OGH 7Ob515/77

OGH7Ob515/7723.6.1977

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Neperscheni als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick, Dr. Petrasch, Dr. Kralik und Dr. Wurz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*, Angestellte in *, vertreten durch Dr. Rudolf Seewald, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die beklagte Partei B*-Gesellschaft mbH in *, vertreten durch Dr. Rainer Kinz, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen 57.205,80 S s.Nbg., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 16. November 1976, GZ 1 R 271/76‑18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 16. August 1976, GZ 7 Cg 4912/75‑14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0070OB00515.77.0623.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.699,52 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 600,-- S Barauslagen und 155,52 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war Dritteleigentümerin einer Liegenschaft, die neben zwei anderen Liegenschaften zur Errichtung einer Wohnhausanlage durch die Beklagte diente. Nach einer an die Beklagte gerichtete Option vom 26. Dezember 1971 sollte der Klägerin für die Überlassung des Liegenschaftsdrittels eine Wohnung von 80 m2 im Neubau zur Verfügung gestellt und ein wertgesicherter Barbetrag von 440.000,-- S bezahlt werden. Die Klage ist auf Zahlung des Restkaufpreises von 69.634,70 S abzüglich 2.270,50 S für Sonderwünsche in der Wohnung der Klägerin und abzüglich einer von der Hausgemeinschaft der Wohnungseigentümer bezahlten Summe von 10.158,65 S gerichtet.

Der Erstrichter gab dem Klagsbegehren statt. Seine Feststellungen lassen sich in den entscheidenden Punkten kurz wie folgt zusammenfassen:

Laut der unter anderem von der Klägerin an die Beklagte gerichteten „Option“ vom 25. Dezember 1971 sollte die Klägerin den baren Teil des Kaufpreises drei Monate vor dem vom Architekten geplanten Einzugstermin erhalten. In der Folge schloss die Beklagte mit den einzelnen Bauwerbern, nicht aber mit der Klägerin, sogenannte Baubetreuungsverträge ab. Die Klägerin und ihre Schwester suchten unter Einsichtnahme in die entsprechenden Pläne die von ihnen gewünschte Wohnung aus und gaben diesen Wunsch dem Geschäftsführer der Beklagten bekannt. Es stellte sich heraus, dass nicht eine 80 m2 große Wohnung zur Verfügung gestellt wurde, sondern, wie es sich eben ergab, eine solche im Ausmaß von 84,03 m2 (die nächst kleinere Wohnung hätte laut Tabelle II der Beilage ./I nur 74,66 m2 Größe gehabt. Durch eine Verringerung der Stärke der Außenmauer infolge einer Umplanung des Architekten erhöht sich dieses Maß schließlich auf 88,70 m2. Mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages war Rechtsanwalt Dr. S* befasst. Er verfasste einen Entwurf, nach dem die Klägerin ihren Liegenschaftsanteil nicht der Beklagten, sondern unmittelbar den künftigen Wohnungseigentümerin verkaufe. Dies erschien dem Bruder der Klägerin, der im wesentlichen auch die Verhandlungen mit dem Geschäftsführer der Beklagten geführt hatte, bedenklich, weil die Klägerin den Kaufpreis von der Beklagten bekommen und nicht in die Gefahr geraten wollte, mit irgendwelchen Leuten, die sie gar nicht kenne, streiten zu müssen. Bei einer Besprechung in der Rechtsanwaltskanzlei Dr. S* zerstreuten dessen Konzipient und der Geschäftsführer der Beklagten, Dw. M* diese Bedenken durch die Erklärung, dass die Konstruktion des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages eine Formsache und ausschließlich wegen der gebührenrechtlichen Frage gewählt worden sei. So kam es zur Zustimmung der Klägerin zum Vertragsentwurf. Am 1. Dezember 1973 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass dieser Tag ihre Wohnung top. 28, „der Tauschgegenstand unseres szt. Optionsvertrages“, schlüsselfertig an sie übergeben werden könne. Drei Tage vorher hatte die Beklagte in einem Schreiben an die Klägerin bedauert, dass sie mit den Zahlungen hinsichtlich des Kaufpreises im Rückstand bzw im Verzuge sei, und höflich um Zahlungsaufschub wegen schwieriger Finanzierungssituation und um Verständnis gebeten. Auch in der Folge erklärte die Beklagte in Schreiben mehrfach, dass nur noch die Höhe der aufgewerteten Ansprüche und der Zinsen zu klären sei und der Auszahlung sonst nichts mehr im Wege stehe. Erst im August 1974 brachte die Beklage erstmals den Mehrwert auf Grund der Vergrößerung der Wohnung in Abzug und erklärte schließlich, dass ihre Betreuungstätigkeit für die Wohnungseigentümer erloschen sei, so dass die Ansprüche der Klägerin nicht mehr gegen sie geltend gemacht werden könnten.

Nach der Rechtsansicht des Erstrichters ist die Beklagte passiv legitimiert, weil sie den Optionsvertrag geschlossen und den späteren Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag als bloße Formsache bezeichnet habe. Überdies sei der Klagsanspruch sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach konstitutiv anerkannt worden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Ersturteils als unbedenkliches Ergebnis eines mangelfreien Verfahrens und trat der rechtlichen Beurteilung des Erstrichters bei.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhebt die Beklagte die Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des Berufungsurteiles im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Meinung der Beklagten, dass mit ihr seinerzeit kein Tauschvertrag geschlossen werden konnte, weil sie nie Eigentümerin der Liegenschaft oder von Liegenschaftsanteilen geworden sei, die sie der Klägerin im Tauschwege hatte zur Verfügung stellen können, trifft schon deshalb nicht zu, weil ein Tauschvertrag ebensowenig wie ein Kaufvertrag das Eigentum des Vertragspartners an der zu überlassenden Sache voraussetzt (§ 1045 ABGB, SZ 26/185 ua). Im übrigen hat die Beklagte ja das Eigentum an der Wohnung im Neubau verschafft und es geht nur noch um die Restzahlung des baren Kaufpreisteiles.

Der Revisionswerberin kommt auch nicht zugute, dass sie ihre Rechte und Pflichten aus der Option nach dem Optionsvertrag an Dritte übertragen durfte. Durch die Erklärung ihres Geschäftsführers, dass der Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag gerade im Hinblick auf die Bedenken der Klägerin, die Beklagte als Vertragspartner verlieren zu können, eine bloße Formsache sei, stellte zwischen den Parteien klar, dass eine Übertragung der Pflichten der Revisionswerberin aus der Option nicht erfolgte.

Nicht nur diese fortbestehende eigene Zahlungsverpflichtung, sondern auch die Höhe der Forderung hat die Beklagte nach der zutreffenden Ansicht der Vorinstanzen in der Folge auch mehrfach anerkannt, bevor sie erstmals im August 1974 versuchte, ihre Zahlungspflicht zu leugnen. Die späteren Schreiben konnten jedoch am vorherigen Anerkenntnis der Schuld nichts ändern. Die Revisionswerberin übergeht geflissentlich vor allem das Schreiben vom 18. Dezember 1973, in dem sie ausdrücklich bedauerte, dass sie mit den Zahlungen in Verzug sei, und höflich um Zahlungsaufschub bat, sowie das Schreiben vom 15. Mai 1974, in dem nur noch eine Zinsendifferenz von ca. 5.000,-- S als ungeklärt bezeichnet wurde. Mit Recht haben die Vorinstanzen diese Zugeständnisse der Beklagten als konstitutives Anerkenntnis der von der Klägerin ernstlich behaupteten Forderung angesehen. Zur Wirksamkeit eines solchen Anerkenntnisses genügt es nämlich, dass der Gläubiger auf Grund eines bestimmten Sachverhaltes ernstlich den Bestand einer Forderung behauptet und dass der Schuldner die Zweifel am Bestand der Forderung durch sein Anerkenntnis wie bei einem Vergleich beseitigt. Ein solcher echter Anerkenntnisvertrag schafft unabhängig vor dem bestehenden, in der Vergangenheit liegenden Rechtsgrund eine neue selbständige Verpflichtung (SZ 41/122 uva).

Der Revisionswerberin kann schließlich auch nicht dahin gefolgt werden, dass sich die Klägerin einen Mehrwert der zur Verfügung gestellten Eigentumswohnung anrechnen lassen müsse. Nicht nur, dass auch hievon in den konstitutiven Anerkenntnissen keine Rede war, hätte die Beklagte eine einvernehmliche Verminderung des baren Kaufpreises anstreben müssen, als in ihrem eigenen Bereich gelegene Gründe zu der geringfügigen Erhöhung des zugesagten Ausmaßes der zu übergebenden Wohnung führten.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte