European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0010OB00571.77.0427.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte und Gegner der gefährdeten Partei hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Begründung:
Die Ehe der Streitteile wurde aus dem gleichteiligen Verschulden beider Ehegatten rechtskräftig geschieden. Die klagende und gefährdete Partei (im folgenden: Klägerin) erhob das Klagebegehren, den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei (im folgenden: Beklagter) ab dem 1. 1. 1976 zur Bezahlung einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 3.000,— zu verpflichten. Darüber hinaus begehrte sie die Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit gleichem Inhalt. Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Beschluß des Erstgerichtes vom 30. 1. 1976 (ONr. 5 d.A.) wurde der Klägerin antragsgemäß ab 1. 1. 1976 ein einstweiliger Unterhalt von monatlich S 3.000,– zuerkannt. Die Klägerin beantragte darüber hinaus mit dem am 9. 8. 1976 beim Erstgericht eingelangten Antrag den Zuspruch eines weiteren einstweiligen Unterhaltes von monatlich S 3.000,— zur Deckung der Kosten für ärztliche Versorgung und Medikamente. Das Erstgericht trug dem Beklagten auf, der Klägerin bis auf weiteres über den bereits zugesprochenen monatlichen einstweiligen Unterhalt von S 3.000,— hinaus ab sofort einen weiteren monatlichen Unterhaltsbetrag von S 3.000,— zu bezahlen.
Der Erstrichter nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:
Die Klägerin ist zufolge körperlicher Gebrechen nicht imstande, selbst für ihren Unterhalt zu sorgen; Kinder oder Eltern, die einen Unterhalt für sie leisten könnten, sind nicht vorhanden. Der Bedarf der Klägerin an Arzt‑ und Medikamentenkosten beträgt jedenfalls S 3.000,— monatlich, dürfte jedoch sogar um einiges höher liegen. Eine Krankenversicherung, die diese Kosten ganz oder teilweise abdecken würde, ist nicht vorhanden. Der Beklagte hat zum Unterhalt des ehelichen Kindes der Streitteile einen monatlichen Betrag von S 3.000,— zu bezahlen. Er bezieht aus dem Betrieb einer Apotheke und der Verpachtung einer Drogerie in Seefeld ein monatliches Nettoeinkommen von S 16.000,–.
Bei dieser Sachlage erachtete der Erstrichter die Gewährung eines weiteren einstweiligen Unterhaltes im Betrag von S 3.000,– gemäß § 68 EheG als angemessen.
Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs des Beklagten teilweise Folge und änderte die angefochtene Entscheidung des Erstrichters dahin ab, daß die Klägerin angewiesen wurde, binnen eines Monats nach Zustellung der Entscheidung nachzuweisen, daß sie zur Geltendmachung des erhobenen Anspruchs die Klage bei Gericht eingebracht hat. Die einstweilige Verfügung wurde bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den in der einzubringenden Klage geltendzumachenden Anspruch, längstens aber bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens 13 C 2/76 bewilligt. Im übrigen blieb dem Rekurs der Erfolg versagt.
Das Rekursgericht billigte die Annahme des Erstrichters, daß der Beklagte ein monatliches Nettoeinkommen von S 16.000,— bezieht. Zum Einwand des Beklagten, das Pachtverhältnis hinsichtlich der Drogerie sei mit 1. 11. 1976 aufgelöst worden, nahm es dahin Stellung, daß der Beklagte unzweifelhaft diese Drogerie wieder verpachten und die gleichen Einnahmen wie bisher erzielen könne. Rechtlich führte das Rekursgericht aus, nach § 68 EheG sei Unterhalt nach Billigkeit zuzusprechen. Der Unterhalt, der der Klägerin auf Grund der in Rechtskraft erwachsenen einstweiligen Verfügung vom 30. 1. 1976 (ONr. 5 d.A.) zugesprochen wurde, sei so niedrig, daß er das Existenzminimum nur geringfügig übersteige. Der zusätzlich zugesprochene einstweilige Unterhalt reiche nicht oder gerade noch dazu aus, die Arzt- und Medikamentenkosten der Klägerin zu decken. Ein Betrag von S 6.000,– monatlich entspreche sowohl der Leistungsfähigkeit des Beklagten als auch dem Billigkeitsgebot des § 68 EheG. Gemäß § 391 Abs 2 EO sei jedoch eine angemessene Frist für die Einbringung der Rechtfertigungsklage zu setzen gewesen. Da nicht feststehe, ob die Klägerin diesem Auftrag durch Einbringung einer neuen Klage oder durch Klagsausdehnung im bereits eingeleiteten Verfahren nachkommen werde, sei die Dauer, für die die einstweilige Verfügung bewilligt werde, neu zu formulieren gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten, dem jedoch Berechtigung nicht zukommt.
Der Rekurswerber führt aus, bei dem gemäß § 68 EheG zu bestimmenden Unterhalt dürfe es sich nur um einen Beitrag zum Unterhalt, sohin um einen bescheidenen Teil des an sich erforderlichen standesgemäßen Unterhalts handeln. Die Vorinstanzen seien zu Unrecht davon ausgegangen, daß ihm als Apotheker und aus der Verpachtung einer Drogerie Einkünfte in Höhe von S 16.000,— monatlich zufließen. Tatsächlich bestehe für ihn keine Möglichkeit mehr, die Drogerie in Seefeld nach dem Ablauf des Pachtvertrages mit 1. 11. 1976 zu verpachten, weil die Konkurrenzverhältnisse in Seefeld einen rentablen Betrieb der Drogerie nicht zuließen. Es sei daher richtigerweise von einem monatlichen Nettoeinkommen von nur S 8.000,— auszugehen. Bei dieser Sachlage entspreche aber unter Bedachtnahme auf seine Unterhaltspflicht für ein minderjähriges eheliches Kind der ihm auferlegte Unterhaltsbetrag nicht seiner Leistungsfähigkeit. Darüber hinaus habe das Rekursgericht das Begehren der Klägerin überschritten, wenn es von Amts wegen ohne darauf abzielenden Antrag der Klägerin für die Einbringung der Rechtfertigungsklage eine Frist gesetzt habe.
Zu diesen Ausführungen ist zunächst zu bemerken, daß es sich bei dem gemäß § 68 EheG zu bestimmenden Unterhalt um einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch handelt (3 Ob 176/56, 7 Ob 615/76); dieser Anspruch kann, wie die Neufassung des § 382 Z 8 EO durch das Bundesgesetz vom 1. 7. 1975, BGBl Nr 412 über die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe im Sinne der Rechtsprechung (vgl. SZ 43/77) klargestellt hat, durch eine einstweilige Verfügung gesichert werden. Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist freilich eine Anfechtung der Entscheidung zweiter Instanz ausgeschlossen, soweit Verfahren und Entscheidung die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche zum Gegenstand hat. Die Rechtsmittelbeschränkung gilt auch für eine einstweilige Verfügung, mit der ein gesetzlicher Unterhalt vorläufig bemessen wird. Zur Bemessung gehört die Beurteilung der Frage der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (JB 60 neu = SZ 27/177 u.v.a.). Demzufolge ist aber die Frage, welche Einkünfte dem Beklagten zur Verfügung stehen, und in welcher Höhe demgemäß ein Unterhaltsanspruch der Klägerin nach § 68 EheG gerechtfertigt ist, der Kognition des Obersten Gerichtshofes entzogen (vgl. auch 1 Ob 167/72). Insoweit erweist sich der Rekurs demnach als unzulässig. Nicht zur Unterhaltsbemessung gehört freilich die Beurteilung verfahrensrechtlicher Voraussetzungen der angefochtenen Entscheidung, sodaß der Revisionsrekurs bei einem Streit über verfahrensrechtliche Fragen als zulässig zu erachten ist (RZ 1968, 137; EvBl 1969/168; 1 Ob 794/76, zuletzt 1 Ob 548/77). Zu Unrecht erblickt der Beklagte nun einen Verstoß gegen die Bestimmung des § 405 ZPO darin, daß das Rekursgericht für die Einbringung der Klage hinsichtlich des Unterhaltsteilbetrages von S 3.000,— von Amts wegen eine Frist setzte. Gemäß § 382 Z 8 a EO kann dem geschiedenen Ehegatten einstweiliger Unterhalt im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Leistung des Unterhalts bewilligt werden. Dies bedeutet, daß das Hauptverfahren bereits anhängig sein muß oder gemäß § 391 Abs 2 EO gerichtlich eine angemessene Frist für die Einbringung der entsprechenden Klage zu setzen ist (vgl. RV 851 XIII GP 29, abgedruckt bei Ent-Hopf, Die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe 182). Die Setzung dieser Frist ist aber unabhängig davon, ob die gefährdete Partei diesbezüglich einen Antrag gestellt hat. Demzufolge erweist sich der Rekurs nicht als gerechtfertigt, sodaß ihm der Erfolg zu versagen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO, §§ 78, 402 EO.
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