OGH 4Ob379/76

OGH4Ob379/7615.11.1976

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Leidenfrost als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger, Dr. Friedl, Dr. Resch und Dr. Kuderna als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ölmühlen P* Gesellschaft m.b.H., *, vertreten durch Dr. Gerald H. Weidacher, Rechtsanwalt in Gleisdorf, wider die beklagte Partei J*, Kaufmann, *, vertreten durch Dr. Gottfried Eisenberger, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterlassung infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 4. August 1976, GZ. 1 R 108/76‑9 , womit der Beschluß des Landesgerichtes für ZRS. Graz vom 25. Juni 1976, GZ. 8 Cg 345/76‑6, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0040OB00379.76.1115.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

 

Begründung:

Die klagende Partei behauptet, sie betreibe in G* eine Ölmühle und befasse sich unter anderem auch mit der Herstellung von Kürbiskernöl. Der Beklagte bringe mit der Aufschrift „Kürbis‑Salatöl“ Einliter‑Plastikflaschen mit Abreißverschluß in den Handel, bei denen der Konsument auf Grund der Art der Etikettierung erwarte, daß es sich bei dem Inhalt der Flaschen um reines Kürbiskernöl handle. Tatsächlich enthielten die Flaschen ein Mischöl aus Kürbiskernöl und anderen Ölen. Die Vorgangsweise des Beklagten verstoße gegen die Bestimmungen des UWG, sodaß beantragt werde, ihn schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, zu Zwecken des Wettbewerbes auf den von ihm vertriebenen 1 Liter‑Plastikflaschen mit Abreißverschluß, in denen Salatöl enthalten ist, die Bezeichnung „Kürbis‑Salatöl“ zu verwenden. Überdies wird die Ermächtigung zur Veröffentlichung des Urteilsspruches in einer Zeitung beantragt. Zur Sicherung des erhobenen Unterlassungsanspruches beantragt die klagende Partei eine einstweilige Verfügung gleichen Inhaltes.

Der Beklagte brachte dagegen vor, daß den angesprochenen Interessenten schon aus der Bezeichnung „Salatöl“ und dem Preis des Öles klar erkennbar sei, daß es sich nicht um reines Kernöl, sondern um ein Mischöl handle. Es liege daher ein Verstoß gegen das UWG nicht vor.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab. Es ging von folgendem Sachverhalt aus:

Der Beklagte bringt in 1 Liter‑Flaschen mit Abreißverschluß Salatöl in den Handel. Diese Flaschen weisen nachstehende Beschriftung auf: „Hötzl (in Großschrift hervorgehoben) Mureck (darunter in Kleinschrift), Ölpresse Mureck, (darunter in Kleinschrift), mildes, würziges, südsteirisches, (darunter in Großschrift hervorgehoben), Kürbis‑Salatöl, (darunter in Kleinschrift) H*, Ölpresse, *, aus geschälten Kürbiskernen und Pflanzenölen (darunter in Kleinschrift) Inhalt 1 Liter, kühl und dunkel lagern, haltbar bis September 1976“. Bei dem als „Kürbis‑Salatöl“ bezeichneten Öl erwarte der Konsument, daß es sich um reines Kürbisöl handelt. Bei Vorliegen eines Mischöles aus Kürbiskernöl und anderen Ölen sei die Probe als verfälscht gemäß Lebensmittelgesetz 1975, § 8 lit. e zu beurteilen.

Bei dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt gelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis, daß ein Verstoß des Beklagten gegen die Bestimmung des § 1 UWG vorliege, die Erlassung der einstweiligen Verfügung in der von der klagenden Partei beantragten Form aber nicht gerechtfertigt sei, weil dem Beklagten nicht verboten werden könne, Öle aus Kürbiskernen als Kürbissalatöl zu bezeichnen, wenn sich in den Flaschen tatsächlich Öl aus Kürbiskernen befinde; nur darauf sei das Begehren der klagenden Partei gerichtet.

Das Rekursgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung mit der Klarstellung, daß die Verwendung der Bezeichnung „Kürbissalatöl“ dann zu unterlassen sei, wenn sich in den Flaschen nicht reines Kürbiskernöl befindet. Das Rekursgericht verwies darauf, daß die Bezeichnung „Kürbissalatöl“ durch die Größe und Art der dafür verwendeten Schrift blickfangartig hervorgehoben sei, während die tatsächliche Zusammensetzung des Öles nur in Kleindruck angegeben werde. Der Inhalt der Flaschen habe die für das Kürbiskernöl typische rotbraune Färbung. Durch die Aufmachung des Etikettes werde der Eindruck erweckt, daß sich in den Flaschen Kürbiskernöl befinde. Der angegebene Preis ändere daran nichts, weil er zur Annahme verleite, daß es sich um ein besonders günstiges Anbot handle. Es bestehe daher die Gefahr einer Irreführung von Interessenten, sodaß die Ankündigung gegen § 2 UWG verstoße und der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bescheinigt sei. Die zu seiner Sicherung beantragte einstweilige Verfügung sei daher zu erlassen gewesen.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurses der beklagten Partei mit dem Antrag, ihn im Sinne der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern oder ihn aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Der Beklagte macht im wesentlichen geltend, daß auf den verwendeten Etiketten angegeben sei, daß das in den Flaschen enthaltene „Kürbissalatöl“ aus geschälten Kürbiskernen und Pflanzenöl bestehe. Dem Durchschnittsverbraucher sei schon wegen des angegebenen Preises und wegen der Bezeichnung „Salatöl“ klar, daß es sich um ein Mischöl handle. Es müsse die Ankündigung in ihrer Gesamtheit beurteilt werden. Darnach sei eine Täuschung des Publikums nicht möglich.

Demgegenüber hat bereits das Rekursgericht zutreffend darauf verwiesen, daß eine Angabe nicht nur dann im Sinn des § 2 UWG zur Irreführung geeignet ist, wenn sie objektiv einen falschen Sachverhalt behauptet, sondern schon dann, wenn ihr trotz Richtigkeit von den Personen, an die sie sich wendet, etwas Unrichtiges entnommen werden kann. Es genügt, wenn durch die Ankündigung ein nicht ganz unerheblicher Teil des in Frage kommenden Interessentenkreises zu einer Auffassung kommt, die dem wahren Sachverhalt nicht entspricht. Bei einer Mehrdeutigkeit der Ankündigung muß der Ankündigende immer auch die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen (Hohenecker‑Friedl Wettbewerbsrecht 23, SZ 44/128, ÖB1 1974 33, 59, 119, 1975, 61, 118 u.a.). Hiebei muß auch berücksichtigt werden, daß bei Ankündigungen, die sich an die breite Masse der Konsumenten wenden, keine besondere Sorgfalt und Genauigkeit bei der Beurteilung des Inhaltes der Ankündigung erwartet werden darf, da dieser Inhalt häufig nach dem in der Flüchtigkeit des Alltages gewonnenen Eindruck verstanden wird (ÖBl 1964 96). Richtig ist allerdings, daß grundsätzlich die Ankündigung nach dem Gesamteindruck, den sie erweckt, und nicht nach dem Inhalt einzelner Textteile beurteilt werden muß. Der Gesamteindruck ist aber nicht gleichbedeutend mit dem Gesamtinhalt der Ankündigung, da der Gesamteindruck durch einzelne Teile der Ankündigung, die als Blickfang besonders herausgestellt sind, bereits entscheidend geprägt werden kann, sodaß die Gefahr besteht, daß sich das angesprochene Publikum mit dem weiteren Teil der Ankündigung, in dem der blickfangartig herausgestellte Teil erklärt, näher umschrieben oder auch richtiggestellt wird, gar nicht mehr befaßt. In solchen Fällen darf daher auchder blickfangartig herausgestellte Teil der Ankündigung für sich allein nicht irreführend im Sinn des § 2 UWG sein. Ist dieser Teil irreführend, dann liegt ein Verstoß gegen § 2 UWG vor, wenn eine nähere Erklärung, die das Entstehen eines falschen Eindruckes verhindert, überhaupt fehlt oder nicht in einer nach der Übung des redlichen Verkehrs zu erwartenden Form (z.B. in wesentlich kleinerer Schrift) beigegeben wird (Baumbach‑Hefermehl, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht11 I 764 f., ÖBl 1975 63, 1974 33, 1971 78, 150 u.a.).

Die von der beklagten Partei verwendete Bezeichnung „Kürbissalatöl“ ist geeignet, wenigstens bei einem nicht ganz unbeträchtlichen Teil des angesprochenen Publikums den Eindruck zu erwecken, daß reines Kürbiskernöl angeboten werde. Der gewählte Ausdruck „Kürbissalatöl“ kann durchaus als Hinweis darauf aufgefaßt werden, woraus das Öl gewonnen wurde und wozu es verwendet werden kann. Dieser Eindruck der in besonders auffälliger Form angebrachten Bezeichnung wird durch die Farbe des angebotenen Öles noch verstärkt. Dem wird die Preisangabe keineswegs ausreichend entgegenwirken, weil der Preis, wenn sich der angesprochene Interessent überhaupt die Höhe und Angemessenheit dieses Preises näher überlegt, auch als Folge einer Sonderaktion oder sonst eines besonders günstigen Angebotes ausgelegt werden wird. Die Angabe der tatsächlichen Zusammensetzung des angebotenen Öles nimmt aber der gewählten Bezeichnung deswegen nicht die Eignung zur Irreführung, weil diese Angabe – im Gegensatz zur blickfangartig herausgestellten Bezeichnung – nur in unauffälliger Kleinschrift angebracht ist, sodaß sie von den angesprochenen Interessenten übersehen werden oder sonst unbeachtet bleiben kann. Da die durch den Gesamteindruck der Ankündigung erweckte Vorstellung aber nicht dem tatsächlichen Sachverhalt entspricht, hat das Rekursgericht mit Recht angenommen, daß der erhobene Unterlassungsanspruch bescheinigt ist, sodaß die zu seiner Sicherung beantragte einstweilige Verfügung in der vom Rekursgericht eingeschränkten Form zu erlassen war.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 402, 78 EO, 40, 50, 52 ZPO.

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