OGH 15Os67/93

OGH15Os67/936.5.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.Mai 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Kuch, Dr.Schindler und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kirschbichler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Walter E***** wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Kreis- (nunmehr Landes-)gerichtes Steyr als Berufungsgericht vom 22. September 1992, AZ 10 Bl 4/92, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Jerabek, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Kreisgerichtes Steyr als Berufungsgericht vom 22. September 1992, AZ 10 Bl 4/92 (= ON 45 des Aktes 2 U 61/91 des Bezirksgerichtes Enns) verletzt insofern, als damit aus Anlaß der Berufung des Beschuldigten die vom Erstgericht vorgenommene Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 22. März 1991, GZ 10 E Vr 935/90-20, aus dem angefochtenen Urteil ausgeschieden und die Strafe neu bemessen wurde, das Gesetz in der Bestimmung des § 477 Abs 1 StPO.

Dieses Berufungsurteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird in seinem Strafausspruch aufgehoben und es wird dem Landesgericht Steyr aufgetragen, über die Strafberufung des Walter E***** erneut zu entscheiden.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Enns vom 24. März 1992, GZ 2 U 61/91-42, wurde Walter E***** der Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB und des Betruges nach § 146 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, wobei gemäß §§ 31, 40 StGB auf ein im Verfahren AZ 10 E Vr 935/90 des Kreisgerichtes Leoben am 22.März 1991 gefälltes Urteil (mit dem über den Genannten wegen §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 146 StGB eine Freiheitsstrafe verhängt worden war) Bedacht genommen wurde. Diese Bedachtnahme erfolgte allerdings zu Unrecht, weil sich der Tatzeitraum hinsichtlich des Vergehens nach § 198 Abs 1 StGB, über das das Bezirksgericht Enns urteilte, bis März 1992 erstreckte und sohin über den Zeitpunkt der Urteilsfällung durch das Kreisgericht Leoben im Verfahren 10 E Vr 935/90 (22. März 1991) hinausreichte (vgl. Leukauf-Steininger, Komm3 § 31 RN 12).

Das Kreisgericht Steyr als Berufungsgericht schied mit Urteil vom 22. September 1992, AZ 10 Bl 4/92 (= ON 45 des Aktes 2 U 61/91 des Bezirksgerichtes Enns) aus Anlaß der von Walter E***** im erwähnten Verfahren des Bezirksgerichtes Enns erhobenen Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe die vorerwähnte Bedachtnahme im angefochtenen Urteil "in amtswegiger Aufgreifung des Nichtigkeitsgrundes gemäß § 281 Abs 1 Z 11 StPO" aus dem erstgerichtlichen Strafausspruch aus und verhängte über Walter E*****, der mit seiner Strafberufung auf diese Entscheidung verwiesen wurde, "in Neubemessung der Strafe" - erneut - eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten.

Dieses amtswegige Vorgehen des Berufungsgerichtes findet - wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - im Gesetz keine Deckung, setzt doch ein solches gemäß § 477 Abs 1 StPO voraus, daß ein Strafgesetz zum Nachteil des Angeklagten unrichtig angewendet wurde. Davon kann hier schon im Hinblick auf den tilgungsrechtlichen Vorteil bei zueinander im Verhältnis des § 31 StGB stehenden Verurteilungen (vgl. § 4 Abs 4 TilgG) keine Rede sein. Dazu kommt, daß der vom Kreisgericht Steyr als Berufungsgericht für sein amtswegiges Vorgehen (gemäß § 477 Abs 1 StPO) angenommene (materielle) Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO gar nicht vorlag (vgl. Foregger-Serini, StPO5, Anm zu § 281 Abs 1 Z 11, erster Fall, StPO, S 382), denn eine Verletzung des § 31 StGB bedingt Urteilsnichtigkeit nach der zitierten Gesetzesstelle nur dann, wenn das Höchstmaß der nach § 31 Abs 1 StGB verhängbaren Strafe überschritten wurde; in allen anderen Fällen ist die Anwendung des § 31 StGB nur mit Berufung anfechtbar (vgl. Mayerhofer-Rieder, StGB3, E 81 zu § 31).

Da sich die aufgezeigte Gesetzesverletzung zum Nachteil des Angeklagten auswirkt, war gemäß § 292 letzter Satz StPO spruchgemäß zu entscheiden.

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