seines Eigentumsrechts an bestimmt bezeichneten (und in einer Urkunde gelb schraffiert gekennzeichneten) Flächen eines „Gewässergrundstücks“ der Beklagten (Hauptbegehren); in eventu an den Flächen, wie sie sich aus den in einer (anderen Plan-)Urkunde ersichtlichen Grenzpunkten ergeben.
[2] Das Berufungsgericht bestätigte das die Klage abweisende Urteil des Erstgerichts.
[3] Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers, die mangels Erörterung einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig ist.
Rechtliche Beurteilung
[4] 1. Der Kläger erklärte zwar in seiner Berufung, das Ersturteil sowohl „in Ansehung des abgewiesenen (Haupt-)Klagebegehrens als auch des Eventualklagebegehrens im vollen Umfang“ anzufechten. Er befasste sich aber im Weiteren allein damit, warum das Eventualbegehren (seiner Ansicht nach) weder unschlüssig, noch unbestimmt gewesen sei und zog aus seinen Ausführungen nur den Schluss, es hätte dem Eventualbegehren stattgegeben werden müssen. Damit legte er in der Berufung nicht dar, aus welchen Gründen die Abweisung des Hauptbegehrens durch das Erstgericht unrichtig gewesen sein sollte; diese in der Berufung versäumte Rechtsrüge kann er in der Revision nicht nachtragen (vgl RIS‑Justiz RS0043338 [T13]).
[5] 2. Abgesehen davon befasst er sich – soweit entscheidungserheblich – (bloß) mit auf der Tatsachenebene angesiedelten Fragen.
[6] Bei der sogenannten „(wahren) Naturgrenze“ handelt es sich um den zur Zeit der Grundbuchsanlegung in der Natur bestehenden Verlauf der Grenze, sofern er nicht später rechtswirksam verändert wurde (1 Ob 12/19z mwN). Wo die „(wahre) Naturgrenze“ verläuft, ist eine im Revisionsverfahren nicht mehr überprüfbare Frage der Würdigung aller Beweise (10 Ob 18/20z mwN). Da der Oberste Gerichtshof aber nur Rechtsinstanz und nicht auch Tatsacheninstanz ist, kann vor ihm die Beweiswürdigung der Vorinstanzen nicht bekämpft werden (RS0043414 [T11]; RS0043371).
[7] Der Revisionswerber kann diese Rechtsmittelbeschränkung nicht dadurch umgehen, dass er ein unerwünschtes Ergebnis der Behandlung der Beweisrüge als einen Mangel des Berufungsverfahrens releviert (RS0043371 [T28]) oder (die getroffene Feststellung ignorierend) behauptet, es liege „noch kein endgültiges non‑liquet“ vor.
[8] 3. Die Vorinstanzen gingen dazu auf der – für den Obersten Gerichtshof als Rechtsinstanz bindend festgestellten (dazu etwa RS0123663 [T2] ua) – Sachverhaltsebene davon aus, dass im Situationsplan aus dem Jahr 1884 für den Bereich zum Flusslauf hin Sperrmaße fehlten, die Grenzen des Flusses anlässlich seiner Erstellung nicht überprüft worden waren und die Bemaßung darin betreffend die „hier gegenständlichen Grenzen“ unvollständig bzw nicht vorhanden war. Grenzzeichen in der Natur, die auch im Jahr 1884 schon vorhanden waren und mit den im Situationsplan befindlichen Grenzpunkten ident sind, konnten nicht festgestellt werden; ebensowenig der (richtige) Verlauf der Grenzen „im strittigen Bereich“ zwischen den Grundstücken des Klägers und dem der Beklagten.
[9] 4. In der Berufung hatte der Kläger als Feststellungsmangel geltend gemacht, es fehle in der Urteilsbegründung eine – von ihm aus einer einzelnen und herausgegriffenen Aussage des beigezogenen Sach‑ verständigen anlässlich der Gutachtenserörterung abgeleitete, aber nicht getroffene – Feststellung zur „wahren Grenze“ des Flusses. Diesen Vorwurf wiederholt er in der Revision (auch unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens), ohne sich mit der Antwort des Berufungsgerichts dazu auseinanderzusetzen. Das Berufungsgericht hatte ihm erwidert, dass er damit keine „fehlende“ Feststellung verlange, sondern eine, die zu den bereits getroffenen widersprüchlich wäre. Seine bloß wiederholte – ohne nähere Darlegung bleibende – Behauptung, „auch diese [ihm vom Berufungsgericht dargelegten] widersprüchlichen Feststellungen würden einen Feststellungsmangel bewirken“, stellen sich wiederum als Versuch dar, die Beweiswürdigung durch die Vorinstanzen anzugreifen. Das erkennt er auch selbst, wenn er an anderer Stelle seines Rechtsmittels zu der (von ihm unterstellten) „richtigen Naturgrenze“ einräumt, sie stünde, würde sie (als angeblich richtiges Ergebnis des Verfahrens) festgestellt „auch im Widerspruch zu den diesbezüglichen gegenteiligen Feststellungen“.
[10] Wenn – wie hier – zu einem bestimmten Thema Tatsachenfeststellungen – auch Negativfeststellungen – getroffen wurden, mögen diese auch von den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers abweichen, können insoweit keine rechtlichen Feststellungsmängel bestehen (RS0053317 [T1, T3]).
[11] 5. Obwohl er zuvor das Fehlen einer für seinen Standpunkt positiven Feststellung zur „wahren Grenze“ bemängelt, unterstellt er eine solche im weiteren Verlauf seiner Ausführungen als gegeben, womit die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt ist (RS0043312; RS0043603 [T2, T8]). Auch seinem Vorwurf, es hätten Erst- und Berufungsgericht „offenbar [aus] rechtlichen Gründen“ eine nähere Prüfung des Grenzverlaufs unterlassen, wodurch er (daran) gehindert worden sei, „doch noch den diesbezüglichen Beweis zu führen“, liegt (als Prämisse) die Richtigkeit bestimmter – tatsächlich aber nicht festgestellter – Tatsachen zur „wahren Grenze“ zugrunde. Die Beweise, die zu führen er angeblich gehindert gewesen sein soll, oder deren Relevanz führt er gar nicht an. Soweit er sich insoweit auf die Mangelhaftigkeit schon des erstinstanzlichen Verfahrens bezieht, ist ihm überdies entgegenzuhalten, dass eine vom Berufungsgericht verneinte Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden kann (RS0042963).
[12] 6. Da die vom Kläger behauptete Naturgrenze – für den Obersten Gerichtshof nicht überprüfbar – nicht festgestellt werden konnte, kann er keine Korrekturbedürftigkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts aufzeigen.
[13] 7. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)