OGH 3Ob53/77

OGH3Ob53/7724.5.1977

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Winkelmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Kinzel, Dr. Reithofer, Dr. Stix und Dr. Schubert als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei minderjähriger L*, geb. * 1971, vertreten durch die besondere Sachwalterin C*, diese vertreten durch Dr. Ernst Stühlinger, Rechtsanwalt in Oberpullendorf, wider die verpflichtete Partei G*, Pensionist, *, vertreten durch Dr. Anton Schleicher, Rechtsanwalt in Oberpullendorf, wegen Unterhalt, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt als Rekursgerichtes vom 3. März 1977, GZ R 53/77‑10, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Oberpullendorf vom 10. Februar 1977, GZ E 1910/76‑7, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0030OB00053.77.0524.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

 

Begründung:

Die betreibende Gläubigerin führt gegen den Verpflichteten, ihren väterlichen Großvater, zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstandes von S 900,-- und der ab 1. 8. 1976 fälligen Unterhaltsbeiträge von je S 900,-- monatlich, Exekution auf die dem Unterhaltsschuldner gegen die Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft in * zustehenden Pensionsbezüge. Mit Beschluß vom 10. 2. 1977, ON 7, erhöhte das Erstgericht den in der Exekutionsbewilligung mit S 2.185,-- festgesetzten Freibetrag auf Antrag des Verpflichteten auf S 2.500,-- monatlich. Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß über Rekurs der betreibenden Gläubigerin dahin ab, daß es den Antrag des Verpflichteten auf Erhöhung des Freibetrages abwies. Die Rekursentscheidung wurde dem Verpflichteten am 22. 3. 1977 – durch postamtliche Hinterlegung – zugestellt. Am 28. 3. 1977 beantragte der Verpflichtete die Bewilligung der Verfahrenshilfe im vollen Umfange, da er beabsichtige, gegen diese Rekursentscheidung ein Rechtsmittel zu ergreifen. Der diesem Antrag stattgebende Beschluß des Erstgerichtes vom 28. 3. 1977, ON 12, wurde dem dem Verpflichteten beigegebenen Rechtsanwalt Dr. Anton Schleicher am 14. 4. 1977 zugestellt. Dieser überreichte am 21. 4. 1977 den Revisionsrekurs ON 14. Gleichzeitig legte er einen vom Verpflichteten selbst verfaßten und am 28. 3. 1977 beim Erstgericht eingebrachten Rekurs vor. Nach der Aktenlage wurde dem Verpflichteten kein Verbesserungsauftrag erteilt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die Ausführungen des vom Verpflichteten am 28. 3. 1977 überreichten Rekurses richten sich hauptsächlich gegen die vom Pflegschaftsgericht (Titelgericht) gefaßten Beschlüsse und von diesem geschaffenen Exekutionstitel. Der Verpflichtete ist nach seinen Rekursausführungen offenbar der Auffassung, daß er zur Unterhaltsgewährung an die betreibende Gläubigerin überhaupt nicht verpflichtet sei, weil er kein Vermögen und außer der gepfändeten Pension auch kein Einkommen besitze, und daß zur Unterhaltsleistung die Mutter des Kindes heranzuziehen wäre. Er stellte daher den Antrag, sämtliche Beschlüsse – gemeint sind offensichtlich die Beschlüsse des Pflegschaftsgerichtes – und Exekutionen außer Kraft zu setzen und ein neues Verfahren einzuleiten. Die Rekursausführungen lassen mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, daß sich der Verpflichtete auch durch die Abweisung seines Antrages auf Erhöhung des Freibetrages nach § 6 LohnPfG beschwert erachtet und die Wiederherstellung des erstrichterlichen Beschlusses anstrebt, weil der in der Exekutionsbewilligung festgesetzte Freibetrag nach seiner Ansicht für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehefrau nicht ausreiche. Der vom Verpflichteten selbst verfaßte und innerhalb der Rekursfrist überreichte Schriftsatz genügte daher den Inhaltserfordernissen eines Revisionsrekurses, litt aber am Mangel der Unterschrift eines Rechtsanwaltes (§§ 520 Abs 1 ZPO und 78 EO). Das Erstgericht hätte daher nach §§ 84, 85 ZPO vorzugehen gehabt. Die Zurückstellung des wegen dieses Formgebrechens verbesserungsbedürftigen Schriftsatzes hätte durch richterlichen Beschluß erfolgen müssen (Fasching II S. 552). Ein solcher Beschluß wäre dem Verpflichteten in schriftlicher Ausfertigung zuzustellen gewesen (§ 427 Abs 1 ZPO). Der Einleitung eines Verbesserungsverfahrens bedarf es allerdings nicht mehr, wenn die Partei das ihrem Schriftsatz anhaftende Formgebrechen bereits von sich aus beseitigt hat. Mangels eines Verbesserungsauftrages wurde keine Verbesserungsfrist in Lauf gesetzt. Die verbesserungsbedürftige Rekursschrift verhinderte daher zunächst den Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses vom 10. 2. 1977 (ON 7). Da in der Folge und vor Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses ON 7 dem Verpflichteten die Verfahrenshilfe bewilligt und ihm gemäß § 64 Abs 1 Z 3 ZPO ein Rechtsanwalt beigegeben wurde, konnte die notwendige und mangels eines Verbesserungsauftrages an keine Frist gebundene Verbesserung auch durch den kraft Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt erfolgen (vgl 5 Ob 271/70). Zu einer Verlängerung der Rekursfrist kam es mangels der Voraussetzungen des § 521 Abs 3 ZPO allerdings nicht, weil nach Lehre (Fasching IV S. 423 Anm 4 zu § 521 ZPO und Ergänzungsband 1974 S. 54 Anm 6 zu § 464 Abs 3 ZPO) und Rechtsprechung (RZ 1976/29 EvBl 1975, 92, SZ 42/74 u.a.) der § 464 Abs 3 ZPO im Rekursverfahren gegen Beschlüsse der Bezirksgerichte nicht anwendbar ist, eine Unterbrechung der Rekursfrist hier also selbst dann nicht eintritt, wenn das Erstgericht, ungeachtet der Möglichkeit des Protokollarrekurses nach § 520 Abs 1 ZPO einer die Verfahrenshilfe genießenden oder rechtzeitig beantragenden Partei einen Rechtsanwalt zur Abfassung oder Unterfertigung eines schriftlichen Rekurses beigestellt hat. Das spielt jedoch im vorliegenden Fall keine Rolle, da die am 28. 3. 1977 eingebrachte Rekursschrift durch Überreichung eines neu verfaßten Schriftsatzes unter Anschluß des verbesserungsbedürftigen Schriftsatzes verbessert wurde, ehe dem Verpflichteten überhaupt ein Verbesserungsauftrag erteilt worden war. Da der vom Anwalt verfaßte und unterfertigte Schriftsatz ON 14 vom verbesserungsbedürftigen Schriftsatz des Verpflichteten inhaltlich nicht wesentlich abweicht, liegt kein zweiter – unzulässiger – Revisionsrekurs vor. Im übrigen würde im Rekursverfahren auch die inhaltliche Verbesserung durch nachträgliche Ausführung weiterer Rekursgründe die sachliche Erledigung des Rekurses nicht hindern (vgl. RZ 1966 S. 147). Die Unterfertigung des Schriftsatzes vom 28. 3. 1977 durch den Rechtsanwalt war in einem Fall wie dem vorliegenden nicht erforderlich (RZ 1966 S. 147, SZ 41/18 u.a.). Es liegt somit nur ein Revisionsrekurs vor, der einer meritorischen Erledigung zuzuführen ist.

Dem Verpflichteten ist, wie das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat und auch der Revisionsrekurs einräumt, nach § 6 LohnPfG vom gepfändeten Einkommen nur so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflicht benötigt. Darauf hat das Erstgericht aber bereits dadurch Bedacht genommen, daß es den Freibetrag in der Exekutionsbewilligung entgegen dem Antrag des betreibenden Gläubigers mit S 2.185,-- festgesetzt hat. Es ist dem Rekursgericht beizupflichten, daß eine Erhöhung der Pension des Verpflichteten allein die Erhöhung des Freibetrages nicht zu rechtfertigen vermag. Sonstige Änderungen der für die Bemessung des Freibetrages maßgeblichen Verhältnisse wurden nicht behauptet. Der Verpflichtete hat insbesondere nicht vorgebracht, daß sich seine Bedürfnisse erst nachträglich durch eine schwere Erkrankung vermehrt hätten. Auf die Frage, ob der Verpflichtete zur Unterhaltsgewährung überhaupt verpflichtet ist, kann im Rahmen des Exekutionsverfahrens nicht eingegangen werden.

Der Revisionsrekurs erweist sich daher als unberechtigt, sodaß ihm der Erfolg zu versagen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO und 78 EO.

 

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