European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0020OB00564.76.0120.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben und der angefochtene Beschluß mit der Maßgabe folgender Ergänzung bestätigt, daß im Falle des fruchtlosen Ablaufes der vierwöchigen Frist die Klage auf Antrag des Beklagten vom Gericht für zurückgenommen erklärt wurde.
Die Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Begründung:
Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage vom Beklagten Zahlung von S 100.000,--, die er in ihrem Namen als Verwalter eines ihr gehörenden Liegenschaftsanteiles an sogenannten Ablösen eingenommen, jedoch nicht verrechnet und abgeführt habe. In der Klage behauptet die Klägerin auch, daß die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 ZPO gegeben seien. Sie schloß dieser eine „Eidesstattliche Erklärung“ (Beilage B) an, in der sie erklärt, die Staatsbürgerschaft von Venezuela zu besitzen, in *USA wohnhaft zu sein, kein wie immer geartetes Einkommen zu haben und von ihrem Ehegatten im gemeinsamen Haushalt erhalten zu werden. Auf der vorliegenden Urkunde (Beilage B) bestätigt der Notary Public H* mit seiner Unterschrift sowie unter Beifügung seines Amtssiegels, daß die vor ihm erschienene Klägerin die Person sei, deren Name auf der Urkunde unterschrieben ist, und sie anerkannt habe, die Unterschrift geleistet zu haben.
In der ersten Tagsatzung beantragte der Beklagte, der Klägerin die Leistung einer Prozeßkostensicherheit von S 30.000,-- aufzutragen.
Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Es ging von der – aktenwidrigen – Annahme aus, daß die Beklagte „nach dem unbestittenen Klagsvorbringen“ Staatsangehörige der USA sei, demnach mangels Gegenseitigkeit die Voraussetzungen für die Auferlegung einer aktorischen Kaution, deren begehrte Höhe auch angemessen sei, an sich gegeben wäre, daß aber die Klägerin die Unfähigkeit zum Erlag dieser Sicherheit in einer dem § 60 Abs. 2 ZPO entsprechenden Weise eidlich bekräftigt habe. Die Richtigkeit der Eidesleistung habe das Prozeßgericht nicht zu überprüfen.
Das Rekursgericht gab dem gegen den erstgerichtlichen Beschluß gerichteten Rekurs des Beklagten Folge und trug der Klägerin auf, binnen vier Wochen eine Sicherheitsleistung für Prozeßkosten in der Höhe von S 30.000,-- zu erlegen oder die Unfähigkeit zum Erlag eidlich zu bekräftigen. Die Klägerin wurde auch zum Ersatz der Rekurskosten verpflichtet. Es führte aus:
Die Klägerin, nach dem Inhalt ihrer eidesstattlichen Erklärung Staatsbürgerin von Venezuela, habe auch im Vorprozeß 40 b Cg 489/75 des LG für ZRS Wien dem Grunde nach anerkannt, von der Leistung einer Prozeßkostensicherheit nicht befreit zu sein, weshalb davon auszugehen sei, daß die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 und 2 ZPO, unter denen der Kläger für die Prozeßkosten Sicherheit zu leisten hat, auf die Klägerin zutreffen. Ob die dem bezüglichen Antrag des Beklagten und der Beschlußfassung des Gerichtes hierüber vorangegangene eidliche Bekräftigung der Klägerin über ihre Unfähigkeit zum Erlag einer Prozeßkostensicherheit zulässig sei, könne ebenso dahingestellt bleiben wie die Prüfung der Frage, ob eine genaue Befolgung der Vorschrift des § 60 Abs. 2 ZPO im Staate Kalifornien möglich oder nicht möglich sei. Mit der vorliegenden Urkunde jedenfalls sei der Vorschrift des § 60 Abs. 2 ZPO nicht entsprochen worden. Diese beurkunde nicht einen Paupertätseid in Form eines Affidavits, sondern sei lediglich eine als „eidesstattlich“ bezeichnende Erklärung, auf der bloß die Echtheit der Unterschrift der erklärenden Person durch einen öffentlichen Notar beglaubigt erscheine. Die Urkunde entspreche daher nicht den gemäß Art. XL EGzZPO vorliegendenfalls anzuwendenden Bestimmungen des Gesetzes vom 5. Mai 1868, RGBl Nr 55, über die Eidesform. Darüber hinaus wäre die Erklärung auch inhaltlich nicht geeignet, die Unfähigkeit der Klägerin zum Erlag der Sicherheitssumme zu bekräftigen, weil darin zwar die Einkommens-, nicht aber die Vermögenslosigkeit der Klägerin erwähnt werde. Die Sicherheit sei aber grundsätzlich auch aus einem etwa vorhandenen Vermögen zu leisten.
Der Beschluß des Rekursgerichtes wird von der Klägerin fristgerecht mit Revisionsrekurs mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses bekämpft; in eventu sei die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Untergerichten der Auftrag zur Behebung allfälliger Formfehler in der Urkunde vom 4. Mai 1976 zu erteilen.
Die Klägerin macht geltend, daß die Form der vorgelegten Erklärung den in Kalifornien geltenden Bestimmungen entspreche und daß H* zur Entgegennahme solcher eidlicher Erklärungen befähigt und befugt sei, weshalb ein Paupertätseid im Sinne des § 60 Abs. 2 ZPO vorliege. Etwaigen Zweifeln diesbezüglich und auch in der Richtung, ob die Klägerin nicht bloß einkommenslos, sondern auch vermögenslos sei, hätte vom Rekursgericht mit einem Auftrag zur Behebung von Formmängeln begegnet werden müssen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht gerechtfertigt.
Sinn der Bestimmungen über die aktorische Kaution ist es, den inländischen Beklagten gegen die Gefahr zu schützen, daß er von einem ausländischen Kläger, der ihn erfolglos in Anspruch genommen hat, keinen Prozeßkostenersatz erlangt. Die Voraussetzungen für eine Sicherheitsleistung für Prozeßkosten und das Verfahren über einen solchen Antrag sind durch die Bestimmungen der §§ 57 bis 62 ZPO geregelt. Dem Antrag ist stattzugeben, wenn nicht eine der im § 57 ZPO ausdrücklich angeführten Ausnahmen gegeben ist. Dies ist der Fall bei einer gesonderten Regelung durch Staatsverträge (Abs. 1) oder sonstigen Gewährleistung der Gegenseitigkeit (Abs. 2 Z 1), bei hinreichendem Vermögen des Klägers im Inland (Abs. 2 Z 2) sowie bei den in Z 3 und Z 4 genannten Klagen. Gemäß § 60 Abs 1 ZPO ist in dem dem Antrag stattgebenden Beschluß „zugleich der Betrag der zu leistenden Sicherheit und die Frist zu bestimmen, binnen welcher dieser Betrag gerichtlich zu erlegen oder die Unfähigkeit zum Erläge vom Kläger eidlich zu bekräftigen ist“.
Da im vorliegenden Falle keine die Befreiung von der Sicherheitsleistung nach sich ziehende Ausnahme gegeben ist, insbesondere die Gegenseitigkeit nicht gewährleistet erscheint, durfte das Erstgericht den Antrag des Beklagten nur abweisen, wenn die – durch Vorlage schon mit der Klage vorweggenommene – Eidesstattliche Erklärung der Klägerin als eidliche Bekräftigung im Sinne des § 60 Abs. 1 ZPO anzusehen ist; andernfalls war dem Antrag stattzugeben; ein Auftrag zur Verbesserung – wie die Klägerin in ihrem Revisionsrekurs vermeint – kommt deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei der vorgelegten Eidesstattlichen Erklärung nicht um einen hinsichtlich Formgebrechen verbesserungsfähigen Schriftsatz (§§ 84, 85 ZPO), sondern um eine Beweisurkunde handelt. Zutreffend hat indes das Rekursgericht erkannt, daß schon das Fehlen jeglichen Hinweises auf eine Vermögenslosigkeit der Klägerin die vorgelegte Urkunde als nicht geeignet ausweist, die Unfähigkeit der Klägerin zum Erlag der zu leistenden Sicherheit darzutun. Es hat daher zu Recht den erstgerichtlichen Beschluß im stattgebenden Sinne abgeändert.
§ 60 Abs. 1 ZPO schreibt die eidliche Bekräftigung, somit eine Eidesleistung im Sinne des Art. XL EGzZPO vor. Der Eid kann jedoch auch vor einem ausländischen Gericht oder einer sonst zuständigen ausländischen Behörde in der nach dem betreffenden ausländischen Recht zulässigen Form geleistet werden (vgl. SZ 26/214). Bei der allfälligen Vorlage einer inhaltlich – nämlich in Ansehung der Vermögenslosigkeit – erweiterten Eidesstattlichen Erklärung nach der Art der Beilage B wird daher zu prüfen sein, ob die nach dem Recht von Kalifornien als des Aufenthaltsstaates der Klägerin für die Abgabe von eidlichen Bekräftigungen im Sinne des § 60 Abs. 1 ZPO gebotene Form eingehalten wurde.
Das Erstgericht wird überdies die Klägerin zur Angabe der genauen Bezeichnung ihres Wohnortes (§ 75 Z 1 ZPO) gemäß § 84 ZPO zu veranlassen haben.
Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen und der angefochtene Beschluß mit der nach § 60 Abs. 5 ZPO erforderlichen Ergänzung zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40 und 50 ZPO.
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