European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0070OB00679.76.1104.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit S 1.029,12 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 96,-- S Barauslagen und 69,12 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrte 7.643,40 S samt Anhang für einen im Auftrag des Beklagten verfaßten Kaufvertrag samt verschiedenen Nebenspesen. Unter diesen Nebenspesen scheint auch ein Betrag von 2.816,-- S für die Beschaffung eines Grundbuchslustrums vom Bezirksgericht Mödling auf. Diesbezüglich verrechnet der Kläger 8/2 Stunden zu je 352,- S, zuzüglich der Umsatzsteuer.
Der Beklagte beantragte Klagsabweisung und wendete ein, er habe dem Kläger nie einen Auftrag erteilt. Im übrigen bestritt er die klägerische Forderung auch der Höhe nach.
Das Erstgericht gab im ersten Rechtsgang dem Klagebegehren vollinhaltlich statt. Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung mit Beschluß vom 28. Oktober 1975, (ON 17), auf. Hiebei vertrat es unter anderem den Rechtsstandpunkt, auf die klägerische Forderung seien die Bestimmungen des Rechtsanwaltstarifes nur dann anzuwenden, wenn im Rechtsanwaltstarif genannte Leistungen vom Notar verrichtet werden und die Entlohnung nicht im Notariatstarif geregelt ist. Für die Besorgung eines Grundbuchsauszuges komme aber hier nur eine Zeitgebühr nach § 26 NTG in Betracht.
Im zweiten Rechtsgang sprach das Erstgericht dem Kläger unter Abweisung des Mehrbegehrens 5.139,80 S samt Anhang zu. Es ging hiebei von folgenden wesentlichen Feststellungen aus:
Der Beklagte wollte seine Eigentumswohnung in M* mit den dazugehörigen Grundanteilen verkaufen. Diesbezüglich erteilte er seiner Ehegattin S* den Auftrag bzw. die Ermächtigung, Verkaufsgespräche für ihn zu führen. S* verhandelte hierauf mit N*, die Interesse an der Wohnung zeigte. Beide einigten sich darüber, daß N* die Wohnung um einen Barkaufpreis von 120.000,-- S kaufen werde. N* besprach sich in der Folge mit dem mit ihr befreundeten ehemaligen Rechtsanwalt H*, der ihr riet, sich eines Notars, nämlich des Klägers, zu bedienen. H* vereinbarte hierauf mit dem Kläger einen Termin und nannte ihm auch die Grundbuchsdaten der Liegenschaft, worauf der Kläger durch seine Frau noch vor dem Besprechungstermin ein Grundbuchslustrum, betreffend den dem Beklagten gehörigen Anteil an der Liegenschaft, beim Bezirksgericht M* einholen ließ. Vor dem Besprechungstermin beim Kläger rief H* S* an und sagte ihr, da sie nicht Eigentümerin der Wohnung sei, müsse sie eine Vollmacht des Beklagten zum Kläger mitbringen. Er diktierte ihr den Text dieser Vollmacht.
Auf Ersuchen der N* fuhr S* am 13. Februar 1975 mit ihr zum Kläger. Sie war zumindest bereit, für den Fall, daß „alles klar ist“, beim Notar verbindliche Erklärungen abzugeben. Beim Kläger fand in Anwesenheit des H* eine Besprechung statt. An Hand des vom Kläger eingeholten Grundbuchslustrums wurden die Einzelheiten des zu errichtenden Kaufvertrages besprochen. Eine Vereinbarung mit dem Kläger, wer ihm gegenüber für seine Kosten haften solle, wurde nicht getroffen. Über diese Frage wurde überhaupt nicht gesprochen. Insbesondere wies der Kläger die Parteien nicht auf die Bestimmung des § 12 NTG hin. In der Besprechung wurde jedoch volle Einigung über den Inhalt des Kaufvertrages erzielt. Da nicht mehr genügend Zeit zur Verfügung stand, um sofort entsprechend allen Formerfordernissen schriftlich einen Kaufvertrag zu errichten, hielt der Kläger den Inhalt der Einigung in Form einer Offerte des Beklagten fest, die er in einem als „Information“ bezeichneten Protokoll auf Tonband aufzeichnete. Das Tonband wurde vor Beendigung des Gespräches noch einmal abgespielt. In dieser Information wurden die wesentlichen Bedingungen des abzuschließenden Kaufvertrages festgehalten. S* hat während der gesamten Besprechung nie gegen den Inhalt oder auch nur gegen die Protokollierung der „Information“ irgendwelche Einwendungen erhoben. Im Zuge der Besprechung übernahm der Kläger den von N* mitgebrachten Barkaufpreis von 120.000,-- S zur Verwahrung.
Nachdem der Kläger von N* erfahren hatte, daß der Beklagte nicht zu den getroffenen Vereinbarungen stehen wolle, zahlte ihr der Kläger nach einer Rücksprache mit dem Beklagten die erlegten 120.000,-- S zurück.
Rechtlich vertrat das Erstgericht den Standpunkt, in dem Verhalten der S* sei die Erstellung einer bindenden Offerte zu erkennen. Hiedurch sei der Beklagte, den seine Gattin vertreten habe, Teilnehmer am Geschäft im Sinne des § 12 NTG geworden. Aus diesem Grunde hafte er gegenüber dem Kläger für die aufgelaufenen Kosten. Da es zu der Errichtung des Kaufvertrages nicht gekommen sei, könne der Kläger nach § 8 NTG zwar nicht das volle Honorar verrechnen, jedoch alle bis dahin erbrachten Teilleistungen in Rechnung stellen. Nach der für das Erstgericht bindenden Rechtsansicht des Berufungsgerichtes könne jedoch für die Besorgung des Grundbuchslustrums nur eine Zeitgebühr nach § 26 NTG, das seien für acht halbe Stunden 480,-- S, zugesprochen werden. Der Honoraranspruch des Klägers sei also entsprechend zu reduzieren.
Gegen diese Entscheidung erhoben beide Parteien Berufungen, denen jedoch das Berufungsgericht nicht Folge gab. Es übernahm die erstrichterlichen Feststellungen und trat auch dessen Rechtsansicht bei.
Lediglich gegen den Nichtzuspruch des 480,-- S samt Umsatzsteuer übersteigenden Teilbetrages für die Beischaffung des Grundbuchlustrums (2.533,60 S samt Anhang) richtet sich die Revision des Klägers. Es wird unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht und Abänderung dahin begehrt, daß der Klage im vollen Umfang stattgegeben werde.
Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Ergebnis nicht gerechtfertigt.
Zutreffend haben die Untergerichte die Zahlungspflicht des Beklagten im Hinblick auf § 12 NTG grundsätzlich bejaht, weil das widerspruchslose Anhören des Diktates der Information vom 13. Februar 1975 durch die Vertreterin des Beklagten nur so verstanden werden konnte, daß der Kläger mit ihrem Einverständnis die in der Information genannten Leistungen erbringen solle. Wenn daher der Beklagte in der Revisionsbeantwortung neuerlich versucht, gegen diese Rechtsansicht Stellung zu nehmen, kann dies nicht zum Erfolg führen.
Letzten Endes ist aber nur noch die Frage offen, welches Entgelt dem Kläger für die Beschaffung des Grundbuchslustrum zusteht. Diesbezüglich spricht der Kläger Kosten nach TP 7 (nicht 6) des Rechtsanwaltstarifes an, während ihm die Untergerichte nur eine Zeitgebühr nach § 26 NTG zubilligen.
Nach Ansicht des Obersten. Gerichtshofes kann die grundsätzliche Lösung dieser Frage im vorliegenden Fall auf sich beruhen. Der Beklagte hat nämlich das geforderte Entgelt auch der Höhe nach bestritten, weshalb es Sache des Klägers gewesen wäre, dessen Richtigkeit zu beweisen.
§ 12 NTG gibt dem Notar einen Entgeltanspruch nicht nur gegen jene Person, die ihm ausdrücklich einen Auftrag erteilt hat, sondern auch gegen alle Teilnehmer des mit ihrem Einverständnis notariell errichteten, beurkundeten oder beglaubigten Geschäftes. Diese Bestimmung stellt also jene Personen bezüglich, des Entgeltanspruches so, als ob sie selbst Auftraggeber gewesen wären. In dieser Hinsicht fingiert das Gesetz demnach die Erteilung eines Auftrages durch jene Personen. Es ist daher gerechtfertigt, auf die Entgeltforderung des Notars gegen diese Personen jene Gesetzesbestimmungen anzuwenden, die für die Entgeltsforderungen gegen die unmittelbaren Auftraggeber gelten.
Wird einem Notar ein Auftrag zur Errichtung eines Vertrages erteilt, so übernimmt dieser, wenn er den Auftrag annimmt, die Herstellung eines Werkes. Ein durch die Annahme des Auftrages zustande gekommener Vertrag ist daher gemäß § 1151 Abs 1 ABGB in der Regel ein Werkvertrag, dem allenfalls Elemente des Bevollmächtigungsvertrages innewohnen können (§ 1151 Abs 2 ABGB). Wird ein Entgelt für die Herstellung des Werkes nicht vereinbart (der Fall der vereinbarten Unentgeltlichkeit kann hier außer Betracht bleiben) dann hat der Unternehmer gemäß § 1152 ABGB Anspruch auf ein angemessenes Entgelt. Regelt nun ein Gesetz, wie bei einem Notar, die Höhe des Entgeltes, so ist dieses nach dem Gesetz zu berechnen. Soweit jedoch dieses das Entgelt regelnde Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, gelten die allgemeinen Bestimmungen über den Werkvertrag.
Das NTG enthält keine Bestimmungen über die Art, wie der Notar die ihm aufgetragenen Geschäfte auszuführen hat. Demnach gilt diesbezüglich der allgemeine Grundsatz, demzufolge der Unternehmer das Werk so auszuführen hat, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht und für Werke solcher Art an diesem Ort üblich oder angemessen ist (Klang2 V, 379 f.). Nur für ein auf diese Art ausgeführtes Werk gebührt ihm ein Entgelt, dessen Höhe sich aus den gesetzlichen Gebührenbestimmungen errechnet. Die gesetzlichen Sätze sind dem angemessenen Entgelt des § 1152 ABGB gleichzusetzen. „Angemessenes Entgelt“ im Sinne dieser Bestimmung ist das Entgelt, das sich unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Bedachtnahme auf das, was unter ähnlichen Umständen geschieht oder geschehen ist, ergibt (EvBl 1964/401, JBl 1955, 122 u.a.). Macht ein Notar zur Erbringung des ihm aufgetragenen Werkes Aufwendungen, die in diesem Umfang unter ähnlichen Umständen nicht üblich sind, kann er, falls ihm diese Aufwendungen nicht besonders aufgetragen wurden oder, falls der Auftraggeber von ihrer Erbringung nichts gewußt hat, nur die Auslagen verrechnen, die im Normalfall aufgelaufen wären. Der Fall ist dann dem im § 1170a Abs 2 letzter Satz ABGB genannten, daß sich beträchtliche Überschreitungen als unvermeidlich herausstellen vergleichbar. Diesfalls kann der Unternehmer, der dies dem Besteller nicht unverzüglich angezeigt hat, ein Entgelt für die Mehrarbeit nicht verlangen.
Die gesetzlichen Gebühren eines Notars sind auch ohne besondere Vereinbarungen seinem Entgeltsanspruch zugrunde zu legen. Im Ergebnis ist daher ein einem Notar erteilter Auftrag nicht anders zu behandeln als ein unter Legung eines Kostenvoranschlages angenommener Auftrag. Der Besteller muß mit der gewöhnlichen Ausführung und den damit verbundenen tarifmäßigen Kosten rechnen. Ist der Notar der Meinung, daß zur ordnungsgemäßen Ausführung des Auftrages zusätzliche Leistungen erforderlich sind, mit denen der Besteller nicht ohne weiteres rechnen kann, hat er dies dem Besteller mitzuteilen, widrigenfalls er in analoger Anwendung des § 1170a Abs 2 letzter Satz ABGB das sich für diese Zusatzleistungen aus dem Tarif ergebende zusätzliche Entgelt nicht verlangen kann. Gegenüber einer Person, von der ein Entgelt nur nach § 12 NTG verlangt werden kann, besteht kein weitergehender Anspruch.
Die Errichtung eines Kaufvertrages erfordert die Kenntnis des Grundbuchstandes. Eine solche Kenntnis läßt sich in der Regel auch durch Einschaltung eines ersuchten Notars verschaffen. Nur wenn dieser Weg nicht gangbar ist, z.B. wegen besonderer Dringlichkeit, ist die persönliche Herstellung eines Lustrums erforderlich. Insbesondere wenn die Herstellung des Lustrums mit erheblichen Mehrkosten verbunden ist, muß der Notar, falls er keinen diesbezüglichen Auftrag hat, dem Klienten dies mitteilen, widrigenfalls er die Mehrkosten nicht verlangen kann.
Im vorliegenden Fall hat die Vertreterin des Beklagten die Herstellung des Lustrums nicht verlangt. Daß die Errichtung des beabsichtigten Vertrages wegen der gewünschten Dringlichkeit ein Ersuchen an einen am Sitze des Grundbuchsgerichtes ansässigen Notar ausgeschlossen hätte, wurde weder behauptet noch hat sich derartiges im Verfahren, ergeben. Daß die Kosten der Herstellung eines Lustrums bei einem außerhalb des Sitzes des Notars gelegenen Gericht erheblich höher sind als die Kosten der Herstellung durch einen ersuchten Notar, liegt auf der Hand. Gerade im vorliegenden Fall zeigt ein Vergleich der vom Berufungsgericht errechneten Gebühren für den fertiggestellten Vertrag mit den begehrten Kosten für die Herstellung des Lustrums ein auffallendes Mißverhältnis. Bei dieser Situation hätte der Kläger jene Personen die als Zahlungspflichtige für seine Gebühren in Frage kamen, ausdrücklich darauf aufmerksam machen müssen, daß die Herstellung eines Lustrums durch ihn persönlich mit erheblichen Mehrkosten verbunden sein werde. Daß die Vertreterin des Beklagten diesbezüglich belehrt worden wäre, wurde ebensowenig behauptet, wie daß sie durch irgendein Verhalten die Genehmigung dieser Mehrkosten zum Ausdruck gebracht hätte. Es wurde nicht einmal vorgebracht, daß sie von der Herstellung des Lustrums durch den Kläger Kenntnis gehabt hätte. Gerade die Anwesenheit eines rechtskundigen Bekannten des Vertragspartners (H*) ließ die Möglichkeit offen, die Unterlagen durch den Vertragspartner selbst beischaffen zu lassen.
Es ergibt sich sohin, daß der Kläger vom Beklagten nur die im Regelfall auflaufenden Kosten für die Information über den Grundbuchstand begehren konnte. Dafür, daß diese den zugesprochenen Betrag von 480,-- S samt Umsatzsteuer überstiegen hätten, fehlt es an Behauptungen des Klägers. Da der Beklagte den Zuspruch dieses Betrages nicht mehr bekämpft und der Kläger keine Behauptungen aufgestellt hat, die Feststellungen über Mehrkosten zuließen, verbietet sich eine diesbezügliche Änderung der angefochtenen Entscheidung.
Der Revision war daher nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)