OGH 9Os166/79

OGH9Os166/7920.5.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Mai 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schubert als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerhard A wegen des Verbrechens der Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen nach §§ 83 Abs. 1, 85 Z. 1 StGB.

über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 23. Juli 1979, GZ. 22 Vr 2104/78-11, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, der Ausführungen des Verteidigers Dr.Burka und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Gehart, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 27. Dezember 1953 geborene Kraftfahrer Gerhard A des Verbrechens der Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen nach §§ 83 Abs. 1, 85 Z. 1 StGB. schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Nach den Urteilsannahmen hatte er die Aufforderung des Schaustellers Josef B, den bei dessen Wohnwagen angebundenen (bissigen) Hund in Ruhe zu lassen, nicht befolgt, weshalb er von B mit den Händen weggestoßen worden war. Während des folgenden Wortwechsels, an dem sich auch der mit dem Beschwerdeführer befreundete Wolfgang C beteiligte, versetzte der Angeklagte dem Josef B einen Faustschlag ins Gesicht, durch den die Brille des Angegriffenen zertrümmert wurde; die dabei entstandenen Schnittverletzungen des rechten Auges bewirkten bei B eine dauernde schwere Beeinträchtigung des Sehvermögens.

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 5 und 9 lit. a (richtig: lit. b) des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Von den erstgerichtlichen Feststellungen ausgehend ist dem Angeklagten ein Handeln in Notwehr schon deshalb nicht zuzubilligen, weil es an der hiefür notwendigen Grundvoraussetzung eines - abzuwehrenden - gegenwärtigen oder unmittelbar drohenden rechtswidrigen Angriffs im Sinne des § 3 Abs. 1 StGB. (auf ein notwehrfähiges Gut) fehlt. Denn darnach war das handgreifliche Vorgehen des Josef B gegen den Angeklagten bereits abgeschlossen und drohte dem Angeklagten kein (weiterer) Angriff, als er seinerseits gegen B auf die beschriebene Weise tätlich wurde. Notwehr gegen einen bereits beendeten Angriff ist aber ausgeschlossen (Leukauf-Steininger RN 71 zu § 3 StGB.).

Bei dieser Sachlage bestand für das Erstgericht auch kein Anlaß, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob (und weshalb) der Angeklagte etwa bloß das gerechtfertigte Maß der Verteidigung überschritten oder sich einer offensichtlich unangemessenen Verteidigung bedient habe.

Die (sachlich aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO.) erhobene Rechtsrüge ist daher

unbegründet.

Mit Rücksicht darauf, daß für den Angeklagten nach den Feststellungen des Erstgerichtes im Zeitpunkt seines Angriffes gegen den Verletzten keine Notwehrsituation bestand, kommt der vom Beschwerdeführer in der Mängelrüge aufgeworfenen Frage, ob und auf welche Weise er allenfalls bei den vorangegangenen Tätlichkeiten verletzt worden war, keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Begründungsmängel, die nach dem Beschwerdevorbringen dem Schöffengericht angeblich in Bezug auf diese Aussprüche unterliefen, vermögen demnach keine Nichtigkeit im Sinne der bezogenen Gesetzesstelle zu bilden.

Zu Unrecht wirft die Beschwerde dem Urteil aber auch vor, die den Angeklagten entlastende Aussage des Wolfgang C übergangen und den Ausspruch, daß dessen Angaben unglaubwürdig seien, mit einer zudem aktenwidrigen Scheinbegründung versehen zu haben; denn es hat das Schöffengericht die Depositionen des Zeugen Wolfgang C sehr wohl in seine die Beweiswürdigung betreffenden Erwägungen einbezogen (siehe dazu S. 74 d.A.) und überdies eine durchaus sachbezogene Begründung dafür gegeben, warum es den Angaben des Verletzten und nicht jenen des Angeklagten und des Zeugen C folgte (S. 74 ff. d.A.). In dieser konnte es sich auch auf die Erklärung des Zeugen C stützen, daß er mit dem Angeklagten 'flüchtig' befreundet sei (S. 62 d.A.), sodaß auch der diesbezüglich vom Beschwerdeführer erhobene Vorwurf der Aktenwidrigkeit unbegründet ist.

Da auch die sonstigen Beschwerdeausführungen ihrem Inhalt und ihrer Zielsetzung nach in einer unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes bestehen, kommt auch der auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. erhobenen Mängelrüge keine Berechtigung zu. Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 85 StGB. zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten. Es nahm bei der Strafbemessung die einschlägigen Vorstrafen als erschwerend und das vor der Gendarmerie abgelegte Geständnis als mildernd an. In seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafmaßes und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht. Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die vorliegenden Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig erfaßt und auch zutreffend gewürdigt. Weitere Milderungsumstände liegen auf Seiten des Angeklagten nicht vor. Insbesondere kann von einer Provokation des Verletzten, der den Angeklagten lediglich daran hindern wollte, einen bissigen Hund zu reizen (und sich dadurch selbst in Gefahr zu bringen), keine Rede sein. Die vom Schöffengericht ausgesprochene Strafe entspricht dem Verschulden des Angeklagten und auch dem Unrechtsgehalt der Tat. Mit Rücksicht auf das Vorleben des Angeklagten und die Schwere der von ihm herbeigeführten Verletzungen kommt auch die Gewährung der bedingten Strafnachsicht nicht in Betracht. Es war daher der Berufung des Angeklagten auch diesbezüglich ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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