OGH 3Ob517/76

OGH3Ob517/7620.9.1976

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Winkelmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Kinzel, Dr. Reithofer, Dr. Stix und Dr. Schubert als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A* A*, Taxiunternehmer, *, vertreten durch Dr. Karl Burka, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei J* H*, Pensionist, *, vertreten durch Dr. Rudolf Machacek, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 231.750,— samt Anhang infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 22. September 1975, GZ 7 R 168/75‑23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten vom 13. Mai 1975, GZ 1 a Cg 249/74‑18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0030OB00517.76.0920.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.208,80 (darin S 960,– Barauslagen und S 388,80 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrte vom Beklagten, mit dessen Tochter er von 1964 bis 1972 verheiratet war, für geleistete Arbeiten die Zahlung von S 231.750,—. Der Beklagte sei schon vor dem Erwerb des Hauses F* an den damals mit seiner Tochter verlobten Kläger mit dem Vorschlag herangetreten, bei der Instandsetzung des baufälligen Hauses zu helfen. Der Kläger habe diesen Vorschlag angenommen, weil der Beklagte erklärt habe, daß er das Haus je zur Hälfte auf seine Tochter und den Kläger überschreiben lassen werde. Er habe in der Folge von 1963 bis 1972 insgesamt 103 Wochen zu je 45 Stunden am Haus und im Garten des Beklagten gearbeitet. Bei einem angemessenen Stundenlohn von 50,– S sei der Beklagte um den Betrag von S 231.750,— bereichert. Nach der Scheidung der Ehe seiner Tochter und des Klägers sei der Beklagte zur Übertragung einer Liegenschaftshälfte nicht mehr bereit.

Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Er bestritt, die Übereignung der Liegenschaft an den Kläger und dessen Gattin jemals in Aussicht gestellt zu haben. Der Kläger habe wohl mit seiner Frau verschiedentlich an Wochenenden (bei der Instandsetzung des Hauses) mitgeholfen, sei jedoch hiefür in verschiedenster Form entschädigt worden. Der Beklagte erhob außerdem die Einrede der Verjährung und wendete hilfsweise „jene Beträge, die in der Klagebeantwortung als Leistungen des Beklagten angeführt sind“, zur Aufrechnung ein (AS 48).

Das Erstgericht wies das Klagsbegehren ab. Es stellte folgendes fest: Der Beklagte erwarb im Oktober bzw. November 1964 gemeinsam mit seiner Ehegattin das Haus F*, auf Leibrente. Noch vor der Vertragserrichtung wurden verschiedene Arbeiten am Haus vorgenommen, wobei der Kläger teils allein, teils zusammen mit Professionisten, Familienangehörigen und seiner Ehegattin am Wochenende und gelegentlich auch unter der Woche mitarbeitete. Der Kläger verrichtete diese Arbeiten auf eigenen Antrieb ohne Anordnung des Beklagten, weil sie ihm Freude machten. Gelegentlich wurde die Durchführung bestimmter Arbeiten gemeinsam besprochen. Für seine Arbeitsleistung begehrte der Kläger weder Entgelt noch erwähnte er dem Beklagten gegenüber, die Arbeitsleistung in der Hoffnung auf spätere Übereignung des Hauses zu erbringen. Der Beklagte unterstützte den Kläger in großzügigster Weise; er gestattete ihm während der Dauer seiner Ehe die kostenlose Benützung seiner Wiener Wohnung, überließ ihm einen alten Mercedes 180 Diesel, bei dessen Verkauf der Kläger einen Erlös von S 7.000,— erzielte, weiters einen zweiten PKW im Wert von S 20.000,— und gab ihm auch Geldbeträge. In F* erhielt der Kläger mit seiner Frau und seinem Kind unentgeltlich Unterkunft und Verpflegung. Die Ehe des Klägers mit der Tochter des Beklagten wurde 1972 geschieden.

Aus diesem Sachverhalt folgerte das Erstgericht, daß dem Kläger ein Rückforderungsanspruch nach § 1435 ABGB nicht zustehe, da der Kläger die Arbeitsleistungen nicht in Erwartung einer zugesicherten Gegenleistung erbracht habe. Der Kläger habe sich keine Gedanken darüber gemacht, ob er später das Haus erhalten werde. Die Arbeitsleistungen des Klägers könnten nur als Gegenleistungen für die ihm vom Beklagten gewährte Unterstützung angesehen werden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge. Es verneinte das Vorliegen wesentlicher Verfahrensmängel und übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis einer einwandfreien Beweiswürdigung. Rechtlich führte das Berufungsgericht aus, daß der Anspruch Familienangehöriger auf ein angemessenes Entgelt für die in der nichterfüllten Erwartung einer Vermögenszuwendung erbrachten Arbeitsleistungen eine bestimmte Zusage voraussetze, die für den anderen bestimmend gewesen sei, die Arbeitsleistung zu erbringen. Damit sei der mit der Leistung verfolgte Zweck zur Geschäftsgrundlage geworden, denn der Empfänger der Leistung müsse aus deren Zweckbestimmung entnehmen, daß er die Dienste nur bei Erreichung des Geschäftszweckes, also bei Erfüllung der Zusage ohne weitere Vergütung behalten dürfe, daß er somit entweder die als Erfolg angestrebte Gegenleistung erbringen oder die Dienste, denen sonst der Rechtsgrund fehle, entlohnen müsse. Der nach dem Willen der Parteien hervorleuchtende Endzweck der Arbeitsleistung müsse als vereinbarte Bedingung angesehen werden. Da aber der Kläger die Leistung erbracht habe, weil ihn der Beklagte bei dem Aufbau einer Existenz behilflich gewesen sei, fehle die Grundlage für den geltend gemachten Anspruch.

Der Kläger erhebt Revision wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil des Berufungsgerichtes aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt, die Revision abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Mit dem Revisionsgrund nach § 503 Z 2 ZPO rügt die Revision, daß Art und Ausmaß der beiderseitigen Leistungen nicht festgestellt wurden. Damit wird aber kein Verfahrensmangel aufgezeigt, sondern in Wahrheit ein Feststellungsmangel releviert, der mit dem Revisionsgrund nach § 503 Z 4 ZPO geltend zu machen wäre. Ansonsten erschöpft sich die Mängelrüge in Rechtsausführungen und der Behauptung, daß die Ausführungen des Berufungsgerichtes zum Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht überzeugend seien. Auch damit wird kein Verfahrensmangel im Sinn des § 503 Z 2 ZPO aufgezeigt. Der Revisionsgrund des § 503 Z 2 ZPO liegt daher nicht vor.

Die vom Kläger mit dem Revisionsgrund nach § 503 Z 3 ZPO bekämpften Ausführungen des Berufungsgerichtes, die Ergebnisse des Beweisverfahrens deckten überzeugend die Annahme des Erstgerichtes, daß die Leistungen des Klägers unter dem Gesichtspunkt der Abgeltung der unterstützenden Tätigkeit des Beklagten zu beurteilen seien, sind schon deshalb nicht aktenwidrig, weil es sich hiebei nicht um Feststellungen handelt. Darüberhinaus geben sie sinngemäß die Ausführungen des Erstgerichtes wieder, daß beim festgestellten Sachverhalt die Arbeitsleistungen des Klägers auf dem Grundstück F* nur als Gegenleistung für jene Aufwendungen verstanden werden könnten, die während der ganzen Zeit vom Beklagten dem Kläger gegenüber erbracht wurden. Dasselbe, nur mit anderen Worten, besagt die von der Revision gleichfalls als aktenwidrig bekämpfte Annahme des Berufungsgerichtes, daß sich der Kläger zu seinen Leistungen wegen der Unterstützung durch den Beklagten bestimmt gesehen habe. Diese Annahme lag also auch schon dem Urteil des Erstgerichtes zu Grunde. Der Vorwurf des Klägers, daß das Berufungsgericht von der ersten Instanz nicht festgestellte Tatsachen aktenwidrig als festgestellt wiedergegeben habe, ist daher ebensowenig berechtigt wie die Ansicht des Revisionsgegners, das Berufungsgericht habe ergänzende Tatsachenfeststellungen getroffen. Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit liegt demnach gleichfalls nicht vor.

Der Revision ist zuzugeben, daß der Anspruch auf ein angemessenes Entgelt für in der nichterfüllten Erwartung einer Vermögenszuwendung erbrachte Arbeitsleistungen keine bestimmte Zusage des Leistungsempfängers voraussetzt. Die Arbeit muß aber deutlich und unverkennbar im Hinblick auf einen bestimmten, dem Leistungsempfänger erkennbaren Erfolg geleistet werden, um bei dessen Verfehlung einen Anspruch auf ein angemessenes vom verschafften Nutzen unabhängiges Entgelt zu begründen (Bydlinski, Lohn- und Konditionsansprüche aus zweckverfehlenden Leistungen, Festschrift zum 60. Geburtstag von Walter Wilburg S. 54 ff., 61). Es ist auch richtig, daß nach § 1152 ABGB nicht die Entgeltlichkeit, sondern die Unentgeltlichkeit, der wirksamen Vereinbarung bedarf (Wilburg in Klang2 VI S. 470, Bydlinski aaO. S. 60), die aber auch aus den Umständen erschlossen werden kann. Ein Entgeltsanspruch ist ausgeschlossen, wenn nach dem Parteiwillen, hilfsweise nach den gesamten auf Grund redlicher Verkehrssitte zu beurteilenden Umständen des Falles die Arbeitsleistung das Gepräge der Unentgeltlichkeit hat (vgl. Bydlinski aaO. S. 56). Im allgemeinen werden Leistungen von Familienangehörigen keinen Bereicherungsanspruch auslösen, weil die berechtigte Erwartung der Unentgeltlichkeit besteht (vgl. Bydlinski aaO. S. 61). Nun ist festgestellt, daß der Kläger die Arbeiten auf dem Grundstück des Beklagten aus Freude an der Arbeit verrichtete und sich keine Gedanken darüber machte, ob er später das Haus bekommen werde oder nicht, da er nicht materiell eingestellt war (AS. 76). Daraus und aus den übrigen festgestellten Umständen haben die Vorinstanzen mit Recht den Schluß gezogen, daß der Kläger die Arbeiten verrichtete, um sich für die ihm zuteil gewordene Unterstützung erkenntlich zu zeigen. Bei diesem Sachverhalt kann keine Rede davon sein, daß der Kläger seine Arbeitsleistung in der Erwartung einer Vermögenszuwendung erbrachte; für den Beklagten als Empfänger der Dienste war nicht erkennbar, daß er diese nur dann ohne weitere Vergütung behalten dürfe, wenn er in der Folge sein Haus der Tochter und dem Kläger übereigne und der Kläger damit den mit seiner Arbeit bezweckten Erfolg erreiche (vgl. JBl 1974, 430 ua; Bydlinski aaO. S. 74 f.). Steht nun, wie im vorliegenden Fall, schon auf Grund anderer Umstände fest, daß die Leistung ohne Erwartung einer Vermögenszuwendung erbracht wurde, dann können Art und Umfang der erbrachten Leistungen für die Frage der Entgeltlichkeit keine Rolle spielen, sodaß die vom Kläger geltend gemachten Feststellungsmängel nicht gegeben sind. Den Vorinstanzen ist somit beizupflichten, daß dem Kläger ein Ersatzanspruch nicht zusteht.

Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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