European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0030OB00110.77.1108.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
1.) Der Revisionsrekurs wird in Ansehung des Punktes II Z. 2) des angefochtenen Beschlusses zurückgewiesen.
2.) Im übrigen wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben und der angefochtene Beschluß mit der Maßgabe bestätigt, daß in seinem Punkt I. die Worte „als nicht gefaßt anzusehen ist“ durch die Worte „aufgehoben wird“ ersetzt werden.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Auf Grund eines vollstreckbaren Versäumungsurteiles bewilligte das Erstgericht entsprechend dem Antrag der betreibenden Partei Sparkasse der Stadt * die Zwangsversteigerung von drei den Verpflichteten gehörenden Liegenschaften. Mit Beschluß vom 9. November 1976 forderte das Gericht diese betreibende Partei unter Androhung der sonstigen Einstellung des Versteigerungsverfahrens zur Vorlage der Versteigerungsbedingungen binnen 14 Tagen auf. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist stellte das Erstgericht mit Beschluß vom 25. November 1976 das Versteigerungsverfahren ein und verfügte nach Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses mit Beschluß vom 23. Dezember 1976 die Löschung der Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens.
Erst am 1. März 1977 langte beim Erstgericht ein Schriftsatz der D* ein, welche unter Vorlage einer beglaubigten Fotokopie einer entsprechenden Vereinbarung mit der betreibenden Partei vorbrachte, sie habe deren vollstreckbare Forderung am 28. Oktober 1976 durch entgeltliche Zession erworben und sei damit in alle Rechte und Pflichten der betreibenden Partei in Ansehung der Zwangsversteigerung eingetreten; ab diesem Zeitpunkt hätten daher alle Beschlüsse im gegenständlichen Verfahren nur an sie rechtswirksam zugestellt werden können.
Sie beantragte daher
1.) den Beschluß vom 9. November 1976 ihr (neuerlich) zuzustellen; der Beschluß vom 25. November 1976 könne ihr gegenüber „keine Rechtswirkung haben“;
2.) dem Exekutionstitel, dem Exekutionsbewilligungsbeschluß und dem Kostenbestimmungsbeschluß vom 2. August 1976 die Vollstreckbarkeitsklausel beizusetzen;
3.) verschiedene Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens als weitere Exekutionskosten zu bestimmen.
Das Erstgericht wies mit Beschluß vom 18. März 1977 „die Anträge der Einschreiterin D* auf Eintritt in das Zwangsversteigerungsverfahren“ sowie auf „Aberkennung der Rechtswirksamkeit“ des Beschlusses vom 25. November 1976 ab (erster Absatz) und die Anträge auf Zustellung des Beschlusses vom 9. November 1976 sowie auf Bestimmung weiterer Verfahrenskosten „zurück“ (zweiter Absatz). Es verpflichtete D* auch zum Ersatz der Kosten einer vom Erstverpflichteten erstatteten Äußerung (dritter Absatz). Über den Antrag auf Beisetzung von Vollstreckbarkeitsklauseln wurde mit diesem Beschluß nicht entschieden.
Mit Punkt I. des angefochtenen Beschlusses sprach das Rekursgericht aus Anlaß des Rekurses der D* gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 18. März 1977 aus, daß der – im Wortlaut zitierte – erste Absatz des erstgerichtlichen Beschlusses „als nicht gefaßt anzusehen ist“, mit Punkt II. seines Beschlusses gab es dem Rekurs teilweise dahin Folge, daß es die Anträge der D* auf Zustellung einer Ausfertigung des Beschlusses vom 9. November 1976 an sie (Z. 1) sowie auf Bestimmung weiterer Exekutionskosten (Z. 2) abwies. Schließlich änderte es auch die Kostenentscheidung des Erstgerichtes.
Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, D* habe die mit Absatz 1 des erstgerichtlichen Beschlusses „abgewiesenen“ Anträge gar nicht gestellt, dieser Absatz sei daher als „Nichtbeschluß“ anzusehen; die übrigen Anträge der D* seien unberechtigt, weil ein Parteiwechsel während des Exekutionsverfahrens infolge Zession eine entsprechende Parteierklärung gegenüber dem Gericht zur Voraussetzung habe und der Rechtsnachfolger das Exekutionsverfahren in jener Lage übernehmen müsse, in welchem es sich zur Zeit dieser Eintrittserklärung befinde. Da im angeführten Zeitpunkt das gegenständliche Exekutionsverfahren bereits rechtskräftig eingestellt gewesen sei, könne es nicht mehr fortgesetzt werden.
Der gegen diesen Beschluß gerichtete Revisionsrekurs der D* ist in Ansehung des Punktes II. Z. 2) unzulässig, weil es sich hiebei um eine Kostenentscheidung im Sinn des § 528 Abs. 1 Z. 2 ZPO handelt, im übrigen ist er zwar zulässig, weil kein die Entscheidung des Erstrichters vollständig bestätigender Beschluß des Rekursgerichtes vorliegt, er ist jedoch nicht gerechtfertigt.
Allerdings trifft es zu, daß vom Erstgericht mit Absatz 1 des Beschlusses vom 18. März 1977 kein „Nichtbeschluß“ gefaßt wurde, denn das Erstgericht hat offenbar die von D* in ihren Anträgen gebrauchte Formulierung, der Beschluß vom 25. November 1976 könne ihr gegenüber keine Rechtswirkung haben, als „Antrag auf Aufhebung der Rechtswirksamkeit“ dieses Beschlusses, ferner ihr gesamtes Vorbringen als „Antrag auf Eintritt in das Zwangsversteigerungsverfahren als betreibende Partei“ angesehen und deshalb beschlußmäßig über diese (vermeintlichen) Anträge entschieden. Der erste Absatz des erstgerichtlichen Beschlusses ist daher kein „Nichtbeschluß“, jedoch, falls die Annahme des Erstgerichtes als unrichtig anzusehen ist, ersatzlos aufzuheben.
Da der Auffassung des Rekursgerichtes beizutreten ist, daß D* insoweit keine Anträge gestellt hat (die Rechtsmittelwerberin vertritt selbst diesen Standpunkt), hat sich das Rekursgericht nach den vorstehenden Ausführungen im Spruch seiner in Punkt I. getroffenen Entscheidung lediglich im Ausdruck vergriffen, zumal die richtige Formulierung der (ersatzlosen) Aufhebung eines Beschlusses dem (verfehlten) Ausspruch, er sei als nicht erfolgt anzusehen, faktisch ohnedies gleichkommt. Es war daher lediglich die aus dem Spruch ersichtliche Formulierungsänderung vorzunehmen.
Zu Punkt II. des angefochtenen Beschlusses vermeint D* zu Unrecht, daß die materiellrechtliche Bestimmung des § 1394 ABGB unabhängig von verfahrensrechtlichen Vorschriften auch im verfahrensrechtlichen Bereich ohneweiteres anwendbar sei. Für das Verfahrensrecht bestehen nämlich insoweit besondere Bestimmungen (§§ 234 ZPO bzw. 9 EO), insbesondere ergibt sich schon aus der Notwendigkeit einer neuerlichen Klage des Einzelrechtsnachfolgers, falls ihm keine qualifizierte Urkunde im Sinn des § 9 EO zur Verfügung steht (siehe § 10 EO), daß im Bereich des Exekutionsverfahrens die bloße Berufung auf § 1394 ABGB nicht ausreicht.
Vielmehr vollzieht sich der Parteiwechsel in einem laufenden Exekutionsverfahren nicht schon durch die Tatsache des Überganges der Forderung auf den Zessionar, sondern erst durch eine entsprechende Erklärung gegenüber dem Gericht, und zwar richtigerweise sowohl des bisherigen betreibenden Gläubigers als auch des eintretenden Gläubigers (ebenso Heller-Berger-Stix 365 u.a.). Der Parteiwechsel tritt erst mit dem Zeitpunkt der Eintrittserklärung des neuen Gläubigers ein (ebenso Heller‑Berger‑Stix, 366, Holzhammer Zwangsvollstreckungsrecht, 17; vgl. auch Heller‑Trenkwalder 3, 23). Aus diesem Grund muß der Eintretende das Verfahren in jener Lage übernehmen, in der es sich zur Zeit seiner Eintrittserklärung befindet (ebenso Heller‑Berger‑Stix a.a.O.), insbesondere ist vor diesem Zeitpunkt der ursprüngliche betreibende Gläubiger als betreibende Partei anzusehen und sind daher für den betreibenden Gläubiger bestimmte Beschlüsse u.ä.) nur an ihn (rechtswirksam) zuzustellen.
Demzufolge ist der hier erst nach der rechtskräftigen Einstellung des Verfahrens erklärte „Eintritt“ der D* verfahrensrechtlich nicht mehr zulässig. Das Rekursgericht hat daher ihren Antrag auf Zustellung des Beschlusses vom 9. November 1976 zutreffend abgewiesen.
Schließlich hat bereits das Erstgericht eine beschlußmäßige Erledigung des Antrages den eingangs angeführten Titeln Vollstreckbarkeitsbestätigungen beizusetzen, bisher unterlassen, ohne daß dieser Umstand zum Anlaß eines Ergänzungsantrages (§§ 78 EO, 423, 430 ZPO) genommen worden wäre.
Aus allen diesen Erwägungen war dem Revisionsrekurs, soweit er nicht zurückzuweisen war, nicht Folge zu geben.
Eine Kostenentscheidung entfiel, da Kosten nicht verzeichnet wurden.
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