OGH 4Ob527/77

OGH4Ob527/7718.10.1977

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Leidenfrost als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger, Dr. Friedl, Dr. Resch und Dr. Kuderna als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H* K*, Hausfrau in *, vertreten durch Dr. R. Moosbrugger, Dr. Leonhard Lindner, Rechtsanwälte in Dornbirn, wider die beklagte Partei W* F*, Kaufmann in *, vertreten durch Dr. Hansjörg Klöcker, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Abgabe von Willenserklärungen (Streitwert S 240.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 30. März 1977, GZ 1 R 62/77‑30, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 28. Dezember 1976, GZ 5 Cg 2501/74‑24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0040OB00527.77.1018.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 6.208,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 960,-- Barauslagen und S 388,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrt die Verurteilung des Beklagten, binnen 14 Tagen alle Erklärungen und Unterschriften abzugeben, die erforderlich sind, um die Grundparzelle 865/5 in EZ 1* KG * im Ausmaß von 583 m2 frei von Pfandrechten Dritter grundbücherlich auf die Klägerin zu übertragen. V* F*, die Mutter des Beklagten, habe am 4. 9. 1958 als damalige Eigentümerin der Liegenschaft EZ 12* KG * mit K* L*, dem Vater der Klägerin, einen mündlichen Kaufvertrag abgeschlossen, nach welchem sie aus dem Gutsbestand ihrer Liegenschaft die Grundparzelle 865/5 sowie zwei weitere, im Teilungsplan des Dipl.‑Ing. F* M* angeführte kleinere Trennstücke im ungefähren Gesamtausmaß von 500 bis 600 m2 um den vereinbarten Kaufpreis von S 16.250,-- (für 550 m2) an K* L* verkauft habe. Dieser habe den Kaufpreis gezahlt und die gekauften Grundflächen in Besitz genommen. Da zur Verbücherung des Vertrages ein weiterer Teilungsplan notwendig gewesen sei, welchen Dipl.‑Ing. F* M* zunächst nicht liefern konnte, sei es vorerst nicht zur Unterfertigung einer verbücherungsfähigen Vertragsurkunde gekommen. Der Vertreter der Verkäuferin, Rechtsanwalt Dr. L*, habe zwar K* L* am 7. 1. 1959 und am 9. 3. 1959 zwei Vertragsentwürfe zur Unterfertigung übermittelt, doch sei in der Folge übersehen worden, den Vertrag zu unterschreiben und verbüchern zu lassen. K* L* sei *1960 verstorben, kurz darauf auch V* F*. Der Nachlaß nach V* F* sei dem Beklagten eingeantwortet worden; dieser sei somit bücherlicher Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 125 KG *, aus welcher nachträglich die neugebildete Grundparzelle 865/5 in den Grundbuchskörper EZ 1* KG * abgeschrieben worden sei. Universalerbin nach K* L* sei dessen Ehefrau H* L* gewesen, welche ihre Ansprüche aus dem gegenständlichen Kaufvertrag an ihre Tochter, die Klägerin abgetreten habe. Da H* L* mittlerweile gleichfalls verstorben sei, ergebe sich der Anspruch der Klägerin auch aus ihrer Stellung als Alleinerbin nach ihrer Mutter. Ebenso wie ihre Rechtsvorgänger, habe auch die Klägerin das gegenständliche Grundstück seit 4. 9. 1958 stets genutzt, so daß auch dem Beklagten der Verkauf dieser Parzelle an die Klägerin bekannt gewesen sei. K* L* habe überdies seit 1959 zur Abgrenzung des Grundstücks von dem benachbarten Liegenschaftsbesitz des Beklagten vereinbarungsgemäß eine Hecke errichtet und sie auch erhalten.

Demgegenüber behauptet der Beklagte, daß die Verhandlungen zwischen seiner Mutter und dem Vater der Klägerin nur Vorverhandlungen gewesen seien, welche niemals zu einem Vertragsabschluß geführt hätten. Im übrigen hätten beide Teile erst nach Errichtung eines schriftlichen, verbücherungsfähigen Kaufvertrages gebunden sein sollen. Es liege auch Unmöglichkeit der Leistung im Sinne des § 1447 ABGB vor, weil die Enteignung der gesamten streitgegenständlichen Liegenschaft durch den Bund für Straßenbauzwecke bevorstehe. In jedem Fall sei über einen wesentlichen Vertragspunkt, nämlich über die Verpflichtung des Käufers zur Errichtung und Erhaltung eines Zauns, keine Vereinbarung zustande gekommen. Der Beklagte habe erst 1973 erfahren, daß die Klägerin auf die Unterfertigung eines angeblichen Kaufvertrages über die Liegenschaft dränge; die Klägerin habe es 14 Jahre lang unterlassen, diese Angelegenheit in Ordnung zu bringen.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Seiner Entscheidung liegen folgende wesentliche Sachverhaltsfeststellungen zugrunde:

Mit Kaufvertrag vom 4. 4. 1956 hatte V* F* die Grundparzelle 865/2 im Ausmaß von 1766 m2, die Grundparzelle 865/5 im Ausmaß von 1286 m2 und die Grundparzelle 865/4 im Ausmaß von 1147 m2 an K* L* verkauft und übergeben. Nachdem K* L* auf den gekauften Grundstücken ein Haus errichtet hatte, entstand für ihn das Problem einer Zufahrt von der L*straße her; er führte deshalb weitere Verhandlungen mit V* F*. Dabei kam es zwischen ihnen am 4. 9. 1958 zum Abschluß eines mündlichen Kaufvertrages, nach welchem V* F* die Grundparzelle 865/5 sowie je ein – im Teilungsplan des Dipl.‑Ing. F* M* bezeichnetes –Trennstück der Grundparzellen 867/5 und 865/1 im Gesamtausmaß von ungefähr 500 bis 600 m2 an K* L* verkaufte; der Kaufpreis wurde mit S 52,52 pro Quadratmeter vereinbart. Mit Schreiben vom 4. 9. 1958 (Beilage A) teilte Rechtsanwalt Dr. L* als damaliger Vertreter der Verkäuferin V* F* dem Käufer K* L* mit, daß die Ausfertigung des Kaufvertrages und dessen Verbücherung nach der Rückkehr K* L*s erfolgen werde; der Käufer sei aber „selbstverständlich berechtigt“, inzwischen schon alle ihm notwendig erscheinenden Handlungen auf den gekauften Parzellenteilen vorzunehmen.

Am 15. 11. 1958 teilte Dipl.‑Ing. F* M* dem Käufer K* L* mit, daß er den Teilungsplan noch nicht liefern könne, weil er vorerst noch Unstimmigkeiten mit dem Vermessungsamt * klären müsse (Beilage D).

Mit Schreiben vom 19. 11. 1958 (Beilage F) verständigte K* L* den Vertreter der Verkäuferin, Rechtsanwalt Dr. L*, daß er nunmehr den neuen Teilungsplan erhalten habe; danach betrage das Gesamtausmaß des gekauften Grundes 585 m2. K* L* verband damit das Ersuchen, den schriftlichen Kaufvertrag zu entwerfen.

Am 7. 1. 1959 übermittelte Rechtsanwalt Dr. L* dem Käufer K* L* einen von ihm verfaßten Kaufvertragsentwurf (Beilage P) mit der Bitte, ihn legalisiert zu unterfertigen, weil K* L* durch die vorgesehene Einräumung der Reallast der Zaunerrichtung auch grundbücherliche Rechte aufgebe; er werde sodann umgehend die Unterfertigung durch Frau V* F* veranlassen, den Vertrag beim Finanzamt anzeigen und die notwendigen Genehmigungen einholen (Beilage F). Da K* L* jedoch nicht wollte, daß die Verpflichtung zur Errichtung und Erhaltung des Zaunes als Reallast im Grundbuch eingetragen werde, setzte er sich neuerlich mit V* F* in Verbindung. Dabei kam es zwischen ihnen zu einer Einigung wonach der Vertrag insofern neu verfaßt werden sollte, als die Verpflichtung des Käufers zur Zaunerrichtung und -erhaltung zwar in den Vertrag aufgenommen, nicht aber als Reallast ins Grundbuch eingetragen werden sollte Dr. L* übermittelte daraufhin mit Schreiben vom 9. 3. 1959 (Beilage H) dem Käufer K* L* einen in diesem Sinne neu verfaßten Vertragsentwurf (Beilage R). In der Folge wurde von K* L* der erwähnte Zaun errichtet und auch die Zufahrt verlegt.

K* L* und V* F* waren sich über das Ausmaß und die Grenzen des Kaufgrundstücks – jetzt: neugebildete Grundparzelle 865/5 – vollkommen einig; der vereinbarte Kaufpreis von S 18.959,16 ist von K* L* vollständig gezahlt worden.

Der Beklagte war seit seiner Jugend im Ausland tätig gewesen und nur kurzfristig zu Besuchen seiner Mutter nach * gekommen; diese hatte ihm nie irgendwelche Mitteilungen über Liegenschaftsverkäufe gemacht. Erst nach dem Tod seiner Mutter erfuhr der Beklagte von der Klägerin, daß hinsichtlich der gegenständlichen Liegenschaft ein Kaufvertrag abgeschlossen worden sei. Der Beklagte besichtigte nach dem Tod seiner Mutter das erwähnte Grundstück gemeinsam mit Ing. R*; er hatte jedoch keinen Plan zur Hand und wußte nicht, wo die Grenzen verliefen. Der Beklagte sah dabei aber den Zaun, wie er sich heute als Grenze darstellt.

Der Nachlaß nach dem *1960 verstorbenen K* L* wurde seiner Ehegattin H* L* eingeantwortet; diese hat ihre Ansprüche gegen den Beklagten an die Klägerin abgetreten. Die Klägerin ist überdies Alleinerbin nach der *1976 verstorbenen H* L*.

Rechtlich war das Erstgericht der Auffassung, daß der zwischen V* F* und K* L* abgeschlossene Kaufvertrag über die 583 m2 große Grundparzelle 865/5 einen tauglichen Titel zum Erwerb des Eigentums bilde, zumal K* L* die Liegenschaft bereits in Besitz genommen habe und außerbücherlicher Eigentümer geworden sei. Als Erbin nach K* L* könne die Klägerin den Anspruch auf Eigentumsübertragung auch gegen den Beklagten geltend machen, welcher nach dem Tod seiner Mutter durch Einantwortung Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 125 KG * geworden sei. Dem Beklagten fehle der gute Glaube im Sinne des § 1500 ABGB, weil ihm auf Grund der offensichtlichen Benützung der Liegenschaft durch die Klägerin und der dort vorgenommenen Änderungen der wahre, vom Grundbuchsstand abweichende Sachverhalt bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte auffallen müssen.

Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Das Berufungsgericht hat die Sachverhaltsfeststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich übernommen, gleichzeitig aber das Beweisverfahren durch Einsichtnahme in die Akten A 185/60 und A 93/76 des Bezirksgerichtes Bregenz ergänzt und auf Grund dieser Beweismittel folgende weitere Feststellungen getroffen:

Der *1960 verstorbene K* L* hatte in seinem Testament vom 30. 8. 1957 seinen Anteil an der K* L* KG zu gleichen Teilen seiner Ehegattin H* L* und seiner Tochter H* K* (Klägerin) vermacht; zur Erbin seines gesamten übrigen Vermögens hatte er seine Ehefrau H* L* mit der Bedingung eingesetzt, daß die ihr zufallenden inländischen Liegenschaften ungeschmälert, vom sonstigen Nachlaßvermögen aber jenes, das bei ihrem Ableben noch vorhanden sein werde, seiner Tochter H* K* als Nacherbin zufallen sollten. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 31. 10. 1960 wurde der Nachlaß nach K* L* unter Hinweis auf die mit der erblasserischen Tochter H* K* getroffene Vereinbarung der Ehegattin des Erblassers, H* L*, eingeantwortet.

H* L* ist am *1976 verstorben. In ihrem Testament vom 4. 9. 1957 hatte sie ihre Tochter H* K* zur Erbin ihres gesamten Vermögens eingesetzt, soweit dieses nicht aus dem Nachlaß K* L* herrührt und ihr ohnehin als Nacherbin zufällt. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 26. 11. 1976 wurde der Substitutionsnachlaß der Nacherbin H* L* eingeantwortet. Das Abhandlungsverfahren nach H* L* wurde mit Beschluß vom 25. 11. 1976 gemäß § 72 Abs 2 AußStrG für beendet erklärt.

In rechtlicher Hinsicht ging das Berufungsgericht davon aus, daß zwischen K* L* und V* F* am 4. 9. 1958 ein mündlicher Kaufvertrag abgeschlossen wurde, wobei allerdings hinsichtlich eines Nebenumstandes – ob nämlich die Verpflichtung des Käufers zur Errichtung und Erhaltung eines Zaunes als Reallast zu verbüchern oder nur als schuldrechtliche Verpflichtung in den Vertrag aufzunehmen sei – erst nachträglich, spätestens aber am 9. 3. 1959, eine Einigung erzielt wurde. Auch bei Liegenschaften genüge für das Zustandekommen eines Kaufvertrages die mündliche Einigung über Kaufgegenstand und Kaufpreis; die Verbindlichkeit des Vertrages hänge nicht davon ab, daß die Ausfertigung einer verbücherungsfähigen Vertragsurkunde erst für einen späteren Zeitpunkt in Aussicht genommen werde. Nur dann, wenn im Sinne des § 884 ABGB die Anwendung einer bestimmten Form für den Vertrag als Ganzes vereinbart wäre, würde der Vertrag erst mit der Errichtung der Vertragsurkunde wirksam; das treffe aber hier nicht zu. Da die Klägerin auf Grund der Einantwortung des Substitutionsnachlasses nach K* L* als dessen Erbin berechtigt sei, den Anspruch auf Eigentumseinverleibung gegen den Beklagten geltend zu machen, sei die Wirksamkeit der von der Klägerin behaupteten Zession dieses Anspruches durch ihre Mutter nicht zu erörtern. Auf den Schutz des guten Glaubens nach § 1500 ABGB könne sich der Beklagte nicht berufen, weil er den vom Grundbuchsstand abweichenden Sachverhalt bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen.

Das Urteil des Berufungsgerichtes, nach dessen Ausspruch der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,‑‑ übersteigt, wird vom Beklagten seinem ganzen Inhalt nach mit Revision wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten. Der Revisionsantrag geht auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin hat beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Eine unrichtige rechtliche Beurteilung im Sinne des § 503 Z 4 ZPO erblickt der Beklagte zunächst darin, daß das Berufungsgericht nach Einsichtnahme in die beiden Abhandlungsakten „von Amts wegen“ zu dem Ergebnis gekommen sei, die Klägerin habe den eingeklagten Anspruch als Substitutionserbin aus dem Nachlaß ihres Vaters erworben; die Klägerin selbst habe aber ein solches Substitutionserbrecht nach ihrem Vater nie behauptet, sondern ihre Klageberechtigung ausschließlich aus ihrer Stellung als Alleinerbin nach ihrer Mutter H* L* abgeleitet. Diese Rüge – mit welcher der Sache nach ein dem Berufungsgericht unterlaufener Verfahrensmangel geltend gemacht wird – ist jedoch unbegründet: Nach Lehre (Fasching III 228 f vor §§ 266 ff ZPO Anm 11, 280 § 272 ZPO Anm 3) und Rechtsprechung (SZ 21/123; JBl 1964, 208 uva) sind die Gerichte berechtigt, auch über das Parteienvorbringen hinausgehende Beweisergebnisse zu beachten; ihre Berücksichtigung kann weder eine Nichtigkeit (§ 503 Z 1 ZPO) noch eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (§ 503 Z 2 ZPO) begründen. Das Berufungsgericht hat sich daher keines Verstosses gegen verfahrensrechtliche Bestimmungen schuldig gemacht, wenn es zur Begründung der Aktivlegitimation der Klägerin die aus dem Verlassenschaftsakt gewonnene Feststellung heranzog, daß der Substitutionsnachlaß nach K* L* – und damit auch dessen Anspruch auf Eigentumsübertragung an der gegenständlichen Kaufliegenschaft – nach dem Tode H* L*s auf Grund der Einantwortungsurkunde vom 26. 11. 1976 auf die Klägerin übergegangen ist. Unrichtig ist aber auch die Meinung des Beklagten, daß dieser Rechtsübergang erst mit der Rechtskraft der genannten Einantwortungsurkunde eingetreten wäre: In der von der Revision in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidung JBl 1949, 70 hat der Oberste Gerichtshof lediglich zum Ausdruck gebracht, daß die Verlassenschaftsabhandlung erst mit der Rechtskraft der Einantwortung beendet ist (ebenso bereits SZ 13/98 = NZ 1931, 138; ZBl 1933/318). Aus § 12 AußStrG ist aber ganz allgemein abzuleiten, daß außerstreitige Beschlüsse grundsätzlich sofort mit ihrer Zustellung an die von der jeweiligen Verfügung betroffenen Personen rechtswirksam werden (NZ 1917, 371 = ZBl 1918/77), insbesondere also der ruhende Nachlaß bereits mit der Zustellung der Einantwortungsurkunde – und nicht erst mit deren Rechtskraft – zu existieren aufhört (ZBl 1936/166 = RZ 1936, 91). Da die Einantwortungsurkunde vom 26. 11. 1976 der Klägerin nach dem eigenen Prozeßvorbringen des Beklagten am 3. 12. 1976 zugestellt wurde, ist die nunmehr eingeklagte Forderung noch vor dem Schluß der mündlichen Verhandlung in erster Instanz (10. 12. 1976) auf die Klägerin übergegangen. Die Untergerichte haben daher die Berechtigung der Klägerin zur Geltendmachung dieses Anspruches mit Recht bejaht.

In der Sache selbst ist von den Feststellungen der Untergerichte auszugehen, wonach K* L* und V* F* bereits am 4. 9. 1958 einen mündlichen Kaufvertrag über die klagsgegenständliche Liegenschaft abgeschlossen haben. Die Vertragsparteien waren sich dabei nicht nur über das Ausmaß und die Grenzen des Kaufgrundstücks und über den hiefür zu zahlenden Preis, sondern auch über alle sonstigen Vertragsbedingungen einig; lediglich darüber, daß die Verpflichtung des Käufers zur Errichtung und Erhaltung eines Zaunes nicht, wie ursprünglich vorgesehen, als Reallast zu verbüchern, sondern nur als schuldrechtliche Verpflichtung in den Vertrag aufzunehmen sei, wurde erst nachträglich, spätestens aber am 9. 3. 1959 eine Einigung erzielt. Damit ist aber, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, spätestens am 9. 3. 1959 ein rechtswirksamer Kaufvertrag über die Liegenschaft zustande gekommen: Auch ein Kaufvertrag über Liegenschaften kommt als Konsensualvertrag (§ 1053 ABGB) durch die Willenseinigung der Parteien über Kaufgegenstand und Kaufpreis zustande. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob bei seinem Abschluß bereits eine Aufsandungserklärung mit beglaubigter Unterschrift des Verkäufers vorliegt. Wird, wie hier, die endgültige Errichtung der Vertragsurkunde in einverleibungsfähiger Form einem späteren Zeitpunkt vorbehalten, dann kann daraus in der Regel nicht geschlossen werden, daß gegenwärtig nur ein Vorvertrag (§ 936 ABGB) vorliege oder daß die Parteien einen besonderen Formvorbehalt (§§ 884, 886 ABGB) gemacht hätten. Die Vereinbarung, künftig einen schriftlichen Kaufvertrag errichten zu wollen, macht die bereits getroffene Einigung über Kaufgegenstand und Kaufpreis nicht unwirksam und hat keineswegs zur Folge, daß die Wirksamkeit des Vertrages erst mit der Einhaltung dieser Form ein träte; letzteres könnte nur dann angenommen werden, wenn – wofür es hier keinerlei Anhaltspunkte gibt – die Anwendung einer bestimmten Form im Sinne des § 884 ABGB für den Vertrag als Ganzes vorbehalten worden wäre (EvBl 1966/493 mit weiteren Hinweisen; JBl 1966, 142; JBl 1967, 84; JBl 1974, 146 ua). Dem Beklagten ist zwar durchaus zuzugeben, daß zur Einigung der Parteien über den Vertragsinhalt auch die Erklärung ihres Abschlußwillens hinzukommen muß, welche zum Ausdruck bringt, daß sie den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt auch tatsächlich abschließen wollten, und dadurch das bis dahin unverbindliche Verhandlungsergebnis zum verbindlichen Vertragsinhalt macht; diese Erklärung des Abschlußwillens kann aber im Einzelfall, auch stillschweigend erfolgen und insbesondere nach der Verkehrssitte auf Grund des Verhaltens der Vertragspartner – etwa zufolge Vornahme von Erfüllungshandlungen – anzunehmen sein (JBl 1974, 146 mit weiteren Hinweisen). Am Vorhandensein eines solchen Verpflichtungswillens kann aber gerade hier nicht gezweifelt werden, haben doch die Untergerichte ausdrücklich festgestellt, daß der Vertreter der Verkäuferin, Rechtsanwalt Dr. L*, schon mit Schreiben vom 4. 9. 1958 dem Käufer K* L* mitteilte, daß er „selbstverständlich berechtigt“ sei, auch schon vor der Ausfertigung der verbücherungsfähigen Kaufvertragsurkunde „alle ihm notwendig erscheinenden Handlungen auf den gekauften Parzellen vorzunehmen“; tatsächlich wurde in der Folge von K* L* nicht nur auf dem Kaufgrundstück der im Vertrag erwähnte Zaun errichtet und die vorhandene Zufahrt verlegt, sondern auch der vereinbarte Kaufpreis von S 18.959.16 bis Ende Februar 1959 zur Gänze gezahlt. Sowohl die Verkäuferin V* F* als auch der Käufer K* L* haben damit ihren Willen, schon durch ihre mündliche Einigung einen für beide Teile verbindlichen Kaufvertrag abzuschließen, klar und unmißverständlich zum Ausdruck gebracht.

Was in der Revision des Beklagten gegen diese – im wesentlichen schon von den Untergerichten vertretene –Rechtsansicht vorgebracht wird, ist nicht stichhältig: Daß die Übermittlung des (zweiten) Vertragsentwurfes (Beilage R) an K* L* nicht erst eine Vertragsofferte V* F*s, sondern lediglich dazu bestimmt war, den schon mündlich abgeschlossenen Kaufvertrag in eine verbücherungsfähige Form zu bringen, folgt schon aus den oben wiedergegebenen Sachverhaltsfeststellungen der Untergerichte über die spätestens am 9. 3. 1959 zustande gekommene Einigung der Parteien über alle Bedingungen dieses Vertrages. Für die gegenteilige Auffassung des Beklagten ist aus der in der Revision zitierten Entscheidung JBl 1974, 146, nichts zu gewinnen; sie betätigt vielmehr die hier vertretene Auffassung über die grundsätzliche Verbindlichkeit eines Liegenschaftskaufes bei auch nur mündlicher Einigung über Kaufgegenstand und Kaufpreis. Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang seine schon in der Berufung vorgebrachte Behauptung wiederholt, ein Kaufvertragsabschluß am 9. 3. 1959 sei von der Klägerin nie behauptet worden, der mündliche Kaufvertrag vom 4. 9. 1958 aber mangels Einigung über die Einverleibung einer Reallast der Zaunerrichtung und -erhaltung nicht wirksam zustande gekommen, kann auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils verwiesen werden (ON 30 S 162); danach wurde der mündliche Kaufvertrag über die in Rede stehende Liegenschaft – im Sinne der Prozeßbehauptungen der Klägerin – tatsächlich schon am 4. 9. 1958 abgeschlossen und nur über die mehrfach genannte – wenngleich wesentliche – Nebenbedingung erst nachträglich, spätestens aber am 9. 3. 1959, Einigung erzielt. Auch hier kann im übrigen keine Rede davon sein, daß die Untergerichte bei ihren Tatsachenfeststellungen über den Abschluß des gegenständlichen Kaufvertrages über das Vorbringen der Klägerin hinausgegangen wären.

Daß der rechtswirksame Abschluß des dem Klagebegehren zugrunde liegenden Vertrages nicht vom Beklagten, sondern von der Klägern zu beweisen war, trifft sicherlich zu. Der Beklagte übersieht aber bei seinen Ausführungen zur „Beweislast“, daß die Untergerichte diesen Beweis übereinstimmend als erbracht und eine verbindliche Willenseinigung der Parteien über alle Vertragspunkte als erwiesen angenommen haben. Warum K* L* den Kaufvertrag in der Folge nicht in verbücherungsfähiger Form unterschrieben hat, ist bei dieser Sachlage ohne rechtliche Bedeutung; mit seiner Behauptung, das Berufungsgericht habe in diesem Zusammenhang zu Unrecht „Möglichkeiten zugunsten der Klägerin gewertet“, greift der Beklagte die in dritter Instanz unanfechtbare Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen an.

Auf die Ausführungen des angefochtenen Urteils zur Frage des Vertrauensschutzes nach § 1500 ABGB ist schon deshalb nicht weiter einzugehen, weil die erwähnte Bestimmung – was die Untergerichte offenbar übersehen haben – für den Erwerb einer Liegenschaft im Erbgang, wie er hier auf der Seite des Beklagten vorliegt, gar nicht gilt (GlU 843, 1779, 2904; 6 Ob 94/63). Wie der Revisionswerber am Ende seines Vorbringens zur Rechtsrüge selbst erkennt, kann daher die Frage, ob ihm die Veränderungen auf der in Rede stehenden Liegenschaft bei gehöriger Aufmerksamkeit hätten auffallen müssen, auf sich beruhen. Was der Beklagte daraus für seinen Rechtsstandpunkt gewinnen will, ist allerdings nicht verständlich.

Ob sich für K* L* nach der Errichtung des Hauses auf den zunächst gekauften Parzellen das Problem einer Zufahrt zur L*straße herstellte oder nicht, ist für die Entscheidung dieses Rechtsstreites ohne jede Bedeutung; schon aus diesem Grund kann der Mängelrüge der Revision, in welcher der Beklagte dem Berufungsgericht vorwirft, daß es sich mit diesem Teil seiner Berufungsausführungen überhaupt nicht befaßt habe, kein Erfolg beschieden sein.

Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO

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