Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 6.086,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.014,40 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Der als Angestellter tätige Kläger wurde zum Vorsitzenden des Betriebsrates der Arbeiter des Landeskrankenhauses B***** gewählt, nachdem die Wahl dieses Betriebsrates im März 1992 erfolgt war. Mit Wirkung vom 1.7.1994 wurden durch eine Novelle zum Vorarlberger Landesbedienstetengesetz, LGBl Nr 27/1994, sämtliche Arbeiter zu "Landesangestellten in handwerklicher Verwendung". Bei der am 7.11.1994 durchgeführten Wahl des Zentralbetriebsrates der Landeskrankenhäuser Vorarlbergs wurde den Mitgliedern des Arbeiterbetriebsrates des Landeskrankenhauses B*****, die Teilnahme an der Zentralbetriebsratswahl verwehrt.
Die Ansicht des Berufungsgerichtes, die durch das vorgenannte Landesgesetz mit Wirkung vom 1.7.1994 begründete Eigenschaft der bis dahin als Arbeiter bezeichneten Arbeitnehmer als "Landesangestellte in handwerklicher Verwendung" berühre den Bestand des zuvor gewählten Arbeiterbetriebsrates nicht und nehme dem Kläger als Vorsitzendem des Arbeiterbetriebsrates nicht die Wahlberechtigung zur Wahl des beklagten Zentralbetriebsrates, ist zutreffend; es reicht daher der Hinweis auf deren Richtigkeit aus (§ 48 ASGG).
Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:
Die Sektionierung der Belegschaft in Arbeiter und Angestellte (§ 40 Abs 2 ArbVG) findet nur auf der Ebene des Betriebes statt, hingegen nicht (mehr) auf den Ebenen des Unternehmens - § 81 Abs 3 ArbVG ist eine sanktionslose Sollbestimmung - und des Konzerns. Dazu kommt, daß die Sektionierung auf der Ebene des Betriebes gemäß § 40 Abs 3 ArbVG aufgrund von qualifizierten Beschlüssen der Gruppenversammlung der Arbeiter und der Angestellten unterbleiben kann (ebenso wie die Sektionierung gemäß § 134 Abs 5 ArbVG); dies ist eines der wenigen Beispiele für den ausnahmsweise dispositiven Charakter des Arbeitsverfassungsrechtes (vgl Jarbornegg, Absolut zwingendes Arbeitsverfassungsrecht, FS Strasser I, 367, 375). Die Vorinstanzen haben schon zutreffend darauf verwiesen, daß auch Angehörige der anderen Arbeitnehmergruppe jeweils passiv wahlberechtigt sind (§ 53 Abs 2 ArbVG). Eine Enthebung des Klägers wegen Verlustes der Gruppenzugehörigkeit gemäß § 64 Abs 1 Z 4 ArbVG wurde nicht behauptet und käme wegen seiner schon ursprünglichen Angestellteneigenschaft im Zeitpunkt der Wahl zum Arbeiterbetriebsrat auch nicht in Betracht. Diese beiden zuletzt genannten Regelungen im Zusammenhalt mit den übrigen zeigen, daß das Arbeitsverfassungsgesetz dem Verlust der Arbeitereigenschaft - der Kläger war als Angestellter zum Mitglied des Arbeiterbetriebsrates gewählt worden und gilt daher gemäß § 41 Abs 4 ArbVG ungeachtet seiner Angestellteneigenschaft als Angehöriger der Arbeitergruppe - nur geringe Bedeutung - abgesehen von der im konkreten Fall nicht in Betracht kommenden Enthebungsmöglichkeit gemäß § 64 Abs 1 Z 4 ArbVG - beimißt, sodaß die durch Landesgesetz erfolgte Änderung der Eigenschaft der Arbeiter (in den Landeskrankenhäusern) zu "Landesangestellten in handwerklicher Verwendung" keinen Einfluß auf die Funktion und Wahlberechtigung des Klägers haben kann. Durch die gleichzeitige Veränderung des arbeitsrechtlichen Status aller bisherigen Arbeiter wurde das für die Vertretungsaufgabe entscheidende gruppenbildende Merkmal der gleichgerichteten Interessen, abgesehen vom äußeren arbeitsrechtlichen Etikett, in keiner Weise verändert, sodaß gegen den Fortbestand des zuvor gewählten Arbeiterbetriebsrates kein Einwand bestehen kann. Erst bei einer künftigen Wahl wird die Frage zu entscheiden sein, ob ein allfälliger Gruppenunterschied zwischen "genuinen" Angestellten und "Landesangestellten in handwerklicher Verwendung" besteht. Da die nur fakultative Sektionierung der Belegschaft auf Betriebsebene auf der Unternehmensebene keine Entsprechung hat (vgl neben § 81 ArbVG auch die §§ 37 ff BRWO), hat die Änderung der rechtlichen Eigenschaft der Arbeiter auf die Zusammensetzung des Zentralbetriebsrates keinen Einfluß. Die Nichtzulassung des Klägers zur Wahl der Mitglieder des Zentralbetriebsrates macht dessen Wahl anfechtbar.
Die Zielsetzung des Arbeitsverfassungsgesetzes, eine wirksame
Vertretung der Belegschaft durch ihre Organe zu ermöglichen, gebietet
eine Einschränkung der Gründe der vorzeitigen Beendigung der
Tätigkeitsdauer (§ 62 ArbVG), zumal die Sektionierung der
Betriebsbelegschaft der Berücksichtigung gruppenspezifischer
Interessen durch gesonderte Organe dient (Strasser in
Floretta/Spielbüchler/Strasser Arbeitsrecht II Kollektives
Arbeitsrecht3, 264; Marhold in Mayer-Maly/Marhold, Österreichisches
Arbeitsrecht II, Kollektivarbeitsrecht, 139); es soll dadurch die
Durchsetzung der gruppenspezifischen Interessen verbessern. Ein Grund
hingegen für die Verschlechterung der Repräsentation für den Fall,
daß der Landesgesetzgeber den Unterschied zwischen Arbeitern und
Angestellten vermindert oder aufhebt, ist nicht erkennbar. Zur Frage,
ob die Gründe der vorzeitigen Beendigung der Tätigkeitsdauer
erschöpfend oder nur beispielsweise aufgezählt sind, wobei auch eine
erschöpfende Aufzählung eine ausdehende Auslegung oder Analogie
keineswegs unzulässig macht (vgl Arb 10.560 = DRdA 1987/19, 428 = RdW
1987, 61 = WBl 1987, 100 = SZ 59/177 = EvBl 1987/9, 52 = RZ 1987/24,
111 = ind 1710; vgl auch F.Bydlinski Methodenlehre2, 440: Heute ist
längst mit Recht anerkannt, daß auch Ausnahmsregeln [im Rahmen ihrer engeren "ratio legis"] der ausdehnenden Auslegung und der Analogie fähig sind mwN bei FN 61), muß nicht weiter Stellung genommen werden. Die zuvor dargelegten Wertungen führen dazu, daß für eine ausdehnende Auslegung oder für die Annahme einer durch Analogie zu schließenden Lücke der Bestimmungen über die vorzeitige Beendigung der Tätigkeitsdauer im Falle der Änderung der Eigenschaft der Arbeiter zu "Landesangestellten in handwerklicher Verwendung" kein durch die Teleologie des Gesetzes zu begründendes Bedürfnis besteht.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO iVm § 58 Abs 1 erster Satz ASGG.
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