OGH 7Ob518/77

OGH7Ob518/7717.2.1977

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Neperscheni als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick, Dr. Petrasch, Dr. Kuderna und Dr. Wurz als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) K*, Angestellter und 2.) N*, Geschäftsfrau, beide *, vertreten durch Dr. Berndt Sedlazeck, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei G*, Kaufmann, *, vertreten durch Dr. Erich Meusburger, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Zuhaltung eines Bestandvertrages (Streitwert im Revisionsverfahren 180.000,-- S), infolge der Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 13. September 1976, GZ 32 R 73/76‑47, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 8. August 1975, GZ 9 C 185/74‑33, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0070OB00518.77.0217.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision des Beklagten wird nicht Folge gegeben.

Der Revision der Kläger wird insoweit nicht Folge gegeben, als sie sich gegen die Bestätigung des Ersturteiles bezüglich der Abweisung eines Schadenersatzbetrages von 50.000,‑‑ S sowie gegen die Abänderung des erstgerichtlichen Urteiles bezüglich dessen Punktes 3 b (Bewilligung des Eventualbegehrens statt des Hauptbegehrens) richtet.

Soweit sich die Revision der Kläger gegen die Abweisung ihres Begehrens richtet, der Beklagte sei schuldig, den ihm im Haus *, Z*, rückwärtiger Teil, von den Klägern verpachteten Betrieb sofort als Pächter weiter zu betreiben, insbesondere das Geschäftslokal wieder aufzusperren, während der Geschäftsstunden offen zu halten sowie ordnungsgemäß wieder zu beleuchten, wird ihr dahin Folge gegeben, daß die Entscheidungen der Untergerichte in diesem Punkt zu lauten haben:

„Der Beklagte ist schuldig, den ihm in Z*, von den Klägern verpachteten Betrieb während der Geschäftsstunden offen zu halten.

Das Mehrbegehren, der Beklagte sei auch schuldig, den gepachteten Betrieb sofort als Pächter weiter zu betreiben, insbesondere das Geschäftslokal wieder aufzusperren und es ordnungsgemäß zu beleuchten, wird abgewiesen.“

Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Beklagten die mit 1.393,73 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 95,93 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Der Erstkläger ist Wohnungseigentümer eines Geschäftslokales im Erdgeschoß des Hauses Z*. Auf Grund verschiedener Gewerbeberechtigungen hat er seinerzeit in diesem Geschäftslokal ein Gewerbe betrieben. Da er in der Folge wegen einer Angestelltentätigkeit seinen Gewerbebetrieb nicht selber führen konnte, wurden die Gewerbeberechtigungen zum Teil auf seine Schwester M* und zum Teil auf seine Gattin, die Zweitbeklagte, übertragen. Der Betrieb wurde später unter dem Namen der M* geführt. Eine Gewerbeberechtigung für den Einzelhandel mit Parfumeriewaren, Toilette- und Haushaltsartikeln erlangte die Zweitklägerin, die das Unternehmen tatsächlich führte. Das Gebiet von Z* ist als ländliches Gebiet anzusehen, weshalb ein eingelebter Name große Bedeutung hat, da er, ähnlich einem Hofnamen, besser bekannt ist, als der des jeweiligen Betriebsinhabers. Mit Wirkung vom 1. Jänner 1969 übernahm der Beklagte auf Grund einer mündlichen Vereinbarung mit den Klägern als Pächter deren Geschäftsbetrieb. Es wurde hierauf von der Gewerbebehörde die Übernahme der Gewerbeberechtigungen der Zweitklägerin durch den Beklagten zur Kenntnis genommen. Schließlich schlossen die Parteien mit Wirkung vom 1. Jänner 1971 einen schriftlichen Pachtvertrag, nachdem der Beklagten bereits am 31. August 1970 ein Warenlager übernommen hatte. Der erwähnte Pachtvertrag wurde durch einen solchen vom 20. Jänner 1972 abgelöst, der jedoch gegenüber dem vorangegangenen keine wesentlichen Änderungen aufweist. Nach diesem Vertrag hatte der Beklagte an die Kläger einen wertgesicherten Pachtzins von 2.500,-- S monatlich zuzüglich verschiedener Betriebskosten zu leisten. Punkt VI. dieses Vertrages enthält unter anderem folgenden Passus:

„... beide Verpächter verzichten für die Dauer dieses Pachtvertrages auf die Ausübung von gleichartigen oder branchenüblichen Gewerberechten innerhalb des Stadtgebietes von Z*. Der Pächter verzichtet auf das Recht, nach Beendigung dieses Vertrages ein gleichartiges oder ähnliches Unternehmen, aus welchen Gründen immer, innerhalb des Stadtgebiets von Z* zu betreiben oder sich an einem solchen direkt oder indirekt zu beteiligen. Dieses Konkurrenzverbot erlischt mit Ablauf von zwei Jahren nach Beendigung des Pachtvertrages und gilt nur, soferne vom Verpächter (richtig: Pächter) gekündigt wird. Beide Vertragsparteien versprechen sich gegenseitig für den Fall der Nichteinhaltung dieses Vertragspunktes eine dem richterlichen Mäßigungsrecht nicht unterworfene Konventionalstrafe von wertgesichert 50.000,-- S.“

Der Vertrag sah für beide Vertragspartner ein Kündigungsrecht zum 31. Dezember eines jeden Jahres bei Einhaltung einer 12‑monatigen Kündigungsfrist vor.

Nachdem der Beklagte auch eine Gewerbeberechtigung für S* erhalten hatte, versuchte er, ungeachtet des Pachtvertrages, völlige Selbständigkeit zu erlangen. Am 12. Februar 1972 heiratete er die bisherige Angestellte des Pachtgeschäfts, J*. Diese hatte keinerlei Gewerbeberechtigung, sondern arbeitete nur im Geschäft ihres Mannes. Gemeinsam versuchten die beiden jedoch, aus dem Pachtvertrag auszusteigen, wobei es ihr ursprünglicher Plan war, daß der Beklagte mit einer eigenen Gewerbeberechtigung in einem benachbarten Lokal ein Konkurrenzgeschäft betreiben würde. Da diesen Bestrebungen jedoch der vorliegende Pachtvertrag entgegenstand, beschlossen der Beklagte und seine Gattin, daß letztere das Nachbarlokal anmieten und eine eigene Gewerbeberechtigung erwerben solle. Als M* am 8. Juni 1972 ihre Gewerbeberechtigung für Großhandel mit Farben und Lacken mit dem Standort Z* zurückgelegt hatte, erlangte der Beklagte eine eigene Gewerbeberechtigung für den Einzelhandel mit Waren aller Art (ausgenommen Lebensmittel, Genußmittel und Textilwaren) mit dem Standort Z*. Außerdem hatte er noch eine Gewerbeberechtigung für den Standort S*. Im wesentlichen führte jedoch das Geschäft in S* seine Gattin, wahrend er selbst das Geschäft in Z* betrieb. In der Folge legte der Beklagte sämtliche Gewerbeberechtigungen zugunsten seiner Frau zurück, die hierauf zum Jahreswechsel 1974/75 Gewerbeberechtigungen für S* und Z* erhielt. Im vorderen Teil des Hauses * in Z* mietete die Gattin des Beklagten im November 1974 ein Geschäftslokal unmittelbar anschießend an das Pachtlokal. Bezüglich dieses Lokales hatte der Beklagte einen Vorvertrag unterschrieben, doch trat seine Gattin nunmehr als Mieterin auf, weil sie inzwischen Trägerin einer Gewerbeberechtigung geworden war. Das neue Geschäft wurde am 6. Dezember 1974 eröffnet. Es wurden aus dem Pachtgeschäft Waren in das neue Geschäft gebracht. Bestellungen für das neue Geschäft erfolgten immer im beiderseitigen Einvernehmen des Beklagten und seiner Gattin, die beide auch nach außen hin meistens einheitlich auftraten.

Das alte Geschäft liegt im rückwärtigen Teil des Hauses, das neue an der Vorderseite. Das alte Geschäft wurde öfter geschlossen, und zwar wegen Urlaubs und Inventur. Hiebei wurde nicht einmal das Datum der Wiedereröffnung bekanntgegeben. Während der Schließungen des alten Geschäfts wurde das neue Geschäft offengehalten. Auch die Beleuchtung zum alten Geschäft ist unauffälliger als die zum neuen. Teilweise macht das alte Geschäft den Eindruck des „Aufgelassenwerdens“, zumal die Regale teilweise leer sind und in den Auslagen nicht mehr so viel Waren, sondern mehr Attrappen ausgestellt werden. Wenn das alte Geschäft geschlossen war, hatte der Beklagte im neuen gearbeitet. Zeitweilige Sperren zur Urlaubszeit oder während der Inventur sind auch in dieser Branche allgemein üblich, nicht jedoch, wenn sich in unmittelbarer Nähe ein Konkurrenzunternehmen befindet. Diesfalls wären nämlich derartige Sperren mit der Gefahr eines Unterganges des schließenden Geschäftes verbunden.

Der Beklagte und seine Gattin arbeiten eng zusammen. Der Beklagte arbeitet auch täglich im neuen Geschäft. Waren, die in einem Geschäft nicht vorhanden sind, werden aus dem anderen geholt. Die Buchhaltung für die beiden Geschäfte sowie für das Geschäft in S* führt die Gattin des Beklagten. Als Lehrherr für Lehrlinge trat bald der Beklagte, bald seine Gattin auf. Da der Beklagte mit 11. November 197 seine Gewerbeberechtigungen zurückgelegt hat, betreibt er derzeit das alte Geschäft ohne gewerberechtliche Bewilligung. Am 21. Oktober 1974 schrieb der Beklagte den Klägern, daß er den Vertrag zum 31. Dezember 197 kündige.

Mit der Behauptung, der Beklagte habe in mehrfacher Hinsicht den Pachtvertrag verletzt, wodurch ihnen ein großer Schaden entstanden sei, stellten die Kläger im gegenwärtigen Verfahren mehrere Klagebegehren, die zum Großteil bereits durch rechtskräftige Entscheidung erledigt sind. Für das Revisionsverfahren sind lediglich noch folgende Begehren von Bedeutung:

 

Der Beklagte sei schuldig:

 

1.) den Klägern 30.000,-- S zu zahlen;

2.) das von ihm im Hause Z*, vorderer Teil, betriebene, am 6. Dezember 1974 neu eröffnete „Fachgeschäft *“ zu schließen; in eventu in diesem Geschäft jede persönliche oder Mitarbeit durch seine Angestellten sowie jede andere Kapitalbeteiligung zu unterlassen;

3.) den von ihm in dem Hause gepachteten Betrieb sofort als Pächter weiter zu betreiben, insbesondere das Geschäftslokal sofort wieder aufzusperren und während der Geschäftsstunden offen zu halten, sowie ordnungsgemäß zu beleuchten und

4.) den Klägern 50.000,-- S zu zahlen.

 

Bei den unter Punkt 1.) genannten 30.000,-- S handelte es sich um die vertraglich vereinbarte Konventionalstrafe, bei den unter Punkt 4.) genannten 50.000,-- S um ein Schadenersatzbegehren wegen der durch die Vertragsverletzungen den Klägern verursachten Schäden.

Der Beklagte beantragte die Abweisung der noch unerledigten Begehren.

Das Erstgericht hat den zu 1.) und 3.) genannten, sowie dem zu 2.) angeführten Hauptbegehren stattgegeben, dagegen das zu 4.) angeführte Begehren abgewiesen. Es vertrat die Rechtsauffassung, Punkt VI des Pachtvertrages könne nur dahin verstanden werden, daß ein Konkurrenzverbot für den Pächter auch während des aufrechten Vertrages vereinbart worden sei. Durch seine Handlungsweise habe der Beklagte gegen dieses Konkurrenzverbot vielfach verstoßen. Er sei daher verpflichtet, die vereinbarte Konventionalstrafe zu bezahlen. Ferner stehe fest, daß er wiederholt den Pachtbetrieb versperrt gehalten habe, obwohl dies im Hinblick auf ein benachbartes Konkurrenzunternehmen unüblich sei. Er sei daher verpflichtet, in Hinkunft diesen Betrieb während der Geschäftszeit offen zu halten und sich ihm als Pächter zu widmen. Die festgestellten Umstände lassen den Schluß zu, daß zwischen dem Beklagten und seiner Ehegattin bezüglich des Konkurrenzunternehmens lediglich ein Treuhandverhältnis bestehe. Der Beklagte sei daher verpflichtet und in der Lage, die Schließung dieses Konkurrenzunternehmens zu erwirken. Nach der vereinbarten Konkurrenzklausel könnten die Kläger dieses Verlangen an den Beklagten stellen. Dagegen sei ein Schaden der Kläger noch nicht eingetreten, weil diese bis zur Beendigung des Pachtverhältnisses nur den Pachtzins zu verlangen hätten. Erst nach Beendigung des Pachtverhältnisses könnte ihnen dadurch ein Schaden entstehen, daß ein vom Beklagten eingerichteter Konkurrenzbetrieb den Geschäftsgang des klägerischen Unternehmens beeinträchtigt. Da das Pachtverhältnis noch nicht beendet sei, sei demnach das Schadenersatzbegehren nicht gerechtfertigt.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes bezüglich der Abweisung des Schadenersatzbegehrens der Kläger sowie der Verurteilung des Beklagten zur Zahlung einer Konventionalstrafe. Dagegen wies es das unter 3.) genannte Begehren ab und bezüglich des unter 2.) genannten Begehrens gab es nur dem Eventualbegehren, unter gleichzeitiger Abweisung des Hauptbegehrens, statt. Es übernahm die erstrichterlichen Feststellungen und trat dessen rechtlicher Beurteilung bezüglich des Schadenersatzanspruches und des Anspruches auf Zahlung einer Konventionalstrafe bei. Es pflichtete dem Erstgericht auch insoweit bei, als dieses ausgeführt hatte, der Beklagte sei im Hinblick auf den Pachtvertrag verpflichtet, alles zu unterlassen, was eine Konkurrenzierung des Pachtbetriebs zur Folge haben könnte. Er sei daher verpflichtet, sich nicht an dem Konkurrenzunternehmen seiner Gattin zu beteiligen. Ebenso sei er verpflichtet, den Pachtbetrieb als Pächter zu führen und ihn während der Geschäftszeit offen zu halten. Was den letzteren Punkt anlange, habe jedoch der Beklagte bis zum Schluß der Verhandlung erster Instanz jenen Zustand hergestellt, der von ihm verlangt werden könne. Aus diesem Grunde müsse das darauf abzielende Begehren abgewiesen werden. Was die Schließung des Konkurrenzbetriebes betreffe, so könne dem Erstgericht nicht dahin gefolgt werden, daß die festgestellten Umstände zweifelsfrei eine Treuhandschaft zwischen dem Beklagten und seiner Gattin bezüglich dieses Betriebes dartun. Vom Beklagten könnte die Schließung des Nachbarlokales nur verlangt werden, wenn seine Ehefrau auf Grund eines Treuhand- oder Umweggeschäftes verpflichtet wäre, für den Beklagten alle Zivil- und öffentlichen Rechte zu erwerben und sie im gegebenen Zeitpunkt und über sein Verlangen an ihn zu übertragen. Daß eine solche Vereinbarung tatsächlich geschlossen worden wäre, könne den Feststellungen nicht entnommen werden. Mangels einer derartigen Vereinbarung habe aber der Beklagte keinen Einfluß auf die Führung des Geschäftes durch seine Gattin. Von ihm könne daher lediglich die Unterlassung einer Beteiligung an diesem Geschäft begehrt werden. Demnach sei in diesem Punkte das Eventualbegehren, nicht aber das Hauptbegehren gerechtfertigt.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richten sich die Revisionen beider Parteien insoweit, als ihrem jeweiligen Begehren nicht vollinhaltlich stattgegeben wurde. Beide beantragen Abänderung in dem für sie günstigsten Sinn. Außerdem stellen sie hilfsweise Aufhebungsanträge.

Beide Streitteile beantragen, der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist nicht gerechtfertigt, die Revision des Klägers nur zum Teil.

 

A) Zur Revision des Beklagten:

Der Beklagte geht bei seiner Argumentation ausschließlich vom Wortlaut des Pachtvertrages aus. Nach § 914 ABGB ist jedoch bei Auslegung von Verträgen nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdruckes zu haften, sondern die Absicht der Partei zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Bei Meinungsverschiedenheiten über die Bedeutung eines Ausdruckes ist dieser so zu verstehen, wie ihn der Empfänger der Erklärung verstehen muß (MietSlg 23.080, 22.160, RZ 1966, 148 ua).

Zutreffend haben die Untergerichte ausgeführt, daß die Bestimmung des Vertrages, nach der dem Beklagten verboten ist, innerhalb von zwei Jahren nach Beendigung des Vertrages ein gleichartiges oder ähnliches Unternehmen innerhalb des Stadtgebietes von Z* zu betreiben oder sich an einem solchen direkt oder indirekt zu beteiligen, überhaupt nur den Sinn haben kann, den Beklagten für die erste Zeit nach Beendigung des Pachtvertrages als Konkurrenten der Kläger auszuschließen. Selbstverständlich ist jene Person ein besonders gefährlicher Konkurrent, die das Geschäft bisher geführt hat. Die Kläger wollten also zu ihrem Vertragspartner nicht in einen unmittelbaren oder mittelbaren Wettbewerb treten. Dies schließt aber bei sinnvoller Auslegung des Vertrages aus, daß der Pächter vor Beendigung des Pachtvertrages einen Zustand herstellt, der für die Kläger für die Zeit unmittelbar nach Vertragsende noch ungünstigere Wettbewerbsbedingungen schaffen kann, als die Errichtung eines Konkurrenzunternehmens unmittelbar nach Vertragsende. Vor Vertragsende hätte der Pächter nämlich noch bessere Möglichkeiten, den späteren Wettbewerb zu seinen Gunsten zu verzerren, weil der Verpächter bis zur Beendigung des Vertrages gar keinen Einfluß auf die Führung seines Geschäftes hat. Gerade der Pächter sollte aber als Wettbewerbsgegner bis zwei Jahre nach Vertragsende ausgeschaltet werden. Die Vertragsbestimmung konnte daher nur dahin verstanden werden, daß der Beklagte bis zwei Jahre nach Vertragsende Handlungen zu unterlassen hat, die den geschäftlichen Bestrebungen der Kläger zuwiderlaufen. Derartige Handlungen sind jede Errichtung oder Förderung eines Konkurrenzbetriebes sowie die Beteiligung an einem solchen in Z*. Die ungenaue Vertragsverfassung ändert nichts daran, daß der von den Untergerichten angenommene Vertragswille dem übrigen Vertragstext und dessen Sinn eindeutig zu entnehmen ist.

Der Beklagte hat sohin durch Beteiligung am Nachbargeschäft gegen den Vertrag mit den Klägern verstoßen, weshalb sowohl das diesbezügliche Unterlassungsbegehren als auch das Begehren nach Zahlung der im Vertrag für diesen Fall vorgesehenen Konventionalstrafe gerechtfertigt ist.

Der Revision des Beklagten war daher ein Erfolg zu versagen.

 

B) Zur Revision der Kläger:

Die Kläger wenden sich dagegen, daß das Berufungsgericht kein Schein- oder zumindest Treuhandgeschäft bezüglich des Nachbarlokales angenommen hat. Welches Geschäft ein Scheingeschäft sein soll, ist aber nicht ersichtlich. Ein zwischen dem Beklagten und seiner Gattin nur zum Schein abgeschlossenes Geschäft hat nämlich niemand behauptet. Insbesondere ist nicht erkennbar, welchen Inhalt ein solches Geschäft haben sollte. Die Gattin des Beklagten ist nämlich zu Dritten (Vermieter des Lokales, Lieferanten, Gewerbebehörde usw) in unmittelbare Beziehung getreten und hat von diesen Rechte erworben. Daß diese Dritten in Wahrheit nicht mit der Gattin des Beklagten, sondern mit diesem selbst abschließen bzw ihm Rechte verschaffen wollten, wurde nicht einmal behauptet. Die zwischen der Gattin des Beklagten und Dritten hergestellten Rechtsbeziehungen können daher nicht auf Scheingeschäften beruhen. Möglich wäre lediglich, daß zwischen dem Beklagten und seiner Gattin ein Treuhandverhältnis bestünde, dem zufolge letztere verpflichtet wäre, das Nachbargeschäft ausschließlich im Interesse und nach Weisung des Beklagten zu führen. Diesfalls könnte der Beklagte jederzeit die Schließung des Geschäftes und die Einstellung des Geschäftsbetriebes verlangen, weil dann seine Gattin nur nach außen hin unbeschränkt verfügungsberechtigt wäre, im Innenverhältnis jedoch die ihr übertragenen Rechte nur für den Beklagten ausüben dürfte (SZ 45/21 ua). Nur in einem solchen Fall könnte der Beklagte durch Urteil zur Schließung des Geschäftes verhalten werden. Bestünde dagegen ein solches Treuhandverhältnis zwischen dem Beklagten und seiner Gattin nicht, dann könnte der Beklagte einen Befehl zur Schließung des Geschäfts gegen den Willen seiner Gattin auch dann nicht durchsetzen, wenn dessen Führung zum Schaden der Kläger gemeinsam abgesprochen und organisiert worden wäre. Die Gattin des Beklagten wäre dann rechtlich von diesem unabhängig, sollte sie auch rein familiär seinem Einfluß unterliegen. Dies bedeutet aber, daß der Beklagte die Schließung des Geschäfts gegen seine Gattin nicht mit rechtlichen Mitteln durchsetzen könnte, weshalb eine entsprechende Verurteilung unmöglich wäre. Ob in einem solchen Fall ein Direktanspruch der Kläger gegen die Gattin des Beklagten bestünde, war nicht zu erörtern, weil die Gattin des Beklagten nicht Prozeßpartei ist.

Der Revision sei zugegeben, daß viele der festgestellten Umstände dafür sprechen, daß die Gattin des Beklagten nur vorgeschoben worden ist. Zweifellos „zieht der Beklagte alle Fäden“ im Betrieb seiner Gattin. Dies schließt aber nicht aus, daß er dieses Ziel durch bloße persönliche Einflußnahme auf seine Gattin ohne rechtliche Absicherung erreicht. Die festgestellten Tatsachen lassen keinen zwingenden Schluß auf eine rechtliche Absicherung im Sinne einer Treuhandschaft zu. Dies wäre aber Voraussetzung für die Berechtigung des Begehrens nach Schließung des Nachbarlokales.

Mit Recht hat sohin das Berufungsgericht in diesem Punkte nur das Eventualbegehren für gerechtfertigt erachtet.

Unzutreffend ist die Annahme des Berufungsgerichtes, dem Beklagte wäre die Führung des Betriebes als Pächter schon durch das Teilurteil vom 15. November 1974, ON 11, und die nicht in Beschwerde gezogenen Teile des erstgerichtlichen Endurteiles zur Pflicht gemacht worden. Diese Entscheidungen betreffen nur einzelne Detailansprüche, nicht aber den Anspruch auf Führung des Geschäftes schlechthin. Richtig ist allerdings, daß das Pachtgeschäft nach Schluß der Verhandlung erster Instanz (die in der Revision erwähnten späteren Vorkommnisse sind für das Verfahren unbeachtlich) geöffnet war und daß es der Beklagte zu diesem Zeitpunkt als Pächter betrieben hat. Dieses Begehren war daher bei Schluß der Verhandlung erster Instanz insoweit nicht mehr berechtigt, als es den Beklagten verpflichten soll, das Geschäft wieder aufzusperren, es ordnungsgemäß wieder zu beleuchten und es als Pächter zu betreiben. In dem weiteren Begehren, das Lokal in den Geschäftsstunden offenzuhalten, ist aber auch das Begehren auf Unterlassung einer Schließung enthalten. Aus diesem Grunde muß die Berechtigung dieses Teilbegehrens nach den für Unterlassungsklagen geltenden Grundsätzen geprüft werden.

Wer sich rechtswidrig verhält, ist jederzeit verpflichtet, von diesem Verhalten abzustehen, es fürderhin zu unterlassen. Insoweit das Verbot des betreffenden Verhaltens im Interesse eines anderen besteht, hat dieser Andere einen Anspruch auf Unterlassung dieses Verhaltens und kann diesen Anspruch durch Unterlassungsklage geltend machen. Der Unterlassungskläger braucht die Wiederholungsgefahr nicht nachzuweisen. Sache des Beklagten ist es, zu beweisen, daß keine solche Gefahr besteht (KlangVI, 33).

Im vorliegenden Fall steht fest, daß der Beklagte das Pachtlokal öfter durch längere Zeit geschlossen gehalten hat. Daß diese Vorgangsweise im Hinblick auf das benachbarte Konkurrenzunternehmen wirtschaftlich unvertretbar war und daher gegen den Sinn des Pachtvertrages verstieß, haben die Untergerichte eingehend und zutreffend dargetan. Diese Schließungen waren daher vertragswidrig, weshalb die Kläger einen diesbezüglichen Unterlassungsanspruch haben. Das Fehlen der Wiederholungsgefahr wurde weder behauptet noch bewiesen. Die bereits erfolgte Vertragsverletzung in diesem Punkt rechtfertigt auch die Annahme des Vorliegens eines für Unterlassungsklagen erforderlichen Rechtsschutzbedürfnisses (Fasching III, 15). Wie bereits ausgeführt, steht diesem Teilbegehren auch nicht entgegen, daß die Kläger anstatt der negativen Form (Unterlassung der Sperre) die positive Form (Verpflichtung zum Offenhalten) gewählt haben.

In diesem Umfang war die Revision berechtigt.

Richtig haben allerdings die Untergerichte erkannt, daß die Kläger während des aufrechten Pachtverhältnisses lediglich einen Anspruch auf Zahlung des vom Geschäftsgang unabhängigen Pachtzinses haben. Bis zur Beendigung des Pachtverhältnisses kann ihnen daher kein Schaden durch eine Betriebsbeeinträchtigung (etwa durch Führung eines Konkurrenzbetriebes) entstehen. Voraussetzung eines Schadenersatzanspruches ist aber ein bereits entstandener Schaden. Der durch Vernachlässigung oder durch Konkurrenzierung des verpachteten Betriebes verursachte Schaden kann im Vermögen der Kläger erst eintreten, wenn sie aus dem Betrieb anderweitigen Gewinn ziehen wollen. Dies ist bei aufrechtem Pachtvertrag nicht möglich. Sohin kann ein Schaden nicht eingetreten sein.

Der Revision sei zugegeben, daß die Kläger mit größter Wahrscheinlichkeit mit einer Schädigung durch das Verhalten des Beklagten nach Beendigung des Pachtvertrages rechnen müssen. Dies hätte vielleicht eine Feststellungsklage gerechtfertigt, keinesfalls aber eine Leistungsklage vor Schadenseintritt, mag dieser noch so wahrscheinlich in Zukunft erfolgen. Schließlich kann nicht ausgeschlossen werden, daß entweder durch ständige Verlängerung des Pachtverhältnisses oder durch Hinaufarbeiten des Pachtbetriebes bis zu einer in näher bestimmter Zukunft liegenden Kündigung des Vertrages und ehebaldige Erwirkung der Schließung des Konkurrenzbetriebes eine Schlechterstellung der Kläger nie oder doch erst in absehbarer Zeit nicht eintreten wird.

Der Revision war daher auch in diesem Punkte ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 43 Abs 1 und 2 ZPO sowie auf § 50 ZPO Wegen des gänzlichen bzw überwiegenden Obsiegens des jeweiligen Revisionsgegners hatten beide Parteien ihrem Gegner die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen. Hiebei war der Revisionsbeantwortung des Klägers ein Streitwert von 80.000,-- S und der Revisionsbeantwortung der Beklagten ein solcher von 150.000,-- S zugrunde zu legen. Das Obsiegen der Kläger mit einem Teil ihres Begehrens im Revisionsverfahren war kostenmäßig nicht zu berücksichtigen, weil dieser Teil im Verhältnis zum gesamten Streitwert des Revisionsverfahrens geringfügig ist und keinen erheblichen Verfahrensmehraufwand erforderte. Insbesondere ist eine gesonderte Bewertung durch den Obersten Gerichtshof schon deshalb nicht möglich, weil die Kläger hiefür keinen Anhaltspunkt gegeben haben. Demnach war im Ergebnis dem Beklagten die Differenz der Kosten der beiden Revisionsbeantwortungen zuzusprechen.

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