European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1978:0040OB00418.77.0207.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs der beklagten Partei wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Der Revisionsrekurs der klagenden Partei wird auf diese Entscheidung verwiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 7.568,64 (einschließlich S 560,64 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Begründung:
Die klagende Partei ist Inhaberin der internationalen Wort-Bild-Marke 580.060 „K* Möbel“ für „Kastenmöbel aus Holz“, die in Österreich mit Priorität vom 4. März 1971 Schutz genießt. Die Buchstaben K und M sind in kerbbalkenähnlicher Weise stilisiert, wobei die Flächen innerhalb der Umrisse der Buchstaben rot (manchmal: schwarz) gefärbt sind.
Die beklagte Partei ist Inhaberin der österreichischen Marke 74466, die aus den Buchstaben M und und einer über dem Buchstaben M befindlichen orangefarbenen Kreisfläche besteht. Die Buchstaben M und K haben auch bei dieser Marke eine kerbbalkenähnliche Form, sind aber nur durch zarte Umrandungslinien gebildet, wobei die innerhalb der Umrandung liegenden Flächen weiß bleiben. Das Warenverzeichnis dieser mit Priorität vom 17. Mai 1975 eingetragenen Marke umfaßt ua auch Möbel.
Die klagende Partei behauptet, daß die Marke der beklagten Partei wegen der charakteristischen Form der Buchstaben K und M mit jener der klagenden Partei verwechselbar ähnlich sei und hinsichtlich der geschützten Waren zumindest Geichartigkeit bestehe, sodaß die beklagte Partei wegen der besseren Priorität der Marke der klagenden Partei schuldig sei, im geschäftlichen Verkehr mit Möbeln, insbesondere mit Kastenmöbeln aus Holz, den Gebrauch der Buchstaben M und K in der charakteristischen Form der Marke der klagenden Partei zu unterlassen. Zur Sicherung dieses Unterlassungsanspruches beantragte die klagende Partei eine einstweilige Verfügung gleichen Inhaltes.
Die beklagte Partei begehrte Abweisung dieses Antrages, da der behauptete Unterlassungsanspruch mangels verwechselbarer Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken und mangels Gleichheit der durch sie geschützten Waren nicht bescheinigt sei.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab. Es ging davon aus, daß die beiden Zeichen ausreichende Unterschiede aufweisen, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Es seien die Reihenfolge der Buchstaben und die Ausführung der Buchstaben – außer der kerbbalkenähnlichen Gestaltung –verschieden. Beim Zeichen der beklagten Partei seien die Buchstaben im Gegensatz zum Zeichen der klagenden Partei nur umrandet, sodaß sie eine weiße Innenfläche haben. Auch der leuchtend orangefarbene Kreis über dem M unterscheide das Zeichen der beklagten Partei besonders deutlich von dem der klagenden Partei. Bei der Werbung führe die klagende Partei stets „unterhalb des geschützten Zeichens“ die Bezeichnung „K* Möbel“, die beklagte Partei dagegen die Bezeichnung „M* S*“.
Über Rekurs der klagenden Partei erließ das Rekursgericht die beantragte einstweilige Verfügung, machte aber gemäß § 390 Abs 2 EO deren Wirksamkeit vom Erlag einer Sicherheitsleistung von S 600.000,‑‑ innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung des Beschlusses abhängig. Es ging davon aus, daß bei einem Aufeinandertreffen von zwei eingetragenen Marken die Marke mit der besseren Priorität den Schutz gemäß § 9 Abs 3 UWG in Anspruch nehmen könne. Das sei die Marke der klagenden Partei. Mit Rücksicht auf die Verwendung der Marke der klagenden Partei beim Verkauf an Letztverbraucher und die Art der angebotenen Möbel sei auch keine ausreichende Warenverschiedenheit gegeben, um eine Verwechslungsgefahr verneinen zu können. Die verwechselbare Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen sei auf Grund ihrer charakteristischen, die Eigenart des Bildes bestimmenden Merkmale zu bejahen. Für die beiden Marken sei die figurale Komposition hervorstechend, da dem Betrachter die Aneinanderreihung von zwei mit je einer Einkerbung versehenen rechteckigen Klötzen in Erinnerung bleiben werde. Die verschiedene Buchstabenfolge und die Farbgebung trete demgegenüber ebenso zurück, wie der orangefarbene Fleck in der Marke der beklagten Partei. Der Zusatz „M* S*“ sei nicht Bestandteil der Marke der beklagten Partei und daher beim Vergleich nicht zu berücksichtigen. Der Bestandteil „K* Möbel“ der Marke der klagenden Partei sei wiederum so gestaltet, daß er die besonders auffällige Klotzform nicht verdränge, sondern diese nur noch unterstreiche. Die phonetische Verschiedenheit beim Aussprechen der beiden Buchstaben, aus denen die Marken bestehen, sei nicht unterscheidungskräftig, weil die bildhaften Elemente im Vordergrund stünden. Da beide Marken verwechselungsfähig seien, sei der erhobene Unterlassungsanspruch bescheinigt und die beantragte einstweilige Verfügung zu erlassen, aber wegen des tiefgehenden Eingriffes in die Interessensphäre der beklagten Partei von einer Sicherheitsleistung durch die klagende Partei abhängig zu machen gewesen.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wenden sich die Revisionsrekurse der klagenden und der beklagten Partei. Die klagende Partei wendet sich dagegen, daß die Wirksamkeit der einstweiligen Verfügung vom Erlag einer Sicherheit abhängig gemacht wurde, und beantragt, den Beschluß des Rekursgerichtes dahin abzuändern, daß diese Bedingung zu entfallen habe. Die beklagte Partei wendet sich gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung und beantragt, die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen, jedenfalls aber die auferlegte Sicherheit „angemessen“ zu erhöhen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der beklagen Partei ist berechtigt.
Die beklagte Partei bringt zur Frage der besseren Priorität der Marke der klagenden Partei nichts mehr vor, sodaß dazu darauf verwiesen werden kann, daß sie von den Untergerichten mit Recht angenommen wurde. Es wurde aber auch eine Verschiedenheit der geschützten Waren zutreffend verneint. Dies ergibt sich schon daraus, daß die Richtigkeit der Behauptung der beklagten Partei, sie führe „gänzlich andere Möbel“ als die klagende Partei, nicht als bescheinigt angenommen, sondern davon ausgegangen wurde, daß beide Marken bei der Werbung für den Verkauf von gleichartigen Möbeln an Letztverbrauchen verwendet werden.
Die beklagte Partei wendet sich aber mit Recht gegen die Auffassung des Rekursgerichtes, daß die beiden sich gegenüberstehenden Marken verwechselbar ähnlich seien.
Nach § 9 Abs 1 und 3 UWG kann derjenige, der im geschäftlichen Verkehr unter anderem eine Marke in einer Weise benützt, die geeignet ist, Verwechslungen mit der Marke hervorzurufen, deren sich ein anderer befugterweise bedient, von diesem auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Eine Verwechslungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn durch den Zeichengebrauch der Anschein einer Identität der beiden Unternehmen, zu denen die Zeichen gehören, oder der Anschein eines besonderen Zusammenhanges wirtschaftlicher oder organisatorischer Art dieser beiden Unternehmen erweckt wird (ÖBl 1977 12, 1976 39, 45, 65, 164 ua). Hiebei genügt schon die objektive Eignung des Eingriff Zeichens, Verwechslungen hervorzurufen; ob solche bereits tatsächlich vorgekommen sind, ist unerheblich (ÖBl 1976 39, 45, 65 ua).
Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es auf die Verkehrsauffassung, also auf die durchschnittliche Anschauung eines nicht ganz unbeträchtlichen Teiles der angesprochenen Verkehrskreise an. Die Verwechslungsgefahr ist entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes nicht erst dann zu verneinen, wenn eine Verwechslung „vollkommen“ ausgeschlossen ist. Es ist vielmehr von der Vorstellung auszugehen, die ein wenigstens nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise mit der betreffenden Bezeichnung in der Eile des Geschäftsverkehrs schon bei flüchtiger Betrachtung verbindet. Entscheidend ist der Gesamteindruck, nicht eine zergliedernde Betrachtung von Einzelheiten (ÖBl 1977 12, 40, 41, 1976 45, 1975 110 ua).
Für den vorliegenden Fall ist zunächst festzuhalten, daß es sich bei der Marke der klagenden Partei um eine Wort-Bild-Marke handelt, bei der weder der bildliche Teil (die stilisierte Buchstabengruppe K M) noch der Wortbestandteil (K* Möbel) so stark vorherrscht, daß der andere Teil demgegenüber bei der Bestimmung des Gesamteindruckes ganz zurückträte. Der Bildbestandteil ist durch seine klobig-wuchtige Form auffällig, während der Wortbestandteil, der keineswegs unauffällig angebracht und zu übersehen ist, wegen seines Sinngehaltes besonderen Einfluß auf das Erinnerungsbild hat, das der Betrachter der Marke empfängt. Stehen aber bei einer Wort-Bild-Marke die bildlichen und die wörtlichen Bestandteile mehr oder weniger gleichberechtigt nebeneinander, dann sind nicht nur jene Zeichen als mit dieser Marke verwechselbar ähnlich anzusehen, die nach ihrem Gesamteindruck eine Verwechslungsgefahr hervorrufen, sondern auch jene, die entweder nur die bildlichen oder nur die wörtlichen Teile dieser Marke in verwechselbarer Weise wiedergeben (Hohenecker-Friedl Wettbewerbsrecht 195).
In der Marke der beklagten Partei scheinen die Bildbestandteile der Marke der klagenden Partei, nämlich die von den stilisierten Buchstaben M und K gebildete Gruppe, auf. Die einzige Übereinstimmung ist aber, daß die Stilisierung durch eine kerbbalkenähnliche Formgebung erfolgt. Im übrigen aber unterscheiden sich die Buchstabengruppen in beiden Marken sehr auffällig und wesentlich. Bei der Marke der klagenden Partei bewirkt die Stilisierung den Eindruck zweier rechteckiger Klötze, die jeweils eine Einkerbung haben und zumindest von einem erheblichen Teil des angesprochenen Publikums erst auf Grund einer näheren Betrachtung oder wegen des Zusammenhanges mit dem Wortbestandteil „K* Möbel“ als die Buchstaben K und M erkannt und behalten werden. Demgegenüber ist bei der Buchstabengruppe der Marke der beklagten Partei die Reihenfolge der Buchstaben umgekehrt (M K) und die Ausführung so gehalten, daß sie – im auffälligen Gegensatz zu dem wuchtigen und schwerfälligen Bild der Buchstabengruppe der Marke der klagenden Partei – ein ausgesprochen zartes und eher duftiges Bild vermittelt, zu dem auch der freundliche Ton der orangefarbenen Kreisfläche oberhalb des Buchstabens M wesentlich beiträgt. Wird noch berücksichtigt, daß gerade in der Architektur und im Baugewerbe und auch in der diesen Berufszweigen nahestehenden Möbelbranche stilisierte Formen von Buchstaben vielfach verwendet werden, ist die Annahme, die angesprochenen Kreise würden schon wegen der kerbbalkenähnlichen Form der Buchstaben in den beiden Marken – die überdies besonders in der Marke der beklagten Partei der normalen Form dieser Buchstaben in Blockschrift sehr nahe kommt – die Marken nicht verläßlich auseinanderhalten oder auf besondere Beziehungen zwischen den Unternehmungen, für welche sie verwendet werden, schließen, nicht gerechtfertigt. Die beklagte Partei hat somit die Bildbestandteile der Marke der klagenden Partei nicht in verwechselbarer Weise verwendet, sodaß der erhobene Unterlassungsanspruch vom Erstgericht mit Recht nicht als bescheinigt angesehen und die zu seiner Sicherung beantragte einstweilige Verfügung nicht erlassen wurde. Es war daher in Stattgebung des Revisionsrekurses der beklagten Partei die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Damit ist aber dem Revisionsrekurs der klagenden Partei die Grundlage entzogen, sodaß er auf diese Entscheidung zu verweisen war.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses der klagenden Partei stützt sich auf §§ 402, 78 EO, 40, 50, 52 ZPO; jene über die Kosten des Revisionsrekurses der beklagten Partei auf §§ 402, 78 EO, 41, 50, 52 ZPO, wobei die Barauslagen für Gerichtskostenmarken für den Revisionsrekurs der beklagten Partei nicht zuzusprechen waren, weil der Gegner der gefährdeten Partei so wie der Verpflichtete im Exekutionsverfahren zur Entrichtung einer Eingabengebühr nicht verpflichtet ist (GJGebGes TP 1 Anmerkung 4 f, EvBl 1967/375).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)
