European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0030OB00020.77.0315.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben. Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Begründung:
Mit rechtskräftigem Beschluß vom 2. 12. 1976 bewilligte das Erstgericht die von der betreibenden Partei auf Grund eines von ihr am 8. 11. 1976 über einen Rückstand von insgesamt S 16.245,60 produzierten, mit dem Vermerk „Dieser Rückstand ist vollstreckbar“ versehenen Rückstandsausweises beantragte Fahrnisexekution gegen den Verpflichteten.
Mit der Behauptung, er habe gegen den angeführten Rückstandsausweis rechtzeitig Berufung erhoben, beantragte der Verpflichtete unter Vorlage einer Fotokopie der Berufungsschrift sowie unter Hinweis auf die ihm bei Fortsetzung der Exekution drohenden unwiederbringlichen Nachteile der Aufschiebung der Fahrnisexekution bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die von ihm gegen den Rückstandsausweis eingebrachte Berufung.
Das Erstgericht gab dem Exekutionsaufschiebungsantrag statt, das Rekursgericht wies ihn mit der Begründung ab, der vom Verpflichteten angeführte Sachverhalt stelle keinen der im § 42 EO bzw. einer anderen gesetzlichen Vorschrift taxativ angeführten Aufschiebungsgründe dar.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes gerichtete Revisionsrekurs des Verpflichteten ist nicht gerechtfertigt.
Zunächst ist die Auffassung des Verpflichteten, daß die betreibende Partei zur selbständigen Exekutionsführung nicht berechtigt sei ‒ bei Richtigkeit dieser Auffassung hätte die Bezirksverwaltungsbehörde „namens“ der berechtigten Weggenossenschaft einschreiten müssen (§ 3 Abs. 1 VVG; vgl. Heller-Berger-Stix, 89, wonach insoweit gemäß §§ 78 EO, 6 Abs. 2 ZPO vorzugehen wäre ‒, aus nachstehenden Gründen verfehlt.
Zufolge § 45 Abs. 5 des Steiermärkischen Landesstraßenverwaltungsgesetzes 1964, LGBl Nr. 154, sind „rückständige Genossenschaftsbeiträge auf Ansuchen der Weggenossenschaft nach den Bestimmungen des VVG, BGBl 1972/1950 einzutreiben“.
Die betreibende Partei ist als öffentlich‑rechtliche Weggenossenschaft im Sinn des § 45 l.c. eine öffentlich-rechtliche Körperschaft (vgl. hiezu Krizek, Wegerecht, 144, SZ 33/121 u.a.). Derartige Körperschaften können zufolge § 3 Abs. 3 VVG die Eintreibung einer Geldleistung unmittelbar, also selbständig, bei Gericht beantragen, falls ihnen zur Eintreibung dieser Geldleistung die „Einbringung im Verwaltungsweg gewährt“ ist. Die angeführte Bestimmung entspricht der Bestimmung des § 1 Abs. 1 Z 3 VVG über die Zulässigkeit einer politischen Exekution (durch die Bezirksverwaltungsbehörde) zur Eintreibung von Geldleistungen, für die „durch besondere Vorschriften die Einbringung im Verwaltungsweg gewährt“ ist.
Als derartige besondere Vorschrift muß die Bestimmung des § 45 Abs. 5 des Steiermärkischen Landesstraßenverwaltungsgesetzes 1964 angesehen werden, weil darin ausdrücklich normiert ist, daß rückständige Genossenschaftsbeiträge nach den Bestimmungen des VVG einzutreiben sind. Damit ist die Zulässigkeit der politischen Exekution (§ 1 Abs. 1 Z 3 VVG) und als notwendige Konsequenz die Berechtigung der betreibenden Partei zur unmittelbaren Antragstellung bei Gericht (§ 3 Abs. 3 VVG) ausgesprochen (vgl. hiezu Heller-Berger-Stix, 89, SZ 33/121 u.a.), wenngleich die zusätzlichen Worte „auf Ansuchen“ in diesem Zusammenhang als wenig präzise bzw. überflüssig anzusehen sind. Entgegen der Auffassung des Rechtsmittelwerbers vermögen jedoch diese Worte an der dargetanen Zulassung („Gewährung“) der Einbringung rückständiger Genossenschaftsbeiträge im Verwaltungsweg und der Legitimation der betreibenden Partei zur unmittelbaren Antragstellung bei Gericht nichts zu ändern.
Die Frage der Berechtigung öffentlich-rechtlicher Weggenossenschaften zur Ausstellung von Rückstandsausweisen war im Hinblick auf die Rechtskraft der Exekutionsbewilligung auf Grund des gegenständlichen Exekutionsaufschiebungsantrages nicht zu erörtern (vgl. Heller-Berger-Stix, 161 und 516, SZ 28/184, RZ 1963, 74 u.a.).
Der auf dem gegenständlichen Rückstandsausweise angebrachte Vermerk „Dieser Rückstand ist vollstreckbar“ stellt ferner eine zwar nicht präzise, weil dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 VVG nicht entsprechende, aber nach seinem Inhalt eindeutige „Vollstreckbarkeitsklausel“ (vgl. Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht, 84 u.a.) dar. Die Aufhebung dieser Klausel muß der Verpflichtete zufolge § 7 Abs. 4 EO im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit (Unrichtigkeit) bei der zuständigen Verwaltungsbehörde erwirken.
Da schließlich der Verpflichtete hier nicht etwa die Aufhebung eines eindeutig vollstreckbaren Exekutionstitels durch die Verwaltungsbehörde anstrebt (vgl. etwa SZ 38/84), sondern mit seinen Ausführungen, daß dem gegen den Rückstandsausweis ergriffenen Rechtsmittel ex lege auf schiebende Wirkung zukomme, in Wahrheit die Gesetzmäßigkeit der Vollstreckbarkeitsklausel bestreitet (sie hätte dahin lauten müssen, daß der Rückstandsausweis keinen die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug unterliegt), stellt im vorliegenden Fall allein ein Antrag im Sinn des § 7 Abs. 4 EO eine taugliche Grundlage für die vom Verpflichteten beantragte Aufschiebung der rechtskräftig bewilligten Fahrnisexekution dar (§ 42 Abs. 2 EO). Da die Exekutionsaufschiebungsgründe entgegen den Ausführungen des Rechtsmittelwerbers nach einhelliger Lehre (Heller‑Berger-Stix, 539, Holzhammer a.a.O., Pollak System2 878 u.a.) und nunmehr ständiger Rechtsprechung (SZ 14/75, JBl 1947, 264, MietSlg 21.882 u.a.) taxativ aufgezählt sind und der Verpflichtete bisher einen Antrag gemäß § 7 Abs. 4 EO nicht gestellt hat, war dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 78 EO, 40, 50 ZPO.
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