OGH 5Ob5/77

OGH5Ob5/7719.4.1977

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Sobalik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel, Dr. Marold, Dr. Samsegger und Dr. Griehsler als Richter in der Verlassenschaftssache nach der * 1976 verstorbenen R*, Hausfrau, zuletzt in * wohnhaft gewesen, infolge Revisionsrekurses des erbl. Sohnes J*, Techniker, *, vertreten durch Dr. K*, Notarsubstitut, *, dieser vertreten durch Dr. Rudolf Seethaler, öffentlicher Notar in Neumarkt am Wallersee, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 7. Oktober 1976, GZ 32 R 677/76‑12, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Neumarkt/Salzburg vom 6. September 1976, GZ A 110/75‑8, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0050OB00005.77.0419.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß und der Beschluß des Erstgerichtes werden aufgehoben.

 

Begründung:

Im Verlassenschaftsverfahren nach der * 1975 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung verstorbenen R* gaben deren Kinder J*, Re* und Ro* in der Tagsatzung vor dem Gerichtskommissär vom 11. November 1975 auf Grund des Gesetzes zu je einem Drittel des Nachlasses unbedingte Erbserklärung ab. Gleichzeitig schlossen sie ein Erbübereinkommen, laut dessen Punkt 1. Ro* aus dem Gutsbestand der in den Nachlass fallenden Liegenschaft EZ * Grundbuch * das Grundstück Nr 223 Wiese und laut Punkt 2. Re* die nach Abschreibung dieses Grundstückes verbleibende Restliegenschaft EZ * samt dem Grundstück Nr 224 und dem darauf errichteten Wohnhaus in ihr Alleineigentum übernehmen. Re* verpflichtete sich, ihrem Bruder J* einen Betrag von 100.000,-- S längstens binnen eines Jahres bar und abzugsfrei zu bezahlen. Schließlich erteilten J*, Re* und Ro* ihre Einwilligung, „daß

a) bei der Liegenschaft im Grundbuch *, EZ. *

aa) das Grundstück 223 Wiese vom Gutsbestand dieser Liegenschaft abgeschrieben, für dieses eine neue Einlage eröffnet und hierauf das Eigentumsrecht für Ro*, geb. 1954, einverleibt werde,

bb) daß sowohl bei dem 5/8tel Anteil der R* als auch auf dem je 1/8tel Anteil des J*, geb. 1949 und der Ro*, geb. 1954, das Eigentumsrecht für Re*, geb. 1952, einverleibt werde.“

Das Erstgericht nahm unter Punkt 2.) seines Beschlusses vom 26. November 1975, ON 5, die von den erblasserischen Kindern auf Grund des Gesetzes zu je einem Drittel des Nachlasses abgegebenen unbedingten Erbserklärungen zu Gericht an und genehmigte unter Punkt 4.) das Erbübereinkommen vom 11. November 1975 abhandlungsbehördlich. Am gleichen Tag erließ es die Einantwortungsurkunde ON 6, mit welcher der Nachlass der R* ihren erblasserischen Kindern zu je einem Drittel eingeantwortet wurde. Die in die Einantwortungsurkunde aufgenommene Verbücherungsanordnung entspricht im wesentlichen der oben wiedergegebenen von den erblasserischen Kindern in der Tagsatzung vor dem Gerichtskommissär vom 11. November 1975 beantragten.

Mit Beschluß vom 6. September 1976, ON 8, ordnete das Erstgericht gemäß § 29 LiegteilG auf Grund dieser Einantwortungsurkunde und der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern Salzburg bei den 5/8‑tel Anteilen der R*, geb. 1916, und dem 1/8tel Anteil „Verlassenschaft nach R* betreffend die Liegenschaft im Grundbuch * EZ *“ die Einverleibung des Eigentumsrechtes zu je einem Drittel für Re*, geb. 1952, Ro*, geb. 1954 und J*, geb. 1949, an. Gleichzeitig sprach es aus, daß die im Abs 2 der Einantwortungsurkunde angeordnete Verbücherung auf Grund des Übereinkommens vom 11. November 1975 zu unterbleiben habe. Das Erstgericht führte aus, die Erblasserin R* sei zu 5/8‑tel Anteilen Eigentümerin der Liegenschaft EZ * KG * gewesen. Die gesamte Liegenschaft sei mit einem Pfandrecht belastet und hierfür keine Freilassungserklärung beigebracht worden. Die Verbücherung des Eigentumsrechtes für Re*, geb. 1952, sei auch auf den je 1/8‑tel Anteilen des J*, geb. 1949, und der Ro*, geb. 1954, „sohin von lebenden Eigentümern“ begehrt worden, für welche im Rahmen des Abhandlungsverfahrens durch das Abhandlungsgericht keine Verfügungen hätten getroffen werden können. Die in die Einantwortungsurkunde aufgenommene Verbücherungsanordnung könne nur insoweit berücksichtigt werden, als sie sich auf das Verlassenschaftsvermögen beziehe. Die mit Beschluß vom 26. 11. 1975, ON 5, erfolgte Genehmigung des Erbübereinkommens vom 11. November 1975 habe sich nur auf das Verlassenschaftsvermögen und „nicht auf Vermögensteile von Lebenden“ beziehen können. Die Einantwortungsurkunde sei daher nach dem Ergebnis der Verlassenschaftsabhandlung, soweit sich dieses auf das Nachlassvermögen beziehe, zu verbüchern, „sohin im Rahmen der abgegebenen Erbserklärungen“.

Der gegen diesen Beschluss vom erblasserischen Sohn J* erhobene Rekurs blieb erfolglos. Das Rekursgericht führte aus, der erblasserische Sohn versuche, „eine Verbücherung des Abhandlungsergebnisses im Sinne der Bestimmungen des § 28 LiegteilG zu erreichen“. Dem Rekurs sei zu entnehmen, daß der erblasserische Sohn sich darüber im klaren sei, die von ihm begehrte Verbücherung sei im Sinne des Erbübereinkommens vom 11. November 1975 wegen des auf der Liegenschaft einverleibten Pfandrechtes nicht möglich gewesen. Soweit er die Löschungsfähigkeit dieses Pfandrechtes behaupte, werde er die diesbezügliche Freilassungserklärung beizubringen haben. Das Erstgericht habe nach § 95 GBG ohne Zwischenerledigung zu entscheiden gehabt und zutreffend eine Verbücherungsanordnung nur hinsichtlich des von der Verlassenschaftsabhandlung erfaßten Vermögens getroffen.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionrekurs des erblasserischen Sohnes J* mit dem Antrag, „den angefochtenen Beschluss des Bezirksgerichtes Neumarkt bei Salzburg vom 6. September 1976 A 10/75‑8, aufzuheben und den Akten dem Bezirksgericht Neumarkt bei Salzburg zur Neuentscheidung aufzutragen“.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil gemäß § 32 LiegteilG für die Anfechtung von Beschlüssen, welche sich nicht auf das Ansuchen einer Partei um Bewilligung einer grundbücherlichen Eintragung beziehen, sohin auch für Beschlüsse, mit welchen gemäß § 29 Abs 1 LiegteilG von Amts wegen die grundbücherlichen Eintragungen der Ergebnisse der Verlassenschaftsabhandlung angeordnet werden, die Grundsätze des Verfahrens außer Streitsachen gelten (SZ 27/40, 5 Ob 114/72 ua).

Daß der Rekursantrag zum Teil unverständlich ist, hindert die meritorische Erledigung des Rechtsmittels nicht, weil selbst ein verfehlter Rekursantrag nicht mit der Verwerfung des Rechtsmittels bedroht ist.

Der Revisionsrekurs ist gerechtfertigt.

Da das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes bestätigt hat, ist der Revisionsrekurswerber auf die Anfechtungsgründe des § 16 Abs 1 AußStrG beschränkt. Er macht von diesen ausdrücklich jene der Aktenwidrigkeit und der offenbaren Gesetzwidrigkeit, inhaltlich auch jenen der Nichtigkeit, geltend.

Der Revisionsrekurswerber verweist zutreffend darauf, daß gemäß § AußStrG auch die im Verfahren außer Streitsachen getroffenen Verfügungen der Rechtskraft teilhaftig sind. Wenn er weiter ausführt, das Erstgericht habe nicht „das rechtskräftige Abhandlungsergebnis (Erbübereinkommen), sondern ein ... fingiertes Ergebnis, welches sich an der gesetzlichen Erbfolge“ orientiere, verbüchert, das rechtskräftig genehmigte Erbübereinkommen aber völlig außer acht gelassen, so wird damit kein Verstoß gegen die Rechtskraft einer Entscheidung aufgezeigt, welcher im Falle seines Vorliegens nicht, wie der Revisionsrekurswerber meint, dem Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit zu unterstellen wäre, sondern die Nichtigkeit der sich über die Rechtskraft hinwegsetzenden Entscheidung zur Folge hätte. Das Erbübereinkommen ist keine der Rechtskraft fähige Entscheidung. Daran ändert auch eine verlassenschaftsbehördliche Genehmigung nichts. Eine Nichtigkeit, auf welche von Amts wegen Bedacht genommen werden müßte, liegt somit nicht vor.

Die Nichtberücksichtigung des Erbübereinkommens stellt jedoch eine entscheidungswesentliche Aktenwidrigkeit dar. Den großjährigen eigenberechtigten Erben steht es frei, die im Gesetz vorgesehene Erbteilung vor oder nach der Einantwortung des Nachlasses vorzunehmen (§ 170 AußStrG; vergl. SZ 5/8). Erfolgte eine Erbteilung vor der Einantwortung, dann ist sie bei der nach § 29 Abs 1 LiegteilG von Amts wegen zu verfügenden grundbücherlichen Eintragung zu beachten (vergl. SZ 5/8; NZ. 1937, S 179).

Über den in den Nachlaß gehörigen 5/8‑Anteil der Erblasserin R* haben deren großjährige Erben gemäß § 170 AußStrG in zulässiger Weise noch vor der Einantwortung eine Regelung getroffen. Diese muß im Sinne der obigen Darlegungen als ein Ergebnis der Verlassenschaftsabhandlung der gemäß § 29 Abs 1 LiegteilG vorzunehmenden Beschlußfassung zugrundegelegt werden.

Im Gesetz ist allerdings nicht geregelt, ob in ein Erbübereinkommen auch nicht in den Nachlaß fallende Liegenschaftsanteile der Erben einbezogen und hierüber eine im Rahmen des § 29 LiegteilG zu berücksichtigende Vereinbarung getroffen werden kann. Die Ansicht der Vorinstanzen, daß im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens und der in der Folge gemäß § 29 LiegteilG anzuordnenden Verbücherung nur auf das dem Erblasser gehörige Eigentum an Liegenschaften Bedacht genommen werden könne, verstößt daher gegen keine ausdrückliche gesetzliche Anordnung, so daß darin eine offenbare Gesetzwidrigkeit nicht gelegen sein kann.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen mußten aber in Stattgebung des Revisionsrekurses deshalb aufgehoben werden, weil die vom Erstgericht getroffene und vom Rekursgericht bestätigte Verbücherungsanordnung hinsichtlich des in den Nachlaß gehörigen Liegenschaftsanteiles der R* mit der Aktenlage nicht im Einklang steht.

Das Erstgericht wird, falls es im Hinblick auf die von den Erben anläßlich des Abschlusses des Erbübereinkommens vom 11. November 1975 getroffene Vereinbarung über die nicht in den Nachlaß gehörigen Liegenschaftsanteile und des auf der ganzen Liegenschaft haftenden und noch nicht gelöschten Pfandrechtes nicht ein Vorgehen nach § 28 LiegteilG für zweckmäßig erachten sollte, bei der neuerlichen Beschlußfassung das Erbübereinkommen vom 11. November 1975 hinsichtlich des in den Nachlaß gehörigen Liegenschaftsanteiles der Erblasserin R* entsprechend zu berücksichtigen haben.

Welche Regelung über den im erstgerichtlichen Beschluß vom 6. September 1976 einbezogenen 1/8‑Anteil „Verlassenschaft nach R*“ an der Liegenschaft EZ *, KG *, getroffen wurde, ist der Aktenlage nicht zu entnehmen. In dem vor dem Erbübereinkommen am 11. November 1975 erstatteten eidesstättigen Vermögensbekenntnis scheint nur der 5/8‑Anteil der R* an der genannten Liegenschaft auf.

Bei dieser Sachlage braucht auf die weitere vom Revisionsrekurswerber behauptete Aktenwidrigkeit, welche darin gelegen sein soll, daß das Rekursgericht entgegen der Aktenlage angenommen habe, das Erstgericht hätte auf Grund eines Parteienantrages entschieden, nicht eingegangen zu werden.

Bei einer allfälligen Beschlußfassung nach § 29 Abs 1 LiegteilG auf Grund der derzeitigen Aktenlage wären entsprechend der im Erbübereinkommen vom 11. November 1975 über den in den Nachlaß fallenden 5/8‑Anteil der Erblasserin R* an der Liegenschaft getroffenen Vereinbarung der Erben die Abschreibung des Grundstückes Nr 223 Wiese vom Gutsbestand der EZ *, KG *, unter Mitübertragung sämtlicher Eigentümer und der auf dieser Liegenschaft haftenden Lasten, die Eröffnung einer neuen Einlagezahl und ob dem 5/8‑Anteil der R* die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Ro*, geboren 1954, und bei der Restliegenschaft EZ *, KG *, mit dem Grundstück Nr 224 auf dem 5/8‑Anteil der R* die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Re*, geboren 1952, anzuordnen.

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