OGH 1Ob19/77

OGH1Ob19/774.10.1977

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Petretto, Dr. Wurzinger, Dr. Petrasch und Dr. Schubert als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P* M*, vertreten durch Dr. Franz Müller-Strobl, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei B*, Gesellschaft m. b. H., *, vertreten durch Dr. Gerald Herzog, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 40.000,— infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 22. Februar 1977, GZ 5 R 23/77‑35, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 6. Dezember 1976, GZ 21 Cg 112/76‑29, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0010OB00019.77.1004.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 2.024,— bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin S 80,– Barauslagen und S 144,– Umsatzsteuer) sowie die mit S 2.229,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 480,– Barauslagen und S 129,60 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Der Kläger betreibt im Rahmen seiner Landwirtschaft auch eine Forellenzucht. Die Zuchtanlage wird vom W*bach gespeist. Die Beklagte hat in den Jahren 1974/75 aus zwei Schottergruben Schotter abgebaut und diesen mit Lastkraftwagen über einen Weg geführt, der den W*bach an einer Stelle, welche der Luftlinie nach ca. 1 Kilometer von der Fischzuchtanlage des Klägers entfernt liegt, überquert, wobei der W*bach in Form einer Rohrunterführung unter dem Weg durchfließt. Die Beklagte hat nach Benützung des Weges für ihre Schottertransporte neben dem alten Durchlaufrohr eine neue Rohrleitung für den Durchfluß des Baches angelegt.

Der Kläger begehrt nun von der Beklagten die Zahlung eines Betrages von S 40.000,– samt Anhang und brachte hiezu im wesentlichen vor, daß ihm durch die von der Beklagten im Bereiche der Rohrbrücke herbeigeführten Veränderungen Forellenbrütlinge im Werte von S 40.000,-verendet seien.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens, bestritt den Zusammenhang zwischen ihrer Wegbenützung bzw. der Erneuerung des Durchlaufrohres und dem Fischschaden des Klägers.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren Folge und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von S 40.000,— samt 4 % Zinsen seit 1. Juli 1975; das Zinsenmehrbegehren wies es ab. Es legte seiner Entscheidung im wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde:

Die Beklagte hat den gegenständlichen Weg zu Schottertransporten vom Herbst 1974 bis in den Monat Mai 1975 benützt. Der Weg ist im Kataster nicht als eigenes Grundstück ausgeschieden, vielmehr steht er im Eigentum mehrerer Anrainer. Auf diese Weise gehört ein Abschnitt des Weges auch dem Kläger, allerdings nicht im Bereich der „Unterführung“ des W*baches, sondern ein Stück weiter westlich. Zwischen dem Kläger und der Beklagten bestand im Zusammenhang mit den gegenständlichen Transporten kein Vertragsverhältnis, insbesondere keine Vereinbarung über die Wegbenützung. Die Beklagte hat den Weg mit schwersten Lastkraftwagen befahren. Durch diese intensive Beanspruchung bzw. Überlastung wurde der Weg im Frühjahr 1975 während der damaligen Tau- und Regenperiode grundlos und schadhaft. Dies nahm die Beklagte von sich aus zum Anlaß, nach und nach auf dem Weg, und zwar auch im Bereiche der Bachunterführung, in größerer Menge Schotter und Erdmaterial aufzutragen, sodaß der Weg befestigt, etwas verbreitert und abschnittweise bis zu 0,5 m erhöht wurde. Dies tat die Beklagte, um weiter mit ihren Schwerfahrzeugen fahren zu können. Die Fahrzeuge der Beklagten hatten beim W*bach schon vor der Wegbefestigung das Wasserdurchlaufrohr eingedrückt. Dadurch war auf der Wegtrasse eine Vertiefung von etwa 30 cm entstanden. Für die Überwachung des Schotterabbaues und der Transporte war innerhalb der Beklagten der Hauptpolier K* zuständig. Die von der Beklagten vorgenommene Befestigung des Brückenbereiches hatte zur Folge, daß Material teils durch bloßes Abrutschen, teils durch die vorüberfahrenden Fahrzeuge beiderseits über die Böschung des Weges heruntergeriet, was im Zusammenhang mit dem Rohrschaden den Wasserlauf unterhalb des Weges behinderte, sodaß das Wasser nur noch spärlich floss. Obzwar es schon vor dieser Zeit im Bereiche nördlich der Rohrbrücke je nach der gegebenen Witterung größere oder kleinere Wasseransammlungen gegeben hatte, entstand durch die im Frühjahr 1975 eingetretene stärkere Behinderung des Wasserabflusses oberhalb der Brücke ein wesentlich höherer Wasserstau. Der Wasserspiegel stieg um etwa 20 bis 30 cm. Der Stau erreichte flächenmäßig eine Ausdehnung von etwa 1000 m2. Der Niveauunterschied zwischen Weg und Bachbett beträgt an der Nordseite der Rohrbrücke (Einfluß) ca. 1 m, an der Südseite beim Ausfluß ca. 2 m. In der ersten Hälfte des Monates Mai 1975 gab es dann eine Trockenperiode. Das Wasser des Staues wurde, zumal das mit Schilf bewachsene Gelände moorigen Untergrund aufweist, ein richtiggehendes Moorwasser von klarem, jedoch gelblich schimmerndem Aussehen. Ein bis zwei Wochen vor Mitte Mai 1975 machte der Kläger den Besitzer einer der beiden Schottergruben –J* – darauf aufmerksam, daß nur mehr wenig Wasser unter dem Weg durchfließe. J* wendete sich daraufhin an die Beklagte und forderte deren Polier K* auf, ein neues Rohr zu verlegen. Er wies K* darauf hin, daß sich bachabwärts die Fischzucht des Klägers befinde. Außer K* hatte damals bereits K*, ein in den Schottergruben eingesetzter Maschinist der Beklagten, Kenntnis von der Existenz der Fischzuchtanlage.

Die Beklagte hatte gegenüber dem Schottergrubenbesitzer F*, nicht aber gegenüber J*, die vertragliche Verpflichtung übernommen, nach Beendigung der Transporte am Weg und dem umliegenden Gelände den früheren Zustand wiederherzustellen.

Auf Anordnung K*, der für die Beklagte den Abbau und Transport des Schotters aus den Gruben F* und J* zu beaufsichtigen hatte, haben sodann am 16. Mai 1975 Arbeiter der Beklagten etwas abseits des schadhaften alten Durchlaufrohres ein neues Rohr aus Betonteilen eingesetzt, wobei zumindest der Auslauf geringfügig tiefer als der alte Auslauf angelegt wurde. Bei dieser Maßnahme, von welcher der Kläger nicht in Kenntnis gesetzt und für die eine behördliche Bewilligung nicht eingeholt wurde, kam es dazu, daß ein Großteil des Stauwassers, welches sich angesammelt hatte, in Form eines Wasserschwalles durch die ausgehobene Künette oder das neue Rohr rasch abfloß. Durch diese plötzliche Wasserbewegung wurden in starkem Maße Moorpartikelchen vom Grund des Wassers und vom Schilf hochgewirbelt und durch das gewöhnlich träge in M* durch eine sanfte Mulde fließende Bächlein mitgeschwemmt. Diese Moorsubstanzen gaben dem Wasser eine graublaue bis schwärzliche Verfärbung und konnten sich bis zur Fischzuchtanlage des Klägers – die Forellenbrutanlage im Wirtschaftsgebäude des Klägers wird ausschließlich vom W*bach gespeist – nur teilweise absetzen. Im letzten Abschnitt vor der Brutanlage wird das Wasser durch eine Rohrleitung geführt; der am Beginn dieser Leitung installierte Grobfilter vermochte die feinen Moorpartikelchen nicht aufzuhalten. Die Verschmutzung des Wassers in der Brutanlage war so stark, daß die vorhandenen Forellenbrütlinge fast zur Gänze vernichtet wurden. Die feinen Moorfasern gelangten in die Kiemen der an sich empfindlichen Jungfische und führten zu deren Ersticken. Dem Kläger entstand dadurch ein Schaden von rund S 40.000,-. Das Wasser des W*baches ist, wenn keine Verunreinigung, wie im gegenständlichen Fall eintritt, für eine Forellenzucht durchaus geeignet.

In rechtlicher Beurteilung dieses Sachverhaltes führte das Erstgericht aus, daß eine Haftung der Beklagten für ihre Bediensteten gemäß § 1313 a ABGB deshalb nicht in Betracht komme, weil eine Vertragsbeziehung zum Kläger nicht bestanden habe. Desgleichen könne die Bestimmung des § 1319 ABGB nicht herangezogen werden, denn der eingetretene Schaden sei keine Folge einer mangelhaften Beschaffenheit des Werkes und nicht eines Einsturzes oder einer Ablösung von Teilen des errichteten Werkes gewesen. Eine Haftung der Beklagten für den Schaden sei aber aus § 1311 ABGB zweiter Satz, zweiter Halbsatz, abzuleiten. Schon § 413 ABGB bestimme, daß niemand solche Werke oder Pflanzungen anlegen dürfe, welche den ordentlichen Lauf eines Flusses verändern oder der Schifffahrt, den Mühlen, der Fischerei oder anderen fremden Rechten nachteilig werden konnten. § 39 WRG besage in diesem Zusammenhang, daß der Eigentümer eines Grundstückes den natürlichen Abfluss der sich darauf ansammelnden oder darüberfließenden Gewässer zum Nachteil des unteren Grundstückes nicht willkürlich ändern dürfe. Diese Verbotsnorm beziehe sich nicht nur auf den Grundeigentümer, sondern auf jedermann und hätte daher auch von der Beklagten beachtet werden müssen. Unter die Bestimmung des § 39 WRG falle sowohl eine Verschlechterung der Abflußverhältnisse als auch eine Beschleunigung des Wasserlaufes, die sich ebenfalls zum Nachteil der Unterlieger auswirken könne. Bereits die Überlastung und nachfolgende Beschotterung des Weges, womit eine Beeinträchtigung des Flußlaufes verbunden gewesen sei, aber auch die plötzliche Ableitung des Stauwassers bildeten Verstöße gegen die genannten Bestimmungen. Hiezu komme aber noch die Vorschrift des § 38 Abs 1 WRG, wonach unter anderem bei fließenden öffentlichen und privaten Gewässern Brücken, Stege, Uferbauten und Unterführungen einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürfen. Eine solche neue „Unterführung“ des W*baches unter dem Interessentenweg sei von der Beklagten geschaffen worden. Es habe sich nicht um eine bloße Reparatur des alten Durchlaufrohres gehandelt. Ein Ausnahmefall nach § 38 Abs 2 WRG sei nicht gegeben gewesen. Es wäre daher in einem wasserrechtlichen Verfahren, in welchem die Unterlieger ihre Interessen hätten wahrnehmen können, um die Genehmigung des neuen Durchlaufrohres anzusuchen gewesen, wobei derjenige einzuschreiten gehabt hätte, der die Arbeiten in Auftrag gegeben habe. Dies wäre formell J* gewesen, nachdem er es gewesen sei, der K* aufforderte, ein neues Rohr zu verlegen, worunter man aber auch nur die Instandsetzung des alten Rohres durch Neuteile hätte verstehen können. Selbstverständlich wäre es nach der Sachlage auch Pflicht der Beklagten als Bauunternehmung gewesen, sich ihrerseits zu vergewissern, ob die von ihr geplante Neuausführung der „Bachunterführung“ einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürfe und gegebenenfalls, ob eine solche erteilt würde.

Die aufgezählten Gesetzesbestimmungen, vor allem § 38 Abs 1 WRG, dienten auch dem Schutz jener Personen, denen flußabwärts Nutzungsrechte zukämen, unabhängig davon, ob diesen Personen Parteistellung im wasserrechtlichen Verfahren zugekommen wäre. Daß die genannten Vorschriften mißachtet worden seien, habe die Beklagte als juristische Person für ihre Organe zu vertreten, zumal der von der Beklagten zu erbringende Nachweis nach der Organisation ihres Betriebes für die nötigen Sicherungen gesorgt zu haben, in keiner Weise gelungen sei. Die nur mangelnde Überwachung, oder durch Gesetzesunkenntnis erklärbare Duldung der Maßnahmen durch die Organe der Beklagten ohne jegliche Fühlungnahme mit Anrainern und Behörde, sei der Beklagten als eigenes Verschulden anzulasten. In dieser Richtung sei sogar eine Verschuldenshaftung der Besagten gegeben. Diese habe als Bauunternehmung die besondere Sorgfaltspflicht nach § 1299 ABGB getroffen. Darnach habe von ihren Organen wohl auch verlangt werden müssen, die aus Anlaß der Schwertransporte entstandenen Veränderungen am Weg und am Wasserlauf im Auge zu behalten und zumindest vor Ableitung des Stauwassers einen Fachmann über die möglichen Folgen der Maßnahmen zu hören. In diesem Zusammenhang sei auf § 31 WRG zu verweisen, wonach jedermann, dessen Anlagen Maßnahmen oder Unterlassungen eine Verunreinigung von Gewässern herbeiführen können, mit der nach §§ 1297 bis 1299 ABGB gebotenen Sorgfalt darauf achten müsse, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden werde. Bei der Beklagten dürfe es daher keine Rolle spielen, daß der Eintritt eines Schadens in der Fischzuchtanlage des Klägers bei der festgestellten Handlungsweise für einen Laien nicht leicht voraussehbar gewesen sei.

Nach § 1311 ABGB hafte die Beklagte für alle aus der Übertretung der Schutznorm resultierenden zufälligen Folgen, auch wenn diese Folgen im konkreten Fall (für einen Laien) nicht leicht voraussehbar gewesen seien. Der Beweis, daß der Schaden auch bei Einhaltung der Schutznorm bzw. ohne Gesetzesübertretung entstanden wäre, sei der Beklagten nach den Verfahrensergebnissen nicht gelungen. Was die zu bejahende Frage des Kausalzusammenhanges betreffe, so wäre bei einer Haftung nach § 1311 ABGB aus der Übertretung einer Schutzvorschrift ein strenger Nachweis des Kausalzusammenhanges gar nicht zu fordern. Die adäquate Kausalität werde hier vermutet, wenn nur der Schaden ein solcher sei, dessen Verhinderung im Zweckbereich der Schutznorm liege. Aus diesen Erwägungen erachtete das Erstgericht, daß die Beklagte an den Kläger Ersatz in Höhe des festgestellten Schadensbetrages zu leisten habe.

Das Berufungsgericht änderte über Berufung der Beklagten dieses Urteil, das hinsichtlich der Abweisung eines Zinsenteilbegehrens als unbekämpft aufrecht blieb, dahin ab, daß es das gesamte Klagebegehren abwies. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als das Ergebnis eines mangelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung, erachtete aber die Rechtsrüge für gerechtfertigt. Die fragliche Rohrbrücke sei als eine kleine Wirtschaftsbrücke anzusehen, deren Anlage nicht wasserrechtlich bewilligungspflichtig gewesen sei, denn nach § 38 Abs 2 lit b WRG bedürften bei den nicht zur Schiff- oder Floßfahrt benützten Gewässerstrecken kleine Wirtschaftsbrücken und Stege keiner solchen Bewilligung. Es handle sich auch nicht um eine „Unterführung“ im Sinne des § 38 Abs 1 WRG, die Brücke stelle vielmehr eine „Überbrückung“ des Wasserlaufes, also keine Unterführung unter den Wasserlauf dar.

Selbst wenn man davon ausgehen wollte, daß das Verhalten der Beklagten bzw deren Gehilfen eine Übertretung der Schutznorm des § 39 WRG bzw des § 413 ABGB darstellte, sei für den Standpunkt des Klägers nichts zu gewinnen. Daß den Organen der Beklagten an der Änderung des natürlichen Wasserabflusses ein Verschulden angelastet werden könne, könne nicht gesagt werden, weil Organe der Beklagten am strittigen Vorgehen in keiner Weise mitgewirkt haben. Auch ein Organisations- oder Überwachungsverschulden könne der Beklagten bei dem festgestellten Sachverhalt nicht zur Last gelegt werden, wenn der für den Abbau und den Abtransport des Schotters verantwortliche Hauptpolier, A* K*, die Erneuerung des Rohrdurchlasses bzw. Ausbesserung des Weges veranlaßt und unter seiner Aufsicht habe ausführen lassen.

Es sei wohl richtig, daß der Normzweck des § 39 WRG bzw des § 413 ABGB auch den Schutz von Fischzuchtanlagen im Gewässer erfasse. Für die Haftung bei Verletzung einer Schutznorm werde aber ein Verschulden desjenigen vorausgesetzt, der die Schutzvorschrift übertreten habe, wenngleich das Verschulden bloß in Bezug auf die Übertretung der Schutznorm in engerem Sinne bestehen müsse. Im vorliegenden Fall sei nach der festgestellten Gesamtsituation zumindest zweifelhaft, ob das Verhalten der Arbeiter der Beklagten als eine schuldhafte, willkürliche Änderung des natürlichen Abflusses des W*baches und damit als schuldhafte Übertretung des § 39 WRG anzusehen sei. Die Beantwortung dieser Frage könne aber dahingestellt bleiben, weil die Schutznorm nicht durch die Beklagte bzw. durch deren Organe, sondern durch deren Arbeiter als Besorgungsgehilfen übertreten worden sei, sodaß die Haftung der Beklagten mangels einer vertraglichen Beziehung zum geschädigten Kläger nicht nach § 1313 a ABGB, sondern nach § 1315 ABGB zu prüfen sei. Die Beklagte habe für den von ihren Besorgungsgehilfen verursachten Schaden nur dann zu haften, wenn diese untüchtige Personen im Sinne des § 1315 ABGB gewesen seien. Untüchtigkeit sei aber im Regelfall nicht schon bei Unaufmerksamkeit in einem einzelnen Falle anzunehmen. Die Beweislast für die Untüchtigkeit des Besorgungsgehilfen, wenn der Schaden nicht durch Unterlassung eingetreten sei, treffe den Geschädigten. Daß eine solche Untüchtigkeit der Arbeiter der Beklagten, welche an der Verlegung der Rohrbrücke und an der Anlage der neuen Rohrbrücke beteiligt gewesen seien, vorgelegen wäre, habe der Kläger nicht einmal behauptet und auch der festgestellte Sachverhalt biete hiefür keinen Anhaltspunkt. Deshalb bestehe der gegen die Beklagte erhobene Ersatzanspruch nicht zu Recht, selbst wenn man im Verhalten der Besorgungsgehilfen der Beklagten eine schuldhafte Übertretung einer Schutznorm sehen wollte.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (§ 503 Z 4 ZPO) mit dem Antrag, das Urteil des Berufungsgerichtes dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben werde oder es aufzuheben und die Rechtssache an das Gericht zweiter Instanz zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revision kommt Berechtigung zu.

Zunächst ist festzuhalten, daß die Abweisung des Zinsenteilbegehrens rechtskräftig geworden ist, der Sachantrag auf Abänderung der berufungsgerichtlichen Entscheidung dahin, daß dem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben werde, daher verfehlt ist. Dieser Umstand ist aber nicht als formalrechtlicher Mangel der Revision zu werten, sondern führt bei der meritorischen Erledigung nur dazu, daß die Revision diesbezüglich unbegründet ist (siehe hiezu Arb 4.981).

Bei der Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache ist davon auszugehen, daß gemäß § 38 Abs 1 WRG 1959 zur Errichtung und Änderung der in dieser Gesetzesstelle bezeichneten Anlagen, also insbesondere auch von Brücken und Stegen, grundsätzlich die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen ist. Drahtüberspannungen und kleine Wirtschaftsbrücken und -stege sind an sich auch Anlagen, die einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürfen. Gemäß Abs 2 der genannten Gesetzesstelle ist eine solche Bewilligung jedoch dann nicht erforderlich, wenn die Gewässerstrecke zur Schiff- und Floßfahrt nicht benützt wird, wobei maßgeblich die Tatsache der Nichtbenützung, nicht die der Nichtbenutzbarkeit ist. Bei kleinen Wirtschaftsbrücken und ‑stegen ist eine wasserrechtliche Bewilligung auch dann nicht erforderlich, wenn sich eine solche Überbrückung als schädlich (etwa für die Fischzucht) oder gefährlich (etwa für den Hochwasserabfluß) erweist (siehe hiezu Krzizek Kommentar zum Wasserrechtsgesetz S 177 f).

Da gegenständlich nicht behauptet wurde und auch nicht hervorgekommen ist, daß der W*bach zur Schiff- oder Floßfahrt benützt wird und es sich nach den Feststellungen der Vorinstanzen um einen bloß etwa drei Meter breiten und zum Teil bewachsenen Interessentenweg handelt, der über den Bach geführt wird, ist dem Berufungsgericht darin beizupflichten, daß es sich bei der fraglichen Rohrbrücke um eine kleine Wirtschaftsbrücke im Sinne der bezogenen Gesetzesstelle handelt, zu deren Errichtung oder Abänderung eine wasserrechtliche Bewilligung nicht erforderlich ist. Es ist dem Gericht zweiter Instanz auch darin zu folgen, daß es sich bei der gegenständlichen Brücke nicht um eine „Unterführung“ unter einem Wasserlauf im Sinne des § 38 Abs 1 WRG 1959 handelt, sondern eben um eine Brücke über einen Wasserlauf.

Im übrigen kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die Vorschrift des § 39 Abs 1 WRG 1959 – wonach niemand (s. Krzizek, a.a.O. S 181) den natürlichen Abfluß der sich auf einem Grundstück ansammelnden oder darüber fließenden Gewässer zum Nachteil des unteren Grundstückes willkürlich ändern darf, ebenso wie die Vorschrift des § 413 ABGB, die bestimmt, daß niemand solche Werke oder Pflanzungen anlegen darf, die den ordentlichen Lauf eines Flusses verändern – Schutzvorschriften im Sinne des § 1311 ABGB darstellen, weil sie inhaltlich einen Schutzzweck verfolgen (ZVR 1969/330, Wolff in Klang2 VI S 82). Der Oberste Gerichtshof hegt auch keine Bedenken dagegen, daß die Beeinträchtigung des Wasserlaufes des W*baches durch Eindrücken und Verlegen des Rohres im Zusammenhang mit der Neuanlage eines Wasserdurchlasses, nachdem das Wasser infolge Undurchlässigkeit des alten Rohres aufgestaut worden war, als eine Änderung des natürlichen Wasserabflusses im Sinne des § 39 Abs 1 WRG 1959 bzw § 413 ABGB anzusehen ist.

Wenn es nun auch richtig ist, daß die Beklagte im Zusammenhang mit dem von ihr vorgenommenen Abbau und Abtransport des Schotters bzw. der Wiederinstandsetzung des Weges und der Rohrbrücke in keinem direkten Vertragsverhältnis zum Kläger gestanden ist, so darf nicht übersehen werden, daß sich der Kläger nach den Feststellungen der Vorinstanzen an den Schottergrubenbesitzer und Vertragspartner der Beklagten J* wandte und ihn darauf aufmerksam machte, daß nur mehr wenig Wasser unter dem Weg durchfließe, worauf sich J* an die Beklagte wandte und deren Polier A* K* aufforderte, ein neues Rohr zu verlegen. In diesem Zusammenhang wies J* den A* K* darauf hin, daß sich bachabwärts die Fischzuchtanlage des Klägers befinde, dieser Umstand also dem Hauptpolier der Beklagten bekannt war.

Nach § 1313 a ABGB haftet derjenige, der einem anderen zu einer Leistung verpflichtet ist, diesem für das Verschulden der Personen, deren er sich zur Erfüllung bedient, wie für sein eigenes. Voraussetzung ist, daß demjenigen gegenüber, der die Haftung in Anspruch nimmt, eine Verpflichtung zur Leistung bestand. Grundsätzlich besteht also nach § 1313 a ABGB nur gegenüber dem Vertragspartner eine Haftung für ein Verschulden der Gehilfen bei Erfüllung des Vertrages. Daß eine solche Verpflichtung zur Leistung der Beklagten gegenüber dem Kläger nicht bestand, wurde bereits aufgezeigt. Außerhalb des Vertrages ist die Gehilfenhaftung in der Regel auf das im § 1315 ABGB umschriebene Maß beschränkt (Bydlinski, JBl 1960 S 359 ff, SZ 18/150, JBl 1960 S 386, EvBl 1970 Nr 344, 1 Ob 761/76 u.a.). Lehre und Rechtsprechung anerkennen aber in bestimmten Sonderfällen die Haftpflicht des Unternehmers für einen von seinen Leuten dritten Personen schuldhaft verursachten Schaden. Eine solche vertragliche Schutzpflicht besteht ohne besondere Vereinbarung zugunsten Dritter, deren Sachen infolge eines räumlichen Naheverhältnisses bei Erbringung der Hauptleistung beschädigt werden können, wenn der eine Vertragspartner ein erkennbares Interesse am Schutz dieser Rechtsgüter Dritter hat oder wenn ihn selbst eine entsprechende Fürsorgepflicht trifft. Solche Schutzvorschriften bestehen insbesondere auch gegenüber Sachen, die dritten Personen gehören, wenn diese Sachen in Kontakt mit der Hauptleistung treten und damit einer erhöhten Gefahr ausgesetzt werden (Wilburg, ZBl 1930 S 648, Gschnitzer in Klang2 IV/1 S 236, Bydlinski a.a.O. S 363, SZ 42/236, EvBl 1963/377, JBl 1963 570, EvBl 1969/216, JBl 1974, 573, 1 Ob 190/75, 1 Ob 761/76 u.a.).

Wendet man diese Grundsätze auf den gegenständlichen Fall an, dann ergibt sich die Haftung der Beklagten für den dem Kläger entstandenen Schaden nach § 1313 a ABGB. Über Aufforderung des Vertragspartners der Beklagten – J* – hat diese durch ihre Leute unter der Aufsicht des Hauptpoliers A* K* das Durchlaufrohr auswechseln lassen, wodurch es geschehen konnte, daß das aufgestaute Wasser in Form eines plötzlichen Wasserschwalles durch das neue Rohr abfloss und durch Mitreißen von Moorpartikelchen in der Folge das Fischsterben in der Zuchtanlage des Klägers auslöste.

Daß K* und die Leute der Beklagten mit deren Wissen die genannten Arbeiten vornahmen, ergibt sich aus dem Vorbringen in der Klagebeantwortung. Durch den Hinweis des Schottergrubenbesitzers J* auf die sich bachabwärts befindliche Fischzuchtanlage des Klägers hat dieser auch deutlich darauf verwiesen, daß er ein eigenes Interesse an dem Schutz dieser Anlage hat; es kann keinem Zweifel unterliegen, daß diese Fischzuchtanlage mit der Hauptleistung – Instandsetzung des Rohrdurchlasses – in Kontakt gekommen ist und damit einer erhöhten Gefahr ausgesetzt war. Im übrigen hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt, daß der Normzweck des § 39 WRG 1959 bzw. des § 413 ABGB auch den Schutz von Fischzuchtanlagen im Gewässer erfasst. Das Verhalten der Arbeiter der Beklagten bei Wiederinstandsetzung der Rohrbrücke, insbesondere das plötzliche in Form eines Wasserschwalls erfolgte Ablassen des Wasserstaues, stellt eine schuldhafte willkürliche Änderung des natürlichen Abflusses des W*baches und damit eine schuldhafte Übertretung des § 39 WRG 1959 bzw. des § 413 ABGB dar.

Unter Zugrundelegung der oben wiedergegebenen Rechtsansicht besteht sohin eine Haftung der Beklagten für die Ansprüche des Klägers. Da das Berufungsgericht auch die Feststellungen des Erstgerichtes über die Höhe des Schadens als unbedenklich übernommen hat, war in Stattgebung der Revision das Urteil des Erstgerichtes, wenn auch mit einer anderen Begründung, wiederherzustellen.

Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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