European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1978:0040OB00414.77.0117.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 5.578,94 bestimmter Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 960,-- an Barauslagen und S 342,14 an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei begehrt von den beklagten Parteien die Unterlassung des Anbietens, Ankündigens und Gewährens einer unentgeltlichen Zugabe in Form einer Rezeptsammelkarte neben der „N* Zeitung“ sowie die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in einer Wochenendausgabe dieser Zeitung. Zur Begründung führt sie aus, die erstbeklagte Partei, deren Komplementärin die Zweitbeklagte Partei sei, habe in ihrer vorerwähnten Tageszeitung im Dezember 1976 wiederholt angekündigt, farbige Rezeptsammelkarten gemeinsam mit ihren zum Kauf angebotenen Zeitungsexemplaren den Kunden unentgeltlich zu geben. Auf der Titelseite der Ausgabe vom 10. Dezember 1976 sei eine solche Rezeptsammelkarte für Steirisches Kletzenbrot aufgeklebt gewesen. 16 Stück völlig gleichwertiger Rezeptsammelkarten („A* Kochkarten“) seien im Handel zum Preis von S 52,40 erhältlich. Der Wert dieser nach dem Zugabengesetz verbotenen Zugabe übersteige daher den Wert der Hauptware.
Die beklagten Parteien beantragten Klagsabweisung. Die von ihnen ausgegebenen Rezeptsammelkarten seien ein Teil der Hauptware, nämlich eine Beilage der „N* Zeitung“. Beilagen, die in periodischen Abständen oder bei besonderen Anlässen den Zeitungsexemplaren beigelegt werden, seien im Zeitungsgewerbe üblich. Dies gelte insbesondere für die den Wochenendausgaben beigelegten vierfarbigen Umschläge, für illustrierte Rundfunk-Programmbeilagen, für Farbbilder über Sportler oder für Kochkalender. Die Rezeptsammelkarten der beklagten Parteien fielen überdies unter die Ausnahmebestimmungen des § 3 Abs 1 lit b und c ZugG. Sie seien nämlich infolge ihrer Hinweise auf die „N* Zeitung“ ein Reklamegegenstand und außerdem nur geringwertige Kleinigkeiten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging von folgendem, teils unbestrittenem, teils festgestelltem Sachverhalt aus:
Die klagende Partei ist Eigentümerin, Herausgeberin und Verlegerin der „K* Zeitung“, die erstbeklagte Partei Alleineigentümerin und Verlegerin der „N* Zeitung“; die zweitbeklagte Partei ist Komplementärin der erstbeklagten Partei. In den für die * bestimmten Ausgaben der letztgenannten Zeitung vom 8. und 9. Dezember 1976 sowie auf Plakaten wurde von den beklagten Parteien eine unentgeltliche farbige Rezeptsammelkarte als Beilage zur „N* Zeitung“ vom 10. Dezember 1976 angekündigt. In den Ausgaben dieser Zeitung vom 8. und 10. Dezember 1976 waren solche Karten mit einem wasserlöslichen, abwaschbaren Klebestoff auf der Titelseite aufgeklebt. Sie wiesen auf der einen Seite das Farbbild eines essfertigen Gerichtes und auf der Rückseite das dazugehörige Rezept und folgenden ins Auge springenden roten Werbetext auf: „Sammeln Sie N* Zeitung Rezeptkarten“. Außerdem wurde darauf hingewiesen, daß die N* Zeitung zu einer „wunderschönen Rezept‑Sammlung“ gratis verhelfe. Der Wert einer Sammelkarte habe nicht festgestellt werden können, weil aus dem Preis der „A* Kochkarten“ auf den Wert der gegenständlichen Rezeptsammelkarten nicht geschlossen werden könne.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, die gegenständlichen Rezeptsammelkarten seien nicht eine neben der Hauptware gewährte Zugabe, sondern ein Teil der Hauptware, weil Zeitungen nicht nur aus dem auf Rotationspapier gedruckten Teil, sondern auch aus farbigen Beilagen bestehe. Als solche Beilagen können aber auch eine derartige Rezeptsammelkarte unabhängig von ihrem Format angesehen werden, zumal auch Rezepte, die in fortlaufenden Teilen einer Zeitung abgedruckt werden, von den Lesern gesammelt werden können. Im übrigen seien die Rezeptsammelkarten Reklamegegenstände im Sinne der Ausnahmebestimmung des § 3 Abs 1 lit b ZugG. Der Wert einer Rezeptkartensammlung übersteige die Summe der Werte der einzelnen Karten nicht.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung nur hinsichtlich des die Unterlassung des Gewährens der gegenständlichen Zugaben und des die Veröffentlichung des Urteiles in anderen Wochenendausgaben der „N* Zeitung“ als in den für die * bestimmten Ausgaben betreffenden Teiles und änderte sie im übrigen im Sinne des Klagebegehrens ab. Es sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 2.000,-- übersteige und übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, die Rezeptsammelkarten seien verbotene Zugaben im Sinne des § 1 ZugG, weil der überwiegende Teil der Käufer einer Tageszeitung die Beigabe von abwaschbaren, aus haltbarem Material bestehenden, dem Format einer Spielkarte gleichenden und zur Anlegung einer Sammlung dienenden Rezeptkarten weder als Haupt- noch als Nebenleistung erwarte. Eine solche Beigabe sei auch kein handelsübliches Zugehör und keine handelsübliche Nebenleistung einer Tageszeitung, weil jeder Zusammenhang zwischen dem unterschiedlichen Verwendungszweck fehle. Das Anbieten oder Ankündigen dieser Karte verstoße daher gegen das Zugabengesetz. Da dieser Verstoß nur in den für die * bestimmten Ausgaben der „N* Zeitung“ begangen worden sei, genüge die Urteilsveröffentlichung in dieser territorial beschränkten Ausgabe. Hingegen lägen die Voraussetzungen der Ausnahmebestimmungen des § 3 Abs 1 lit b und c ZugG vor, sodaß das auf Unterlassung der Gewährung der Zugaben gerichtete Klagebegehren nicht zu Recht bestehe.
Gegen den abändernden Teil dieser Entscheidung richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der beklagten Parteien mit einem die Wiederherstellung der Entscheidung der ersten Instanz anstrebenden Abänderungsantrag.
Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Da die klagende Partei die Abweisung ihres auf die Unterlassung des Gewährens der gegenständlichen Zugabegerichteten Begehrens nicht bekämpft hat, sind im Revisionsverfahren allein noch die beiden für das Anbieten und Ankündigen entscheidenden Rechtsfragen zu beantworten, ob nämlich die gegenständlichen Rezeptkarten einen Teil der Zeitung bilden oder als Zugabe im Sinne des § 1 ZugG zu qualifizieren sind, sowie ob sie, falls sie Zugabencharakter besitzen, als handelsübliches Zugehör bzw als handelsübliche Nebenleistung im Sinne der Ausnahmebestimmung des § 2 Abs 1 lit d leg. cit. angesehen werden müssen. Da die Werbewirkung des Ankündigens und Anbietens einer Zugabe erheblich größer ist als ihr Gewähren und da im § 3 ZugG ausdrücklich nur die Gewährung von Zugaben der dort angeführten Art vom Verbot des § 1 leg. cit. ausgenommen wird, muß die Frage der Zulässigkeit des Ankündigens und Anbietens ungeachtet des rechtskräftigen Teiles der Entscheidung des Berufungsgerichtes vom Obersten Gerichtshof noch überprüft werden (vgl. ÖBl 1966, 91; SZ 44/25).
Die Revisionswerber halten in den Rechtsmittelausführungen an ihrer Auffassung fest, die Karten seien Zeitungsbeilagen gleichzuhalten und bildeten daher einen Teil der Hauptware. Sie verweisen überdies auf die in anderen Zeitungen üblichen Beilagen, wie Rundfunk‑Wochenprogramm, Farbtafeln über Sportler oder Tierparks und Kochkalender.
Aus dem § 1 Abs 1 ZugG ist abzuleiten, daß als Zugabe im Sinne dieses Gesetzes ein zusätzlich gewährter Vorteil zu verstehen ist, der neben einer (Haupt-)Ware oder (Haupt-)Leistung ohne besondere Berechnung, also unentgeltlich angeboten, angekündigt oder gewährt wird, um den Absatz der Hauptware oder die Verwertung der Hautleistung zu fördern (ÖBl 1975, 118; ÖBl 1973, 64; ÖBl 1972, 128; ÖBl 1972, 75 uva). Dieser Vorteil muß mit der Hauptware oder Hauptleistung in einem solchen Zusammenhang stehen, daß er objektiv geeignet ist, den Kunden in seinem Entschluß zum Erwerb dieser Hauptware (Hauptleistung) zu beeinflussen und muß somit die Eigenschaft eines Werbe‑ oder Lockmittels haben (ÖBl 1977, 43; ÖBl 1975, 118; ÖBl 1974, 117; ÖBl 1971, 82 uva; Hohenecker‑Friedl, Wettbewerbsrecht, 121; Baumbach‑Hefermehl, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht11, I, 1344). Notwendige Bestandteile der Hauptware (Hauptleistung) scheiden daher als Zugabe im Sinne des Zugabengesetzes von vornherein aus, weil ihnen der eben erläuterte Zugabencharakter fehlt (Hohenecker‑Friedl, a.a.O., 122, 131; Baumbach-Hefermehl a.a.O., 1225, 1343, ÖBl 1974, 117). Ob nun ein solcher Bestandteil der Hauptware oder ob eine Zugabe vorliegt, entscheidet sich, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, nach der Auffassung eines nicht unerheblichen Teiles des umworbenen Abnehmerkreises (Hoth-Gloy, Zugabe und Rabatt, 87 f.).
Die Voraussetzungen einer Zugabe treffen aber auch auf die gegenständlichen Rezeptsammelkarten zu. Der entgegengesetzten Meinung der beklagten Parteien könnte nur dann zugestimmt werden, wenn diese Karten einen ihrer Art nach integrierenden Bestandteil der Zeitung bildeten, wie dies etwa bei den üblichen Wochenendbeilagen, Beilagen für Kinder, Rundfunkprogrammen, Fortsetzungsromanen und dergleichen der Fall ist. Hiebei ist sicherlich nicht starr an den in Vergangenheit oder Gegenwart üblichen Strukturen und Inhalten solcher Druckerzeugnisse festzuhalten, sondern ist vielmehr auf die sich wandelnde Verkehrsauffassung Bedacht zu nehmen. Im vorliegenden Fall haben aber die beklagten Parteien ihrer Zeitung nicht nur ein in dieser Art bisher nicht übliches Druckerzeugnis angefügt sondern haben hiefür eine Beigabe gewählt, die infolge ihrer Art und Beschaffenheit, ihres Verwendungszweckes und ihrer selbständigen Bedeutung als Handelsware von vornherein nicht als notwendiger Bestandteil einer Zeitung in Betracht kommt. Es handelt sich hiebei nicht um solche Kochrezepte, wie sie in Zeitungen mitunter abgedruckt werden. Es sind vielmehr Rezeptkarten, deren Vorderseite das farbige Bild der essfertig zubereiteten Speise und deren Rückseite das Rezept und ein Verzeichnis der Zutaten enthält. Die Beschaffenheit dieser Karte unterscheidet sich grundlegend von der Beschaffenheit jener Druckerzeugnisse, wie sie in der Zeitungsbranche auch unter Berücksichtigung moderner technischer Voraussetzungen üblich sind. Die Karte ist aus einem spielkartenähnlichen abwaschbaren Material angefertigt; ihr Format erreicht nicht einmal jenes einer Postkarte. Dazu kommt, daß diese Karten für die Anlegung einer Sammlung von derartigen Kochrezeptkarten bestimmt sind, worauf die beklagten Parteien in ihren Werbeankündigungen ausdrücklich hingewiesen haben. Für diesen Zweck haben sie eigene Kassetten angeboten. Auch dieser Zweck schließt die Annahme aus, die Karten bildeten einen integrierenden Bestandteil der „N* Zeitung“. Die beklagten Parteien übersehen schließlich daß derartige Karten im freien Handel erhältlich sind („A* Kochkarten“), sodaß ihre in der Revision vertretene Ansicht auch aus diesem Grund verfehlt ist. Dem Berufungsgericht ist daher darin beizupflichten, daß die Rezeptsammelkarten nicht einen Bestandteil der Zeitung bilden, sondern eine verbotene Zugabe im eingangs dargelegten Sinn des § 1 ZugG sind.
Zu prüfen bleibt noch die Frage, ob auf diese Zugabe die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs 1 lit d ZugG Anwendung findet. Nach dieser Vorschrift gilt das Verbot des § 1 ZugG nicht für das Anbieten, die Ankündigung oder die Gewährung von Zugaben, wenn die Zugabe in handelsüblichem Zugehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen besteht. Die beklagten Parteien haben sich vor dem Erstgericht ausdrücklich auf diese Ausnahmebestimmung berufen. Ihren Revisionsausführungen läßt sich entnehmen, daß sie diese Auffassung zumindest implicite weiterhin aufrecht erhalten, weil sie auf die oben erwähnten Beilagen anderer Zeitungen verweisen. Aus diesen Hinweisen läßt sich jedoch für den Standpunkt der Revisionswerber zunächst schon deshalb nichts Entscheidendes gewinnen, weil es sich bei diesen Beispielen um Beigaben handelt, die sich von den gegenständlichen Rezeptsammelkarten aus den vorgenannten Gründen wesensmäßig unterscheiden. Eine Übung in dem Sinn, daß auch andere Zeitungen derartige Karten beigegeben hätten, wurde gar nicht behauptet. Davon abgesehen ist eine im Zweckzusammenhang mit der Hauptware stehende Nebenleistung nur dann handelsüblich, wenn sie sich nach der Verkehrsauffassung im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheit hält. Es braucht sich hiebei nicht um eine allgemeine und bereits bestehende Gewohnheit zu handeln. Auch neuartige und erstmalige Nebenleistungen können als handelsüblich gewertet werden, sofern sie nur nach der Auffassung der beteiligten Kreise wirtschaftlich vernünftig erscheinen. Nebenleistungen zur Hauptleistung oder zur Hauptware sind aber nur solche, die nach der Verkehrsauffassung der Hauptleistung oder der Verwendung der Hauptwaren dienen (ÖBl 1975, 118; ÖBl 1974, 117; 4 Ob 323/77 ua). Für das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Ausnahmebestimmung sind die sich darauf berufenden beklagten Parteien beweispflichtig (ÖBl 1975, 116; ÖBl 1973, 64 ua). Sie haben aber dazu lediglich die bereits erwähnten Beilagen aus anderen Zeitungen angeboten, die jedoch aus den schon dargelegten Gründen kein taugliches Vergleichsobjekt im Sinne der Behauptungen der beklagten Parteien darstellen. Darüber hinaus rechtfertigt der Unterschied des Verwendungszweckes der Zeitung einerseits (Information der Leser) und der Rezeptsammelkarten andererseits (Bestandteil einer in der Küche Verwendung findenden Kochrezeptsammlung) nicht die Annahme einer in der Beigabe solcher Karten zu einer Zeitung bestehenden vernünftigen kaufmännischen Gepflogenheit im dargelegten Sinn.
Da die angefochtene Entscheidung somit frei von Rechtsirrtum ist, muß der Revision ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41, 50 ZPO begründet. Da nur mehr das Anbieten und Ankündigen einen Gegenstand des Revisionsverfahrens gebildet hat, war von einem Revisionsstreitwert in der Höhe von 2/3 des ursprünglichen Streitwertes auszugehen.
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