European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1978:0050OB00037.77.0110.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß aufgehoben.
Dem Rekursgerichte wird aufgetragen, über den Rekurs der * Agrarbezirksbehörde gegen den Beschluß des Erstgerichtes unter Abstandnahme vom herangezogenen Zurückweisungsgrund der mangelnden Rekurslegitimation zu entscheiden.
Begründung:
Mit Kaufvertrag vom 17. August 1976 verkaufte G* als Alleineigentümerin der Stammsitzliegenschaft EZ 706 KatGem. B* der Agrargemeinschaft B* die mit dieser Stammsitzliegenschaft verbundenen zwei Anteilsrechte an den agrargemeinschaftlichen Liegenschaften der EZ 262 KatGem. B*. Die Stammsitzliegenschaft ist mit den Pfandrechten mehrerer Pfandgläubiger belastet. Die * Agrarbezirksbehörde hat mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 14. April 1977, Zahl 5678/309‑1977, gemäß § 47 Abs 4 in Verbindung mit § 98 des nö. Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975, LGBl f. NÖ. 6650/1, den Kaufvertrag genehmigt und festgestellt, daß die mit der Liegenschaft EZ 706 KatGem. B* verbundenen zwei Anteilsrechte am Gemeinschaftsbesitz der EZ 262 desselben Grundbuches infolge Rückkaufs durch die Gemeinschaft erloschen seien. Weiters wurde darauf hingewiesen, daß die grundbücherliche Durchführung dieses Bescheides nach Eintritt der Rechtskraft von Amts wegen erfolge.
Die * Agrarbezirksbehörde beantragte sohin unter Vorlage einer Ausfertigung ihres Bescheides, des Kaufvertrages, eines Rangordnungsbeschlusses vom 18. August 1976 und der Freilassungserklärungen einzelner der auf der Stammsitzliegenschaft sichergestellten Pfandgläubiger ob der Stammsitzliegenschaft die Löschung der Ersichtlichmachung, daß mit dieser Liegenschaft zwei Anteilsrechte an den agrargemeinschaftlichen Liegenschaften der EZ 262 verbunden seien sowie im B‑Blatt der EZ 262 die Löschung der Ersichtlichmachung der Liegenschaft EZ 706 als Stammsitzliegenschaft mit zwei Anteilsrechten.
Das Erstgericht wies diesen Antrag gemäß § 94 Abs 1 Z 1 GBG ab, weil zufolge der Belastung der Stammsitzliegenschaft eine Absonderung der Agraranteile von der Stammsitzliegenschaft nur mit Zustimmung aller Buchberechtigten möglich sei und eine solche Zustimmung seitens zweier Pfandgläubiger nicht erfolgt sei.
Das Rekursgericht wies mit dem angefochtenen Beschluß den von der * Agrarbezirksbehörde gegen den erstgerichtlichen Beschluß erhobenen Rekurs zurück. Ausgehend davon, daß die Legitimation zum Rekurs in Grundbuchssachen nur demjenigen zukomme, der durch die angefochtene Entscheidung in seinen bücherlichen Rechten, sei es durch Belastung, Beschränkung oder Aufhebung verletzt sein könne, erachtete das Rekursgericht, daß eine Rekursberechtigung der Rekurswerberin nach den von ihr genannten Bestimmungen des nö. FLG. 1975 nicht anzunehmen sei, weil sie weder in ihren bücherlichen Rechten verletzt sei, noch ihr auch nur die Stellung eines Beteiligten im Grundbuchsverfahren zukomme. Nach § 110 Abs 1 dieses Gesetzes habe die Behörde die zur Richtigstellung oder Neuanlegung des Grundbuches erforderlichen Behelfe den hiefür zuständigen Gerichten und anderen Behörden einzusenden, worauf dann die Richtigstellung des Grundbuches und des Grundkatasters von Amts wegen erfolge. Der Agrarbehörde stehe daher weder ein Antragsrecht in erster Instanz noch ein Rekursrecht zu. Ihre Rekurslegitimation sei auch nicht mit der Wahrnehmung öffentlicher Interessen zu begründen, weil es an einer gesetzlichen Bestimmung fehle, die ihr ein daraus abgeleitetes Beschwerderecht einräume. Im, übrigen sei die Ablehnung einer amtswegigen Grundbuchsbereinigung aber unanfechtbar.
Rechtliche Beurteilung
Gegen den rekursgerichtlichen Beschluß richtet sich der Rekurs der Antragstellerin, dem Berechtigung zukommt.
Es steht außer Frage, daß die Rekurswerberin ihre Antrags- und Rechtsmittellegitimation im Grundbuchsverfahren nicht daraus ableiten kann, daß eine Beeinträchtigung ihrer bücherlichen Rechte vorliege. Es ist vielmehr zu prüfen, inwieweit die Agrarbezirksbehörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben dazu berufen ist, bücherliche Eintragungen zu beantragen bzw die Verletzung von bücherlichen Rechten im Rekurswege geltend zu machen. Der Agrarbezirksbehörde obliegt zufolge des im vorliegenden Falle in Betracht zu ziehenden § 47 des nö. FLG die Feststellung und Bezeichnung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke sowie die Bewilligung der Absonderung der Anteilsrechte an solchen Grundstücken von der Stammsitzliegenschaft. Nach dem Abs 4 dieser Bestimmung ist die Absonderung auf Antrag des Eigentümers der Stammsitzliegenschaft nur unter bestimmten Voraussetzungen zu bewilligen, die insbesondere beim vorliegenden Rückkauf der Antragsrechte durch die Agrargemeinschaft gegeben sein können. Gemäß § 47 Abs 2 FIG sind agrargemeinschaftliche Grundstücke auf Ersuchen der Behörde in den öffentlichen Büchern als solche zu bezeichnen. Es haben entsprechende Ersichtlichmachungen in den Grundbuchseinlagen der Stammsitzliegenschaft und der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft zu erfolgen. Da es gesetzliche Aufgabe der Agarbezirksbehörde ist, über die Zulässigkeit, Verbindung und Absonderung von Anteilsrechten an agrargemeinschaftlichen Liegenschaften mit Stammsitzliegenschaften zu entscheiden und die Ersichtlichmachung solcher Rechtsverhältnisse im Grundbuche zu veranlassen, muß sie auch dazu berufen sein, die Löschung solcher Ersichtlichmachungen bei Fortfall der Voraussetzungen zu erwirken bzw im Rekurswege geltend zu machen. Es erweist sich daher der angefochtene Beschluß, der der Rekurswerberin eine Rechtsmittellegitimation versagt, als verfehlt. Eine Entscheidung über den Rekurs gegen den erstinstanzlichen Beschluß hat allerdings zu unterbleiben, da dies Sache des Rekursgerichtes ist, von dessen Entscheidung es dann erst abhängen wird, ob der Oberste Gerichtshof überhaupt angerufen werden kann.
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