OGH 4Ob129/77

OGH4Ob129/7718.10.1977

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Leidenfrost als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger und Dr. Kuderna sowie die Beisitzer Dr. Wolfgang Adametz und Dr. Gottfried Opitz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*, Tischler, *, vertreten durch Dr. Bernd Fritsch, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei A*, Kaufmann, *, vertreten durch Dr. Ulrich Daghofer, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 77.633,-- s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 17. Mai 1977, GZ 2 Cg 16/77‑33, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Graz vom 26. November 1976, GZ 2 Cr 295/75‑26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0040OB00129.77.1018.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.749,28 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 600,-- an Barauslagen und S 233,28 an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt zuletzt (AS 190) die Zahlung eines Betrages von S 77.633,-- brutto samt Anhang aus dem Rechtsgrund des § 29 AngG. Von diesem Betrag entfallen S 37.000,-- auf Kündigungsentschädigung, 5.800,-- auf Urlaubszuschuss, S 4.833,-- auf aliquote Weihnachtsremuneration und S 30.000,-- auf Abfertigung. In der Klage behauptete der Kläger, er sei vom Beklagten ungerechtfertigt entlassen worden, nachdem der Beklagte die Dienstwohnung des Klägers aufgekündigt und ihn zur Räumung aufgefordert gehabt hätte. Noch vor dem Erstgericht änderte der Kläger dieses Vorbringen dahin ab, dass er nicht entlassen worden sei, sondern wegen der unberechtigten Aufkündigung der Dienstwohnung, für die er kein Entgelt bezahlen habe müssen, vorzeitig ausgetreten sei. Der Beklagte habe sich geweigert, diese Aufkündigung zurückzunehmen.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Er habe den Kläger nicht entlassen, sondern dieser sei ungerechtfertigt vorzeitig ausgetreten, nachdem ihn der Beklagte aufgefordert gehabt hätte, die Dienstwohnung frei zu machen. Der Kläger habe jedenfalls die vorzeitige Auflösung seines Arbeitsverhältnisses, gleichgültig, ob es sich nun um einen Austritt oder um eine Entlassung handle, selbst verschuldet, weil er zu Unrecht vom Kaufpreis der Kunden l0 % abgezogen habe, obwohl die gekauften Möbel zugestellt worden seien; ferner weil er Trinkgeld angenommen, an Schwarzarbeiten teilgenommen und Arbeitskollegen sowie den Beklagten bedroht habe; weil er einen Arbeitskollegen mit dem PKW umzufahren versucht habe, Werkzeug nicht abgeliefert, eine Warenziffer auf einem Lieferschein gefälscht habe, von Lieferanten Geld angenommen und zwei Geldbeträge nicht abgeliefert habe.

Der Beklagte wendete compensando eine Gegenforderung von zuletzt (AS 191) S 28.000,-- an Benützungsentgelt für die Benützung der Dienstwohnung in der Zeit vom 1. 1. bis 31. 10. 1975 ein. Zur Begründung führte er aus, er habe mit dem Kläger ein monatliches Benützungsentgelt von S 2.800,-- vereinbart. Er habe diesen Betrag nie verlangt, weil der Kläger nicht in der Lage gewesen sei, diesen Betrag zu zahlen.

Der Kläger bestritt den Bestand der Gegenforderung und die behauptete Vereinbarung.

Die Parteien stellten das Bruttomonatsgehalt des Klägers mit S l0.000,-- ausser Streit. Der Beklagte anerkannte in der Berufung eine Entgeltforderung des Klägers auf der Grundlage eines ungerechtfertigten Austrittes in der Höhe von S 17.633,-- brutto und brachte dazu vor, dass das Erstgericht richtigerweise festzustellen gehabt hätte, dass die Klagsforderung mit S 17.633,-- brutto und mit S 8.195,-- netto (der letztgenannte Betrag bezog sich auf eine vom Kläger später fallengelassene Ersatzforderung im Zusammenhang mit der Dienstwohnung) zu Recht und die Gegenforderung bis zur Höhe der Klagsforderung zu Recht bestehe. In dem Entgeltbetrag von S 17.633,-- war auch der vom Kläger begehrte Urlaubszuschuss in der Höhe von S 5.800,-- und die aliquote Weihnachtsremuneration im Betrage von S 4.833,-- enthalten.

Das Erstgericht stellte fest, dass die Klagsforderung mit S 82.928,-- samt Anhang zu Recht und die Gegenforderung mit S 2.380,-- zu Recht bestehe und sprach dem Kläger daher einen Betrag von S 80.548,-- samt Anhang zu.

Die gegen dieses Urteil vom Beklagten erhobene Berufung blieb erfolglos. Unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren vorgenommenen Einschränkung des Klagebegehrens stellte das Berufungsgericht fest, dass die Klagsforderung mit S 77.633,-- brutto samt Anhang zu Recht und die Gegenforderung des Beklagten nicht zu Recht bestehe und sprach dem Kläger daher einen Betrag von S 77.633,- brutto samt Anhang zu. Es führte das Verfahren gemäss dem § 25 Abs. 1 Z 3 ArbGerG neu durch und traf folgende für das Revisionsverfahren noch wesentliche Feststellungen:

Dem Kläger stand in der Zeit vom 18. 6. 1969 bis 13. 1. 1975 eine Dienstwohnung im Lager des Beklagten in *, zur Verfügung. Nachdem der Beklagte sein Warenlager nach *, verlegt hatte, erhielt der Kläger auch dort eine Dienstwohnung, die er am 13. 1. 1975 bezog. Am 9. 1. 1975 unterfertigte der Kläger eine mit dem Beklagten getroffene schriftliche Vereinbarung, wonach der Kläger als Lagerleiter beschäftigt sei und der Beklagte ihm für die Dauer des aufrechten Bestandes des Arbeitsverhältnisses die im vorgenannten Lagerhaus befindliche, aus Küche, Bad, WC und vier weiteren Räumen bestehende Wohnung zur Verfügung stelle. Nach dem Inhalt dieser Vereinbarung hat der Kläger für die Benützung der Dienstwohnung einschliesslich der Beheizung und des Wasserverbrauches einen monatlichen Betrag zu zahlen, dessen Höhe im Zeitpunkt der Unterfertigung des Vertrages weder schriftlich festgehalten noch vereinbart worden war. Dieser Betrag sollte wertgesichert gezahlt und dem Kläger monatlich im vorhinein vom Lohn abgezogen werden. Dieser Vertrag wurde, wie der Beklagte dem Kläger bei der Unterfertigung mitteilte, ausschliesslich aus steuerlichen Gründen so abgeschlossen. Tatsächlich hat der Beklagte vom Kläger nie ein Benützungsentgelt verlangt und der Kläger hat nie ein solches gezahlt. Nach der Unterfertigung hat der Kläger (richtig: Beklagte) zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt einseitig einen Betrag von S 2.800,-- als Benützungsentgelt handschriftlich in den mit einer Schreibmaschine geschriebenen Vertragstext eingesetzt. Der Kläger hat eine Kopie des Vertrages nie erhalten. Seine Familie besteht aus seiner nicht berufstätigen Ehegattin und acht Kindern.

Am 21. 7. 1975 erhielt der Kläger ein mit 16. 7. 1975 datiertes Schreiben des Beklagten mit dem Betreff: „Kündigung der Betriebswohnung‟. Der Beklagte teilte dem Kläger darin mit, er sei gezwungen, die mündliche Kündigung nun schriftlich auszusprechen, weil der Kläger „das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gegeben habe“. Der Kläger solle die Wohnung bis 16. 8. 1975 sauber und geräumt übergeben. Der Beklagte wolle mit dieser Massnahme den Kläger den anderen Arbeitnehmern gleichstellen und solle ebenfalls selbst für eine Wohnung sorgen müssen. In dem Schreiben wird eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht erwähnt.

Der Kläger verliess am 21. 7. 1975 mittags seine Arbeitsstätte und erschien an diesem Tag nicht mehr zur Arbeit. Am nächsten Tag kam es zwischen den Parteien zu einer Auseinandersetzung im Lager, nachdem der Beklagte den Kläger gefragt hatte, wo er am Nachmittag des vorangegangenen Tages gewesen sei. Der Kläger gab zur Antwort, er könne auch anderswo anfangen, es gebe noch andere Möbelfirmen. Da der Beklagte die Absicht hatte, sein Lagerbuch zu bereinigen, forderte er den Kläger sodann auf, eine Aufstellung über die diesem übergebenen Möbel anzufertigen. Daraufhin verfasste der Kläger eine Aufstellung, wonach er vom Beklagten Möbel im Werte von S 8.900,--erhalten habe, wogegen er vom Beklagten für die Verfliesung, für Fussbodenlegen und für die Anbringung von Novopan‑Platten in der Dienstwohnung einen Betrag von S 14.195,-- zu fordern habe. An Urlaubsgeld stünden ihm noch S 4.860,-- und S 10.155,-- sowie das Urlaubsgeld für 1975 zu. Der Kläger fragte hiebei den Beklagten, warum er ihm die Dienstwohnung wegnehmen wolle. Er wäre beim Beklagten geblieben, wenn dieser die Kündigung der Dienstwohnung zurückgenommen hätte. Zwischen den Parteien hatte es schon vorher immer Differenzen gegeben. Der Beklagte besass auf Grund verschiedener Vorkommnisse zum Kläger kein Vertrauen mehr und wollte ihm eine Vorrangstellung gegenüber den anderen im Lager beschäftigten Arbeitnehmern nicht mehr einräumen. Dies war der Grund für die Kündigung der Dienstwohnung. Nach dieser Aussprache hat der Kläger beim Beklagten nicht mehr gearbeitet, sondern hat ihm auch die Schlüssel übergeben. Ein oder zwei Tage später ersuchte der Kläger, der im Jahr 1975 keinen Urlaub verbraucht hatte, den Angestellten E* um Urlaub, erhielt von diesem jedoch die Auskunft, er sei hiefür nicht zuständig. Der Beklagte meldete den Kläger mit 4. 8. 1975 von der Sozialversicherung ab. Als Abmeldungsgrund führte er an: „Kündigung durch den Arbeitgeber“. Mit Schreiben vom 23. 7. 1975 forderte der Beklagte den Kläger auf, die Dienstwohnung sofort zu räumen.

In rechtlicher Hinsicht nahm das Berufungsgericht einen vorzeitigen Austritt des Klägers an. Dieser Austritt sei berechtigt erfolgt, weil der Beklagte infolge des einseitigen Entzuges der Dienstwohnung, die einen wesentlichen Bestandteil des Arbeitsentgelts des Klägers gebildet habe, dessen Einkommen ungebührlich geschmälert und eine wesentliche Vertragsbestimmung verletzt habe. Die Frage, ob der Kläger Anlass zur Kündigung der Dienstwohnung gegeben habe, könne dahingestellt bleiben. Wären die behaupteten Entlassungsgründe vorgelegen, dann hätte der Beklagte den Kläger entlassen und auf diese Weise das Arbeitsverhältnis in seiner Gesamtheit auflösen müssen. Eine teilweise Aufkündigung des Arbeitsvertrages sei nicht möglich. Ausgehend von einem gerechtfertigten vorzeitigen Austritt stünden dem Kläger gemäss dem § 29 AngG die von ihm geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung der Kündigungsentschädigung und der Abfertigung, nach dem Kollektivvertrag für die Handelsangestellten Österreichs auch der Anspruch auf die geltend gemachten Sonderzahlungen zu. Da die vom Beklagten behauptete Vereinbarung über ein Benützungsentgelt nicht getroffen worden sei, bestehe die Gegenforderung nicht zu Recht.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Beklagten aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren „mangels Vorliegens einer berechtigten Forderung des Klägers“ abgewiesen werde. In eventu wird beantragt festzustellen, „dass die Gegenforderung des Beklagten zumindest der Höhe der festzusetzenden Forderung des Klägers entspreche und daher das Klagsbegehren abgewiesen werde“. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, der Revision den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Einen Verfahrensmangel erblickt der Beklagte in der Unterlassung von Beweisaufnahmen zu dem Vorbringen des Beklagten, der Kläger habe schuldhaft das Verlangen des Beklagten, die Dienstwohnung zu räumen, verursacht. Ein Austrittsgrund liege dann nicht vor, wenn der Kläger ein Verhalten an den Tag gelegt habe, das wohl eine weitere Benützung der Dienstwohnung, nicht aber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar mache. Das Berufungsgericht habe auch nicht geprüft, „ob nicht nachträglich Entlassungsgründe aufgetreten seien“.

Die Frage, ob der Beklagte berechtigt gewesen wäre, die Räumung der Dienstwohnung aus Gründen zu verlangen, die zwar einer weiteren Benützung dieser Wohnung, nicht aber einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses entgegenstehen, kann im vorliegenden Fall schon deshalb auf sich beruhen, weil der Beklagte derartige Gründe nicht behauptet, sondern die Aufkündigung mit einer Gleichstellung des Klägers mit seinen Arbeitskollegen begründet hat. Alle von ihm in diesem Zusammenhang im Prozess vorgebrachten Umstände betreffen Dienstverfehlungen des Klägers, deren Vorliegen für die Beurteilung der Berechtigung einer Entlassung geprüft werden müssten, die aber mit der Benützung der Dienstwohnung selbst in keinem Zusammenhang stehen und daher nicht die vom Revisionswerber bezeichnete, nur die Benützung der Dienstwohnung, nicht aber das Arbeitsverhältnis belastende Eigenschaft besitzen. Eine Entlassung hat der Beklagte jedoch nicht ausgesprochen, sodass die Untergerichte mit Recht Beweise über diese behaupteten Umstände (Entlassungsgründe) nicht aufgenommen haben. Aus demselben Grund erübrigte es sich auch zu prüfen, ob nachträglich Entlassungsgründe gesetzt worden sind, ganz abgesehen davon, dass ein nach der Auflösung des Arbeitsverhältnisses eingenommenes Verhalten des Arbeitnehmers für die Berechtigung einer ‒ vorangegangenen ‒ Entlassung rechtlich bedeutungslos ist (Kuderna, Das Entlassungsrecht, 14 f., 30, und die dort zitierte Judikatur und Literatur). Ein Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.

In der Rechtsrüge vertritt der Beklagte zunächst die Auffassung, er habe mit dem Schreiben vom 16. 7. 1975 eine Vertragsverletzung deshalb nicht begangen, weil er nicht gleichzeitig das Arbeitsverhältnis aufgelöst habe sowie weil das Schreiben den Formerfordernissen des § 565 ZPO nicht entsprochen habe und „daher rechtlich als Nichts zu werten“ sei. Es konnte äusserstenfalls als Ankündigung einer Vertragsverletzung verstanden werden.

Dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden. Gemäss dem § 26 Z 2 AngG, erster Fall, liegt ein wichtiger Austrittsgrund dann vor, wenn der Arbeitgeber das dem Angestellten zukommende Entgelt ungebührlich schmälert oder vorenthält. Da der Kläger nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen des Berufungsgerichtes für die Dauer des Arbeitsverhältnisses die Dienstwohnung unentgeltlich zu benützen berechtigt war, bildet dieses Recht einen Teil seines Arbeitsentgelts in Form eines Naturalbezuges (vgl. Mayer‑Maly, Österr. Arbeitsrecht, 83 f.; Martinek‑Schwarz, AngG3, 407).

Zu prüfen ist daher zunächst, ob der Beklagte berechtigt war, den die Benützung der Dienstwohnung betreffenden Teil des einheitlichen Arbeitsvertrages aufzukündigen und den verbleibenden Rest bestehen zu lassen. Nach herrschender Auffassung ist jedoch eine Teilkündigung, also eine Kündigung einzelner Bestimmungen oder zusammengehöriger Gruppen von Bestimmungen eines Arbeitsvertrages, grundsätzlich unzulässig (Floretta in Arbeitsrecht I, 171; Martinek‑Schwarz a.a.O., 331). Beabsichtigt der Kündigende eine Veränderung einzelnen Vertragsbestimmungen, so kann er dies nur, soweit zulässig, mit einer das gesamte Arbeitsverhältnis zur Auflösung bringenden Änderungskündigung bewerkstelligen, die jedoch nicht als Teilkündigung aufzufassen ist (Mayer‑Maly a.a.O.; 113).

Der Beklagte war daher nicht berechtigt, den die Benützung der Dienstwohnung betreffenden Teil des Arbeitsvertrages zu kündigen oder dem Kläger auf andere Weise durch einseitige Erklärung die weitere Benützung zu verbieten. Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers enthält das an den Kläger gerichtete, die Kündigung enthaltende Schreiben vom 16. 7. 1975 eine auf die Beendigung der weiteren Benützung der Dienstwohnung gerichtete Willenserklärung des Beklagten, wobei es für die Beurteilung des Austrittsgrundes ohne Bedeutung ist, ob diese Erklärung überhaupt zulässig und wirksam war. Nach ihrem Wortlaut enthält dieses Schreiben keineswegs bloss eine Ankündigung einer späteren Willenserklärung des Beklagten, sondern lässt in einer jeden Zweifel ausschliessenden Weise den Willen erkennen, mit der in diesem Schreiben enthaltenen Erklärung die weitere Benützung der Dienstwohnung zu verbieten. Da diese für die Dauer des aufrechten Bestandes des Arbeitsverhältnisses vereinbarte Benützung, wie bereits dargelegt, ein Teil des Entgelts des Klägers ist, hat der Beklagte mit dieser Erklärung unberechtigt eine Schmälerung des Entgelts des Klägers vorgenommen. Hiebei ist es ohne Bedeutung, dass der Kläger noch etwa vier Wochen die Wohnung hätte weiter benützen dürfen, und dass er sich allenfalls auch hätte weigern können, die Wohnung zu räumen. Wie der Oberste Gerichtshof bereits hinsichtlich Gehaltsforderungen zum Ausdruck gebracht hat, ist schon in der Mitteilung des Arbeitgebers, er werde bei der nächsten Gehaltsauszahlung ein geringeres Entgelt als das vereinbarte zahlen, eine zum Austritt berechtigende Schmälerung des Entgelts zu erblicken, ohne dass der Arbeitnehmer verpflichtet wäre, den nächsten Gehaltszahlungstermin abzuwarten (Arb 6193). Keineswegs könnte vom Kläger etwa verlangt werden, die Kündigung unbeachtet und die Räumungsfrist verstreichen zu lassen sowie weitere Schritte des Beklagten abzuwarten, zumal ihm eine Beurteilung der rechtlichen Konsequenzen nicht zumutbar ist. Er war auch nicht verpflichtet, an Stelle des Austritts den Rechtsweg zur Durchsetzung seiner vom Arbeitgeber verletzten Rechte zu beschreiten.

Da somit der Austritt des Klägers berechtigt erfolgt ist, stehen ihm die vom Berufungsgericht richtig berechneten und hinsichtlich ihrer Höhe gar nicht bekämpften Ersatzansprüche aus dem Rechtsgrunde des § 29 AngG zu. Bezüglich der Sonderzahlungen ist der Einwand des Beklagten, der Kläger habe sich auf den Kollektivvertrag nicht berufen, sodass eine amtswegige Anwendung seiner Bestimmungen, wie es das Berufungsgericht getan habe, nicht zulässig sei, allein schon deshalb nicht berechtigt, weil der Beklagte in den Vorinstanzen den Anspruch des Klägers auf Sonderzahlungen nicht nur nicht bestritten, sondern ihn sogar, wie eingangs ausgeführt, anerkannt und seinen Anträgen zugrundegelegt hat.

Schliesslich bekämpft der Revisionswerber noch die Auffassung des Berufungsgerichtes, mangels Vereinbarung eines Benützungsentgelts stehe ihm ein Benützungsentgelt nicht zu. Der Beklagte übersieht, dass er seine Gegenforderung ausschliesslich auf eine Vereinbarung gestützt hat, eine solche Vereinbarung aber nicht als erwiesen angenommen worden ist. Für den Zuspruch eines „angemessenen Benützungsentgelts“ bestand daher schon aus diesem Grund keine Möglichkeit.

Da somit die angefochtene Entscheidung auch frei von Rechtsirrtum ist, kann der Revision ein Erfolg nicht beschieden sein.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41, 50 ZPO begründet.

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