OGH 5Ob306/76

OGH5Ob306/7631.5.1977

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Sobalik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel, Dr. Marold, Dr. Samsegger und Dr. Griehsler als Richter in der Konkurseröffnungssache über das Vermögen des Gemeinschuldners Dr. P* K*, Kaufmann, *, vertreten durch Dr. Andreas Puletz, Rechtsanwalt in Wien, infolge Revisionsrekurses 1) der A*Treuhandgesellschaft m.b.H. als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin A* Aktiengesellschaft, *, vertreten durch Dr. Wilhelm Grünauer, Rechtsanwalt in Wien, und 2) der Ärztekammer für Wien, Körperschaft öffentlichen Rechts, *, vertreten durch Dr. Franz J. Salzer, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 28. Mai 1976, GZ 21 R 35/76‑12, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 30. März 1976, GZ S 51/76‑1, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0050OB00306.76.0531.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Den Revisionsrekursen wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

 

Begründung:

Das Handelsgericht Wien ordnete mit Beschluß vom 3. September 1974, GZ 5 Nc 2/74‑2, gemäß den §§ 1 und 4 des Bundesgesetzes vom 17. 8. 1934, BGBl II Nr 204, über die A*Aktiengesellschaft (in der Folge nur mehr als AWB bezeichnet) die Geschäftsaufsicht an und bestimmte die Ö* Aktiengesellschaft zur Aufsichtsperson (§ 4 leg. cit.). Das Edikt über diese Anordnung wurde am 3. 9. 1974 an die Gerichtstafel angeschlagen (§ 5 leg. cit.). Das Handelsgericht Wien eröffnete mit Beschluß vom 25. 11. 1974 das Ausgleichsverfahren und mit Beschluß vom 21. 3. 1975, GZ S 36/75‑1, den Konkurs über das Vermögen der AWB; zum Masseverwalter wurde die A* Treuhandgesellschaft m.b.H. bestellt.

Am 26. 8. 1975 stellte der Masseverwalter im Konkurs der AWB beim Handelsgericht Wien den Antrag, über das Vermögen des Schuldners Dr. P* K* den Konkurs zu eröffnen. Zur Begründung des Antrages wurde im wesentlichen vorgebracht:

a) Zur Antragslegitimation:

Der Antragsgegner schulde der AWB aus der Überziehung des Kontos Nr. * den Betrag von S 1.368.070,46 (S. 10 und 41). Darüberhinaus hafte er ihr auf Grund der Haftungserklärung von 6. 3. 1972 (Beilage 4) als Mitschuldner zur ungeteilten Hand für die Verbindlichkeiten der vermögenslosen Firmen H* KG im Betrage von S 7.885.732,07 und V* Beteiligungsgesellschaft m.b.H. im Betrage von S 342.813,11 (S. 1, 11f und 42) aus Kreditgewährungen. Der Antragsgegner habe für die Erfüllung voraussichtlich uneinbringlicher Forderungen gegen ihm nahestehende Gesellschaften aus Kreditgewährungen im Gesamtbetrag von S 477.505.544,87 der AWB mit schriftlicher Erklärung vom 6. 3. 1972 Bürgschaft geleistet (S. 12).

Gemäß den §§ 84 Abs 5 und 99 AktG mache der Masseverwalter die Rechte der vom Kreditschutzverband von 1870 im Konkurs über das Vermögen der AWB vertretenen Gläubiger aus der gröblichen Verletzung der notwendigen Sorgfalt des Antragsgegners als Vorstands- und späteres Aufsichtsratsmitglied dieser Aktienbank geltend: der Antragsgegner habe dafür einzustehen, daß das in dem auch von ihm gebilligten Jahresabschluß zum 31. 12. 1973 als Sicherheit ausgewiesene Pfandrecht an der Liegenschaft Wien *, im Betrag von S 53.570.000,— mangels Verbücherung im Grundbuch nicht realisiert worden sei, er habe in der 56. Sitzung des Aufsichtsrates der AWB am 19. 2. 1973 dem Vorstand untersagt, eine Forderung an ihm nahestehende Firmen in der Höhe von S 34 Millionen geltend zu machen (S. 41 f, 12 und 38), und er habe auch zu vertreten, daß in den von ihm genehmigten Bilanzen für die Jahre 1971, 1972 und 1973 Forderungen an nahestehende Gesellschaften ausgewiesen seien, deren Vermögenslosigkeit feststehe (Seite 43).

b) Zur Gläubigermehrheit:

Neben der AWB seien auch die vom Masseverwalter vertretenen Gläubiger der AWB, die in jenem Konkurs durch den Kreditschutzverband von 1870 vertreten seien, sowie die Ärztekammer für Wien mit einer Forderung von S 8 Millionen (S. 10; Akten 15 Cg 179/74 des Handelsgerichtes Wien) und U* B* mit einer Forderung von S 2,3 Millionen (S. 13) andrängende Gläubiger des Antragsgegners.

c) Zur Zahlungsunfähigkeit:

Es bedürfe keiner weiteren Erwähnung, daß die angeführten Forderungen beim Antragsgegner nicht einbringlich seien (S. 12).

Der Antragsgegner hat die Abweisung des Antrages auf Konkurseröffnung über sein Vermögen beantragt und im wesentlichen folgendes vorgebracht:

Es sei zwar richtig, daß die AWB gegen ihn eine Kreditforderung besitze, die allerdings der Höhe nach mangels einer bisher stattgefundenen Kontenabstimmung und wegen bestehender Gegenforderungen fraglich sei und nur mit dem Betrag von S 10.000,— anerkannt werde; dieser Betrag könne jederzeit bezahlt werden. Möge die Kreditschuld auf dem Konto Nr. * der AWB noch mit einem Betrag von rund S 1,2 Millionen buchhalterisch aushaften, so stehe ihm, dem Antragsgegner, doch eine aufrechenbare Gegenforderung zu. Die AWB habe der Ärztekammer für Wien gemäß dem Festgeld-Einlagevertrag vom 17. 7. 1967 einschließlich Zinsen einen Betrag von mehr als S 8 Millionen geschuldet. Die Ärztekammer für Wien habe diese Forderung, die sich in der Zwischenzeit auf S 3 Millionen verringert habe, gegen ihn, den Antragsgegner, beim Handelsgericht Wien zur AZ 15 Cg 179/74 klageweise geltend gemacht und sich dabei auf seine Haftung als „Bürge“ berufen. Falls diese Bürgenhaftung zu Recht bestehen sollte, stehe ihm gegen die AWB der Regreßanspruch zu, den er auch bereits in der Höhe von S 7 Millionen im Konkurs der Antragstellerin angemeldet habe. Er erkläre bereits jetzt die Aufrechnung dieser Forderung gegen die Forderung der Antragstellerin aus dem Kreditkonto Nr. * gemäß § 17 KO und berufe sich auf § 1365 ABGB, wonach ihm das Recht zustehe, von der Antragstellerin als Hauptschuldnerin gegenüber der Ärztekammer für Wien Sicherstellung durch Erlag eines Handpfandes in der Höhe des Bargeldbetrages von S 8 Millionen zu begehren. Dieser Anspruch auf Sicherheitsleistung durch Zahlung einer Geldsumme von S 8 Millionen zu seinen, des Antragsgegners, Handen habe bereits zur Zeit der Ausgleichs- bzw. Konkurseröffnung über das Vermögen der Antragstellerin bestanden und werde aufrechnungsweise eingewendet (§ 17 KO); er stelle somit keine Konkursforderung der dritten Klasse dar. Für den Fall der Annahme des Bestandes der Forderung der Ärztekammer für Wien erkläre er sich bereit, über „erste Aufforderung“ durch das Konkursgericht eine Sicherstellung gemäß den Vorschriften des ABGB durch Barkaution oder Stellung tauglicher Bürgen zu leisten. Wenn die Sicherstellung einer Forderung eines Konkursgläubigers gemäß den §§ 166 und 167 KO einen Konkursaufhebungsgrund darstelle, müsse sie auch geeignet sein, die Konkurseröffnung abzuwenden. Im übrigen sei seine allfällige Haftung als Bürge für die Schuld der Antragstellerin gegenüber der Ärztekammer für Wien wegen freiwilliger Aufgabe der Sicherheiten durch die Gläubigerin erloschen. Er habe dies auch in dem anhängigen Rechtsstreit beim Handelsgericht Wien eingewendet.

Auch eine Haftung als Bürge oder Solidarschuldner für angebliche Verbindlichkeiten der Firmen V* Beteiligungsgesellschaft m.b.H. und H* KG bestehe nicht. Die Antragstellerin habe diesbezüglich ihn, den Antragsgegner, klageweise in Anspruch genommen (AZ 39 c Cg 755/75 und 39 d Cg 756/75 des Landesgerichtes für ZRS Wien).

Die von der Antragstellerin behauptete Forderung der durch den Kreditschutzverband von 1870 vertretenen Gläubiger gemäß § 84 Abs 5 AktG bestehe nicht und sei auch wegen der Kompliziertheit des Sachverhaltes dem Bescheinigungsverfahren verschlossen. Für die Geschäftsführung der AWB sei ausschließlich der Vorstand verantwortlich, der Aufsichtsrat habe nur Kontrollfunktionen ausgeübt. Die Bilanzen der AWB seien von beeideten Wirtschaftsprüfern ordnungsgemäß befunden und genehmigt worden; es sei selbstverständlich, daß er deren Prüfungsberichte auch als Grundlage für seine Dispositionen herangezogen habe. Im übrigen sei der Masseverwalter auch bei Geltendmachung von Forderungen der Gläubiger gemäß § 84 Abs 5 AktG keine andere Partei als in seiner Eigenschaft als Vertreter der Konkursmasse; während der Dauer des Konkurses der Aktiengesellschaft sei jeder einzelne Gläubiger der Gesellschaft rechtlich handlungsunfähig, da seine Rechte nach dem Gesetz ausschließlich der Masseverwalter ausüben könne.

Die behauptete Bürgenhaftung für angebliche Verbindlichkeiten nahestehender Gesellschaften in der Gesamthöhe von S 477.505.544,87 sei nicht bescheinigt. Außerdem müsse festgestellt werden, bis zu welcher Höhe er, der Antragsgegner, aus einer solchen Bürgschaft in Anspruch genommen werden könne. Das hiezu erforderliche umfangreiche Verfahren gehe über die Möglichkeiten des Bescheinigungsverfahrens hinaus.

Bezüglich der angeblichen Forderung der Gläubigerin U* B* habe die Antragstellerin nicht einmal den Schuldtitel angeben können und sie sei auch nicht in der Lage irgendwelche Urkunden als Bescheinigungsmittel vorzulegen.

Soweit er, der Antragsgegner, überhaupt Verbindlichkeiten habe, sei er durchaus zahlungsfähig. Exekutionen gegen ihn seien nicht anhängig und es bedränge ihn auch kein Gläubiger mit einer berechtigten Forderung.

Mit dem Beschluß vom 30. 3 .1976 eröffnete das Erstgericht über das Vermögen des Antragsgegners den Konkurs. Es nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:

Der Antragsgegner schulde der AWB aus Kreditgewährung S 1.368.070,46 (Tagesauszug des Kontos Nr. *, Beilage 2, und Aussage Dkfm. P* L*). Der Antragsgegner sei mit der Haftungserklärung vom 6. 3. 1972 (Beilage 4) den von ihm anerkannten Verbindlichkeiten der Firmen H* KG im Betrage von S 7.885.732,07 und „V*“ Beteiligungsgesellschaft m.b.H. im Betrage von S 342.813,11 als Mitschuldner zur ungeteilten Hand beigetreten; diese beiden Firmen seien vermögenslos (Akten des Erstgerichtes AZ 6 Nc 1005/75 und 6 Nc 1007/75). Der Antragsgegner habe die Zahlung dieser Verbindlichkeiten weder behauptet noch bescheinigt.

Der Antragsgegner sei Mitglied des Vorstandes und seit 1968 Vorsitzender des Aufsichtsrates der AWB gewesen; in dieser Eigenschaft habe er die nachstehenden Verletzungen seiner Sorgfaltspflichten gemäß den §§ 84 und 99 AktG den Gesellschaftsgläubigern gegenüber zu verantworten, die vom Kreditschutzverband von 1870 vertreten seien (Schreiben vom 11. 2. 1976, Beilage I):

a) Der Aufsichtsrat der AWB habe im Mai 1974 den Bericht des Abschlußprüfers Prof. F* Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. 12. 1973 genehmigt (vom Antragsgegner unterzeichneter Bericht Beilage 1/6). Darin sei unter Punkt I/1 als Deckung für die Forderungen der AWB gegen „nahestehende Unternehmen“ in der Höhe von mehr als 474 Millionen Schilling ein Pfandrecht an der Liegenschaft Wien *, im Betrag von mehr als 50 Millionen Schilling angeführt. Da nunmehr der Antragsgegner behaupte (Schreiben vom 2. 12. 1975, Beilage 7), daß eine wirksame Verpfändung dieser Liegenschaft nie erfolgt sei, müsse mit Grund angenommen werden, daß er im Mai 1974 bewußt einen unrichtigen Prüfungsbericht gebilligt habe, der einen für die AWB günstigen Vermögensstatus aufzeigte. In der Billigung eines bekannt unrichtigen Prüfungsberichtes liege eine grobe Verletzung der Sorgfaltspflicht des Antragsgegners, denn er habe dadurch die Gläubiger der Bank getäuscht.

b) In der 56. Sitzung des Aufsichtsrates der AWB am 19. 2. 1973 habe der Antragsgegner mit seiner Stimme den Ausschlag dafür gegeben, daß dem Vorstand die Geltendmachung von Forderungen im Betrage von S 34 Millionen auf Rückzahlung von Krediten gegen „nahestehende Unternehmen“ (angeführt in der Beilage 1/11) untersagt worden sei. Da nach dem zu lit. a) oben angeführten Prüfungsbericht (Beilage 5, Seite 48) die Forderungen der AWB gegen „nahestehende Unternehmen“, an denen der Antragsgegner teils direkt, teils indirekt beteiligt gewesen sei, mehr als S 474 Millionen betrugen und der Wert dieser Unternehmen nach demselben Bericht (Seiten 50 ff) das Mehrfache der geforderten Summe von S 34 Millionen ausmachen sollte, könne daraus nur der Schluß gezogen werden, daß dem Antragsgegner die unverhältnismäßige Überbewertung der „nahestehenden Unternehmen“ bekannt gewesen sei und er durch seine Stimmabgabe in der erwähnten Aufsichtsratssitzung diese Unternehmen zu Lasten der Gläubiger der AWB habe schützen wollen. Dadurch habe der Antragsgegner eine weitere Verletzung seiner Sorgfaltspflicht begangen.

c) In den Bilanzen der AWB zu den Stichtagen 31. 12. 1971, 31. 12. 1972 und 31. 12. 1973, die der Aufsichtsrat gebilligt habe, seien nicht wertberichtigte Forderungen der AWB gegen „nahestehende Unternehmen“ ausgewiesen, obwohl diese Unternehmen, wie sich nun zeige, vollkommen vermögenslos gewesen seien. Dadurch seien ebenfalls die Gläubiger der AWB getäuscht worden.

Die Gläubiger der AWB seien demnach berechtigt, vom Antragsgegner gemäß den §§ 84 und 99 AktG Ersatz zu fordern; gemäß § 84 Abs 5 AktG übe dieses Recht der Gläubiger im Konkurs der Aktiengesellschaft der Masseverwalter aus. Es sei auf Grund dieser Forderungen der Gläubiger der AWB und der Forderungen der Antragstellerin die Gläubigermehrheit gegeben.

Im Hinblick auf die Höhe der gegen den Antragsgegner geltend gemachten Forderungen – die Überschuldung der AWB betrage rund 480 Millionen Schilling – sei auch die Unfähigkeit des Antragsgegners als bescheinigt anzusehen, alle Gläubiger gleichmäßig zu befriedigen, zumal er selbst das Vorhandensein eines ausreichenden Vermögens nicht habe glaubhaft machen können.

Da der Antragsgegner als Minister außer Dienst einen Ruhegenuß beziehe, sei das Vorhandensein eines leicht realisierbaren, die Konkurskosten deckenden Vermögens als bescheinigt anzusehen.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs des Antragsgegners Folge und änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß es den Konkurseröffnungsantrag des Masseverwalters der AWB abwies. Zur Begründung dieser Entscheidung führte das Rekursgericht im wesentlichen an:

Da keiner der Ausnahmefälle des § 71 Abs 1 KO vorliege (Antragstellung vor Einstellung oder binnen 14 Tagen nach Einstellung eines Ausgleichsverfahrens), sei die Antragstellerin für die zur Konkurseröffnung u.a. erforderliche Zahlungsunfähigkeit des Antragsgegners behauptungs- und beweispflichtig. Nach herrschender Auffassung der Lehre erfasse der Begriff der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners das Unvermögen, seine fälligen Verbindlichkeiten innerhalb einer angemessenen Frist zu erfüllen; bloß vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten genügten nicht. Zahlungsunfähig sei demnach, wer nicht über die Geldmittel verfüge, die er jeweils zur zeitgerechten Zahlung der Geldschulden vorzubereiten habe, die bei ordnungsgemäßer Wirtschaftsführung nach Maßgabe ihrer Größe und der zu gewärtigenden Einnahmequellen schon jetzt zu berücksichtigen seien. Die Rechtsprechung und ein Teil der Lehre seien der Ansicht, der Begriff der Zahlungsunfähigkeit erfordere auch eine Mehrheit andrängender Gläubiger. Jedenfalls müsse bei der Beurteilung des Vorliegens der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners seine ganze Vermögenslage berücksichtigt werden; aus dieser müsse sich die Einleitung des Verfahrens rechtfertigen. Es komme auf die dem Schuldner verfügbaren Mittel zur Befriedigung seiner Verbindlichkeiten an; erst wenn es ihm nicht mehr gelinge, die erforderlichen Befriedigungsmittel im Wege der Realisierung von Vermögensbestandteilen oder durch die Inanspruchnahme des ihm zur Verfügung stehenden Kredites herbeizuschaffen, sei er zahlungsunfähig. Wenn die Tatsache seiner Zahlungsunfähigkeit nicht schon auf Grund der Zahlungseinstellung anzunehmen sei (§ 68 Abs 2 KO), dann kämen zur Glaubhaftmachung der Zahlungsunfähigkeit in erster Linie Zwangsvollstreckungsverfahren, eine Reihe von Leistungsurteilen über unbestrittene Forderungen oder Erklärungen bzw. schlüssige Handlungen des Schuldners selbst – wie etwa seine Flucht – in Frage. Die Zahlungsunfähigkeit dürfe nicht daraus geschlossen werden, daß der Schuldner aus Saumsal oder Rechthaberei einzelne seiner fälligen Schulden nicht bezahle. Auch eine Zahlungsverweigerung auf Grund von Einreden oder Gegenforderungen oder aus anderen besonderen Motiven könne nicht als Anzeichen der Zahlungsunfähigkeit verstanden werden, da darin nur der mangelnde Zahlungswille des Schuldners, nicht aber seine Zahlungsunfähigkeit zum Ausdruck komme. Keineswegs könne aber die Höhe der gegen den Antragsgegner erhobenen Forderungen allein seine Zahlungsunfähigkeit begründen. Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 68 Abs 1 KO sei nämlich gegen jenen der Überschuldung, die bei physischen Personen als Konkursvoraussetzung nicht genüge abzugrenzen; Zahlungsunfähigkeit (richtig wohl: Zahlungsfähigkeit) könne trotz Überschuldung bestehen. Die Zahlungsunfähigkeit müsse irgendwie äußerlich in Erscheinung treten. Die von der Antragstellerin bescheinigte Führung zweier Zivilprozesse gegen den Antragsgegner durch zwei verschiedene Kläger reiche zur Annahme seiner Zahlungsunfähigkeit nicht aus. Neben der Antragstellerin mache nur die Ärztekammer für Wien Forderungen gegen den Antragsgegner im Wege des Prozesses geltend. Unabhängig davon, ob die Einwendungen des Antragsgegners in dem von der Ärztekammer für Wien gegen ihn wegen Zahlung von S 7 Millionen angestrengten Prozeßverfahren tatsächlich und rechtlich begründet seien, habe er hinsichtlich dieser Forderung Sicherstellung angeboten. Die Antragstellerin habe mit dem bloßen Hinweis auf diesen Rechtsstreit weder ihrer Behauptungs- noch ihrer Bescheinigungspflicht entsprochen. Der Hinweis der Antragstellerin auf die Zahlungsunfähigkeit des Antragsgegners genüge nicht, vielmehr müsse die behauptete Zahlungsunfähigkeit durch Anführung bestimmter Tatsachen individualisiert werden. Diesem Erfordernis entspreche auch nicht die Behauptung der Antragstellerin, der Antragsgegner habe großzügigerweise für ihm nahestehende Firmen eine Bürgschaft in der Gesamthöhe von S 477.505.544,87 übernommen und es bedürfe keiner besonderen Erwähnung, daß diese Forderung bei ihm nicht einbringlich sein werde. Die Antragstellerin habe als Grundlage für ihren Konkurseröffnungsantrag selbst nur Forderungen von S 342.813,11 und S 7.885.732,07 gegen den Antragsgegner geltend gemacht. Ihr Argument, sie lehne es ab, unnötige Prozesse gegen den Antragsgegner (wegen der voraussichtlichen Uneinbringlichkeit der Forderungen) zu führen, gehe ins Leere, denn es sei nicht einzusehen, warum sie von den angeblichen Forderungen in der Gesamthöhe von S 477.505.544,87 nur die streitverfangenen Forderungen im Konkurseröffnungsantrag angesprochen habe. Es sei auch die bloße Behauptung, der Antragsgegner habe für ihm nahestehende Firmen eine Bürgschaft in dieser Gesamthöhe übernommen, für sich allein nicht geeignet, etwas über die Höhe der Forderung gegen den Antragsgegner als angeblichen Bürgen auszusagen, da infolge der Akzessorietät der Bürgschaft der aufrechte Bestand aller Forderungen der AWB gegen die einzelnen Firmen zur Zeit der Antragstellung zu behaupten gewesen wäre. Die Haftungserklärung des Antragsgegners (Beilage 4), auf die sich die Antragstellerin beziehe, könne deren Behauptung weder dem Grunde noch der Höhe nach glaubhaft machen. Die darin beurkundete Erklärung, der Antragsgegner trete den dort bezeichneten Schuldverbindlichkeiten auf Seiten der der AWB verpflichteten Gesellschaften als Mitschuldner zur ungeteilten Hand unter Anerkennung der bezeichneten Forderungen der AWB bei, könne rechtlich nur als kumulativer Schuldbeitritt im Sinne des § 1406 ABGB verstanden werden, sodaß die Antragstellerin eine Haftung des Antragsgegners aus dem Titel der Bürgschaft auf Grund dieser Urkunde nicht bescheinigen könne. Die Gesamtsumme der Sollposten zum 31. 12. 1971 sei in dieser Haftungserklärung (Punkt I) auch nur mit S 16.855.779,16 ausgewiesen, sodaß unerfindlich bleibe, wie die Antragstellerin mit dieser Urkunde eine Haftung des Antragsgegners für eine Gesamtforderung von S 477.505.544,87 bescheinigen wolle.

Völlig unzureichend sei die vom Erstgericht zur Konkursvoraussetzung der Zahlungsunfähigkeit getroffene Feststellung, es sei im Hinblick auf die Höhe der gegen den Antragsgegner erhobenen Forderungen auch seine Unfähigkeit zur gleichmäßigen Befriedigung aller seiner Gläubiger als bescheinigt anzusehen. Die in diesem Zusammenhang erwähnte Überschuldung der AWB mit rund S 480 Millionen sei für die Zahlungsunfähigkeit des Antragsgegners selbst nach dem Vorbringen der Antragstellerin rechtlich nicht relevant; die Antragstellerin habe nämlich keinen Tatbestand behauptet – und das Erstgericht habe dazu auch keine Feststellungen getroffen –, die zu der Annahme ausreichten, daß der Antragsgegner für den gesamten Schuldenstand der AWB hafte. Dies lasse sich auch nicht aus dem von der Antragstellerin behaupteten Rechtsgrund der Haftung des Antragsgegners als Vorsitzender des Aufsichtsrates der AWB gemäß den §§ 84 Abs 5 und 99 AktG wegen Verletzung der ihn treffenden Sorgfaltspflichten ableiten, weil sich die Antragstellerin darauf ausdrücklich nur zur Bescheinigung der Gläubigermehrheit berufen habe. Zur schlüssigen Behauptung dieser Schadenersatzansprüche hätte die Antragstellerin auch noch anführen müssen, durch welche Sorgfaltspflichtverletzungen im einzelnen welche Schäden verursacht worden sein sollen und die Rechte welcher einzelner Gläubiger vom Masseverwalter im Sinne des § 84 Abs 5 AktG ausgeübt werden sowie welche Gesamthöhe die Forderungen ausmachten. Die vom Geschäftsführer der Antragstellerin, Dkfm. P* L*, als Auskunftsperson vorgebrachten Tatsachen, aus denen sich die Verletzung der Sorgfaltspflicht des Antragsgegners als Vorstands- und späteres Aufsichtsratsmitglied angeblich ergebe, könnten die aufgezeigten Mängel des Antrages nicht ersetzen. Es sei nämlich außer der Höhe der von den Gläubigern angesprochenen Forderungen auch die Kausalität der einzelnen vorgebrachten Tatbestände für den Schadenseintritt in dem vom Erstgericht angenommenen Ausmaß der Überschuldung der AWB weder vorgebracht noch bescheinigt worden.

Da durch die Behauptungen der Antragstellerin bis zum Schluß des Konkurseröffnungsverfahrens die Zahlungsunfähigkeit des Antragsgegners nicht schlüssig dargelegt worden sei und die vom Erstgericht festgestellten Tatsachen nicht ausreichend seien, die Zahlungsunfähigkeit des Antragsgegners rechtlich zu begründen, erübrige es sich, auf das Vorliegen weiterer Konkursvoraussetzungen, insbesondere auf den Bestand der von der Antragstellerin geltend gemachten Konkursforderungen und auf das Erfordernis der Gläubigermehrheit, einzugehen.

Gegen diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richten sich die Revisionsrekurse der Antragstellerin und der Gläubigerin Ärztekammer für Wien, beide mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes in Abänderung der angefochtenen Entscheidung wiederherzustellen; die Antragstellerin begehrt hilfsweise, nach Ergänzung des Verfahrens durch die Unterinstanzen ihrem Hauptantrag Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Rechtsmittel sind zulässig.

Die Antragstellerin ist Partei des Eröffnungsverfahrens, sodaß ihre Rechtsmittelbefugnis nach § 72 Abs 1 KO gegen den ihren Antrag auf Konkurseröffnung abweisenden Beschluß des Rekursgerichtes außer Zweifel steht.

Die Ärztekammer für Wien hat ihre Forderung gegen den Antragsgegner als Solidarschuldner der AWB aus einer Festgeldeinlage im Betrage von S 5 Millionen samt Zinsen als Konkursforderung dritter Klasse angemeldet (ON 1). Ihre Reche als Konkursgläubigerin werden daher durch den angefochtenen Beschluß berührt, sodaß auch ihr gemäß § 72 Abs 1 KO (dagegen die Befugnis zur Erhebung des Rechtsmittels zusteht (SZ 43/51).

Die Rechtsmittel sind auch berechtigt.

I) Zur Antragslegitimation der AWB:

Der die Konkurseröffnung beantragende Gläubiger hat zunächst einmal zum Ausweis seiner Antragslegitimation den Bestand seiner Konkursforderung glaubhaft zu machen (§ 71 Abs 1 KO). Wird über seinen Antrag im Eröffnungsverfahren in zweiter oder dritter Instanz entschieden, so sind zufolge der Neuerungserlaubnis des § 176 Abs 1 KO auch Ereignisse zu berücksichtigen, die sich nach den Entscheidungen der Unterinstanzen ereignet haben (SZ 40/121 u.a.; zuletzt 5 Ob 92/73) und die Tatsachenfeststellungen auf den Zeitpunkt hin vorzunehmen, zu dem die Entscheidung über das Rechtsmittel gefällt wird (SZ 37/74 u.v.a.; zuletzt 5 Ob 92/73; in diesem Sinne jüngst auch Fasching in FS Otto Reimer 250). Dies gilt im übrigen auch für alle anderen Eröffnungsvoraussetzungen des Konkursverfahrens.

Die antragstellende Masseverwalterin hat sich auf mehrere Ansprüche der AWB gegen den Antragsgegner berufen.

In erster Linie handelt es sich um den Anspruch aus Kreditgewährung, der auf dem Konto Nr. * des Antragsgegners mit dem Betrag von S 1.368.070,46 unberichtigt aushaftet. Diese Forderung hat das Erstgericht auf Grund des Tagesauszuges der AWB von dem erwähnten Konto zum 13. 10. 1975, Beilage 2, in Verbindung mit der Aussage des Geschäftsführers der antragstellenden Masseverwalterin, Dkfm. P* L* (S. 41f), der sich auf das als Beilage 3 in den Akten befindliche Kontoblatt der Antragstellerin beziehen konnte, als bescheinigt angenommen. Der Antragsgegner vermochte gegen diese Forderung nur einzuwenden, daß er noch keine „Kontenabstimmung“ vorgenommen habe und deshalb vorläufig nur S 10.000,— anerkennen könne, die er jederzeit bezahlen könne. Er berief sich allerdings hier wie auch hinsichtlich der beiden im folgenden dargestellten Forderungen der AWB auf die ihm im Falle seiner erfolgreichen Inanspruchnahme als Bürge oder Mitschuldner für die Verbindlichkeit der AWB aus einer Festgeldeinlage der Ärztekammer für Wien zur Aufrechnung – aufschiebend –bedingt zustehende Regreßforderung, auf die noch zurückgekommen wird. Gegen die Bescheinigung der Forderung der AWB aus dem Konto Nr. * im Betrage von S 1.368.070,46 an sich konnte der Antragsgegner auch in seinem Rekurs gegen die Entscheidung des Erstgerichtes nichts Neues vorbringen. Es ist deshalb – abgesehen von der Kompensationseinwendung – vom bescheinigten Bestand dieser Forderung auszugehen.

Zum zweiten berief sich die Antragstellerin auf die Haftung des Antragsgegners als Mitschuldner zur ungeteilten Hand für die von ihm in der schriftlichen Haftungserklärung vom 6. 3. 1972 (Beilage 4) anerkannten Verbindlichkeiten der Firmen H* KG in der Höhe von S 7.885.732,07 und „V*“ Beteiligungsgesellschaft m.b.H. in der Höhe von S 342.813,11 zum 31. 12. 1971. Das Erstgericht nahm diese Forderungen nach dem Inhalt der in Fotokopie vorliegenden Urkunde (Beilage 4) als bescheinigt an und ging zusätzlich davon aus, daß die beiden genannten Firmen nach den Angaben ihrer Vertreter in den gegen sie anhängig gewesenen Konkurseröffnungsverfahren (AZ 6 Nc 1007/75 bzw. 6 Nc 1005/75 des Erstgerichtes) vermögenslos sind.

Der Antragsgegner hat in diesem Verfahren und in den von der Antragstellerin gegen ihn bezüglich der beiden Forderungen eingeleiteten Zivilprozessen (AZ 39 d Cg 756/75 bzw. 39 c Cg 755/75 des Landesgerichtes für ZRS Wien) ebenso wie in seinem Rekurs gegen den Eröffnungsbeschluß des Erstgerichtes eingewendet, daß er die Existenz der Haftungserklärung im Original bestreite und die darüber vorgelegte Fotokopie kein taugliches Bescheinigungsmittel darstelle sowie daß er auch die behaupteten Verbindlichkeiten der beiden genannten Firmen gegenüber der AWB solange nicht anerkennen könne, als sie nicht durch einen Sachverständigen bestätigt seien. In den erwähnten Zivilprozessen hat der überdies die Verjährungseinrede erhoben.

Der Antragsgegner bestreitet demnach gar nicht, die in Fotokopie nachgewiesene Haftungserklärung (Beilage 4; eine weitere Fotokopie erliegt zu dem Bericht der Wirtschaftspolizei in Band IX Seite 111-113 unter I/11 der Akten des Landesgerichtes für Strafsachen Wien AZ 25 b Vr 9481/74 gegen den Antragsgegner u.A.) abgegeben zu haben, meint aber, daß er nur auf Grund des Originals dieser Urkunde haftbar sei und auch in diesem Fall nur als Bürge. Dem unzweideutigen Inhalt dieser Haftungserklärung nach handelt es sich nicht um eine Bürgschaft, sondern um einen Schuldbeitritt. An dieser rechtlichen Qualifikation kann in Anbetracht der sehr präzisen juristischen Ausdrucksweise („... tritt hiemit den Schuldverbindlichkeiten ... auf Seiten der schuldnerischen Gesellschaften gegenüber der AWB ... als Mitschuldner zur ungeteilten Hand bei …“), die in dieser Urkunde verwendet wurde, und des Umstandes, daß dem Antragsgegner als Absolventen des juristischen Studiums (nach den Angaben in dem angeführten Strafverfahren, Band I Seite 423, ist er Doktur juris) die Bedeutung juristischer Begriffe nicht fremd sein kann, kein Zweifel bestehen, weshalb die in der Entscheidung EvBl 1977/40 für Zweifelsfälle angestellten Erwägungen hier bedeutungslos sind. Die über die Begründung einer Verbindlichkeit durch Schuldbeitritt aufgenommene Urkunde kann nicht die Bedeutung haben, daß von ihrer Existenz oder ihrem Besitz durch den Gläubiger die Geltendmachung des beurkundeten Rechtes abhängig ist, vielmehr handelt es sich um eine bloße Beweisurkunde, daß die Verbindlichkeit überhaupt begründet worden ist. Das Erstgericht hat deshalb zutreffend ungeachtet der nicht vorliegenden Originalurkunde den Schuldbeitritt des Antragsgegners und die von ihm erklärte Anerkennung des Bestandes der übernommenen Schuld als bescheinigt angenommen. Der Antragsgegner hat nicht, wie es seine Pflicht gewesen wäre, wenn er diese Bescheinigungslage widerlegen wollte, bescheinigt, daß die von ihm seinerzeit anerkannten Verbindlichkeiten der Firmen H* KG und „V*“ Beteiligungsgesellschaft m.b.H. überhaupt nicht oder doch nicht in der anerkannten Höhe bestanden. Daß diese Haftungserklärung sich im Besitz der Antragstellerin befunden haben muß, geht im übrigen schon daraus hervor, daß sie jedenfalls noch in dem Bericht des Abschlußprüfers der AWB, der Prof. F* Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., über die Prüfung des Jahresabschlusses der AWB zum 31. 12. 1973 (Band IX Seite 249 der Akten in dem genannten Strafverfahren) auf Seite 54 unter lit A als zusätzliche Sicherheit der AWB zur Deckung ihrer Forderungen gegen die sogenannten „nahestehenden Unternehmungen“ – zu denen die Firmen H* KG und „V*“ Beteiligungsgesellschaft m.b.H. jedenfalls gehörten (Nr. 15 und Nr. 26 der dem Protokoll über die 56. Aufsichtsratssitzung der AWB vom 19. 2. 1973 als Beilage angeschlossenen Liste, als Beilage R im Band II der Akten des bereits genannten Strafverfahrens befindlich; ferner Aussage des Antragsgegners als Beschuldigter in Band I Seiten 453 c und 453 c verso desselben Strafverfahrens) –angeführt (und, freilich unrichtig, als „Bürgschaft“ qualifiziert) wurde. Der Jahresabschluß zum 31. 12. 1973 wurde, wie aus der Niederschrift über die 15. ordentliche Hauptversammlung der AWB vom 22. 5. 1974 (D/6 in Band IX der zitierten Akten des Strafverfahrens) und dem beigeschlossenen Bericht des Aufsichtsrates (Beilage F) hervorgeht, vom gesamten Aufsichtsrat gebilligt, dem auch der Antragsgegner angehörte. Der Bestand der durch den Schuldbeitritt des Antragsgegners erfaßten Verbindlichkeiten der Firmen H* KG und „V*“ Beteiligungsgesellschaft m.b.H. zum 31. 12. 1973 gegenüber der Antragstellerin ist durch das Gutachten des Sachverständigen DDr. J* G* (Band II ON 401 der Akten des genannten Strafverfahrens) derart bescheinigt, daß die Verbindlichkeiten zu diesem Zeitpunkt auf S 11.500.233,— (H* KG) und S 1.114.403,— („V*“ Beteiligungsgesellschaft m.b.H.) angewachsen waren. Es wäre Sache des Antragsgegners gewesen, zu behaupten und zu bescheinigen, daß diese Verbindlichkeiten in der Zwischenzeit verringert oder etwa gar getilgt worden sind. Die in den bereits erwähnten Zivilprozessen vom Antragsgegner als dem dort Beklagten erhobene Verjährungseinrede ist nicht berechtigt, weil Forderungen aus Kreditgewährungen – und um solche handelt es sich hier – der langen (allgemeinen) Verjährungsfrist des § 1479 ABGB unterliegen, die auch für den beigetretenen Schuldner – übrigens auch für den Bürgen – gilt.

Es ist deshalb auch das Erstgericht mit Recht von der Bescheinigung der Forderungen der AWB gegen den Antragsgegner – zunächst einmal abgesehen von der bereits angeführten Aufrechnungseinrede – aus dem Schuldbeitritt vom 6. 3. 1972 für die Verbindlichkeiten der Firmen H* KG und „V*“ Beteiligungsgesellschaft m.b.H. aus Kreditgewährungen in der Höhe von S 7.885.732,07 und S 342.813,11, zusammen also S 8.228.545,18, ausgegangen.

Gegen die nach den bisherigen Ausführungen als bescheinigt anzusehende Gesamtforderung der AWB in der Höhe von S 9.596.615,64 hat der Antragsgegner die Aufrechnung mit seiner – aufschiebend bedingten –Gegenforderung in der Höhe von S 9 Millionen erklärt; diese Gegenforderung stünde ihm im Falle der Zahlung der Verbindlichkeit der AWB gegenüber der Ärztekammer für Wien aus einer Festgeldeinlage von S 5 Millionen auf Grund des Vertrages vom 11. 7. / 13. 7. 1967 als Regreßforderung zu (S. 9 f und 32, ferner S. 72).

Tatsächlich hat die Ärztekammer für Wien mit der zur AZ 15 Cg 179/74) beim Erstgericht anhängigen Klage (eingebracht am 14. 11. 1974) die Firmen C* Gesellschaft m.b.H. und P* H* & Co. sowie den Antragsgegner zur ungeteilten Hand auf Zahlung von ursprünglich S 7 Millionen samt Zinsen und zuletzt nach Einschränkung des Klagebegehrens zufolge eingegangener Zahlungen aus zedierten Forderungen (die auf Zinsen angerechnet wurden), auf S 5 Millionen (reine Kapitalforderung), samt 14 % Zinsen seit 17. 7. 1974 (Seite 73 der Prozeßakten) in Anspruch genommen. Nach Unterbrechung dieses Rechtsstreites in Ansehung des nunmehrigen Antragsgegners (§ 7 Abs 1 KO) durch die vom Erstgericht ausgesprochene Konkurseröffnung hat die Ärztekammer für Wien diese Forderung als Konkursforderung dritter Klasse beim Erstgericht angemeldet (ON 1). Sie berief sich zur Begründung ihres Klageanspruches gegen den nunmehrigen Antragsgegner auf Punkt V/1 des von ihr am 13. 7. 1967 angenommenen Anbots der AWB vom 11. 7. 1967 (Beilage B und C der Prozeßakten), nach dessen Wortlaut „Die Vorstandsmitglieder der AWB, Herr Minister a.D. Dr. P* K* und Herr Dir. S* R*, ... sämtliche wie immer gearteten Verpflichtungen der AWB auf Grund dieser Vereinbarung uneingeschränkt und in vollem Umfange..., und zwar jeder für sich unter Begründung eines Solidarschuldverhältnisses mit der AWB gegenüber der Ärztekammer für Wien“, beigetreten sind. Die ursprünglich mit zwei Jahren (bis zum 17. 7. 1969) befristete Festgeldeinlage der Ärztekammer für Wien bei der AWB in Höhe von S 5 Millionen mit fixer Verzinsung von 7 %, die jährlich auf dem Konto „nachschüssig ... gutzubringen“ war (Punkte I/2 und I/3 des Anbots), wurde in der Folge mehrmals (Beilagen E, F, G, H, J, K, 6 und 7), zuletzt bis 17. 7. 1974, verlängert.

Der Antragsgegner hat gegen diesen Anspruch im wesentlichen eingewendet:

Er sei Ende 1967 als Vorstandsmitglied der AWB ausgeschieden und hafte deshalb nicht mehr aus der „Bürgschaft“, weil diese ihn nicht ad personam, sondern nur als „Vorstandsmitglied“ der AWB betroffen habe (Seite 8 der Prozeßakten); im übrigen sei seine persönliche Haftung bei den jeweiligen Verlängerungen der Festgeldeinlage nie vereinbart worden. Der Antragsgegner hafte auch nicht für die Zinsen aus der Einlage, weil schon im ersten Jahr der Vereinbarung die fällig gewordenen Zinsen einem besonderen Girokonto gutgebucht und damit bezahlt worden seien; die Ärztekammer für Wien habe dagegen keinen Einspruch erhoben und dadurch diesem Vorgang zugestimmt, weil Reden ihre Pflicht gewesen wäre (Seite 9 der Prozeßakten). Anläßlich der Verlängerung der Festgeldeinlage auf Grund der Anbotsschreiben der AWB vom 19. 7. 1973 (Beilage 6 der Prozeßakten) und vom 17. 7. 1974 habe die AWB nicht mehr auf die früheren Bedingungen der Vereinbarung vom 11. 7. 1967 / 13. 7. 1967 hingewiesen und die Ärztekammer für Wien habe dazu geschwiegen, also konkludent zugestimmt. Dadurch sei auch die „Bürgenhaftung“ des Antragsgegners nicht verlängert worden (Seite 20 der Prozeßakten). Schließlich wendete der Antragsgegner Erlöschen seiner „Bürgenhaftung“ infolge Saumsal der Ärztekammer für Wien bei der Eintreibung der Forderung (§ 1364 ABGB) noch vor Eröffnung der Geschäftsaufsicht über die AWB (Seiten 9 und 21, 25 der Prozeßakten) und bei der Verwaltung der vereinbarten Sicherheiten (Anfertigung von Listen der zedierten Forderungen) ein und machte aus dem Titel des Schadenersatzes deshalb eine Gegenforderung bis zur Höhe von S 5 Millionen geltend, die er infolge Insolvenz der AWB durch Ausfall seiner Rückgriffsforderung erleide (Seite 25 der Prozeßakten).

Nach dem Wortlaut des zitierten Punktes V/1 des Anbotes der damals durch den nunmehrigen Antragsgegner als Vorstandsmitglied vertretenen AWB (Beilage B der Prozeßakten) kann kein Zweifel daran bestehen, daß der Antragsgegner persönlich der Verbindlichkeit der AWB gegenüber der Ärztekammer für Wien aus der vereinbarten Festgeldeinlage als Solidarschuldner beigetreten ist. Dafür spricht zusätzlich auch noch der Umstand, daß diese Haftung des Antragsgegners nicht unter den in Punkt III des Anbots aufgezählten Sicherungsmitteln („Zur Sicherstellung aller ... Forderungen und Ansprüche der Ärztekammer für Wien sondern abgesondert davon in einem eigenen Vertragspunkt (Pkt V) angeführt wurde. Es kann dahingestellt bleiben, ob anläßlich der mehrmaligen Verlängerungen der Dauer der Festgeldeinlage der Ärztekammer für Wien in der Höhe von S 5 Millionen eine besondere Vereinbarung über die Verlängerung der Dauer seiner Mithaftung für die Zurückzahlung dieser Einlage samt den Zinsen zustandegekommen ist, weil selbst ohne eine besondere Vereinbarung der Antragsgegner jedenfalls auch nach Ablauf der ursprünglich vereinbart gewesenen Dauer der Einlage Mitschuldner der AWB für die Zurückzahlung der Einlage blieb. Eine Entlassung des Antragsgegners aus dieser Mitschuldnerhaftung wurde nicht behauptet und durch bloßen Ablauf der ursprünglich vereinbarten Einlagedauer erlosch seine Solidarhaftung mit der AWB für ihre Zurückzahlung wohl nicht. Der Einwand des Antragsgegners, daß die Zinsen der Einlage schon im ersten Jahr und auch in der Folge einem besonderen Girokonto gutgebucht worden und deshalb als „bezahlt“ anzusehen seien sowie daß die Ärztekammer für Wien diesem – dem klaren Wortlaut des Vertrages widersprechenden – „Vorgang“ dadurch „zugestimmt“ habe, daß sie, da Reden ihre Pflicht gewesen wäre, dagegen keinen Einspruch erhoben habe, ist im übrigen aus rechtlichen Gründen nicht stichhältig. Abgesehen davon, daß dem bloßen Schweigen eines Vertragspartners zu einem vertragswidrigen Verhalten des anderen Vertragspartners nach österreichischem Privatrecht grundsätzlich – von besonderen gesetzlichen Anordnungen wie etwa in den §§ 362, 377, 378 HGB u.a. abgesehen – kein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert beigemessen werden kann (für alle: Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts4 I 74 und die dort in FN 10 zitierte Lehre und Rechtsprechung), ändert sich durch die Verbuchung der aus der Festgeldeinlage vertraglich geschuldeten Zinsen auf einem eigens dem Einleger dafür eröffneten Konto nichts an der einmal für die Bezahlung dieser Zinsen vertraglich begründeten Mitschuldnerhaftung. Es kann auch keine Rede davon sein, daß ein solcher Verbuchungsvorgang schuldtilgende Wirkung haben könnte. Im übrigen ist nach dem Akteninhalt des beim Erstgericht anhängigen Zivilprozesses (AZ 15 Cg 179/74) durch das Protokoll über die Aussage des Zeugen K* K*, eines ehemaligen Prokuristen der AWB, der die Kreditabteilung geleitet hat, bescheinigt worden (S. 102), daß der Ärztekammer für Wien die Verzinsung ihrer Festgeldeinlage jährlich auf dem Festgeldkonto gutgebucht und zu ihrer freien Verfügbarkeit, wovon sie allerdings keinen Gebrauch machte, gleichzeitig auf ein Konto ordinario übertragen worden ist. Damit ist auch in tatsächlicher Hinsicht der Einwand des Antragsgegners durch die Bescheinigungslage im Zivilprozeß mit der Ärztekammer für Wien widerlegt.

Da es sich bei der Haftung des Antragsgegners für die Zurückzahlung dieser Festgeldeinlage und die Bezahlung der Zinsen um keine Bürgenhaftung handelt, geht auch der Saumsaleinwand (§ 1364 letzter Satz ABGB), der als typischer Ausfluß der Sorgfaltspflicht des Gläubigers gegenüber dem Bürgen gesetzlich normiert ist und einen Schadenersatzanspruch abgibt, rechtlich ins Leere: die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gibt diesen Schadenersatzanspruch nicht einmal dem Bürgen und Zahler (SZ 26/170 u.a., zuletzt 6 Ob 187/71), umsoweniger kann er dem beigetretenen Mitschuldner zuerkannt werden. Mit der bezüglich des Bürgen und Zahlers gegenteiligen Ansicht Ohmeyer-Klangs (nun auch in Klang2 VI 246) hat sich der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung SZ 17/146 ausführlich auseinandergesetzt; da keine neuen Argumente dagegen vorgebracht werden, sieht der Oberste Gerichtshof keine Veranlassung, sich neuerlich mit dem Problem zu befassen.

Die Kompensationserklärung des Antragsgegners mit dem Sicherstellungsanspruch gemäß § 1365 ABGB geht –ganz abgesehen davon, daß er nicht Bürge ist – im übrigen von der unrichtigen Voraussetzung aus, daß nach dieser Gesetzesstelle im Falle von Zahlungsschwierigkeiten des Hauptschuldners der Bürge einen Anspruch habe, daß ihm Sicherheit geleistet werde. Tatsächlich steht ihm nur das Recht zu, daß der Hauptschuldner dem Gläubiger Sicherheit leiste (SZ 27/125 u.a.); dieser Anspruch ist jedoch gegen eine Geldforderung des Gläubigers für den Bürgen nicht aufrechenbar.

Die Ärztekammer für Wien hat ihr Begehren im Prozeßverfahren beim Erstgericht (AZ 15 Cg 179/74), wie bereits erwähnt, auf S 5 Millionen s.A. eingeschränkt. Da die Verbindlichkeit der AWB an sich durch den Antragsgegner zugegeben worden war (Seite 9 dieser Akten und Seite 10 der Prozeßakten, dort allerdings nur in der Höhe von S 3.925.795,98 zum 9. 12. 1974 mit der nicht bescheinigten Behauptung, der übersteigende Forderungsbetrag sei durch Eingänge aus zedierten Forderungen getilgt), ist vom Bestand der bescheinigten Forderung gegen den Antragsgegner in dieser Höhe auszugehen.

Dem Gesamtschuldner, der die geschuldete Leistung ganz oder teilweise erbracht hat, steht auch ohne besondere Vereinbarung mit den übrigen Mitschuldnern nach § 896 ABGB ein Rückgriffsrecht zu; mangels einer besonderen Vereinbarung kann der regreßnehmende Schuldner von jedem Mitschuldner nur den Anteil verlangen, der auf ihn entfällt. Das ist in Ermangelung einer anderslautenden Vereinbarung ein für jeden Mitschuldner gleicher Teil (für alle: Koziol-Welser a.a.O, I 241).

Obwohl nun der Antragsgegner, der freilich den Standpunkt einnimmt, nicht Mitschuldner der AWB, sondern nur Bürge für deren Verbindlichkeit aus dem Festgeldeinlagevertrag zu sein, nach dem Inhalt dieses Vertrages neben S* R*, seinem damaligen Kollegen im Vorstand der AWB, kraft Schuldbeitritts Mitschuldner der AWB geworden war und mangels eines diesbezüglichen Vorbringens durch ihn von der eben dargestellten gesetzlichen Rückgriffsregelung des § 896 ABGB auszugehen ist, will er seine durch eine allfällige spätere Zahlung aufschiebend bedingte Rückgriffsforderung dennoch in der vollen Höhe seiner möglichen Inanspruchnahme unter Berufung auf § 19 Abs 2 KO gegen die als bescheinigt anzusehende Gesamtforderung der AWB in der Höhe von S 9.596.615,64 zur Aufrechnung bringen. Tatsächlich könnte er aber nur ein Drittel des Betrages aufrechnen, mit dem er der Ärztekammer für Wien zahlungspflichtig werden kann. Er selbst hat den Gesamtbetrag mit S 7 Millionen beziffert und bis zu dieser Höhe die Aufrechnung erklärt (Seite 32 dieser Akten); auch im Ausgleich der Antragstellerin hat er am 7. 1. 1975 (GZ Sa 67/74‑259 des Erstgerichtes) diese Rückgriffsforderung mit S 7 Millionen für den Fall angemeldet, daß die Ärztekammer ihre Forderung nicht anmelden sollte (§ 12 Abs 2 AusglO), und erklärt, daß diese Forderungsanmeldung im Falle eines nachfolgenden Konkurses in der 3. Klasse der Konkursgläubiger angemeldet werde. Diese Forderung wurde allerdings im nachfolgenden Konkurs bei der Prüfungstagsatzung ebenso wie die von der Ärztekammer für Wien angemeldete Forderung aus dem Festgeldeinlagevertrag in der vollen Höhe von S 8.175.641,35 bestritten (PostZ 181 bzw. 422 des Anmeldungsverzeichnisses). In seinem Rekurs gegen den Eröffnungsbeschluß des Erstgerichtes bezifferte der Antragsgegner die ihm allenfalls zustehende Rückgriffsforderung neuerdings mit S 9 Millionen (Seite 22). Es kann ihm jedoch unter Berücksichtigung der Einschränkung des Klagebegehrens der Ärztekammer für Wien und der dargelegten anteiligen Rückgriffsanspruchshöhe bestenfalls ein Rückgriffsanspruch von S 1,67 Millionen zugebilligt werden, der freilich durch die – bisher noch nicht einmal behauptete – tatsächliche Leistung aufschiebend bedingt ist.

Die Antragstellerin und Revisionsrekurswerberin ist der unrichtigen Ansicht, der Antragsgegner könne nicht aufrechnen, da diese Rückgriffsforderung bei Konkurseröffnung nicht bestand.

Im Gegensatz zu § 54 Abs 3 dKO, wonach der Gläubiger einer aufschiebend bedingten Forderung erst „bei dem Eintritt der Bedingung“ zur Aufrechnung berechtigt und bis dahin als Schuldner der Konkursmasse zahlungspflichtig ist, aber zur Wahrung seiner ihm durch § 54 Abs 1 leg cit eröffneten Aufrechnungsmöglichkeit einen Anspruch auf Sicherstellung hat (Mentzel-Kuhn, KO⁸ 378; Jaeger, KO⁸ I 769; Böhle-Stamschräder, KO10 231), läßt § 19 Abs 2 letzter Satz (ö)KO ungeachtet der noch nicht eingetretenen Bedingung die sofortige Aufrechnung bedingter Aktivforderungen gegen Forderungen der Konkursmasse zu (Petschek-Reimer-Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht, 486; Wegan, Österreichisches Insolvenzrecht, 37; Bartsch-Pollak 3 I 114) und stellt es ins Ermessen des Konkursgerichtes, ob es die Zulässigkeit der Aufrechnung von einer Sicherheitsleistung abhängig macht (arg. „kann“ in § 19 Abs 2 letzter Satz KO). Bedingte Forderungen im Sinne des § 19 Abs 2 KO sind nicht nur rechtsgeschäftlich, sondern auch gesetzlich bedingte Forderungen. Deshalb gehören auch die Rückgriffsansprüche von Bürgen und Mitschuldnern zur ungeteilten Hand dazu (Bartsch-Pollak a.a.O. I 114 und II 202, 215; Petschek-Reimer-Schiemer a.a.O. 485 FN 58; Metzel-Kuhn a.a.O. 378 f; Jaeger a.a.O. 771; Böhle-Stamschräder a.a.O. 232), sofern das den Rückgriff begründende Rechtsgeschäft (Bürgschaft, Schuldbeitritt) schon vor Konkurseröffnung bestanden hat (Bartsch-Pollak a.a.O. II 202; Wegan a.a.O. 37 f), weil andernfalls die Aufrechnung gemäß § 20 Abs 1 Satz 1 Fall 2 KO unzulässig wäre.

Die Ansicht der Antragstellerin, der Antragsgegner könne mit seiner Rückgriffsforderung nicht aufrechnen, erweist sich demnach als unrichtig.

Die Antragstellerin hat in Ansehung von Forderungen, die die AWB der Ärztekammer für Wien zur Abdeckung der Ansprüche aus dem Festgeldeinlagevertrag in einer Höhe von rund S 8 Millionen sicherstellungsweise abgetreten zu haben behauptet, gegen die Ärztekammer für Wien beim Landesgericht für ZRS Wien zur AZ 39 c Cg 664/75 eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit bzw. Unwirksamkeitserklärung dieser Zessionen und Zurückzahlung von S 2.632.790,47 an Eingängen daraus eingebracht. Im Falle ihres Obsiegens in diesem Rechtsstreit könnte es nach Maßgabe des Prozeßerfolges auch zu einer entsprechenden Erhöhung der Haftung des Antragsgegners aus seinem Schuldbeitritt kommen, weil die Einschränkung des Klagebegehrens der Ärztekammer für Wien im Rechtsstreit gegen den Antragsgegner u.a. beim Erstgericht (AZ 15 Cg 179/74) mit Zahlungseingängen aus diesen Zessionen begründet wurde. Da das in jenem Rechtsstreit durchgeführte Verfahren bisher jedoch noch nicht zu einem Ergebnis geführt hat, das die Annahme der Bescheinigung eines der rechtlichen Beurteilung zugängigen ausreichenden Sachverhaltes rechtfertigen könnte, kann nicht von einer gänzlichen oder teilweisen Unwirksamkeit der Zessionen ausgegangen werden, vielmehr ist von der bescheinigten Forderung der Ärztekammer für Wien in der Höhe von restl. S 5 Millionen die bedingte Rückgriffsforderung des Antragsgegners mit einem Drittel, das sind rund S 1,67 Millionen, anzunehmen und diese der bescheinigten Gesamtforderung der AWB von S 9.596.615,64 aufzurechnen. Es verbleibt demnach eine restliche Forderung der AWB von rund S 7.926 Millionen aus den bisher erörterten Ansprüchen.

Dadurch hat die Antragstellerin ihre Gläubigerstellung gegenüber dem Antragsgegner und damit auch ihre Legitimation zur Einbringung des Antrages auf Konkurseröffnung über sein Vermögen glaubhaft gemacht, sodaß eine Prüfung weiterer Forderungen wegen der Antragslegitimation der Masseverwalterin der AWB nicht erforderlich wäre. Der Oberste Gerichtshof erachtet diese jedoch wegen der Eröffnungsvoraussetzungen der Zahlungsunfähigkeit für notwendig, wie sich aus den späteren Ausführungen dazu (Punkt II) noch ergeben wird.

Die Antragstellerin hat mit Bezug auf ihre Stellung als Masseverwalter und die diesem im Konkurs der Aktiengesellschaft durch § 84 Abs 5 letzter Satz AktG übertragene Befugnis zur ausschließlichen Ausübung dieser Rechte Ansprüche einer Anzahl von Gläubigern, die durch den Kreditschutzverband von 1870 vertreten sind, auf Schadenersatz gegen den Antragsgegner wegen gröblicher Verletzung seiner Pflichten als Vorstands- und späteres Aufsichtsratsmitglied der AWB gemäß den §§ 84 und 99 AktG behauptet und dazu vorgebracht, daß der Antragsgegner für die Unterlassung der Verbücherung eines in dem auch von ihm gebilligten Jahresabschluß der AWB für 1973 als Sicherheit für die Forderungen gegen die sogenannten „nahestehenden Gesellschaften“ angeführten Pfandrechtes an der Liegenschaft Wien *, im Betrage von S 53.570.000,— einzustehen habe, weil es mangels Verbücherung später nicht habe realisiert werden können. Überdies habe es der Antragsgegner in der 56. Sitzung des Aufsichtsrates der AWB am 19. 12. 1973 dem Vorstand untersagt, eine Forderung von S 34 Millionen gegen ihm nahestehende Firmen geltend zu machen, und er habe es auch zu vertreten, daß in den von ihm genehmigten Bilanzen für die Jahre 1971, 1972 und 1973 Forderungen an „nahestehende Gesellschaften“ ausgewiesen seien, deren Vermögenslosigkeit festgestanden sei. Durch die verhinderte Eintreibung von Forderungen in der Höhe von S 34 Millionen gegen nahestehende Gesellschaften, an denen er direkt oder indirekt beteiligt gewesen sei, habe der Antragsgegner den Vermögensstock der AWB zum Schaden ihrer Gläubiger geschmälert.

Der Antragsgegner habe als Vorsitzender der Kreditkommission, eines Ausschusses des Aufsichtsrates der AWB, maßblich bei der Kreditgewährung an die ihm nahestehenden Gesellschaften in der Höhe von nahezu S 500 Millionen mitgewirkt und diese Kreditgewährungen seien schließlich die entscheidende Verlustquelle der AWB und die Ursache des Schadens der Gesellschaftsgläubiger infolge des Zusammenbruches der AWB gewesen. Dem Antragsgegner sei der Wert dieser Gesellschaften, die fast ausnahmslos ohne Vermögen gewesen seien, bekannt gewesen. Dennoch seien in den auch von ihm genehmigten Bilanzen die Forderungen gegen diese Gesellschaften in voller Höhe zu Buch gestanden, wodurch die Aktivseite der Bilanz der Wahrheit zuwider aufgebläht worden sei. Die Gläubiger seien dadurch in Irrtum geführt worden.

Der Antragsgegner habe in deliktischer Weise den Gläubigern der AWB überdies dadurch Schaden zugefügt, daß er den im Jahresabschluß der AWB für 1973 als Aktivum ausgewiesenen Erlös aus dem Verkauf der Firma B* in der Höhe von ca. S 16 Millionen unberichtigterweise selbst kassiert und für sich verwendet habe.

Er habe sich auch Sondervorteile zugeeignet, in dem er aus dem Vermögen der bei der AWB tief in Schulden stehenden H* KG – einem ihm nahestehenden Unternehmen – in den letzten Jahren S 22 Millionen entnommen habe. Bei der – ihm ebenfalls nahestehenden – U* KG habe er S 2 Millionen entnommen. Trotz der Vermögenslosigkeit der ihm nahestehenden Firmen habe sich der Antragsgegner ständig bedeutende Geschäftsführergehälter auszahlen lassen, obwohl er gewußt habe, daß diese Firmen ihre Gesamtverpflichtung der AWB niemals würden zurückzahlen können und die ihnen gewährten Kredite aus dem Geld der Einleger der AWB stammten.

Die Einschränkung der Haftung des Antragsgegners als Bürge nach dem Inhalt seines Schreibens vom 5. 3. 1968, daß sie im Falle behördlicher Intervention ungültig sei, sei sinnwidrig und verstoße gegen die guten Sitten; sie sei auch durch die von ihm abgegebenen Anerkenntnisse überholt. Die Haftungserklärung sei der Bilanzierung der AWB zugrunde gelegt worden und habe als „Besicherung“ der den sogenannten „nahestehenden Firmen“ gewährten Kredite gedient. Den logischen Denkgesetzen folgend müßte die Bürgenhaftung des Antragsgegners gerade mit dem Notleiden dieser Kredite zum Tragen kommen. Obwohl er am besten habe wissen müssen, was seine Haftungserklärungen wert seien, habe der Antragsgegner die unrichtige Darstellung der Besicherungsverhältnisse durch die Einbeziehung auch dieser Haftungserklärungen bewußt unterstützt und dadurch die Gesellschaftsgläubiger in Irrtum geführt. Damit sei die Kausalität seines Verhaltens für den Schaden der Gesellschaftsgläubiger erwiesen.

Schließlich verwies die Antragstellerin auf die beim Erstgericht zur AZ 19 Cg 98/76 gegen S* R*, Dr. F* S*, Dipl.‑Ing. H* H*, Dr. E* G*, Dkfm. J* F* und Dkfm. H* L* anhängige Klage auf Zahlung von Schadenersatz wegen pflichtwidriger Ausübung ihrer Funktionen als Mitglieder der Verwaltung der AWB, aus der sich die vom Antragsgegner gesetzten und zu vertretenen Handlungen ergäben. Dort wird von der Antragstellerin u.a. behauptet (Seite 15 der Klage), daß er von der Unzulänglichkeit der von ihm und seinen Angehörigen zur Deckung der Forderungen aus Kreditgewährungen an „nahestehende Firmen“ gegebenen Sicherheiten Kenntnis gehabt habe und deshalb in Verdacht stehe, Kreditbetrug begangen zu haben, weil die gewährten Kredite den ihm nahestehenden Firmen gegeben worden seien. Er selbst habe nämlich in einer am 2. 12. 1975 abgegebenen Erklärung behauptet, daß die Pfandbestellungen nicht rechtswirksam zustande gekommen seien, obwohl er anläßlich der Feststellung der Jahresabschlüsse der AWB gerade diese Pfandbestellungen als ausreichend angesehen habe. Den Antragsgegner treffe zweifellos die überwiegende Schuld an der Überschuldung und an dem Niedergang der AWB (Seite 2 der Klage), er könne aber wegen der Konkurseröffnung über sein Vermögen nicht geklagt werden (ebendort). Die Geschäftstätigkeit der AWB sei einseitig auf die Veranlagung der bei ihr eingegangenen Geldeinlagen bei dem Antragsgegner nahestehenden Gesellschaften ausgerichtet gewesen (Seite 5 der Klage). Die Forderungen der AWB gegen diese „nahestehenden Gesellschaften“ aus Kreditgewährungen seien von rund S 321,56 Millionen per 31. 12. 1971 (= 79 % der gesamten Kreditforderungen) bis zum 31. 12. 1973 auf rund S 482,72 Millionen (= 83 % der gesamten Kreditforderungen) angewachsen (Seite 266 in Verbindung mit Seite 5 der Klage). Besonders schwerwiegend sei die Außerachtlassung der pflichtgemäßen Sorgfalt hinsichtlich der Besicherung dieser Kredite durch ihre gemäß § 65 AktG unzulässige Besicherung im Wege der Inpfandnahme des gesamten Aktienpaktes der AWB im Nennwert von S 37 Millionen mit einem angenommenen Wert von S 135 Millionen, was einem Aktienkurs von 360 % entspreche und unrealistisch sei. Der Antragsgegner habe gewußt, daß das Grundkapital niemals tatsächlich eingezahlt, sondern durch Erhöhung der Kreditforderungen an „nahestehende“ Gesellschaften aufgebracht worden sei (Seite 14 der Klage). Der Antragsgegner sei Mehrheitsaktionär oder zumindest der Vertreter des Mehrheitsaktionärs der AWB gewesen und habe praktisch die AWB und die sogenannten „nahestehenden Gesellschaften“ beherrscht (Seite 186 a.a.O.).

Zur Geltendmachung dieser auf die §§ 84 und 99 AktG gegründeten Ersatzansprüche der Gesellschaftsgläubiger ist nach der positiven Anordnung des § 84 Abs 5 letzter Satz AktG während der Dauer des Gesellschaftskonkurses ausschließlich die antragstellende Masseverwalterin befugt. Sie hat sich im Eröffnungsverfahren (S 41) zu diesem Zwecke auf das Begehren der vom Kreditschutzverband von 1870 im Gesellschaftskonkurs vertretenen Konkursgläubiger berufen (Beilage I). Aus den Akten über den Konkurs der AWB ergibt sich, daß der Kreditschutzverband dort als bevollmächtigter Vertreter von 57 Gläubigern und in eigenem Namen Konkursforderungen angemeldet hat, die in der Höhe von insgesamt S 14.054.182,02 festgestellt worden sind. Im einzelnen handelt es sich dabei um die im folgenden mit ihren festgestellten Forderungen angeführten Gläubiger:

 

Name:

PostZ/ON:

 

festgestellte Forderung

Dr. I* K*

28/50

S

162.000,––

Dipl.‑Ing. H* K*

29/51

S

85.753,27

 

501/186

S

5.943,01

R* H*

43/65

S

445.133,29

K* W*

60/92

S

16.731,07

Y* und C* I*

61/93

S

106.740,––

Dr. K* M* W*

65/103

S

85.000,––

 

514/199

S

6.793,95

F* B*

67/106

S

29.630,54

 

516/201

S

4.923,82

R* M*

68/107

S

100.000,––

 

515/200

S

14.766,38

A* S*

79/119

S

52.192,30

K*

80/120

S

9.117,37

S* B*

81/121

S

58.339,43

 

642/338

S

6.121,19

V* GesmbH

103/155

S

4.776,––

P* E* K*

104/156

S

17.911,80

W* S*

105/157

S

3.342,57

Dr. O* H*

106/158

S

10.481,20

W*manufaktur

107/159

S

368.795,––

A* GmbH & Co KG

625/319

S

12.171,27

F* G*

108/160

S

17.989,32

E* F*

195/276

S

13.049,41

A* B*

228/319

S

250.000,––

 

512/197

S

20.638,19

K* S*

229/320

S

220.113,15

E* & Co

230/321

S

239.785,98

B* K*

231/322

S

63.788,94

 

511/196

S

7.274,50

J* K*

232/323

S

63.774,86

 

510/195

S

7.174,––

J* S*

233/324

S

105.956,12

 

509/194

S

12.426,34

L* F*

234/325

S

60.556,49

 

654/351

S

2.824,69

H* & Co GesmbH

235/326

S

4.985,68

E* F*

236/327

S

1.796,10

 

237/328

S

2.035,07

M* S*

239/330

S

34.640,15

Treuhänder K* P*

240/331

S

827.637,32

Z* OHG

241/332

S

3.941,62

J* A*

242/333

S

237.072,84

 

312/427

S

623.838,38

L* L*

274/373

S

788.668,09

S* K*

308/422

S

261.983,92

H* K*

314/429

S

50.000,––

 

624/318

S

6.278,31

M* P*

315/430

S

57.703,71

 

626/320

S

6.874,18

W* M*

332/451

S

118.381,––

H* S*

339/6

S

72.680,65

 

519/204

S

5.957,18

C* K*

340/7

S

123.599,34

 

520/205

S

8.242,40

C* S*

341/8

S

11.730,57

A* F*

342/9

S

1.850.000,––

 

518/203

S

130.335,74

J* W*

343/10

S

413.078,64

 

517/202

S

30.387,42

M* D*

344/11

S

857.585,12

 

558/244

S

60.496,41

K* G*

412/87

S

130.888,06

V* und W* F*

465/149

S

106.740,––

A* E*

498/183

S

160.176,57

I* E*

499/184

S

89.200,––

 

622/316

S

2.362,26

S* E*

500/185

S

99.599,01

 

623/317

S

8.390,44

K* P*

508/193

S

31.538,57

I* F*

530/215

S

447.641,09

S* H*

533/218

S

154.511,15

 

557/243

S

12.524,47

M* B*

542/227

S

186.534,74

 

555/241

S

18.100,14

H* T*

543/228

S

2.562.747,69

 

556/242

S

104.097,70

S* GesmbH

548/233

S

183.617,68

E* M*

586/274

S

56.928,––

Z* J*

627/321

S

183.921,11

I* L*

692/400

S

232.718,05

 

 

S

14.054.182,02

    

 

Dem Inhalt der Akten S 36/75 des Erstgerichtes ist ferner zu entnehmen, daß von den Forderungen dieser Gläubiger bisher Teilquoten von 5 und 3 %, also insgesamt 8 %, befriedigt werden konnten (ON 377, 378) und daß eine höhere Ausschüttung aus der Konkursmasse im Hinblick auf die anhängigen Prozeßverfahren, die notwendige Vorsorge für bestrittene Forderungen und die Kosten der Geschäftsabwicklung nicht möglich erscheint (Seite 213). Unter Berücksichtigung der Tilgung einer Forderungsquote von 8 % verbleibt eine Gesamtforderung der vom Kreditschutzverband von 1870 vertretenen Gläubiger (einschließlich der Forderung des Verbandes selbst mit dem restlichen Betrag von S 8.387,98) in der Höhe von S 12,929.847,46, die voraussichtlich aus der Konkursmasse der AWB nicht befriedigt werden wird. Mit diesem Betrag sind die vom Antragsgegner Schadenersatz fordernden Gläubiger jedenfalls noch festgestellte Gläubiger im Konkurs der AWB.

Grundsätzlich können sich die Gesellschaftsgläubiger mit ihren Ansprüchen nur an die Gesellschaft selbst halten (Hefermehl in Geßler-Hefermehl AktG II 297), denn die Vorschriften des Aktiengesetzes über die Schadenersatzhaftung der Verwaltungsträger bilden keine Anspruchsgrundlage zugunsten Dritter (vgl. Kölner Kommentar RdZ 84 zum vergleichbaren § 93 dAktG). Können die Gesellschaftsgläubiger jedoch im Gesellschaftsvermögen keine Befriedigung ihrer Geldforderungen, auf welchen Titel immer diese beruhen mögen, finden, dann gewährt ihnen § 84 Abs 5 Satz 1 AktG ein unmittelbares Klagerecht gegen ein der Gesellschaft nach den Vorschriften der §§ 8499 AktG ersatzpflichtiges Mitglied des Aufsichtsrates (Hefermehl a.a.O. 297): sie können – in anderen Fällen als denen des Katalogs nach § 84 Abs 3 AktG freilich nur unter der weiteren Voraussetzung, daß eine gröbliche Pflichtverletzung des in Anspruch genommenen Verwaltungsträgers vorliegt – den der Gesellschaft zustehenden Ersatzanspruch im eigenen Namen, aber nur bis zur Deckung ihrer Forderungen gegen die zahlungsunfähige Gesellschaft geltend machen (derselbe a.a.O. 297). Der Zweck dieser Regelung ist darin zu sehen, daß den Gesellschaftsgläubigern der komplizierte Umweg über die Erlangung eines Exekutionstitels für ihre Forderung gegen die Gesellschaft und die Pfändung und Überweisung der Ersatzansprüche dieser Gesellschaft gegen den ihr ersatzpflichtigen Verwaltungsträger erspart bleiben soll (vgl. hiezu Fasching in FS Otto Reimer 247 und Hefermehl a.a.O. 297 f). Während der Dauer eines Konkursverfahrens über das Gesellschaftsvermögen können nach der Anordnung des Gesetzes (§ 84 Abs 5 letzter Satz AktG) die einzelnen Gesellschaftsgläubiger den Ersatzanspruch der Gesellschaft selbst nicht geltend machen; die Rechtsverfolgung liegt in diesem Fall allein beim Masseverwalter, der auch die Stellung eines Gläubigers innehat (zutreffend Fasching a.a.O., 246 ff).

Da, wie bereits dargelegt wurde, die vom Kreditschutzverband von 1870 vertretenen Gesellschaftsgläubiger die Geltendmachung der von ihnen behaupteten und von der antragstellenden Masseverwalterin im einzelnen dargestellten Ersatzansprüche der AWB gegen den Antragsgegner aus der Zeit seiner Funktionsausübung als Vorstands- und späteres Aufsichtsratmitglied begehrten und ihre Geldforderungsansprüche gegen die AWB in der restlichen Höhe von S 12.929.847,46 feststehen, aber aus der Konkursmasse der AWB nicht befriedigt werden können, wäre zu prüfen, ob und in welcher Höhe der AWB durch ein – in den Fällen des § 84 Abs 3 AktG sogar gröbliches – schuldhaftes pflichtwidriges Verhalten (Handeln oder Unterlassen) des Antragsgegners in Ausübung seiner Funktion als Verwaltungsträger ein Schaden entstanden ist, für den er der Gesellschaft ersatzpflichtig ist. Die Antragstellerin hat aber auch behauptet, daß sie diese Ersatzansprüche der Gesellschaft selbst und ohne Beschränkung auf die Höhe der Forderungen der vom Kreditschutzverband von 1870 vertretenen Gesellschaftsgläubiger geltend mache und von einer Klageführung bisher nur wegen der auf Grund des Eröffnungsbeschlusses des Erstgerichtes bestehenden Prozeßsperre (§ 6 Abs 1 KO) habe absehen müssen. Aus diesem Grunde sind die von der Antragstellerin behaupteten Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen den Antragsgegner ohne Beschränkung auf die Höhe der Forderungen der erwähnten Gesellschaftsgläubiger zu prüfen.

Zunächst ist festzuhalten, daß der Antragsgegner von 1961 bis 20. 12. 1967 Mitglied des Vorstandes der AWB war und seit 21. 12. 1967 Vorsitzender ihres Aufsichtsrates ist.

In erster Linie behauptet die Antragstellerin einen Schaden der AWB, den sie durch den Ausfall der als Sicherheit für die Kreditverbindlichkeiten der sogenannten „nahestehenden Gesellschaften“ bestimmten Verpfändung der Liegenschaft Wien *, erlitten habe und für den sie den Antragsgegner infolge pflichtwidrigen Verhaltens ersatzpflichtig hält.

Die W* W* KG (A 15.043 a des Handelsregisters beim Erstgericht) gehört zu jenen Gesellschaften, von denen der Antragsgegner selbst behauptete (Seiten 453 b, 453 c verso der Akten 25 b Vr 9481/74 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, Band I), daß sie eine der Hauptschuldnerinnen der AWB sei. Aus dem als Beilage R in Band II der eben zitierten Akten erliegenden Protokoll über die 56. Sitzung des Aufsichtsrates der AWB vom 19. 2. 1973 geht hervor, daß der Antragsgegner diese Gesellschaft zu den sogenannten der AWB „nahestehenden Konzernfirmen“ zählte (dem Sitzungsprotokoll als Beilage angeschlossene Liste, Nr. 29) und darunter jene Firmen verstand, „an denen die AWB, Mitglieder des Aufsichtsrates oder des Vorstandes, Aktionäre oder aktienbesitzende Firmen oder deren Gesellschafter direkt oder indirekt beteiligt sind“. Die W* W* KG war und ist in der Tat eine der Hauptschuldnerinnen der AWB: Ihre Verbindlichkeiten gegenüber der AWB aus Kreditgewährungen betrugen zum 31. 12. 1970 S 79,7 Millionen, zum 31. 12. 1971 S 77 Millionen, zum 31. 12. 1972 S 94,9 Millionen, zum 31. 12. 1973 S 115,1 Millionen und zum 24. 11. 1974 S 124,8 Millionen (Gutachten des Sachverständigen DDr. J* G*, Band III der zitierten Akten des Strafverfahrens, Beilage XI, Blatt 11 - 20). In dem beim Erstgericht anhängig gewesenen Konkurseröffnungsverfahren AZ 6 Nc 1008/75 hat der Vertreter dieser Gesellschaft ihre Vermögenslosigkeit zugegeben.

V* K* und Dr. J* S* haben mit dem Schreiben vom 9. 2. 1971 der AWB mit der Erklärung, sich daran bis 28. 2. 1971 gebunden zu erachten, zur Sicherung aller Forderungen und Ansprüche der AWB an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten jeder Art aus dem der W* W* KG gewährten Kredit bis zum Höchstbetrag von S 40 Millionen die Einräumung des Pfandrechtes auf der ihnen damals gehörigen Ligenschaft EZ * des Grundbuches über die Katastralgemeinde * mit dem Grundstück * Baufläche, angeboten und gleichzeitig ihre Einwilligung erteilt, daß auf Grund dieses Schreibens ohne ihr weiteres Einvernehmen und auf ihre Kosten das Pfandrecht zur Sicherstellung der vorbezeichneten Forderung der AWB an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten bis zum Höchstbetrag von S 40 Millionen auf der Liegenschaft EZ * Kat. Gem. * einverleibt werde (Protokolle über die Aussagen der V* K* und der Dr. J* S*, ON 281 S 432 bzw. ON 280 S 427 Band XI und Anlage XIX zu Band VII der Akten der Strafverfahren; Protokoll über die Aussage des Zeugen Dr. Egon Bauer, öffentlicher Notar, S 186 f der Akten 39 a Cg 321/76 des Landesgerichts für ZRS Wien). Die Unterschriften der Anbieterinnen sind am selben Tage von dem öffentlichen Notar Dr. Egon Bauer beglaubigt worden. Die AWB hat mit dem von ihrem damaligen Vorstand S* R* unterfertigten Schreiben vom 10. 2. 1971 – seine Unterschrift ist am selben Tag von dem öffentlichen Notar Dr. Egon Bauer beglaubigt worden –, adressiert an V* K* und Dr. J* S*, die Annahme des Anbots vom 9. 2. 1971 erklärt (Anlage XX zu Band VII der Akten des Strafverfahrens). Diese schriftliche Annahmeerklärung wurde am 10. 2. 1971 von dem Antragsgegner und von S* R* beim öffentlichen Notar Dr. Egon Bauer mit der Erklärung hinterlegt, sie nur ihnen gemeinsam wieder auf ihr Verlangen auszufolgen. Dort befindet sie sich heute noch (Protokoll über die Aussage Dr. Egon Bauer a.a.O.). Dr. Bauer steht zu V* K* und Dr. J* S* in keinem „Vollmachts- oder Treuhandverhältnis“ (derselbe ebendort). Die Antragstellerin hat in dem von ihr gegen V* K* und Dr. J* S* zur AZ 39 a Cg 321/76 des Landesgerichtes für ZRS angestrengten Zivilprozeß, in dem sie Bezahlung von S 20 Millionen samt Zinsen mit der Begründung verlangt, die Beklagten hätten durch den Verkauf der Liegenschaft EZ * KG * an die Zentralsparkasse der Gemeinde Wien die Einverleibung des vereinbarten Pfandrechtes unmöglich gemacht und seien deshalb schadenersatzpflichtig, zwar behauptet, das Annahmeschreiben der AWB vom 9. 2. 1971 sei ihnen rechtzeitig (also vor dem 28. 2. 1971) zugegangen und Dr. Egon Bauer sei ihr Bevollmächtigter gewesen; diese Behauptung ist jedoch nicht bescheinigt worden, sodaß davon ausgegangen werden muß, der Vertrag über die Bestellung der Höchstbetragshypothek ist nicht zustande gekommen.

Bereits in der Erklärung des Antragsgegners vom 5. 3. 1968 betreffend die Übernahme der Ausfallsbürgschaft für die Verbindlichkeiten der Firmen W* W* (damals noch:) Gesellschaft m.b.H. (aus ihr ist durch Umwandlung die W* W* KG am 30. 12. 1970 entstanden: A 15.043 a des Handelsregisters beim Erstgericht) und K* U* Kommanditgesellschaft (A 17.166 desselben Handelsregisters) laut Bilanz 1967 der AWB, wurde unter jenen Vermögenswerten, die zuerst zur Deckung der verbürgten Verbindlichkeiten heranzuziehen seien, u.a. die Liegenschaft Wien *, aufgezählt (S. 153‑157). Der Antragsgegner hat der AWB zu den Bilanzen 1971, 1972 und 1973 jeweils am 7. 3. 1972, bzw. 28. 3. 1973 bzw. 17. 5. 1974 schriftlich erklärt, daß seine am 5. 3. 1968 gegenüber der AWB abgegebene Erklärung betreffend eine Ausfallsbürgschaft auch für diese Jahre und Bilanzen Gültigkeit hätten (Seiten 161, 163, 165). Kommerzialrat L* W*, der als Geschäftsführer die „V*“ Revisions- und Treuhand-Gesellschaft m.b.H. vertrat, die für die Geschäftsjahre der AWB 1966 bis 1972 deren Abschlußprüferin war, hat eine aus den Unterlagen dieser Prüfungsgesellschaft angefertigte Zusammenstellung der Kredite der AWB an „nahestehende Unternehmungen“ und der ihnen dienenden „Sicherheiten“ anläßlich seiner Aussage als Zeuge in dem Strafverfahren gegen den Antragsgegner vorgelegt (Anlagen XL und XLI in Band XII der Akten, ON 310), der zufolge die Liegenschaft * jeweils zum Ende der Kalenderjahre 1967 bis 1972 (mit Wertsteigerungsangaben von 17,5 bis 52,8 Millionen Schilling) ausgewiesen erscheint. Dazu hat Kommerzialrat W* als Zeuge bescheinigt, daß er über die Verpfändung dieser Liegenschaft mit dem Antragsgegner gesprochen hat (S. 308 a.a.O.). Rechtsanwalt Dr. Walter Strigl hat im März 1968 im Auftrag des Vorstandsmitgliedes S* R* unter anderem eine die Liegenschaft Wien *, betreffende Verkaufsvollmacht verfaßt, die der AWB zur Besicherung von Forderungen dienen sollte. Er hat R*, aber auch den Antragsgegner auf die mangelnde Eignung dieser Verkaufsvollmacht als Sicherungsmittel, aufmerksam gemacht, der Antragsgegner antwortete ihm jedoch, daß derartige Vollmachten mit dem Abschlußprüfer ausgehandelt seien und er genau das zur Verfügung stelle, was man von ihm verlange (Protokoll über die Aussage Dris. Strigl am 3. 6. 1975 im Strafverfahren Band VI Seite 241). In der Sitzung der sogenannten „Kreditkommission“ des Aufsichtsrates der AWB am 24. 2. 1971 unter dem Vorsitz des Antragsgegners stand als einziger Punkt jener Teil des Berichtes der Abschlußprüferin („V*“ Revisions- und Treuhand-Gesellschaft m.b.H.) über die Prüfung des Jahresabschlusses und des Geschäftsberichtes der AWB zum 31. 12. 1970, der sich mit den Forderungen gegen die „nahestehenden Unternehmungen“ befaßte, auf der Tagesordnung. Es wurde dabei auch jenes Kapitel des Berichtes „erörtert und diskutiert“, welches sich mit der Besicherung der Forderungen des Bankinstitutes gegen die ihm „nahestehenden Unternehmungen“ beschäftigt (Beilage 7 zu ON 100 in Band III der Akten des Strafverfahrens). In der folgenden Sitzung dieser Kommission am 26. 2. 1971 hat der Vorstand S* R* „ergänzende Erläuterungen“ zu den „Großkrediten“ erstattet und dabei jenes Schriftstück verlesen, das als Beilage 9 zu ON 100 im Band III der Akten des Strafverfahrens aufscheint (Protokoll über die Aussage Dris. F* S* vom 16. 12. 1975, Seite 549 b und 459 b verso ebendort). In diesem Schriftstück ist unter den „Sicherheiten“, die „im Zuge der Prüfung ... besonders kritisch betrachtet“ wurden, auch die Liegenschaft Wien *, angeführt und als „bedeutende Reserve“ für die Sicherheiten der AWB bezeichnet worden (Seite 3). Noch in dem Bericht der Prof. F* Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., der Abschlußprüferin der AWB für das Geschäftsjahr 1973, über die Prüfung des Jahresabschlusses der AWB zum 31. 12. 1973 (Beilage 5) wurde als Sicherheit für die Forderungen der AWB an „nahestehende Unternehmungen“ aus Kreditgewährungen in der Gesamthöhe von S 437.478.631,96 – darunter die Forderung gegen die W* W* KG in der Höhe von S 115.141.290,92 (S 48) – an erster Stelle (Punkt I/1 auf Seite 49) ein Pfandrecht an der Liegenschaft Wien * (EZ * KG *, *gebäude), ausgewiesen und der Verkehrswert der Liegenschaft unter Bezugnahme auf das Schätzungsgutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen für das Realitätenwesen, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater W* H*, vom 23. 3. 1973 mit S 64.240.000,– abzüglich von Veräußerungskosten in der Höhe von S 4 Millionen und einer hypothekarischen Belastung samt Spesen in der weiteren Höhe von S 6.850.000,—, netto also mit S 53.570.000,—, veranschlagt. Tatsächlich war auf der Liegenschaft kein Pfandrecht zugunsten der AWB einverleibt worden. Der Jahresabschluß zum 31. 12. 1973 wurde vom Aufsichtsrat der AWB, dem der Antragsgegner angehörte, geprüft und gebilligt und gemäß § 125 Abs 3 AktG festgestellt. In dem vom Antragsgegner unterfertigten „Bericht des Aufsichtsrates“ hiezu vom „Mai 1974“ (Beilage F zur Niederschrift über die 15. ordentliche Hauptversammlung der AWB vom 22. 5. 1974, Beilage D/6 in Band IX der Akten des Strafverfahrens) heißt es, daß der Aufsichtsrat zum Prüfungsbericht keine Bemerkungen zu machen habe.

Mit dem Schreiben vom 18. 1. 1972 (RZ 4 in Band II der Akten des Strafverfahrens), das von der Wirtschaftspolizei in der Wohnung des Antragsgegners beschlagnahmt wurde, hat der Vorstand S* R* den Antragsgegner darüber informiert, daß Kommerzialrat W*, der Vertreter der damaligen Abschlußprüferin, die im Zuge der Abschlußprüfung eruierten Ziffern „über die Entwicklung der Konzernkredite im Jahre 1971“ mit äußerster Besorgnis wahrgenommen und ausgedrückt habe, daß er „keine Deckung in der Besicherungsweise der der Bank überlassenen Vermögensschaften“ finde; er erwarte, daß man ihm weitere Sicherheiten anbiete, andernfalls könne er die Prüfungsbestätigung nicht erteilen. Tatsächlich hafteten zu dieser Zeit die von der AWB den „nahestehenden Gesellschaften“ gewährten Kredite mit insgesamt rund S 321,5 Millionen aus, darunter S 77 Millionen bei der W* W* KG (Gutachten DDr. G*, Band III ON 401, Seite 907 und die zitierte Zusammenstellung W* Anlage XL in Band XII der Akten des Strafverfahrens). Von den bilanzmäßig ausgewiesenen Krediten der AWB (ohne Zwischenbilanzeinlagen) in der Höhe von S 368.411.300,– entfielen somit 87,3 % auf die sogenannten „nahestehenden Unternehmungen“ (Gutachten DDr. G*, Band I Blatt 114 a.a.O). Die Kredite an die vom Antragsgegner selbst als die „Hauptschuldner“ der AWB bezeichneten und ihm nahestehenden Gesellschaften AG für * KG, P* H* & Co., K* U* KG und W* W* KG (Antragsgegner in Band I S 453 b ff, insbesondere 453 c verso der Akten des Strafverfahrens) betrugen zu dieser Zeit allein S 304,72 Millionen (Gutachten DDr. G* Band III Beilage XI Seite 907 a.a.O). Diese vier Gesellschaften waren also bereits damals (Ende 1971 / Anfang 1972) mit einem Anteil von rund 82,7 % an allen damaligen Krediten der AWB derart bedeutende Schuldner dieser Bank, daß der Besicherung dieser Forderungen entscheidende Bedeutung zukommen mußte. Bis zum 24. 11. 1974, dem Tage vor Eröffnung des Ausgleiches über die AWB, waren die Kredite an die sogenannten „nahestehenden Unternehmungen“ auf S 516.097.500,— angewachsen und betrugen damit 86,2 % aller Kredite dieser Bank (damalige Höhe S 598.341.700,—; Gutachten DDr. G* a.a.O. Band I, S 235), davon entfielen S 486.798 Millionen und damit 81,35 % aller Ausleihungen der Bank an die bereits angeführten vier dem Antragsgegner nahestehenden Gesellschaften (Gutachten DDr. G* Band III Beilage XI Seite 1003 a.a.O.). An der Wichtigkeit der Besicherung dieser Forderungen der AWB hat sich während der ganzen Zeit nichts geändert.

Mit dem Kaufvertrag vom 22. 7. 1975 haben V* K* und Dr. J* S* der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien die Liegenschaft EZ * des Grundbuches über die Katastralgemeinde *, zum Preis von S 45 Millionen verkauft und die Lastenfreistellung der Liegenschaft (von den Hypotheken des Ö* und der E*) übernommen (Akten 39 a Cg 321/76 des Landesgerichtes für ZRS Wien, Kaufvertrag Beilage 7 und übereinstimmendes Vorbringen der Parteien, d.s. die Antragstellerin sowie V* K* und Dr. J* S*). Nach dem Grundbuchstand wurden anläßlich der Einverleibung des Eigentumsrechtes der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien am 28. 7. 1975 Hypotheken über S 10,7 Millionen, die zugunsten des Ö* bestanden (COZ 4, 24, 27, 41) und über weitere S 19,5 Millionen, die zugunsten der E* einverleibt waren (COZ 51), gelöscht. Von diesen Hypotheken waren jedoch jene zugunsten des Ö* über S 2 Millionen (COZ 41) erst am 2. 8. 1971 (TZ 5206/71: auf Grund der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom 27. 7. 1971) und jene zugunsten der E* über S 19,5 Millionen (COZ 51) gar erst am 4. 12. 1974 (TZ 8461/74: auf Grund des Pfandbestellungsanbotes der Eigentümerinnen vom 17. 3. 1972 und der Annahmeerklärung vom 22. 3. 1972) einverleibt worden. Es läßt sich zwar den Akten nicht entnehmen, in welcher Höhe diese Pfandrechte noch durch die zugrunde liegenden Forderungen zum Zeitpunkt der Veräußerung der Liegenschaften an die Zentralsparkasse der Gemeinde Wien bestanden – die reine Buchbelastung daraus betrug S 30,2 Millionen –, berücksichtigt man jedoch, daß im Falle der Verwirklichung des im Feber 1971 vorgesehenen Pfandrechtes der AWB zugunsten ihrer Forderungen gegen die W* W* KG bis zum Höchstbetrag von S 40 Millionen die beiden zuletzt angeführten Pfandrechtsbelastungen COZ 41 und 51 in der Gesamthöhe von S 21,5 Millionen die Befriedigungsmöglichkeiten der AWB nicht hätten beeinträchtigen können, dann kann ein Veräußerungserlös der Liegenschaft von netto rund S 36,3 Millionen veranschlagt werden. Die Antragstellerin hat jedoch in dem beim Landesgericht Wien zur AZ 39 a Cg 321/76 gegen V* K* und Dr. J* S* angestrengten Zivilprozeß die Bezahlung von nur S 20 Millionen (samt Zinsen) mit der Begründung begehrt, aus der Veräußerung der Liegenschaft Wien *, ohne Berücksichtigung der Höchstbetragshypothek, die im Feber 1971 vereinbart worden sei, sei ihr ein Schaden in dieser Höhe entstanden; eine Begründung für die Höhe dieses Schadens wurde nicht angegeben, nur der Angestellte der Antragstellerin (und dortigen Klägerin), Dr. M* S*, hat als Zeuge erläutert, daß dieser Betrag (nämlich S 20 Millionen) nach Befriedigung der pfandrechtlich sichergestellt gewesenen Forderungen voraussichtlich übrig bleiben werde. Es kann deshalb auch hier nur von dem von der Antragstellerin behaupteten Schaden in der Höhe von rund S 20 Millionen ausgegangen werden, der ihr aus der Unterlassung der Verwirklichung des vorgesehenen Pfandrechtes nach dem bis 28. 2. 1971 annahmefähigen Anbot der Liegenschaftseigentümerinnen V* K* und Dr. J* S* vom 9. 2. 1971 infolge der nunmehr feststehenden Uneinbringlichkeit der Forderung gegen die W* W* KG in der Höhe von rund S 115 Millionen erwachsen ist.

Der Antragsgegner ist der Ansicht, daß der ausschließlich für die Geschäftsführung und Vertretung der Aktiengesellschaft zuständige Vorstand die rechtliche Wirksamkeit einer Kreditbesicherung zu beurteilen und ihren Mangel zu verantworten habe. Den Aufsichtsrat, der lediglich Kontrollfunktionen ausübe, könne an dem Mangel einer selbst zum Jahresabschluß ausgewiesenen Sicherheit, hier des angeblichen Pfandrechtes an der Liegenschaft Wien *, kein Vorwurf treffen, denn seine Kenntnisse müßten im Detail nicht soweit reichen, die Intabulationsfähigkeit von Urkunden oder deren Mangel erkennen zu können. Liege eine Billigung des Abschlußprüfers vor, dann könne sich der Aufsichtsrat darauf verlassen, daß der Fachmann die Grundlagen richtig qualifiziert habe. Diesen Standpunkt hat der Antragsgegner auch persönlich bei seiner Vernehmung im Strafverfahren (S 452 in Band I) eingenommen; eine Prüfung der Sicherheiten sei Sache des Wirtschaftsprüfers gewesen, es sei nicht seine, des Antragsgegners Aufgabe gewesen, die juristische „Tätigkeit“ (richtig wohl: Tauglichkeit) dieser Verträge zu prüfen. Diese – unrichtige – Ansicht von seinen Pflichten, die ihn in diesem besonderen Fall trafen, hatte der Antragsgegner schon 1968 gegenüber dem Rechtsanwalt Dr. Walter Strigl zum Ausdruck gebracht, dem er auf den Vorhalt des mangelnden Sicherungscharakters Von Verkaufsvollmachten (u.a. bezüglich des Hauses Wien *) entgegnete, daß derartige Vollmachten mit dem Abschlußprüfer ausgehandelt seien und er genau das zur Verfügung stelle, was man von ihm verlange (Protokoll Seite 242 in Band VI der Akten des Strafverfahrens über die Aussage dieses Rechtsanwaltes).

Die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft hat im Aktiengesetz 1965, das sich hier ganz eng an das Aktiengesetz 1937 anlehnt, nur eine unvollkommene Regelung erfahren, denn die Verweisung des § 99 auf die Vorschrift des § 84 für die Haftung der Vorstandsmitglieder trägt nicht den völlig verschiedenen Aufgaben Rechnung, die den beiden Verwaltungsträgern innerhalb der Aktiengesellschaft zugewiesen sind; die Frage nach Art und Umfang der Haftung der Aufsichtsratsmitglieder kann deshalb nur im Wege der Auslegung der gesetzlichen Vorschriften beantwortet werden, welche die Aufgaben des Aufsichtsrates und seine Stellung im Verhältnis zum Vorstand ordnen (in diesem Sinne Zempelin, Fragen der Aufsichtsratshaftung in ACP 155, 210). Wenn § 84 Abs 1 AktG, auf den § 99 leg. cit. verweist, von der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften „Geschäftsleiters“ spricht, dann muß berücksichtigt werden, daß das geltende Aktiengesetz 1965 – schon wie sein Vorgänger – dem Aufsichtsrat jede geschäftsführende Tätigkeit genommen hat, sodaß der Begriff „Geschäftsleiter“ nicht auf seine eigentliche Funktion paßt. Die Geschäftsleitung ist ausschließlich dem Vorstand zugewiesen. Die Hauptaufgabe der Aufsichtsratsmitglieder ist es, ihre Überwachungspflicht gegenüber der Geschäftsführung des Vorstandes auszuüben (§ 95 Abs 1 AktG), die sich auf die Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu erstrecken hat (Kölner Kommentar zum Aktiengesetz I 1083; Schmid in Großkommentar AktG2 I 654). Sie richtet sich gegen Mängel der Geschäftsführung (Schmid a.a.O. 654); vor allem durch die Verletzung dieser Kontrollpflicht können sich die Mitglieder des Aufsichtsrates ersatzpflichtig machen (Zempelin a.a.O. 212). Sie haften für den Mangel jener Sorgfalt, die man von einem ordentlichen Aufsichtsratsmitglied nach der besonderen Lage des Einzelfalles verlangen kann, d.h. von einem Menschen, der in geschäftlichen und finanziellen Dingen ein größeres Maß an Erfahrung und Wissen besitzt als ein durchschnittlicher Kaufmann (Zempelin a.a.O. 212) und die Fähigkeit hat, schwierige rechtliche und wirtschaftliche Zusammenhänge zu erkennen und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft zu beurteilen (Saage, Der Betrieb, 1973, 116). Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß Art und Maß der Sorgfaltspflicht der Mitglieder des Aufsichtsrates eines Bankunternehmens naturgemäß speziell auf die Sicherung der Forderungen aus der Vergabe von Krediten zur Bewahrung der Bank vor Verlusten ausgerichtet sein muß. Sie sind im besonderen Maß gehalten, bei der Vergabe von Großkrediten welcher Art immer die wirtschaftliche und rechtliche Qualität der Deckung zu prüfen und sich frühzeitig zu vergewissern, ob die Sicherungsgeschäfte rechtswirksam sind und der Bank im Notfall, insbesondere bei Insolvenz des Schuldners, ausreichend Deckung bieten. Auf fehlende juristische Kenntnisse können sich die Mitglieder des Aufsichtsrates hiebei nicht berufen. Es muß von ihnen verlangt werden, daß sie selbst über ausreichende Kenntnisse auf dem Gebiet des Kreditsicherungsrechtes verfügen, die sie befähigen, die in dem betreffenden Bankunternehmen üblichen Deckungsgeschäfte nach ihrer rechtlichen Wirksamkeit und Eignung, dem Bankunternehmen im Notfall ausreichende Deckung zu bieten, beurteilen zu können. In Zweifelsfällen und bei schwierigen – insbesondere vom Gesetz nicht geregelten – Deckungsgeschäften sind sie gehalten, juristische Sachverständige zu Rate zu ziehen (§ 93 Abs 3 AktG), deren Urteil sie soweit entlastet, als ihre besondere Sachkunde reicht (Kölner Kommentar I 1088). In einfachen Fällen, wie etwa bei der Prüfung der obligatorischen Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Pfandbestellungsvertrages hinsichtlich einer Liegenschaft und der sachenrechtlichen Begründung des Grundpfandes durch Intabulation, muß ein ausreichendes eigenes Wissen der Aufsichtsratsmitglieder verlangt werden, andernfalls müßten sie die Annahme dieser Organmitgliedschaft ablehnen. Nur mit den eben aufgezeigten Kenntnissen und Fähigkeiten und erforderlichenfalls durch Beiziehung sachverständigen Rates können die Mitglieder des Aufsichtsrates eine wirksame Kontrolle der Geschäftsführung des Vorstandes in Ansehung der Besicherung gegebener Kredite pflichtgemäß ausüben, dabei festgestellte Mängel durch Ausschöpfung der ihnen zu Gebote stehenden Möglichkeiten alsbald abstellen und daraus für die Gesellschaft drohende Nachteile verhindern. Wenn auch dem Aufsichtsrat als solchem nicht das Recht zusteht, in die eigenverantwortliche Geschäftsführung des Vorstandes durch Weisungen einzugreifen (Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts2 148 für alle), so hat er doch das Recht und auch die Pflicht, Mängel der Geschäftsführung des Vorstandes zu beanstanden und ihm die erforderlichen Ratschläge zu erteilen (in diesem Sinne Kölner Kommentar I 1089). Im allgemeinen wird dies ausreichen, den Vorstand zur Erfüllung seiner Pflichten zu bewegen, insbesondere dann, wenn ihm erkennbar aus der Vernachlässigung pflichtgemäßer Obsorge die Haftung für Schadenersatz droht. Reicht diese Maßnahme des Aufsichtsrates nicht aus, um den gewünschten Erfolg zu erzielen, hat der Aufsichtsrat – wenn dies nicht ohnehin die Satzung zur Pflicht macht – dem Vorstand anzuordnen, bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorzunehmen (§ 95 Abs 5 AktG), damit die Einhaltung der zur einwandfreien Geschäftsabwicklung erforderlichen Maßnahmen, bei Kreditgeschäften insbesondere die Wirksamkeit von Besicherungsgeschäften, gewährleistet ist.

Es ist bereits erwähnt worden, daß der Antragsgegner Doktor der Rechte ist. Die für die Beurteilung der rechtlichen Wirksamkeit eines Pfandbestellungsvertrages und der Begründung einer Hypothek auf einer Liegenschaft erforderlichen einfachen Rechtskenntnisse können deshalb bei ihm vorausgesetzt werden. Sollte er dennoch im Feber diese Kenntnisse nicht – oder nicht mehr – besessen haben, dann hat er diesen Mangel zu verantworten, weil ihm in einem solchen Fall die für die wirksame Ausübung der Überwachungspflicht erforderliche Fähigkeit gefehlt hat. Am 10. 2. 1971 hat er durch rechtswidriges Eingreifen in die Geschäftsführung des Vorstandes S* R* gemeinsam mit diesem die schriftliche Annahmeerklärung des Vorstandes der AWB vom gleichen Tag zu dem Anbot der damaligen Eigentümerinnen der Liegenschaft Wien *, vom 9. 2. 1971, auf dieser Liegenschaft zugunsten der Forderungen der AWB aus Kreditgewährung an die W* W* KG ein Höchstbetragspfandrecht bis zum Betrage von S 40 Millionen zu begründen, bei dem öffentlichen Notar Dr. Egon Bauer mit dem Auftrag hinterlegt, diese Urkunde nur ihm und S* R* auf Verlangen gemeinsam auszufolgen, anstatt pflichtgemäß zu veranlassen, daß der Vorstand die Anbieterinnen innerhalb der Bindungsfrist ihres Anbots, also bis zum 28. 2. 1971, von der Annahme ihres Anbots verständigt und ungesäumt das Höchstbetragspfandrecht durch Verbücherung begründet. Durch den Auftrag an den öffentlichen Notar Dr. Egon Bauer, die erwähnte Urkunde nur ihm und dem Vorstand S* R* gemeinsam auszufolgen, hat der Antragsgegner den Vorstand der AWB von der Möglichkeit der Verbücherung des Höchstbetragspfandrechtes ohne seine Einwilligung praktisch ausgeschlossen und dadurch rechtswidrig in die Geschäftsführung des Vorstandes eingegriffen. Beides, sowohl die Unterlassung der Veranlassung des Zustandekommens des Pfandbestellungsvertages und der ungesäumten Verbücherung der Hypothek durch das dazu erforderliche positive Handeln des Vorstandes als auch der rechtswidrige Eingriff in die Geschäftsführung des Vorstandes durch die Verhinderung der Verbücherung der Hypothek ohne seinen Willen, ist dem Antragsgegner als gröbliche Verletzung der pflichtgemäßen Sorgfalt anzulasten, die er als ordentliches und gewissenhaftes Aufsichtsratsmitglied der AWB hätte anwenden müssen (§§ 99, 84 Abs 5 AktG). Eine Unterlassung der Einverleibung des Pfandrechtes wäre nur dann zu rechtfertigen gewesen, wenn und solange die Voraussetzungen für die Ausnützung einer grundbücherlich angemerkten Rangordnung im Sinne der §§ 53 ff GBG vorhanden waren. Diese Voraussetzungen lagen aber niemals vor.

Besonders schwerwiegend ist bei der Beurteilung der Pflichtverletzung des Antragsgegners, daß er sich zur fraglichen Zeit der hohen Kreditverbindlichkeit der W* W* KG (S 79,7 Millionen) und ihrer schlechten Vermögenslage (bilanzierte Verluste zum 31. 12. 1970, S 2,9 Millionen laut Gutachten DDr. G*, Band III, Beilage XIII, Blatt 13-14 in den Akten des Strafverfahrens) sowie der Notwendigkeit der Besicherung der dieser Firma gewährten Kredite der AWB bewußt gewesen sein muß. Schon mit dem Schreiben des Vorstandes S* R* vom 18. 1. 1972 war er von der Besorgnis des Abschlußprüfers Kommerzialrat W* über die mangelnde Bedeckung der überaus hohen „Konzernkredite“ informiert worden und das Thema der Besicherung dieser Kredite war auch Gegenstand der Sitzungen der Kreditkommission des Aufsichtsrates der AWB vom 24. 2. und vom 26. 2. 1971, bei denen der Antragsgegner den Vorsitz führte. In der zuletzt genannten Sitzung hatte der Vorstand S* R* die Liegenschaft Wien *, als „bedeutende Reserve“ für die Sicherheiten der AWB bezeichnet, sodaß dem Antragsgegner jedenfalls die Notwendigkeit der wirksamen Besicherung der Kredite durch die allein taugliche Begründung eines Pfandrechtes an dieser Liegenschaft bewußt gewesen sein muß. Auf die Untauglichkeit des bloßen Besitzes der Verkaufsvollmacht der damaligen Eigentümer dieser Liegenschaft als Sicherungsmittel hatte Rechtsanwalt Dr. Walter Srigl den Antragsgegner schon im Jahre 1968 aufmerksam gemacht, aber er hatte damals die Verantwortung für diese untaugliche – oder doch nur sehr beschränkt taugliche – Kreditbesicherung mit dem unzutreffenden Hinweis darauf, daß sich der Abschlußprüfer damit begnüge, von sich zu weisen versucht. Der Antragsgegner hat damals schon die selbständige Verantwortung des Aufsichtsrates im Rahmen seiner Überwachungspflicht verkannt, die es ihm nicht gestattet, bei der pflichtgemäßen Wahrung der Gesellschaftsinteressen sich mit den Anforderungen an die Besicherungsmaßnahmen der Geschäftsführung zu bescheiden, welche etwa vom Abschlußprüfer als Voraussetzung für die Erteilung des uneingeschränkten Bestätigungsvermerkes zum Jahresabschluß und Geschäftsbericht (§ 140 AktG) verlangt werden.

Es ist bescheinigt, daß der Pfandbestellungsvertrag nicht zustande gekommen und das beabsichtigte Pfandrecht an der Liegenschaft Wien *, auch nicht verbüchert worden ist, sodaß diese Liegenschaft schließlich an die Zentralsparkasse der Gemeinde Wien verkauft wurde und endgültig als Deckungswert für die nunmehr als uneinbringlich feststehenden Forderungen der AWB gegen die vermögenslose W* W* KG ausfiel. Der Schaden, den die AWB hiedurch erleidet und dessen Höhe bereits oben dargestellt wurde, ist durch das im einzelnen schon hinreichend begründete schuldhafte und pflichtwidrige Verhalten des Antragsgegners in seiner Funktion als Aufsichtsratsmitglied der AWB und des damaligen Vorstandes S* R* verursacht worden, sodaß beide dafür die gesamtschuldnerische Haftung trifft (Kastner a.a.O. 159 für alle).

Diesem Schadenersatzanspruch kann auch nicht die Einrede der Verjährung entgegenstehen.

§ 84 Abs 6 AktG sagt nichts über den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist von 5 Jahren für Ersatzansprüche der Aktiengesellschaft aus Obliegenheitsverletzungen ihrer Verwaltungsträger aus. Nach dem deutschen BGB kommt dafür grundsätzlich der Zeitpunkt der Entstehung des Anspruches in Betracht, wie dies § 198 leg. cit. allgemein in seinem ersten Satz formuliert (so auch Godin-Wilhelmi AktG2 368; Meyer-Landrut in Großkommentar AktG3 I/2 747). Für das österreichische Recht muß infolge des Schweigens des Aktienrechtes und des ihm nahestehenden sonstigen Gesellschaftsrechtes zu dieser Frage auf die grundsätzliche Regel des § 1489 ABGB zurückgegriffen werden, wie der Oberste Gerichtshof bereits einmal ausgesprochen hat (EvBl 1976/66). Die gegenteilige Ansicht, die von Kastner in der Besprechung der Entscheidung EvBl 1976/66 (GesRZ 1975, 106 ff) und in der 2. Auflage seines Grundrisses des österreichischen Gesellschaftsrechtes (S 146) unter Berufung auf Jacobi (WPolBl 1971, Beil. 3-4) geäußert wurde, kann der Oberste Gerichtshof nicht teilen. Jacobi (a.a.O. Seite XLII) hat seine Ansicht, daß es sich um eine rein objektive Verjährungsfrist handle, die unabhängig von der Kenntnis der zur Verfolgung der Ersatzansprüche berufenen Organe ablaufe, nicht begründet. Das Argument Kastners (GesRZ 1975, 106), es müßte, billigte man die Ansicht des Obersten Gerichtshofes und von Losert-Schiemer-Stadler (GMA 11 Anm 22 zu § 84 AktG), daß § 1489 ABGB für den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist anzuwenden sei, dem Gesetzgeber, der das Aktiengesetz 1937 in Österreich eingeführt hat, zugemutet werden, daß er in dieser Beziehung kein einheitliches (Reichs-), sondern ein interlokal verschiedenes Recht beabsichtigt habe, geht an der Tatsache vorbei, daß jedenfalls seit Inkrafttreten des Aktiengesetzes 1965 jede Analogie zum deutschen bürgerlichen Recht ausgeschlossen ist.

Von dem Eintritt des Schadens der Aktiengesellschaft aus dem dafür kausalen rechtswidrigen und schuldhaften Verhalten des Antragsgegners und des damaligen Vorstandes S* R* im Feber 1971 konnte die antragstellende Masseverwalterin als die zur Verfolgung der Ersatzansprüche der gemeinschuldnerischen Aktiengesellschaft berufene Vertreterin erst im Laufe des Rechtsstreites Kenntnis erlangen, den sie zur AZ 39 a Cg 674/75 (nun 12 Cg 236/76) des Landesgerichtes für ZRS Wien gegen V* K* und Dr. J* S* auf Einwilligung in die Einverleibung des Pfandrechtes an der Liegenschaft EZ * des Grundbuches über die KG * angestrengt hatte. In jenem Verfahren ist nämlich erst hervorgekommen, daß der Pfandbestellungsvertrag, der auf Grund der Beurkundung des Anbotes der Liegenschaftseigentümerinnen vom 9. 2. 1971 und der Annahmeerklärung des Vorstandes der AWB vom 10. 2. 1971 zustandegekommen zu sein schien, durch das oben dargestellte rechtswidrige und schuldhafte Verhalten des Antragsgegners und des damaligen Vorstandes S* R* infolge Unterbleibens der rechtzeitigen Zumittlung der Annahmeerklärung an die Anbieterinnen nicht zustande gekommen ist. Damit wurde erst offenkundig, daß die genannte Liegenschaft nicht als Befriedigungsobjekt der AWB für die uneinbringliche Forderung gegen die W* W* KG in Betracht kommen konnte, sodaß die Verjährungsfrist für die Ersatzansprüche erst mit diesem Zeitpunkt zu laufen begann.

Nach dem Inhalt der Akten AZ 25 b Vr 981/74 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, auf die sich die Antragstellerin und der Antragsgegner berufen haben, hat der Antragsgegner zugegeben, daß er der AWB zur Besicherung ihrer Forderungen gegen „nahestehende Unternehmungen“ eine Vollmacht zum Verkauf der Firma G* & Co gegeben hatte (Beilage M zu ON 34 der Strafakten, dto. 9. 2. 1971) und daß er die Firma anfangs 1974 verkauft und den Kaufpreis von S 16 Millionen seinem Privatvermögen einverleibt habe; dazu habe er sich als berechtigt erachtet, weil die AWB von dem ihr eingeräumten Recht zum Verkauf der Firma bis dahin keinen Gebrauch gemacht habe (S. 453 d verso und S 453 verso in Band I). Diese Firma war in den Prüfungsberichten der Abschlußprüfer zu den Jahresabschlüssen und Geschäftsberichten der AWB für die Geschäftsjahre 1968 bis 1972 unter den für die Forderungen der AWB an „nahestehende Unternehmungen“ ausgewiesenen Sicherheiten angeführt gewesen (mit Werten von S 15,7 Millionen für 1968, S 20 Millionen für 1969 und 1970 sowie von S 30 Millionen für 1971 und 1972: Anlage XLI zu ON 310 in Band XII). In dem Bericht der Abschlußprüferin zum Jahresabschluß der AWB zum 31. 12. 1973 (Beilage 5 dieser Akten) wird sie unter Punkt V „Beteiligungen und Firmenwerte“ zur Deckung der Forderungen der AWB gegen „nahestehende Unternehmungen“ auf Seite 52 mit der Beifügung „verkauft, netto S 16 Millionen“ angeführt. Der Jahresabschluß zum 31. 12. 1973 wurde, wie bereits oben ausgeführt worden ist, vom Aufsichtsrat der AWB, dem damals auch der Antragsgegner angehörte, geprüft und genehmigt und gemäß § 125 Abs 3 AktG festgestellt. In dem vom Antragsgegner unterfertigten „Bericht des Aufsichtsrates“ hiezu vom „Mai 1974“ (Beilage F zur Niederschrift über die 15. ordentliche Hauptversammlung der AWB vom 22. 5. 1974, Beilage D/6 in Band IX der Akten des Strafverfahrens) heißt es, daß der Aufsichtsrat zum Prüfungsbericht keine Bemerkungen zu machen habe. Der Antragsgegner hat die Billigung dieses Berichtes auch in seinem Rekurs gegen den Eröffnungsbeschluß des Erstgerichtes ausdrücklich zugegeben (S. 35 dieser Akten). Er hat damit auch anerkannt, daß der Erlös aus dem Verkauf der Firma (oder Firmenbeteiligung) im Sinne der ursprünglichen Besicherungsmaßnahme (Verkaufsvollmacht an die AWB) zum (wirtschaftlichen) Vermögen der AWB gehört. Dementsprechend hat die AWB nun auch den obligatorischen Anspruch gegen ihn, daß er den seinem Privatvermögen einverleibten Veräußerungserlös in voller Höhe zur Bedeckung der Forderungen der AWB gegen die in der Verkaufsvollmacht bezeichneten Firmen (W* W* KG, Aktiengesellschaft für * KG, P* H* & Co. und K* U* KG), die zum 24. 11. 1974 mit insgesamt rund S 467 Millionen aushafteten, an sie bezahle.

In Anbetracht der nach den bisherigen Ausführungen als bescheinigt anzusehenden Verbindlichkeiten des Antragsgegners von insgesamt rund 48,9 Millionen Schilling und ihrem bei der besonderen Sachlage für die Annahme seiner Zahlungsunfähigkeit wesentlichen Verhältnis zu seinem zur Forderungsbefriedigung verfügbaren Vermögen, worauf im folgenden ausführlich eingegangen werden wird, ist es entbehrlich, die Bescheinigung weiterer Forderungen gegen den Antragsgegner nach den Behauptungen der Antragsteller zu prüfen.

Im grundsätzlichen ist dem Antragsgegner jedoch noch zu seiner Ansicht, komplizierte Sachverhalte, die die Haftung eines Aufsichtsratsmitgliedes einer Aktiengesellschaft aus Pflichtverletzungen begründen sollen, eigneten sich nicht zur Bescheinigung daraus abgeleiteter Ersatzansprüche im Konkurseröffnungsverfahren, zu entgegnen:

Es kann nicht auf die Kompliziertheit des Sachverhaltes und auch nicht auf die Schwierigkeit der zu seiner Beurteilung notwendigen Rechtsfindung ankommen; wesentlich ist, daß ein zur rechtlichen Beurteilung ausreichendes Sachverhaltssubstrat den mit der Konkurseröffnung befassten Gerichtsinstanzen zur Verfügung steht. Der Oberste Gerichtshof konnte, soweit die Unterinstanzen nicht die notwendigen tatsächlichen Voraussetzungen für die rechtliche Beurteilung der behaupteten Gläubigerforderungen als bescheinigt angenommen haben, die fehlenden Tatsachengrundlagen dem Inhalt der Gerichtsakten entnehmen, auf die sich der Antragsgegner und die Antragstellerin berufen hatten. Es war deshalb entbehrlich, die Entscheidungen der Unterinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht die Ergänzung des Bescheinigungsverfahrens aufzutragen.

II) Zum Erfordernis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (§ 68 KO):

Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit, der vom Gesetzgeber mit Absicht nicht definiert wurde (Denkschrift 1914 Seite 64), kann nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes richtig nur aus der Teleologie des Insolvenzrechtes verstanden werden. Aufgabe des Konkursrechtes ist es, die individualistisch gestaltete Privatrechtsverfolgung der Exekutionsordnung, bei der Kollisionen mehrerer Gläubiger nach der dinglichen Rangordnung geschlichtet werden, sodaß ein unzureichender Befriedigungsfonds in aller Regel auch zu einer ungleichen, wenn nicht überhaupt völlig einseitigen Gläubigerbefriedigung führt, durch das nach sozialen Gesichtspunkten gestaltete System der gleichmäßigen Befriedigung aller unversicherten (nicht aussonderungs- oder absonderungsberechtigten) Gläubiger aus dem zu diesem Zwecke herangezogenen gesamten exekutionsfähigen Vermögen des Schuldners abzulösen (par condition creditorum). Die Konkursordnung erachtet diesen Grundsatzwechsel mit dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit –der es bei juristischen Personen und Verlassenschaften die Überschuldung wirkungsmäßig gleichstellt (§ 69 KO) – des Schuldners mehrerer Gläubiger geboten, wenn ein auf die Verfahrenseröffnung gerichteter Antrag – von den Ausnahmefällen amtswegiger Eröffnung des Konkurses abgesehen – vorliegt; aus Rechtssicherheitsgründen hat es freilich den Eintritt der Wirkungen des Systemwechsels – von einigen Ausnahmefällen abgesehen – endgültig auf den Zeitpunkt des Anschlages des Eröffnungsediktes an die Gerichtstafel festgelegt (§ 2 KO). Mit dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit besteht für die unversicherten Gläubiger wegen der mit der individualistisch gestalteten Privatrechtsverfolgung verbundenen Gefahr ungleicher, ja sogar völlig einseitiger Forderungsbefriedigung der Anspruch auf gleichmäßige Forderungsbefriedigung aus dem gesamten exekutionsfähigen Vermögen des Schuldners. Wenn das Gesetz diese Gefahr und den deshalb als notwendig anerkannten Grundsatzwechsel für die Verfolgung der Gläubigeransprüche nur bei juristischen Personen und Verlassenschaften auch auf den Zeitpunkt des Eintrittes der Überschuldung festlegt und die bloße Überschuldung der natürlichen Person dafür nicht als ausreichend erachtet, so liegt die Rechtfertigung für diese differenzierte Behandlung darin, daß die persönliche Leistungsfähigkeit der natürlichen Person (ihre Arbeitskraft und geschäftliche Tüchtigkeit) bei der Beurteilung der Befriedigungsaussichten der Gläubiger eine wesentliche Rolle spielen kann, während die Zahlungsfähigkeit von juristischen Personen und Verlassenschaften ausschließlich auf ihrem Aktivvermögen beruht, sodaß bei ihrer Überschuldung der sichere Eintritt ihrer Zahlungsunfähigkeit anzunehmen ist (zutreffend Bartsch, Grundriß des Ausgleichs- und Konkursrechtes2 10 Punkt 30). Das Gericht zweiter Instanz hat deshalb mit Recht die Ansicht ausgesprochen, daß bei natürlichen Personen die bloße Überschuldung allein nicht Konkurseröffnungsgrund sein kann, weil sie nicht auch schon die Zahlungsunfähigkeit mit sich ziehen muß. Richtet man jedoch den Begriff der Zahlungsunfähigkeit auf den dargelegten Konkurszweck aus, dann kommt der Überschuldung auch der natürlichen Person für den Schluß auf ihre Zahlungsunfähigkeit sehr wesentliche Bedeutung zu: Wenn nämlich aus dem Verhältnis der verfügbaren Mittel des Schuldners – zu denen in der Regel seine persönliche Leistungskraft, aber auch sein Kredit zu zählen sind – zur vorhandenen Schuldenbelastung nach der allgemeinen Lebenserfahrung angenommen werden muß, daß er seine Verbindlichkeiten gegenüber fordernden Gläubigern in absehbarer Zeit nicht wird erfüllen können, weil als Deckungsfonds im wesentlichen nur sein vorhandenes Aktivvermögen in Betracht zu ziehen ist, dann muß, vom Konkurszweck her gesehen, die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners angenommen werden.

Die aufgezeigten Voraussetzungen für die Annahme seiner Zahlungsunfähigkeit liegen beim Antragsgegner vor:

Es sind Forderungen der Gläubiger in einer Höhe von rund S 48,9 Millionen bescheinigt.

Der Antragsgegner ist 74 Jahre alt (S. 451 Band I der Akten des Strafverfahrens) und infolge schweren Siechtums dauernd betreuungs-, pflege- und (ärztlich) behandlungsbedürftig; nach den Angaben seines behandelnden Arztes Dozent Dr. W* B* vom 19. 1. 1977 und 1. 3. 1977 (Befunde, die in den Prozeßakten des Landesgerichtes für ZRS Wien, AZ 39 f Cg 722/75, S. 227 f erliegen) ist er infolge einer schweren degenerativen Herzerkrankung mit angina pectoris und latenter Herzmuskelschwäche ständig vom Versagen des Herzens bedroht; das Herzversagen kann ungeachtet der Einpflanzung eines Herzschrittmachers nur mehr medikamentös verzögert werden. Er ist also offenkundig nicht mehr arbeitsfähig.

Der Antragsgegner hat zwar zur Abwendung der Konkurseröffnung dem Erstgericht unter Berufung auf § 167 KO für den Fall der Annahme des Bestandes der Forderung der Ärztekammer für Wien die Beibringung einer Sicherstellung dieser Forderung nach den Vorschriften des ABGB (§ 1373) durch Erlag einer Barkaution oder Stellung tauglicher Bürgen angeboten, er ist aber tatsächlich diesem Anbot nicht nachgekommen und er hat auch gar nicht den Versuch unternommen, Behauptungen über seine etwaige, ungeachtet seiner schlechten persönlichen und wirtschaftlichen Lage fortbestehende Kreditwürdigkeit (etwa durch Garantien, Bürgschaften oder Pfandbestellungen Dritter) aufzustellen und zu bescheinigen, sondern sich vielmehr mit der unsubstantiiert und unbescheinigt gebliebenen Behauptung begnügt, er sei zahlungsfähig. In Anbetracht der ungewöhnlich hohen Summe der bescheinigten Verbindlichkeiten und der infolge seines schweren Siechtums bestehenden Hoffnungslosigkeit, daß er durch seine persönliche Leistungskraft zur Abdeckung der Forderungen seiner Gläubiger aus den Früchten seiner Arbeit werde beitragen können, wäre der Antragsgegner verpflichtet gewesen, durch Offenlegung seiner gesamten Vermögensverhältnisse an Hand eines Planes darzulegen, auf welche Weise er die bescheinigten Verbindlichkeiten durch die Mobilisierung seines Vermögens und die Ausnützung seiner etwa noch fortbestehenden Kreditwürdigkeit in absehbarer Zeit tilgen könnte, weil die Gläubiger nur in den vorhandenen Vermögenswerten Deckung für ihre Forderungen finden können. Die Befriedigungserwartungen der Gläubiger können sich bei den vorliegenden Verhältnissen nur auf das dem Antragsgegner zur Verfügung stehende Vermögen stützen, ihre Lage gleicht somit jener der Gläubiger einer juristischen Person oder einer Verlassenschaft. Vom Konkurszweck her gesehen muß deshalb die Zahlungsunfähigkeit des Antragsgegners nach dem Verhältnis seines verfügbaren Vermögens zur vorhandenen Schuldenbelastung beurteilt werden.

Der Antragsgegner hat in dem gegen ihn beim Landesgericht für Strafsachen Wien anhängigen Strafverfahren 25 b Vr 9481/74 sein Vermögen mit nur S 5 Millionen angegeben (Band I S 451). Selbst wenn man aber noch von Amts wegen seine aus den Akten und dem Handelsregister Wien (A 19.335) ersichtliche Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter der A* OHG berücksichtigen will, die in dem Bericht der Abschlußprüferin Prof. F* Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. über die Prüfung des Jahresabschlusses der AWB zum 31. 12. 1973 (Beilage 5) bei der Aufzählung der zur Deckung der Forderungen der AWB gegen „nahestehende Unternehmungen“ dienenden Vermögenswerte (Punkt V Z 3, S. 52) mit 45 Millionen Schilling bewertet wurde, ist für den Antragsgegner nichts gewonnen. Er hat in seinem Rekurs (S. 35) gegen den Eröffnungsbeschluß zugegeben, daß der Aufsichtsrat diesen Prüfungsbericht des Abschlußprüfers gebilligt und er selbst, in seiner Funktion als Vorsitzender des Aufsichtsrates, die entsprechende Erklärung darüber (Beilage 6) unterfertigt hatte. Es ist gleichgültig, auf Grund welches Vertrages zwischen ihm und der AWB auch immer die Aufnahme des Wertes seiner Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter der A* OHG unter die Sicherungsmittel der AWB zur Deckung ihrer Forderungen gegen die sogenannten „nahestehenden Unternehmungen“ geschehen ist, denn er hat sie jedenfalls in der aufgezeigten Form schlüssig genehmigt. Es ist auch nicht bekannt, ob der Gesellschaftsvertrag der A* OHG oder eine entsprechende einhellige Zustimmung der übrigen Gesellschafter dem Antragsgegner das Recht einräumte, seinen Gesellschaftsanteil zugunsten der AWB zu verpfänden oder ihr ins Sicherungseigentum zu übertragen; dies wäre nämlich entgegen der gesetzlichen Regel (Art 7 Nr 10 Abs 1 und Nr 11 der 4. EVzHGB), die anerkanntermaßen nicht zwingend ist (Hueck, Das Recht der OHG4 395 f; Westermann, Handbuch der Personengesellschaften I RdZ 934; SZ 24/251; 5 Ob 308, 309/76), mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter oder nach dem Gesellschaftsvertrag durchaus zulässig. Selbst wenn der Antragsgegner aber dabei rechtswidrig und im Verhältnis zur Gesellschaft ohne rechtliche Wirkung vorgegangen sein sollte – dafür spricht seine Angabe S 39 AZ 6 Nc 1061/75, daß er über seine Beteiligung bei dieser OHG erst nach Rücksprache mit seinem Gesellschafter G* verfügen könne, sowie die Darlegung des Sachverständigen DDr. G* in seinem Gutachten im Strafverfahren, ON 401, Band II, 471, der Gesellschafter G* habe erklärt, er hätte bei Kenntnis des Vorganges „Einspruch“ gegen die Sicherungsabtretung des Anteiles des Antragsgegners erhoben –, so ist im vorliegenden Fall doch immerhin im Wege der Umdeutung (Konversion) eine Verinbarung über die sicherungsweise Abtretung der aus der Mitgliedschaft des Antragsgegners erfließenden vermögensrechtlichen Ansprüche auf Gewinn und vor allem auf das Auseinandersetzungsguthaben im Falle der Auflösung der Gesellschaft bzw. auf das Abschichtungsguthaben im Falle der Fortsetzung der Gesellschaft durch die übrigen Gesellschafter oder der Übernahme des Unternehmens durch den allfälligen einzigen weiteren Gesellschafter anzunehmen, denn es muß unterstellt werden, daß diese Art der Besicherung der AWB der Absicht der Vertragspartner eher entsprochen hat als die völlige Unwirksamkeit der vereinbarten und für die Sicherung der Forderungen der AWB gegen die „nahestehenden Unternehmungen“ auch notwendigen vermögensrechtlichen Deckung (Fischer in Großkommentar HGBII/1, 111; Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts4 I 125 f). Damit steht aber fest, daß jedenfalls jener Vermögenswert, der sich aus der Beteiligung des Antragsgegners als persönlich haftender Gesellschafter an der A* OHG mit Rechtswirkung gegen die anderen Gesellschafter zulässigerweise verwerten läßt, worüber also auch ohne die vertragliche Bindung mit der AWB der Antragsgegner selbst rechtswirksam verfügen könnte, wirtschaftlich nicht seinem Vermögen zugerechnet werden darf und deshalb auch nicht bei der Berechnung der Aktiven veranschlagt werden kann, die zu den bestehenden Verbindlichkeiten in Relation zu setzen sind, weil die obligationenrechtliche Bindung dieses Aktivvermögensbestandteiles – ob die vertragliche Besicherung auch sachenrechtliche Wirkungen herbeigeführt hat, sodaß die Antragstellerin im Konkurs als Absonderungsgläubigerin zu behandeln wäre, muß nach dem diesbezüglich nicht zur rechtlichen Beurteilung ausreichenden Sachverhaltssubstrat offen bleiben – für bescheinigte Forderungen der AWB gegen die sogenannten „nahestehenden Unternehmungen“ in der Höhe von mehr als S 400 Millionen besteht, also nicht für Forderungen der AWB gegen ihn selbst.

Aus den Prozeßakten 39 a Cg 321/76 des Landesgerichtes für ZRS Wien, betreffend die Klage der Antragstellerin gegen den Antragsgegner, V* K* und Dr. J* S* auf Einwilligung in die Einverleibung der Pfandrechte zur Sicherstellung aller Forderungen, die die AWB gegenüber der K* U* KG an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten zustehen, u.zw. ob der Liegenschaft EZ * des Grundbuches über die KG L* bis zum Höchstbetrag von S 2 Millionen und ob der Liegenschaft EZ * desselben Grundbuches bis zum Höchstbetrag von S 1 Million, ergibt sich ferner, daß der Antragsgegner an der erstgenannten Liegenschaft zu 35/200 Anteilen und an der zweitgenannten Liegenschaft zu 7/60 Anteilen Miteigentümer ist (S. 2 und 12 der Prozeßakten). Diese beiden Liegenschaften erscheinen in dem bereits wiederholt zitierten und vom gesamten Aufsichtsrat der AWB genehmigten Bericht der damaligen Abschlußprüferin Prof. F* Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. über die Prüfung des Jahresabschlusses der AWB zum 31. 12. 1973 bei der Aufzählung der zur Deckung der Forderungen der AWB gegen „nahestehende Unternehmungen“ dienenden Vermögenswerte (Punkt I Z 3 bzw. 4 der Beilage 5) mit Bewertungen von S 2 Millionen bzw. S 1 Million auf. Tatsächlich liegen dieser Veranschlagung die Beurkundungen des Verpfändungsanbots der Liegenschaftseigentümer vom 9. 2. 1991 und der Annahmeerklärung des damaligen Vorstandes der AWB vom 10. 2. 1971 zugrunde (Anlagen XXIII und XXV zur ON 310 in Band XII der Akten des Strafverfahrens 25 b Vr 9481/74 beim Landesgericht für Strafsachen Wien). Da der Antragsgegner in seinem Rekurs gegen den Eröffnungsbeschluß auf Seite 35 zugab, daß der Aufsichtsrat den vorgenannten Prüfungsbericht des Abschlußprüfers (Beilage 5) gebilligt und er selbst die entsprechende Erklärung darüber (Beilage 6) unterfertigt hat, wurde die beurkundet erscheinende Verpfändungsvereinbarung jedenfalls in Ansehung der dem Antragsgegner gehörenden Liegenschaftsanteile auch schlüssig genehmigt. Die Verbindlichkeiten der K* U* KG, für welche die angeführten Liegenschaftsanteile nach der Vereinbarung zwischen der AWB und dem Antragsgegner haften sollen, sind mit S 178,36 Millionen zum 31. 12. 1973 ausgewiesen. Ohne Konkurseröffnung über das Vermögen des Antragsgegners wären die Liegenschaftsanteile des Antragsgegners zugunsten dieser ausgewiesenen Forderung der AWB gegen die K* U* KG vertraglich gebunden, also für Forderungen, die bei der Prüfung der Verbindlichkeiten des Antragsgegners im Konkurseröffnungsverfahren gar nicht veranschlagt sind. Der Wert dieser Liegenschaftsanteile kann infolge der vertraglichen Bindung gegenüber der AWB bei der amtswegigen Ermittlung des den Forderungen gegenüberzustellenden Vermögens des Antragsgegners nicht berücksichtigt werden, er fiele aber infolge der relativen Geringfügigkeit (35/200 von S 2 Millionen bzw. 7/60 von 1 Million) ohnedies nicht mehr ins Gewicht.

Den Gläubigern steht demnach – nach der Aktenlage – im wesentlichen nur das vom Antragsgegner einbekannte Aktivvermögen von angeblich S 5 Millionen zur Deckung ihrer Forderungen in der Höhe von rund S 48,9 Millionen zur Verfügung.

Aus den dargelegten Erwägungen muß deshalb die Zahlungsunfähigkeit des Antragsgegners angenommen werden.

III) Zum Erfordernis der Gläubigermehrheit:

Schon aus den Darlegungen zur Antragslegitimation ist die Erfüllung dieser von der Konkursordnung auf dem Umweg über die Aufzählung des Mangels als eines Konkurshindernisses (§ 73 Abs 1 KO) geforderten Eröffnungsvoraussetzung zu entnehmen: Sowohl die Antragstellerin als auch die Ärztekammer für Wien sind als ihre Forderungen verfolgende (sogenannte „andrängende“) Gläubiger im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes anzusehen. Zwei Gläubiger, die ihre Forderungen aktiv verfolgen, stellen darnach bereits eine Gläubigermehrheit dar (JBl 1969, 508 u.v.a., zuletzt JBl 1977, 209 ff); diese Auffassung ist deshalb gerechtfertigt, weil schon bei zwei Gläubigern die Wahrung der par conditio creditorum in dem zu Punkt II oben dargelegten Sinne zur Vermeidung der Nachteile der individualistischen Privatrechtsverfolgung geboten sein kann. Es ist deshalb nicht notwendig, auf die von der Antragstellerin in erster Instanz als Gläubigerin genannte U* B* (S. 13) und auf die in ihrem Revisionsrekurs aufgezählten weiteren angeblichen Gläubiger (Punkt III: K* W*, D* AG, E*, I* S*) einzugehen.

Aus all den dargelegten Erwägungen ist in Stattgebung der Revisionsrekurse der Antragstellerin und der Ärztekammer für Wien der Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

 

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte