European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0040OB00027.77.0913.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Das Erstgericht setzte zufolge des am 20. 6. 1975 eingebrachten Antrages der S* Gesellschaft m.b.H. mit dem Beschluß vom 28. 6. 1973 die Jahresmietwerte für die Wohnhausanlage auf der Liegenschaft EZ * KG J* gemäß § 2 WEG 1948 fest. Der Beschluß wurde der Antragstellerin, die in diesem Zeitraum Alleineigentümerin der Liegenschaft war, am 5. 7. 1973 zugestellt. Bei dieser Parifizierung wurden die Jahresmietwerte einer aus fünf Häusern bestehenden Wohnanlage berücksichtigt, darunter das „A*-Hotel Haus A und das Haus B-1. Dr. A* erwarb einen Miteigentumsanteil von 32/7173 (B-OZ 161) im Range vom 25. 1. 1974 (B-OZ 4 a). Mit diesem Liegenschaftsanteil ist auf der Grundlage des Wohnungseigentumsvertrages vom 7. und 10. 8. 1973 das Wohnungseigentum am Objekt B-1 top. 19 verbunden (C-OZ 8). Im Jahre 1974 erwarb noch eine größere Anzahl weiterer Personen Miteigentumsanteile und das damit verbundene Wohnungseigentum an Objekten auf der Liegenschaft (B-OZ 4 a; C-OZ 8).
Dr. A* beantragte am 29. 4. 1977 die Zustellung des erstgerichtlichen Beschlusses und erhob gegen diesen Rekurs, weil er an einem gesetzlichen Mangel dadurch leide, daß er die Parifizierung eines A*-Hotel Haus A vorgenommen habe, obwohl dieses überhaupt nicht erbaut worden sei. Der erstgerichtliche Beschluß sei daher nichtig.
Das Bekursgericht wies diesen Rekurs als unzulässig zurück, weil der Bekurswerber zur Zeit der Beschlußfassung des erstgerichtlichen Beschlusses und auch zum Zeitpunkt seiner Zustellung an den damals einzigen Verfahrensbeteiligten noch nicht Miteigentümer der Liegenschaft gewesen sei. Eine Beteiligung der Wohnungseigentumswerber am Parifizierungsverfahren habe das WEG 1948 nicht vorgesehen. Die Bestimmungen des WEG 1975 seien auf das seinerzeitige Verfahren nicht rückwirkend anzuwenden. Ein anderer Grund einer Verfahrensbeteiligung des Bekurswerbers sei weder behauptet worden noch hervorgekommen.
Rechtliche Beurteilung
Gegen den rekursgerichtlichen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Dr. A* unter Berufung auf die Bestimmung des § 16 AußStrG und die Bestimmungen der §§ 23 Abs 3 und 26 Abs 2 Z 1 WEG 1975.
Bei Überprüfung der Zulässigkeit dieses Rechtsmittels ist davon auszugehen, daß die Verfahrensbestimmungen des WEG 1975 gemäß seinem § 29 auch im Rechtsmittelverfahren betreffend Rechtssachen anzuwenden sind, die schon vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeräumtes Wohnungseigentum betreffen (vgl. EvBl 1976/284, 660). Da demnach gemäß § 26 Abs 2 Z 3 WEG 1975 die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung und damit auch § 528 ZPO anzuwenden sind, ist die unbeschränkte Anfechtung des rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses zulässig (vgl. SZ 13/278; SZ 18/54; Fasching IV, 453).
Der Rekurs ist aber nicht berechtigt.
Den allgemeinen Erwägungen des Rekurswerbers über die rückwirkende Geltung des WEG 1975 kann schon deshalb keine Bedeutung zukommen, weil nach dem § 29 Abs 1 Z 1 dieses Gesetzes die §§ 2 und 5 des Wohnungseigentumsgesetzes BGBl 1948/149 in der Fassung des BG BGBl 1951/28, in den Fällen weiterhin anzuwenden sind, in denen zu mindestens an einer Wohnung (einem Geschäftsraum) das Wohnungseigentum nach den bisher geltenden Vorschriften erworben worden ist. In diesen Fällen bleiben die geltende Berechnungs- (Berechnung des Mindestanteils nach dem Verhältnis der Jahresmietzinse für 1914; § 2 WEG 1948) und Eintragungsbestimmungen aufrecht und sind die neuen Berechnungs- und Eintragungsvorschriften unanwendbar (vgl. Meinhart, Wohnungseigentumsgesetz 1975, 225; Feistenberger‑Barta‑Call, Kommentar zum Wohnungseigentumsgesetz 1975, 840). Da der Rekurswerber nach dem Grundbuchstand im Zeitraum des erstinstanzlichen Parifizierungsverfahrens noch nicht bücherlicher Miteigentümer der Liegenschaft gewesen ist, kann ihm nach der nunmehr einhelligen Rechtsprechung eine Parteienstellung in diesem Parifizierungsverfahren nicht zukommen (vgl. MietSlg 23.565; 25.456). Damit ist der erstgerichtliche Beschluß in Rechtskraft erwachsen und bindet sowohl das Gericht als auch die Parteien, da auch Verfügungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit grundsätzlich materielle Rechtskraft zukommt (vgl. Ott, Rechtsfürsorgeverfahren 260; SZ 25/139; EvBl 1965/225; MietSlg 23.565). Das Rekursgericht hat sohin zutreffend den Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluß mangels einer Rechtsmittellegitimation zurückgewiesen, wobei noch darauf hinzuweisen ist, daß die Rechtskraft des erstgerichtlichen Beschlusses eine allfällig unterlaufene Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens saniert hätte, sodaß auch das diesbezügliche Vorbringen des Rekurswerbers nicht geeignet ist, ihm eine Rechtsmittellegitimation zu verschaffen.
Zu bemerken ist noch, daß die Rechtskraftwirkung des erstgerichtlichen Beschlusses nur dann einer neuen Antragstellung nicht entgegenstehen könnte, wenn der maßgebliche Sachverhalt eine Änderung erfahren hätte, was aber gar nicht behauptet worden ist.
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