European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:E114629
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 62 Abs 1 AußStrG ist gegen einen im Rahmen des Rekursverfahrens ergangenen Beschluss der Revisionsrekurs nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Eine solche Frage zeigt der Revisionsrekurs des Einschreiters nicht auf:
1. Die auf § 107 Abs 1 Z 1 AußStrG beruhende Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass der Einschreiter ‑ der mit dem Kind nicht verwandt ist ‑ nicht als Vertreter in diesem Verfahren einschreiten kann, weil er kein Rechtsanwalt ist, stellt der Revisionsrekurswerber nicht in Frage. Nach dieser Bestimmung ist für den Einschreiter daher eine Vertretungstätigkeit auch für das Kind nicht möglich. Die in diesem Zusammenhang (gerade) noch erkennbar behauptete Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens liegt nicht vor.
2.1 Der Einschreiter beruft sich auch im außerordentlichen Revisionsrekurs auf seine Parteistellung im Verfahren als „Obsorgeinhaber“, weil die ‑ nach Fassung des Beschlusses des Rekursgerichts verstorbene ‑ Mutter ihn beauftragt und bevollmächtigt habe, im Fall ihrer Verhinderung oder ihres Todes die Obsorge für das Kind auszuüben.
2.2 Wer mit seinem Antrag zurückgewiesen wurde, hat jedenfalls das Recht, die Zurückweisung mit Rekurs zu bekämpfen und eine sachliche Erledigung seiner Anträge anzustreben. Auch der Dritte, dem die Parteistellung und Rechtsmittellegitimation abgesprochen wurde, kann die Überprüfung dieser Rechtsansicht verlangen (RIS‑Justiz RS0006793 [T7]; G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 2 Rz 259).
2.3 Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs liegt dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn das Gesetz ‑ wie hier ‑ selbst eine klare und eindeutige Regelung trifft (RIS‑Justiz RS0042656). Die Obsorge ist primär kein Recht, sondern eine von Verantwortung gegenüber Kindern getragene Aufgabe (9 Ob 210/02a). Auf elterliche Pflege‑ und Erziehungsbefugnisse kann ohne gerichtliche Genehmigung nicht verzichtet werden (RIS‑Justiz RS0009683). Eine Betrauung mit der Obsorge besteht entweder schon ex lege (vgl § 177 ABGB) oder es bedarf hierfür eines Gerichtsbeschlusses. Gerade auch im ‑ hier vorliegenden ‑ Fall der Verhinderung des allein mit der Obsorge betrauten Elternteils hat das Gericht gemäß § 178 Abs 1 Satz 2 ABGB mit Beschluss zu entscheiden, wer mit der Obsorge zu betrauen ist. Vereinbarungen im Vorfeld eines Verhinderungsfalls darüber, wem die Obsorge nach Hinderung des Obsorgeberechtigten an ihrer Ausübung zukommen soll, sind daher nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht möglich. Sie sind allenfalls vom Pflegschaftsgericht als Wünsche der Eltern iSd § 205 ABGB zu berücksichtigen (zutreffend die Gesetzeslage darstellend Volgger, Die Hinderung eines Elternteils an der Ausübung der Obsorge, EF‑Z 2011/57/90 [96]). Das Rekursgericht hat diese Rechtslage bei seiner Entscheidung beachtet und die Parteistellung des Einschreiters verneint. Eine Korrekturbedürftigkeit seiner Rechtsansicht zeigt der Einschreiter in seinem Rechtsmittel mit dem Argument, es sei der Wille der Mutter gewesen, ihn zur Wahrung der Interessen der Tochter mit der Obsorge zu betrauen, was auch erforderlich sei, nicht auf. Dass nicht verfahrensbeteiligte Dritte die gerichtliche Tätigkeit nur anregen und damit keine Parteistellung erlangen, ergibt sich aus § 2 Abs 2 AußStrG (1 Ob 72/15t).
Einer weiteren Begründung bedarf der Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 71 Abs 3 Satz 3 AußStrG).
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