European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0040OB00310.77.0308.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 3.849,12 (einschließlich S 285,12 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Begründung:
Die Klägerin betreibt den Handel mit Pumpen, deren Installierung, Reparatur und Service sowie deren Vermietung; sie ist die österreichische Generalvertreterin der schwedischen Firma S*. Die Erstbeklagte verkauft und vermietet im Rahmen ihres Gewerbebetriebes Pumpen, betreibt hiefür einen Reparatur- und Servicedienst und ist Generalrepräsentant für *-Pumpen. Zwischen den Streitteilen liegt ein Wettbewerbsverhältnis vor.
Die Klägerin behauptet, die Beklagten hätten am 3.12.1975 eine F*-Schlammtauchpumpe Type *, welche sie nicht von der Klägerin als österreichischer Generalvertreterin für F*-Pumpen bezogen hätten, an R* verkauft. An dieser Pumpe befinde sich rechts unten ein Typenschild mit der Bezeichnung * Type *. Links oben an der Pumpe befinde sich die Zahl *. An der rechts unten angebrachten Zahl seien Veränderungen vorgenommen worden, und zwar habe die Erstbeklagte diese Zahl durch einen Monteur umändern lassen. Bei derartigen Pumpen seien die Seriennummern am Statorgehäuse und am Leistungsschild stets ident. Überdies zeigten diese Nummern das jeweilige Baujahr an und zwar die Nummer * mit der vierten Ziffer (*) auf das Baujahr 1972, die Nummer * mit der vierten Ziffer (*) auf das Baujahr 1975. Das Verhalten der Beklagten, eine Seriennummer an einer von ihr gelieferten „F*“-Pumpe zu verändern, widerspreche den auf dem sittlichen Anstandsgefühl durchschnittlicher Mitbewerber beruhenden ständigen Gebräuchen auf dem Gebiet des Handels mit technischen Geräten, insbesondere Pumpen. Darüber hinaus würden durch die Angabe eines jüngeren Baujahres die beteiligten Verkehrskreise über eine maßgebliche Beschaffenheit der Ware irregeführt. Aus der Tatsache, daß auch auf der Rechnung die gefälschte Seriennummer angegeben sei, ergebe sich, daß die Beklagten vorbedacht gehandelt hätten, so daß auch Wiederholungsgefahr gegeben sei. Der Zweitbeklagte hafte als Geschäftsführer der Erstbeklagten für deren Wettbewerbsverstöße.
Die Klägerin begehrt zur Sicherung eines gleichlautenden Unterlassungsbegehrens die Erlassung einer einstweiligen Verfügung des Inhalts, den Beklagten werde untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes, insbesondere beim Vertrieb und Service von Pumpen, Veränderung an Seriennummern, insbesondere solche, die zur Irreführung über die Beschaffenheit, darunter vor allem das Baujahr, geeignet sind, vorzunehmen.
Die Beklagten sprachen sich gegen die beantragte einstweilige Verfügung aus und brachten im wesentlichen vor, die Erstbeklagte habe die Pumpe aus der Schweiz bezogen. Ein Arbeiter der Erstbeklagten habe anläßlich der nach Lieferung erfolgten Montage eines Anschlußkrümmers die am Typenschild enthaltene Seriennummer von F* mit einer Seriennummer der Erstbeklagten versehen, und zwar aus administrativen Gründen, nämlich für Garantie, Haftung, Ersatzteile, Service etc. Die veränderte Serienbezeichnung gebe Auskunft für die interne Gerätekartei. Für die Beschaffung von Ersatzteilen, Serviceleistungen, Garantie- und Haftungsbestimmungen sei die Seriennummer völlig irrelevant, maßgebend seien dafür lediglich die Typenbezeichnungen, allenfalls Laufradnummer und sonstige technische Daten. Die von F* ursprünglich gegebene Nummer links oben am Statorgehäuse sei im übrigen erhalten geblieben. Der Umstand, daß aus der vierten Ziffer dieser Nummer das Baujahr festgestellt werden könne, sei den Beklagten unbekannt, umso weniger könne dies der Verbraucher wissen. Auch Wiederholungsgefahr sei nicht gegeben, da im Jahre 1976 von den Beklagten weder aus der Schweiz noch aus Liechtenstein F*-Pumpen importiert würden.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab. Die Klägerin habe nicht einmal behauptet, daß es bei den Händlern und insbesondere bei den Abnehmern der F*-Pumpen bekannt sei, daß sich aus den Seriennummern das Baujahr der Pumpe ergebe. Auf Grund der eidesstättigen Erklärung des Ing. G* sei bescheinigt, daß dies jedenfalls den Beklagten nicht bekannt war, und daß die Änderung der einen Nummer zu dem Zweck erfolgte, um die Pumpe in der Kundenkartei, der Ersatzteilliste und ähnlichen Unterlagen der Erstbeklagten evident halten zu können. Die Veränderung der Nummern sei weder zur Irreführung geeignet noch zum Zweck einer Irreführung vorgenommen worden.
Das Rekursgericht bewilligte die beantragte einstweilige Verfügung in etwas geänderter Fassung. Es teilte die Auffassung, daß ein Verstoß gegen § 2 UWG in der beanstandeten Änderung der Fabrikationsnummern nicht gelegen sei, weil die Bedeutung von Fabrikationsnummern in der Regel nur Mitarbeitern der betreffenden Unternehmen und ihrer Vertriebsapparate bekannt seien und nicht bescheinigt sei, daß gerade im vorliegenden Fall die Bedeutung der Fabrikationsnummern darüber hinaus einem wenigstens nicht völlig unerheblichen Teil der beteiligten Verkehrskreise bekannt gewesen sei. Eine Änderung der Fabrikationsnummern sei daher nicht zur Irreführung geeignet gewesen. Die Vorgangsweise der Beklagten habe aber gegen § 1 UWG verstoßen. Es sei der Wettbewerbszweck des beanstandeten Verhaltens der Beklagten zu bejahen, da Fabrikationsnummern auch der Feststellung dienten, aus welcher Produktion ein bestimmtes Produkt stamme und welche Ersatzteile dazu passen, so daß eine geänderte Seriennummer den Käufer der Gefahr aussetze, daß vom Werk oder dessen Generalvertreter unrichtige Ersatzteile geliefert werden oder eine Reparatur überhaupt abgelehnt werde. Die Änderung der Fabrikationsnummern ziele somit darauf ab, den Kunden hinsichtlich Service und Reparaturen an den Verkäufer zu binden und eine direkte Inanspruchnahme des Erzeugers oder des Generalvertreters jedenfalls zu erschweren. Auf diese Weise werde der eigene Absatz zu Lasten von Mitbewerbern gefördert. Die Wettbewerbsabsicht ergebe sich daraus, daß die Beklagten die Nummern am Typenschild geändert haben, obgleich andere Möglichkeiten zum Anbringen der für sie bedeutsamen Angaben bestanden hätten (z.B. Anbringen eines zusätzlichen Schildes). Daß die Beklagten den Anschein erwecken wollten, die geänderten Nummern seien die Originalnummern, ergebe sich daraus, daß die nachträglich am Typenschild eingeschlagenen Nummern bereits in der vorher ausgestellten Rechnung eingetragen gewesen seien.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen oder den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Die Beklagten verweisen mit Recht vor allem darauf, daß die Änderung der Fabrikationsnummer auf dem Typenschild dem Käufer bekannt war, da sie nach dem bescheinigten Sachverhalt „vor den Augen des Kunden erfolgte“ (AS 13) und die Fabrikationsnummer auf dem Statorgehäuse, die mit jener auf dem Typenschild vor der Änderung übereinstimmte, unverändert blieb. Die Änderung der Fabrikationsnummer wurde nach dem vom Erstgericht angenommenen Sachverhalt durch die Beklagten aus internen Gründen (Karteiführung und Evidenzhaltung) vorgenommen; auch das Rekursgericht ging davon aus, daß dieser „zunächst“ angestrebte Zweck zutraf. Die weiters vertretene Auffassung, durch die Änderung der Fabrikationsnummer werde eine direkte Verbindung des Kunden mit dem Lieferwerk oder dessen Vertriebs- und Serviceapparat jedenfalls erschwert, kann nicht geteilt werden. Daß die Erhaltung der Originalfabrikationsnummer Voraussetzung für eine Garantiegewährung durch das Lieferwerk ‒ wie im Fall der Entscheidung ÖBl 1961 87 ‒ oder sonst für Ansprüche des Käufers von Bedeutung gewesen wäre, wurde weder behauptet noch bescheinigt. Es besteht aber kein Grund zur Annahme, daß der Kunde, wenn er sich wegen einer Reparatur oder Serviceleistung direkt an das Lieferwerk oder dessen Vertriebs- und Serviceapparat wenden wollte und hiebei eine Fabrikationsnummer angab, nicht die ihm weiterhin bekannte ursprüngliche Fabrikationsnummer, sondern die durch die Beklagten geänderte Nummer angeben werde. Wenn er nämlich die Fabrikationsnummer überhaupt für bedeutsam hielt, mußte ihm auch klar sein, daß für das Lieferwerk und dessen Vertriebs- und Serviceapparat nur deren Fabrikationsnummer, aber nicht die von den Beklagten geänderte Nummer von Bedeutung sein kann. Die an sich gegebene Möglichkeit, daß der Kunde versehentlich nicht die ursprüngliche, sondern die geänderte Fabrikationsnummer angeben werde, ist so wenig wahrscheinlich, daß sie die Annahme eines Wettbewerbszweckes der Vorgangsweise der Beklagten nicht rechtfertigt. Ein Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG setzt aber unter anderem auch voraus, daß die beanstandete Handlung „zu Zwecken des Wettbewerbes“ vorgenommen wurde, sie also objektiv geeignet war, den Absatz der Waren oder Leistungen des eigenen Geschäftsbetriebes oder eines Dritten neben anderen Wettbewerbern zu fördern oder den Absatz anderer Mitbewerber zu schmälern (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 18 f., Baumbach-Hefermehl 11 I 204 f., SZ 44/116, ÖBl 1963 72, 103 ua). Darüber hinaus ist auch eine darauf gerichtete Absicht erforderlich. Nicht erforderlich ist allerdings, daß die auf Wettbewerb gerichtete Absicht die einzige oder doch die wesentliche Zielsetzung für die Handlung ist; diese Absicht darf aber gegenüber dem eigentlichen Beweggrund nicht völlig in den Hintergrund treten (Hohenecker-Friedl aaO 19, Baumbach-Hefermehl aaO 213 f., SZ 44/116, ÖBl 1974 111, 1970 97, 4 Ob 357, 358/76, 4 Ob 395/76 ua). Beim bescheinigten Sachverhalt wurde aber schon die objektive Eignung der beanstandeten Vorgangsweise der Beklagten als Wettbewerbshandlung im Sinn des § 1 UWG zu Unrecht vom Rekursgericht angenommen, so daß der auf § 1 UWG gestützte Unterlassungsanspruch entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes schon aus diesem Grunde nicht bescheinigt ist. Daß er auch nicht aus § 2 UWG abgeleitet werden kann, haben bereits die Untergerichte zutreffend dargelegt, so daß auf deren Begründung verwiesen werden kann.
Daraus folgt, daß in Stattgebung des Revisionsrekurses der Beklagten die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 402, 78 EO, 41, 50, 52 ZPO. Barauslagen waren den Beklagten nicht zuzusprechen, da Eingaben des Verpflichteten gemäß Anmerkung 4 lit f zu Tarifpost 1 Gerichts- und Justizverwaltungsgebührengesetz gebührenfrei sind. Unter Eingaben des Verpflichteten im Exekutionsverfahren sind auch Rekurse zu verstehen (JABl 1950 S 74 = NotZtg 1951 S 32). Die Bestimmungen der Anmerkung 4 lit f zu TP 1 des Gerichts- und Justizverwaltungsgebührengesetzes sind auch für Eingaben des Gegners der gefährdeten Partei im Verfahren über eine einstweilige Verfügung anzuwenden (Verwaltungsgerichtshof Sammlung NF [F] Nr 1405).
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