OGH 4Ob360/76

OGH4Ob360/765.10.1976

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Leidenfrost als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger, Dr. Friedl, Dr. Resch und Dr. Kuderna als Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Parteien 1) Österreichische U* Gesellschaft m. b. H. *, 2) E*Gesellschaft m. b. H., ebendort, beide vertreten durch Dr. Peter Pöch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Parteien O* Gesellschaft m. b. H., *, vertreten durch Dr. Erich Zeiner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert für die EV. S 300.000,—), infolge Revisionsrekurses beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 14. Juli l976, GZ 3 R 162/76‑7, womit der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 26. Mai 1976, GZ 17 Cg 59/76‑4, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0040OB00360.76.1005.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

I) Der Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Parteien wird, soweit er sich gegen Punkt II), A), 1) und 2) sowie B) der rekursgerichtlichen Entscheidung richtet, zurückgewiesen; im übrigen wird ihm nicht Folge gegeben und der angefochtene Beschluss in seinen Punkten II), 3) bis 6) bestätigt.

II) Hingegen wird dem Revisionsrekurs der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Parteien Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung in ihrem abändernden Teil im Sinne einer gänzlichen Wiederherstellung der Entscheidung erster Instanz abgeändert.

III) Die klagenden und gefährdeten Parteien haben die Kosten ihrer Rechtsmittel selbst zu tragen. Sie sind ferner zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.928,42 bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin sind S 513,22 an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Begründung:

Außer Streit steht folgender Sachverhalt:

Die klagenden Parteien sind als Gesellschaft m. b. H. im Handelsregister des Handelsgerichtes Wien eingetragen. Sie erzeugen und vertreiben Zahncreme mit der Bezeichnung „mentadent C“ in Österreich, wobei die aus Beilage ./G ersichtliche Verpackung Verwendung findet. Die beklagte Partei hat ihren Sitz in Wien, ist im Handelsregister des Handelsgerichtes Wien eingetragen und gehört der chemisch-kosmetischen Branche an. Sie erzeugt und vertreibt in Österreich Zahncreme mit der Bezeichnung „ship-dent“, wobei deren Ausstattung der Beilage ./H entspricht. Die beklagte Partei gehört ebenso wie ihre Schwestergesellschaft in Düsseldorf, die L*gesellschaft m. b. H., zu der englischen B*‑Gruppe. Zugunsten der genannten Schwestergesellschaft der beklagten Partei ist die Wortmarke „ship“ unter der Nr 66.947 mit einer Priorität vom 14. November 1969 im Markenregister des österreichischen Patentamtes eingetragen. Die erstklagende Partei ist Inhaberin der Wortmarke Nr 69.632 „mentadent“, die eine Priorität vom 10. März 1971 genießt. Die Streitteile stehen zueinander im Wettbewerbsverhältnis.

Die klagenden Parteien beantragen zur Sicherung ihres gleichlautenden Unterlassungsbegehrens, der beklagten Partei mittels einstweiliger Verfügung zu verbieten, eine Zahncreme in den geschäftlichen Verkehr zu bringen, die

I.1) durchscheinend und grünlich gefärbt ist;

2) einen Geruch und Geschmack hat, der vor allem durch die Komponenten Anethol, Nelkenöl, Menthol, Wintergreen und Pfefferminz bestimmt wird;

3) eine Beschriftung mit folgenden Merkmalen auf der Faltschachtel und auf der Tube aufweist:

a) die Bezeichnung der Zahncreme („Produktbezeichnung“) in schwarzen, fetten (Antiqua Olive grasse) Kleinbuchstaben auf weißem Untergrund, wobei die Oberlinien der Buchstaben das sonstige Schriftbild kaum überragen;

b) die Produktbezeichnung kommt auf jeder der sechs Schauflächen der Faltschachtel nur je ein einziges Mal vor;

c) an die Produktbezeichnung schließt sich auf der Tube und auf den beiden größten Schauflächen der Faltschachtel ein Streifen bis zum Ende der Tube bzw der Schachtel an, dessen Breite etwa der Buchstabengröße der Produktbezeichnung entspricht;

d) auf den beiden größten Schauflächen der Faltschachtel links oberhalb der Produktbezeichnung scheint in kleinerem, hellgrünem Druck die Beschriftung in Großbuchstaben auf, die etwa bis zwei Drittel der Länge der Produktbezeichnung reicht;

e) unterhalb des letzten Drittels der Produktbezeichnung scheint ein zweizeiliger Schriftblock in etwa schreibmaschinengroßen Buchstaben zweizeilig auf;

f) die Schrift ist auf der Faltschachtel derart angeordnet, dass

aa) der Produktbezeichnung, die auf den beiden größten Schauflächen steht, jeweils auf der anschließenden Schmalseite ein eng beschriebener Schriftblock und

bb) dem an die Produktbezeichnung anschließenden Streifen auf den beiden größten Schauflächen jeweils die kleiner gedruckte Produktbezeichnung auf der anschließenden Schmalseite entspricht;

g) Faltschachtel und Tube sind weiß, sodass auf weißem Untergrund lediglich schwarzer und hellgrüner Druck aufscheint;

4) in Faltschachteln verpackt ist, die in durchsichtiges Zellophan eingehüllt sind, das mit einem roten Zellophanstreifen aufgerissen wird;

5) in Aluminiumtuben abgefüllt ist, deren Schulter glatt poliert und deren Schraubverschluss weiß und mit engen Rillen versehen ist;

6) deren grünliche Farbe in der Gestaltung der Tube und der Faltschachtel auf weißem Untergrund wiederkommt; insbesondere aber Zahncreme gemäß den Beilagen ./H und ./0 1;

II) als Bestandteil eines Pflege-Systems dargestellt wird, wenn kein Pflege-System vorliegt, insbesondere wenn zu dieser Zahncreme nur eine gängige Zahnbürste angeboten wird, die nur in werblichem Bezug zu der Zahncreme steht.

Zur Begründung führen die klagenden Parteien aus, die von ihnen seit November 1971 unter der Bezeichnung „mentadent C“ unter großem Werbeaufwand auf den Markt gebrachte Zahncreme weise in ihrer Art und in ihrer verwendeten Verpackung eine Reihe von im einzelnen angeführten Eigenheiten auf, die dieses Erzeugnis eigenartig mache. Sein Marktanteil habe im Jahre 1975 20,5 % betragen. Von 70 % der befragten Konsumenten werde „mentadent C“ selbst dann sofort erkannt, wenn die Marke teilweise verdeckt werde. Die Verpackung (Beilage ./G) sei zu einem unterscheidenden Kennzeichen für die klagenden Parteien geworden, das überragende Verkehrsgeltung erlangt habe.

Die beklagte Partei erzeuge und vertreibe seit Mitte Feber 1976 eine Zahncreme unter der Bezeichnung „ship‑dent“, wobei sie sich dem vorerwähnten Produkt der klagenden Parteien bewusst und systematisch annähere. Da überdies im Gegensatz zu dem Produkt der klagenden Parteien weder auf der Tube noch auf der als Verpackung dienenden Faltschachtel der von der beklagten Partei erzeugten Zahncreme Erzeuger und Händler genannt werden, führe dies zu Verwechslungen im geschäftlichen Verkehr. Bei einer durch das Dr. F*Institut durchgeführten Meinungsumfrage hätten von 500 befragten Personen 60 % die Packung „ship‑dent“, auf der die Marke „ship“ verdeckt gewesen sei, für ein Produkt der klagenden Parteien gehalten. Der auf der letztgenannten Schachtel enthaltene Hinweis der beklagten Partei auf ein „neues Pflegesystem“ sei infolge der Wahl der Worte und der graphischen Gestaltung eine unzulässige Anlehnung an die Ausstattung der klagenden Parteien. Er sei aber überdies irreführend, weil die „ship‑dent“‑Bürste dem gängigen Typ einer Zahnbürste mit V-Stellung der Borsten entspreche. Neu sei nur die werbemäßige Verbindung zwischen Zahncreme und Zahnbürste. Schließlich täusche die beklagte Partei die Konsumenten noch dadurch, dass sie nach der Bezeichnung „ship‑dent“ ein hochgestelltes R in einem Kreis anführe, obwohl die genannte Bezeichnung beim österreichischen Patentamt nicht angemeldet sei. Die beklagte Partei habe das Produkt der klagenden Parteien planmäßig in Art, Ausstattung, Verpackung und Idee nachgeahmt. Ihr Verhalten verstoße gegen die §§ 1, 2 und 9 UWG.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Sicherungsantrages. Sie brachte vor, ihre deutsche Schwestergesellschaft sei Inhaberin der in Österreich aufrecht bestehenden internationalen Wort-Bildmarke IR‑Nr 324.453 „ship‑dent“ mit Priorität vom 28. Oktober 1966 und habe der beklagten Partei das Recht eingeräumt, diese Marke in Österreich zu verwenden. Der Zahncreme „mentadent C“ mangle die Eigenartigkeit, weil die in der Klage angeführten Eigenarten dieser Zahncreme auf eine Vielzahl anderer Zahncremen zutreffe. Das entscheidende Charakteristikum der Ausstattung sei nur der Markenname, wogegen die Eigenarten der Verpackung weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit unterscheidungskräftig seien. Ein Annäherungsversuch und eine Verwechselbarkeit sei schon im Hinblick auf die Anbringung der geschützten Markenbezeichnung, die in besonders großen Lettern auf allen Seiten der Verpackung und auf der Tube aufscheine, auszuschließen. Durch die Verwendung des Farbtones türkis unterscheide sich die Verpackung von der lichtgrünen Farbe der klagenden Parteien. Eine Verkehrsgeltung der Ausstattung der Faltschachtel der „mentadent C“ sei durch das Ergebnis der Meinungsbefragung nicht bescheinigt, weil diese Zahncreme selbstverständlich bekannter sei als die erst später eingeführte der beklagten Partei. Durch die Verdeckung des Wortes „ship“ sei ein Irrtum der Befragten hervorgerufen worden.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab und nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:

Unter der Registernummer 69.632 ist im Markenregister des österreichischen Patentamtes für die erstklagende Partei die Wortmarke „mentadent“ mit Beginn der Schutzdauer 26. Juli 1971 eingetragen. Für die Schwestergesellschaft der beklagten Partei, die Firma L*gesellschaft m. b. H., Düsseldorf, ist die Wortmarke „ship-dent“ seit 28. Oktober 1966 international registriert und genießt auf Grund des Madrider Markenabkommens mit der Priorität vom selben Tag Schutz in Österreich. Der beklagten Partei wurde von der erwähnten Schwestergesellschaft das Recht eingeräumt, die zu ihren Gunsten eingetragene Marke in Österreich zu verwenden.

Die von den klagenden Parteien seit mehreren Jahren unter der Bezeichnung „mentadent C“ auf den Markt gebrachte Zahncreme weist in ihrer Art und Verpackung folgende Eigenheiten auf:

a) Die Zahncreme ist durchscheinend und grün gefärbt;

b) sie hat einen charakteristischen Geruch und Geschmack, der durch die Komponenten Anethol, Nelkenöl, Menthol, Wintergreen und Pfefferminz bestimmt wird;

c) die Beschriftung der Faltschachtel ist dergestalt, dass die Bezeichnung „mentadent“ in schwarzen, fetten, etwas nach rechts liegenden Kleinbuchstaben, bei denen die Oberlinien das Schriftbild nur wenig überragen, auf den zwei breiteren Schachtelseiten groß und auf allen Schachtelseiten in kleinerem Druck aufscheint und daneben in einem grünen Streifen in etwa Buchstabengröße in weißer Schrift der Buchstabe C zu sehen ist;

d) links oberhalb der großgedruckten Marke scheinen die Worte „geprüfte Formel“ in grüner Farbe auf, in der rechten unteren Hälfte zweizeilig die Worte „für gesundes Zahnfleisch und gesunde Zähne“, rechts über der Marke zweizeilig die Worte „neuentwickeltes Pflegemedium“;

e) auf den beiden Längsseiten der Schachtel, die nicht mit der Grundbezeichnung „mentadent C“ vorwiegend ausgefüllt sind, befindet sich neben der Markenbezeichnung ein jeweils fünf- bzw sechszeiliger Schriftblock, der auf das mentadent C-Pflege-System hinweist;

f) die Faltschachtel ist in durchsichtiges Zellophan gehüllt, das mit einem am oberen Drittel angebrachten roten Zellophanstreifen aufgerissen werden kann;

g) die grüne Farbe der Zahncreme ist auch auf der Tube und der Faltschachtel enthalten;

h) die Beschriftung der Tube gleicht jener der Faltschachtel. Der Tubenverschluss ist zylinderförmig, weiß und ist mit einem Ring versehen. Die Tubenschulter besteht aus Aluminium und ist glatt poliert;

i) Faltschachtel und Tube sind weiß mit schwarzem und grasgrünem Aufdruck.

Jeder Packung ist eine Beschreibung des sogenannten Pflegesystems sowie dessen Anwendung und Wirkung beigeschlossen. Die hiezu gehörige Zahnbürste wird ebenfalls als „mentadent C“ bezeichnet. Auf der Rückseite der Verpackung der Bürste kommt in Großbuchstaben das Wort „Massagebürste“ vor.

Die beklagte Partei erzeugt und vertreibt seit Februar 1976 eine Zahncreme unter der Bezeichnung „ship‑dent“. Ihre Ausstattung ist jener der vorgenannten Zahncreme ähnlich:

a) Sie ist ebenfalls durchscheinend, jedoch türkis gefärbt;

b) die Beschriftung der Faltschachtel gibt ebenfalls auf den zwei Längsseiten, ca. zwei Drittel der Fläche beherrschend, die Bezeichnung „ship‑dent“ in fetten, schwarzen Kleinbuchstaben wieder, die jedoch senkrecht stehen. Die übrigen Zeichen der Faltschachtel tragen die kleiner geschriebene Bezeichnung „ship‑dent“ in schwarzen Kleinbuchstaben sowie auf den beiden anderen Längsseiten fünfzeilige Schriftblöcke. Die Farbe der Schrift ist türkis. Auf den Hauptschauseiten schließt an die Marke „ship‑dent“ ein in den Farben türkis-weiss-türkis gehaltenes Feld an, welches mit dem Teil eines Gesichtes, vorwiegend Mund und obere Zahnreihe, unterlegt ist. Auf den beiden Schmalseiten der Faltschachtel befindet sich unter der Bezeichnung „ship‑dent“ jeweils ein türkis-weiss-türkis gefärbter Streifen;

c) die Faltschachtel ist in durchsichtiges Zellophan gehüllt und in der Mitte durch einen roten Zellophanstreifen aufzureißen;

d) der Tubenverschluss ist weiß mit engen Rillen, jedoch kegelstumpfartig geformt. Die Tubenschulter ist aus glatt poliertem Aluminium;

e) auf der Tube ist das auf der Schachtel vorkommende Schriftbild enthalten;

f) Faltschachtel und Tube sind weiß mit schwarzem Aufdruck der Bezeichnung „ship‑dent“. Alle übrigen Teile des Aufdruckes sind in türkis gehalten;

g) über der Großbeschriftung „ship‑dent“ befinden sich die Worte „das neue Pflegesystem“ und darunter: „pflegt erprobt Zahnfleisch und Zähne“. Zum Pflegesystem gehört die ship-dent-Zahnbürste. Diese unterscheidet sich von den am Markt befindlichen Zahnbürsten dadurch, dass die keilförmig zugeschnittenen Borsten parallel stehen.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, die Ausstattung der beiden Zahncremen besitze zwar viele Ähnlichkeiten, ermögliche aber unter Berücksichtigung der vielen auf dem Markt befindlichen Zahncremen doch eine ausreichende Unterscheidung, sodass eine Verwechslungsgefahr nicht bestehe. Die von den klagenden Parteien durchgeführte Kundenbefragung sei für die Verwechslungsgefahr bedeutungslos, weil die Zahncreme „ship‑dent“ erst einen Monat vor der Befragung auf den Markt gekommen sei und weil überdies gerade jener Teil des Schriftbildes den Befragten gegenüber verdeckt worden sei, der den wesentlichen Unterschied zwischen den beiden Zahncremen ausmache. Da die ship‑dent‑Zahnbürste eine von allen anderen gängigen Zahnbürsten verschiedene Ausformung der Borsten aufweise, könne von einem neuen Pflegesystem gesprochen werden.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss teilweise dahin ab, dass es mittels einstweiliger Verfügung der beklagten Partei verbot, eine Zahncreme in den geschäftlichen Verkehr zu bringen, die folgende Aufmachung der Faltschachtel und Tube aufweist:

 

a) Die Bezeichnung der Zahncreme in schwarzen, fetten Kleinbuchstaben der Schrifttype „Antiqua Olive grasse“ auf weißem Grund, wobei die Oberlinien der Buchstaben das sonstige Schriftbild kaum überragen;

b) die Produktbezeichnung kommt auf jeder der sechs Schauflächen je einmal vor;

c) an die Produktbezeichnung schließt sich auf der Tube und auf den beiden größten Schauflächen der Schachtel ein Streifen an, der bis zum Ende der Tube bzw der Schachtel reicht und etwa der Breite der Schrift der Produktbezeichnung entspricht;

d) auf den beiden größten Schauflächen der Faltschachtel links oberhalb der Produktbezeichnung scheint in kleinerem, türkis-grünem Druck die Beschriftung in Großbuchstaben auf, die etwa bis zwei Drittel der Länge der Produktbezeichnung erreicht;

e) unterhalb des letzten Drittels der Produktbezeichnung scheint ein zweizeiliger Schriftblock in etwa maschinschriftgroßen Buchstaben in zwei Zeilen auf;

f) die Schrift ist auf der Faltschachtel derart ungeordnet, dass

aa) der Produktbezeichnung, die auf den beiden größten Schauflächen steht, auf den anschließenden Schmalseiten ein eng beschriebener Schriftblock und

bb) dem an die Produktbezeichnung anschließenden Streifen der beiden größten Schauflächen jeweils die Produktbezeichnung auf den Schmalseiten entspricht;

insbesondere in Form der Verpackung wie Beilage ./H und ./0 1.

Im übrigen bestätigte es die abweisliche Entscheidung des Erstgerichtes.

Das Rekursgericht nahm zusätzlich als bescheinigt an, es falle erst bei genauem Vergleich der Faltschachteln beider Zahncremen auf, dass die Buchstaben der Marke „mentadent“ nicht völlig gerade stehen. Bei flüchtiger Betrachtung bemerke man dies nicht. Ferner sei der Schriftblock auf den schmalen Schauflächen links von der Marke angeordnet und die Worte der vorerwähnten Marke entsprächen in ihrer Länge etwa dem grünen Streifen auf der größeren Schaufläche. Auch diese Gestaltungselemente der Ausstattung ließen die Verpackungen ähnlich erscheinen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, der Schutz aller Farbtöne der Farbe grün sei nicht möglich. Überdies hätten die klagenden Parteien eine Verkehrsgeltung der grünen Farbe bezüglich ihrer Unternehmen nicht behauptet. Hinsichtlich der Ware (Zahncreme) sei der Unterlassungsanspruch daher nicht bescheinigt. Hingegen sei der aus der Gestaltung der Verpackung und der Ausstattung der Ware abgeleitete Anspruch der klagenden Parteien als bescheinigt anzunehmen. Die fast vollständig übereinstimmende graphische Gestaltung lasse eine planmäßige Nachahmung erkennen, sodass eine Täuschung des Publikums über die Herkunft des Erzeugnisses der beklagten Partei angenommen werden müsse. Da ein Verstoß gegen den § 1 UWG infolge dieser sklavischen Nachahmung vorliege, erübrige sich eine Untersuchung in der Richtung des § 9 Abs 3 UWG, insbesondere eine Überprüfung der Verkehrsgeltung der Ausstattung des Produktes der klagenden Parteien.

Nicht berechtigt sei hingegen der Sicherungsantrag hinsichtlich der für die Schachtel und die Tube verwendeten Farbkombination, weil diese kein spezifisches Merkmal einer Ausstattung sei und sich die Grüntöne ohnehin unterscheiden. Ebensowenig komme der Zellophanverpackung, der Tube und ihrem Verschluss kennzeichnende Kraft zu.

Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionsrekurse beider Teile. Die klagenden Parteien fechten den bestätigenden Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung an und beantragen dessen Abänderung im Sinne der Erlassung des Sicherungsantrages auch hinsichtlich der abgewiesenen Punkte. Der Revisionsrekurs der beklagten Partei richtet sich gegen den abändernden Teil der angefochtenen Entscheidung mit dem Antrag, die (abweisliche) Entscheidung des Erstgerichtes zur Gänze wiederherzustellen. In eventu wird (erstmals) beantragt, den Vollzug der einstweiligen Verfügung vom Erlag einer Sicherheitsleistung in der Höhe von S 300.000,— abhängig zu machen.

Rechtliche Beurteilung

Der von den klagenden Parteien erhobene Revisionsrekurs ist teils unzulässig, teils nicht berechtigt; jener der beklagten Partei ist zulässig und berechtigt.

 

Zum Revisionsrekurs der klagenden Parteien:

 

Da sich dieses Rechtsmittel gegen den bestätigenden Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung richtet, ist zunächst die Zulässigkeit des Revisionsrekurses zu prüfen. Gemäß dem § 528 Abs 1 Satz 1 Z 1 ZPO können Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz, durch die der angefochtene erstgerichtliche Beschluss bestätigt wurde, nicht mehr angefochten werden. Im Falle einer teils bestätigenden und teils abändernden Entscheidung des Rekursgerichtes kann allerdings regelmäßig auch der bestätigende Teil mit Revisionsrekurs angefochten werden. Die jüngere Rechtsprechung hat aber diese Möglichkeit auf solche Fälle eingeschränkt, in denen der bestätigende und der abändernde Teil der Rekursentscheidung in einem unauflösbaren sachlichen Zusammenhang stehen, so dass sie nicht auseinandergerissen werden können und daher auch die Zulässigkeit ihrer Anfechtung nur einheitlich beurteilt werden kann. Wenn das Rekursgericht über mehrere Gegenstände oder Ansprüche entschieden hat, die nicht in einem solchen inneren Zusammenhang stehen, sondern durchaus jeder für sich ein rechtliches Schicksal haben kann, dann steht einer Teilung der Entscheidung des Rekursgerichtes im Sinne einer abgesonderten Beurteilung ihrer Anfechtbarkeit kein Hindernis entgegen (ÖBl 1976, 36; ÖBl 1975, 89 u. v. a.).

Im vorliegenden Fall ist zu unterscheiden zwischen den in der Nachahmung der Warenausstattung (Faltschachtel, Tube) und den in der Nachahmung der Ware selbst (Zahncreme) angeblich bestehenden wettbewerbswidrigen Handlungen der beklagten Partei. Diese Ansprüche stehen jedoch nicht in einem unauflösbaren Zusammenhang, weil die behauptete Nachahmung der Warenausstattung durchaus wettbewerbswidrig im Sinne der §§ 1 oder 9 Abs 3 UWG, der gleiche gegen die Zahncreme erhobene Anspruch hingegen unbegründet sein kann und ebenso umgekehrt. Beide Ansprüche können daher ein unterschiedliches rechtliches und tatsächliches Schicksal haben. Da die abweisliche Entscheidung des Erstgerichtes hinsichtlich der Zahncreme vom Rekursgericht bestätigt wurde, ist der Revisionsrekurs, soweit er diesen Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung bekämpft, unzulässig. Das gleiche gilt für das Verbot, die Zahncreme als Bestandteil eines Pflegesystems zu bezeichnen, wenn ein solches nicht vorliegt. Diesbezüglich wird im Sicherungsantrag – im Gegensatz zum Klagsvorbringen – ausschließlich von einer Irreführung im Sinne des § 2 UWG ausgegangen, die mit den übrigen, alle auf einer behaupteten Nachahmung beruhenden Unterlassungsansprüchen in keinem unlösbaren Zusammenhang im oben dargelegten Sinn stehen. Der diesbezüglich bestätigende Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung ist daher ebenfalls nicht mehr anfechtbar.

Soweit der Revisionsrekurs zulässig ist, fehlt ihm die Berechtigung. Voraussetzung für eine wettbewerbswidrige Nachahmung im Sinne der §§ 9 Abs 3 oder 1 UWG ist unter anderem, dass die nachgeahmte Ausstattung (Verpackung) für ein bestimmtes Unternehmen eine kennzeichnende Kraft bzw – im Falle des § 1 UWG – eine kennzeichnende Eigenart schlechthin (ÖBl 1963, 106) besitzt. Diese Voraussetzungen treffen aber auf die in den abgewiesenen Punkten angeführten Merkmale der Ausstattung nicht zu. Weder die Verwendung eines schwarzen oder hellgrünen Druckes auf weißem Grund noch die Verpackung der Faltschachtel in durchsichtiges Zellophan, das mit einem roten Zellophanstreifen aufgerissen wird, noch die glatte Folierung der Schulter einer Tube noch die Gestaltung eines Tubenverschlusses mit weißer Farbe und Rillen noch die Verwendung von grüner Farbe auf weißem Grund bei der Gestaltung von Tube und Schachtel besitzen eine derartige kennzeichnende Kraft oder Eigenart. Eine Verkehrsgeltung der grünen Farbe oder der erwähnten Farbkombinationen wurde von den klagenden Parteien weder behauptet noch bescheinigt, wobei darauf Bedacht genommen werden muss, dass die klagenden Parteien die Farbe grasgrün verwenden, die beklagte Partei jedoch die Farbe türkis. Im übrigen ist auf die Ausführungen zum Revisonsrekurs der beklagten Partei zu verweisen. Soweit der Revisionsrekurs der klagenden Parteien zulässig ist, konnte ihm daher kein Erfolg beschieden sein.

 

Zum Revisionsrekurs der beklagten Partei:

 

Da sich dieses Rechtsmittel nur gegen den abändernden Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung richtet, ist es nach den oben angestellten Erwägungen zulässig.

Im übrigen ist von folgenden rechtlichen Erwägungen auszugehen: Die Nachahmung einer Warenausstattung (Verpackung, Umhüllung) und deren Verwendung in einer zu Verwechslungen im geschäftlichen Verkehr führenden Weise ist unter den Voraussetzungen des § 9 Abs 3 UWG wettbewerbswidrig. Fehlt es jedoch an der nach dieser Gesetzesstelle erforderlichen Verkehrsgeltung der nachgeahmten Warenausstattung als Kennzeichen des betreffenden Unternehmens, dann kommt an sich auch ein Verstoß gegen den § 1 UWG in Betracht. Die bloße Nachahmung ist jedoch für sich allein nicht schon sittenwidrig im Sinne dieser Gesetzesstelle. Sie muss vielmehr in allen wesentlichen Einzelheiten und unter besonderen Umständen der Unlauterkeit erfolgen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Nachahmende das Vorbild nicht nur als Anregung zu eigenem Schaffen benützen will, sondern wenn er ohne zwingenden Grund seinem eigenen Produkt die Gestaltungsform eines fremden, eigenartigen Erzeugnisses gibt und dadurch in den beteiligten Verkehrskreisen die Gefahr von Verwechslungen hervorruft. Es genügt eine gewisse Verkehrsbekanntheit, die auch dann anzunehmen ist, wenn Umstände vorliegen, die geeignet sind, eine Herkunftsvorstellung auszulösen. Die Nachahmung ist als unmittelbare Leistungsübernahme insbesondere dann sittenwidrig, wenn die gleiche technische Zielsetzung und der gleiche Gebrauchswert auch mit einer anderen Formgestaltung herbeigeführt werden kann, wenn also Muster eines Konkurrenten in allen Einzelheiten kopiert werden, obwohl eine unbeschränkte Fülle von Gestaltungsmöglichkeiten und Motiven zur Verfügung steht (4 Ob 344/74; ÖBl 1974, 11; ÖBl 1972, 92; ÖBl 1971, 100 u. v. a., Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 79 f; Möhring, Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung der sklavischen Nachahmung, Hämmerle-FS 231; Schönherr, GRURInt 1975, 237 ff).

Im vorliegenden Fall liegen jedoch weder eine Nachahmung in allen wesentlichen Einzelheiten noch Umstände im oben erwähnten Sinn vor. Wenn auch eine geringe Ähnlichkeit der graphischen Gestaltung der von der beklagten Partei vertriebenen Faltschachtel mit jener der klagenden Parteien nicht zu verkennen ist, so bestehen doch sehr bedeutsame Unterschiede, die die Annahme einer in allen wesentlichen Einzelheiten erfolgten sklavischen Nachahmung nicht rechtfertigen. Dies gilt insbesondere für die Größe der Schriftzeichen, für die Farben (grasgrün bzw türkis), für den Inhalt der Aufdrucke und für das rechts von der Produktbezeichnung verwendete Bild.

Die allerdings nur geringe Ähnlichkeit der graphischen Gestaltung der beiden Warenausstattungen vermag jedoch auch die Annahme einer Verwechslungsgefahr im geschäftlichen Verkehr nicht zu rechtfertigen. Entscheidend für die Beurteilung des Vorliegens einer solchen Gefahr ist der Gesamteindruck des Erscheinungsbildes der Warenausstattung und nicht etwa, wie dies die klagenden Parteien tun, eine zergliedernde Betrachtung der einzelnen Gestaltungsformen. Auch wenn man bedenkt, dass der Durchschnittskäufer die einander ähnlichen Waren meistens nicht gleichzeitig sieht, sondern fast immer nur mehr oder weniger blasse Erinnerungsbilder mit der betreffenden Ware vergleicht (Hohenecker-Friedl a. a. O., 50 f; ÖBl 1975, 95; 4 Ob 361/74 u. v. a.), kann eine Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall nicht angenommen werden. Hiebei ist zu bedenken, dass gerade das Anbot von Zahncremen im geschäftlichen Verkehr sehr reichhaltig ist, sodass die Konsumenten gewohnt sind, den Markenbezeichnungen und auch den Unterschieden in den Ausstattungen dieser Waren ein im Vergleich zu anderen Gebrauchsartikeln, die mit der Intimsphäre des Käufers nicht in Verbindung stehen, höheres Maß an Aufmerksamkeit zuzuwenden (vgl PBl 1963, 128). Entscheidend ist im vorliegenden Fall, dass der Gesamteindruck der beiden Verpackungsschachteln von dem Aufdruck „Mentadent‑c“ bzw der prioritätsälteren Marke „ship‑dent“ beherrscht wird. Da diese Markenbezeichnungen dem Konsumenten infolge ihrer graphischen Gestaltung ganz besonders ins Auge fallen und er auch aus den vorgenannten Gründen den Markenbezeichnungen von Zahncremen einen besonderen Grad an Aufmerksamkeit zuwendet, die anderen von den klagenden Parteien inkriminierten Gestaltungsformen eine kennzeichnende Kraft jedoch nicht besitzen, ist auch eine Verwechslungsgefahr im Sinn des § 9 Abs 3 UWG nicht anzunehmen.

Da somit weder ein Verstoß nach dem § 1 UWG noch ein solcher nach dem § 9 Abs 3 UWG bescheinigt ist, war dem Revisionsrekurs der beklagten Partei Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung in ihrem abändernden, eine einstweilige Verfügung erlassenden Teil dahin abzuändern, dass die abweisliche Entscheidung des Erstgerichts zur Gänze (das ist einschließlich der Kostenentscheidung des Erstgerichtes) wiederhergestellt wird.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 78, 402 EO, 40, 41, 50, 52 ZPO begründet.

 

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