European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0050OB00304.77.0706.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Jeder Rekurswerber hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Begründung:
Die Klägerin begehrte die Feststellung, daß ihr im Konkurs über das Vermögen des Gemeinschuldners F* eine Konkursforderung in der 3. Klasse in der Höhe von S 123.009,37 zustehe.
Zur Begründung dieses Begehrens brachte sie im wesentlichen vor:
Der nunmehrige Gemeinschuldner habe zum 23. Oktober 1974 dem Installateur L* für Installationsarbeiten S 105.751,27 geschuldet. L* habe diese Forderung der Klägerin zahlungshalber abgetreten. In Beantwortung der Mahnung der Klägerin, die fällige Schuld zu begleichen, sei der nunmehrige Gemeinschuldner schriftlich namens der W* Baugesellschaft m.b.H. als deren Geschäftsführer aufgetreten. Die Klägerin sei deshalb der Meinung gewesen, L* habe die Installationsarbeiten, über Auftrag dieser Gesellschaft m.b.H. vorgenommen, und habe aus diesem Grunde die ihr von L* abgetretene Forderung von S 105.751,27 samt 10 % Zinsen seit 24. Oktober 1974 gegen die genannte Gesellschaft klagsweise geltend gemacht. Sie habe am 5. Dezember 1974 beim Erstgericht ein Versäumungsurteil erwirkt, doch habe sich im Zuge der Exekutionsführung herausgestellt, daß die W* Baugesellschaft m.b.H. vermögenslos sei. Diese Gesellschaft sei nun auch im Konkurs. L* habe nach der Verständigung von der Erfolglosigkeit der Eintreibung der Forderung gegen die genannte Gesellschaft m.b.H. mitgeteilt, daß sein Kontrahent nicht diese Gesellschaft, sondern der nunmehrige Gemeinschuldner F* gewesen sei; schon die Abtretungserklärung vom 12. September 1974 (Beilage C) habe F* als Schuldner bezeichnet. Nur durch die Schreiben des nunmehrigen Gemeinschuldners F* als Geschäftsführer der W* Baugesellschaft m.b.H. vom 17. September 1974 (Beilage D 2) und vom 2. Oktober 1974 (Beilage D 4) sei die Klägerin zu der irrigen Annahme veranlaßt worden, diese Gesellschaft m.b.H. sei der Schuldner. F* als Gemeinschuldner hafte daher nicht nur für die von L* abgetretene Forderung, sondern darüber hinaus aus dem Titel des Schadenersatzes für die Kosten des gegen die Gesellschaft m.b.H. erwirkten Versäumungsurteiles von S 4.990,80, die Exekutionskosten von S 1.663,04 und S 1.835,72 und die Kosten des nunmehrigen Prozeßverfahrens bis zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung über sein Vermögen am 13. Juni 1975 in der Höhe von S 9.311,34.
Der in den Rechtsstreit eingetretene und nun beklagte Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Gemeinschuldners F* hat die Abweisung des Klagebegehrens beantragt und eingewendet, daß nicht der Gemeinschuldner, sondern die von ihm damals vertretene W* Baugesellschaft m.b.H. Vertragspartner L*s gewesen sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Die W* Baugesellschaft m.b.H. hat mit Vertrag vom 5. März 1974 die Durchführung der Sanierungsarbeiten im Hause G* im Auftrag des österreichischen Kinderrettungswerkes * übernommen. Der Bauvertrag sah ua vor, daß sich die Baugesellschaft m.b.H. als Generalunternehmer zur Durchführung der Installationsarbeiten der Firma L* bedienen werde. G* L* führte in dem erwähnten Haus Installationsarbeiten durch. Es war ihm nicht bekannt, daß F* Geschäftsführer der W* Baugesellschaft m.b.H. ist und er legte daher auch die Rechnung für die von ihm erbrachten Arbeiten „F*, Baumeister in *“. F* ließ die Rechnung unbeanstandet. Am 12. September 1974 zedierte G* L* die Forderung aus dieser Rechnung gegen F* an die Klägerin. Diese verständigte F* von der Zession. Hierauf ersuchte die W* Baugesellschaft m.b.H. mit Brief vom 17. September 1974 (Beilage D 2) um Gewährung eines Zahlungsaufschubes. Nach ergebnisloser Korrespondenz der Klägerin mit der genannten Baugesellschaft m.b.H. brachte die Klägerin beim Erstgericht die Klage gegen die Baugesellschaft m.b.H. ein und erwirkte am 5. Dezember 1974 ein Versäumungsurteil über die ihr von G* L* gegen F* zedierte Forderung von S 105.751,27 samt 10 % Zinsen seit 24. Oktober 1974 und S 4.990,80 Prozeßkosten. Die in der Folge gegen die Urteilsschuldnerin geführten Exekutionen verursachten der Klägerin Exekutionskosten von S 1.663,04 und S 1.835,72, blieben jedoch erfolglos. Am 7. März 1975 ist schließlich über das Vermögen der genannten Baugesellschaft m.b.H. Konkurs eröffnet worden. F* unterließ es sowohl Dritten als auch der Öffentlichkeit gegenüber, eine genaue Trennung zwischen seinem eigenen Unternehmen und dem Unternehmen der Baugesellschaft m.b.H. vorzunehmen.
Das Erstgericht kam auf Grund dieses Sachverhaltes zu dem rechtlichen Schluß, daß der beklagte Masseverwalter passiv nicht klagelegitimiert sei, da G* L* als Kaufmann sich über die Person seines Kontrahenten hätte Gewißheit verschaffen müssen; dies wäre ihm leicht möglich gewesen und deshalb könne er sich nicht auf sein Vertrauen auf den von F* gesetzten äußeren Tatbestand berufen. Er hätte wissen müssen, daß er nur mit der W* Baugesellschaft m.b.H. als Generalunternehmer habe kontrahieren können. Da eine Forderung L*s gegen F* nicht bestanden habe, sei auch die Zession dieser angeblichen Forderung an die Klägerin gegenstandslos.
Das Gericht zweiter Instanz hat in Stattgebung der Berufung der Klägerin das Urteil des Erstgerichtes aufgehoben und die Rechtssache mit dem Vorbehalt der Rechtskraft zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen.
Das Berufungsgericht führte zur rechtlichen Beurteilung der Sache im wesentlichen aus:
Wer nicht in eigenem Namen, sondern als Vertreter eines anderen Verträge abschließe, müsse dann, wenn dies nicht ohne weiteres dem anderen Vertragspartner erkennbar sei, nach Treu und Glauben ebenso wie nach den im redlichen Verkehr herrschenden Gepflogenheiten zum Ausdruck bringen, daß er die Rechtshandlungen im Namen des Machtgebers vornehme. Dies gelte auch für den Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H. als deren Bevollmächtigten. Auch von diesem müsse das Rechtsgeschäft in einer dem anderen Vertragspartner erkennbaren Weise in Vertretung der Gesellschaft geschlossen werden, sonst komme es nur mit ihm persönlich zustande, ohne Wirkungen auf die Gesellschaft zu erzeugen. Auf den Willen des Geschäftsführers allein komme es hiebei nicht an, sondern darauf, wie seine Erklärungen mit Rücksicht auf den äußeren Tatbestand und nach den Grundsätzen von Treu und Glauben vom Vertragspartner aufzufassen gewesen seien.
Nach diesen Rechtsgrundsätzen könne die Meinung des Erstgerichtes nicht geteilt werden, daß das Klagebegehren deshalb nicht berechtigt sei, weil G* L* es unterlassen habe, sich über die Person seines Kontrahenten aktiv Gewißheit zu verschaffen. Es komme vielmehr darauf an, ob F* in einer für G* L* objektiv erkennbaren Weise mit ihm diesen Vertrag über die Installationsarbeiten in Vertretung der Baugesellschaft m.b.H. abgeschlossen habe oder nicht. Der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt reiche nicht aus, um die Rechtsfrage verläßlich lösen zu können. Es bedürfe noch der weiteren Klärung und auch der Feststellung aller näheren Umstände vor und bei Vertragsschluß zwischen G* L* und F* sowie bei dessen Abwicklung. So sei zum Beispiel die Aussage des Gemeinschuldners F* bedeutsam, er habe gegenüber G* L* nie erwähnt, daß dieser eigentlich mit der W* Baugesellschaft m.b.H. kontrahiert habe. Es könne auch der Umstand nicht bedeutungslos sein, ob, wo, seit wann und wie lange auf der Baustelle in G* eine Baustellentafel der W* Baugesellschaft m.b.H. angebracht gewesen sei. Es sei auch Bedacht zu nehmen auf die Aussage G* L*s über den Beginn und die Art seiner Bekanntschaft mit F*, über den Beginn der Geschäftsbeziehungen zwischen ihm und F*, über Vorgänge bei der Anboterstellung zum Bauvorhaben und die angeblichen Vereinbarungen hinsichtlich einer vorgesehenen Verrechnung der Leistungen G* L* auf der Baustelle G* mit denen des F* im Hofe M*, auf das von der Baugesellschaft verwendete Geschäftspapier, die inhaltlich damit übereinstimmende und in Verwendung gestandene Geschäftsstampiglie und die verwendeten Baustellentafeln.
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richten sich die Rekurse beider Parteien.
Die Klägerin begehrt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Rechtssache an das Gericht zweiter Instanz zur Sachentscheidung über die Berufung zurückzuverweisen.
Der beklagte Masseverwalter beantragt, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Berufung der Klägerin gegen die Entscheidung des Erstgerichtes nicht Folge gegeben wird.
Rechtliche Beurteilung
Beide Rekurse sind nicht berechtigt.
Zunächst ist zu bemerken, daß der Rekursantrag des beklagten Masseverwalters deshalb verfehlt ist, weil der Oberste Gerichtshof selbst im Falle des Erfolges eines Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluß der zweiten Instanz nicht in der Sache selbst entscheiden, sondern lediglich den angefochtenen Beschluß aufheben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung auftragen kann (ZAS 1975, 182 uva, zuletzt 6 Ob 735/76). Der verfehlte Rekursantrag hindert freilich nicht die sachliche Erledigung des Rekurses.
Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß nach den Grundsätzen von Treu und Glauben derjenige, der nicht in eigenem Namen, sondern als Vertreter eines anderen Verträge schließt, dies eindeutig zum Ausdruck bringen muß, wenn es dem anderen Vertragsteil nicht ohne weiteres erkennbar ist (EvBl 1954/310 uva, zuletzt 6 Ob 640/76). Dabei sind die Umstände, unter denen der Vertreter dem Kontrahenten gegenübertritt, von maßgeblicher Bedeutung: sie sind unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (§ 863 Abs 2 ABGB) mit einer natürlichen Rechtsauffassung der dem Rechtsverkehr zugrunde liegenden Lebensverhältnisse zu würdigen (JBl 1976, 40). Für den Dritten muß Klarheit bestehen, daß der Handelnde nicht in eigenem, sondern in fremden Namen handelt, und deshalb muß auch vom Handelnden gefordert werden, daß sein Zuordnungswille erkennbar ist, sei es auch nur aus den Umständen, unter denen der Rechtsakt gesetzt wird. Letztlich ist entscheidend, wie das Verhalten des Handelnden nach der Verkehrssitte verstanden werden muß, wobei der Wille des Handelnden in den Hintergrund zu treten hat und unter Umständen sogar völlig bedeutungslos sein kann (Griehsler in GesRZ 1973, 41 1. Sp. und die dort angeführte Literatur). Zur vollständigen Abrundung der vom Berufungsgericht richtig dargestellten Rechtslage ist noch darauf zu verweisen, daß den nun beklagten Masseverwalter die Beweislast dafür treffen wird, daß der Gemeinschuldner nicht in eigenem, sondern im Namen der W* Baugesellschaft m.b.H. mit G* L* kontrahiert hat (derselbe aaO 42 und die dort zitierte Literatur).
Allerdings sind die Schadenersatzansprüche der Klägerin gegen den beklagten Masseverwalter, die sich aus den Kosten der Prozeß- und Exekutionsführung gegen die W* Baugesellschaft m.b.H. zusammensetzen, jedenfalls unbegründet, weil aus den diesbezüglich unbekämpften Sachverhaltsfeststellungen klar hervorgeht, daß G* L* der Klägerin eine Forderung gegen den nunmehrigen Gemeinschuldner und nicht eine solche gegen die W* Baugesellschaft m.b.H. abgetreten hatte. Wenn auch der nunmehrige Gemeinschuldner in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der W* Baugesellschaft m.b.H. der Klägerin gegenüber die Ansicht zum Ausdruck gebracht hat, diese Baugesellschaft sei als Vertragspartner G* L*s die Schuldnerin für die Installationsleistungen G* L*s, so hätte die Klägerin keinesfalls diese Baugesellschaft klageweise in Anspruch nehmen dürfen, weil ihr von G* L* nur eine Forderung gegen den nunmehrigen Gemeinschuldner abgetreten worden war. Für den Schaden, den die Klägerin dadurch erlitten hat, daß sie eine ihr gar nicht abgetretene Forderung eingeklagt und auf Grund des erwirkten Versäumungsurteils erfolglos Exekution geführt hatte, muß sie selbst aufkommen.
Den Ausführungen der Rekurswerber zu den Darlegungen des Berufungsgerichtes in Ansehung der weiteren Klärungsbedürftigkeit des Sachverhaltes kann nicht näher getreten werden, weil sie den dem Obersten Gerichtshof entzogenen Tatsachenfeststellungsbereich zugehören (3 Ob 507/77 uva).
Aus den angeführten Gründen kann den Rekursen der Parteien kein Erfolg beschieden sein.
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