European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0070OB00665.76.0916.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Dipl. Ing. F* ist am * ohne Hinterlassung eines Testamentes verstorben. Seine ehelichen Kinder sind der Rekurswerber E* sowie W* und G*. Da E* dem Gericht mitteilte, seine Schwestern hätten mit dem Erblasser zu dessen Lebzeiten mit diesem Erbverzichtsverträge abgeschlossen, weshalb der Einschreiter alleiniger Erbe sei, wurden die durch ihn erfolgte Bevollmächtigung des Dr. Erich Führer sowie seine Erklärung, die Verlassenschaftsabhandlung im Eingabenweg durchzuführen, zur Kenntnis genommen. Das Erstgericht gewährte dem Einschreiter für die Vorlage des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses und die Stellung der Schlußanträge eine Frist bis 1. Juli 1976. Die anderen Kinder des Erblassers waren bisher dem Verfahren nicht beigezogen worden.
Die erblasserische Tochter G* gab nach Erlassung des erwähnten Beschlusses des Erstgerichtes eine Erbserklärung auf Grund des Gesetzes ab und erhob gegen diesen Beschluß einen Rekurs wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens.
Mit dem angefochtenen Beschluß änderte das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß es den Antrag des erblasserischen Sohnes E*, ihm zur Vorlage des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses und zur Stellung der Schlußanträge eine Frist zu erteilen, abwies. Die Zurkenntnisnahme der Erklärung, die Verlassenschaftsabhandlung im Eingabenweg durchführen zu wollen, hob es auf. Es wies das Erstgericht an, die im Zuge der Abhandlung erforderlichen Amtshandlungen einem Notar als Gerichtskommissär aufzutragen. Lediglich die Zurkenntnisnahme der Bevollmächtigung des Dr. Erich Führer bestätigte das Rekursgericht. Es vertrat folgenden Rechtsstandpunkt:
Nach den §§ 75 ff und 116 f AußStrG müssen dem Abhandlungsverfahren sämtliche in Betracht kommenden Erben beigezogen werden. Nur wenn alle diese Personen der schriftlichen Durchführung der Abhandlung zustimmen, sei ein Fall des § 3 GKG gegeben. Da die Rekurswerberin gesetzliche Erbin nach dem Verstorbenen sei, hätte sie dem Verfahren beigezogen werden müssen. Da dies bisher nicht geschehen sei, könne sie mit Erfolg Rekurs erheben. Mangels ihrer Beiziehung könne keine Rede von einer Zustimmung sämtlicher Erbanwärter zur Durchführung der Abhandlung im Sinne des § 3 GKG sein. Demnach seien die entsprechenden Verfügungen des Erstgerichtes aufzuheben und es sei diesem die Einleitung einer Verlassenschaftsabhandlung im Sinne des § 2 GKG aufzutragen.
Gegen den abändernden und aufhebenden Teil dieses Beschlusses richtet sich der Revisionsrekurs des E* mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluß wiederherzustellen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht gerechtfertigt.
Der Rekurswerber meint, das Erstgericht habe mit Recht die Töchter des Erblassers dem Verfahren nicht beigezogen, weil diese einen Erbverzicht gegenüber dem Erblasser abgegeben hätten. Sie seien daher nicht mehr vermutliche Erben im Sinne des § 75 AußStrG.
Daß die Töchter des Erblassers zu den gesetzlichen Erben im Sinne des § 731 Abs 1 ABGB gehören und daher nach § 75 Abs 2 AußStrG, mangels Vorhandenseins eines Testamentes, vermutliche Erben wären, muß wohl nicht näher ausgeführt werden. Fraglich kann nur sein, ob der vom Rekurswerber behauptete Erbverzicht an dieser Erbeneigenschaft etwas geändert hat oder nicht.
Inwieweit das Abhandlungsgericht bei nachgewiesenem unbedenklichen Erbverzicht die verzichtenden Erben dem Verfahren beiziehen muß, kann hier unerörtert bleiben, weil dem Abhandlungsgericht ein Erbverzicht nicht nachgewiesen, sondern lediglich eine diesbezügliche Behauptung aufgestellt worden war. Die Abwicklung des Verfahrens ohne Prüfung der Richtigkeit dieser Behauptung stellt an sich einen Verfahrensmangel dar. Nachträglich hat jedoch eine der beiden Töchter, die angeblich auf ihr Erbrecht verzichtet haben, eine Erbserklärung abgegeben. Entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Meinung hätte das Gericht diese Erbserklärung nicht zurückweisen dürfen, weil über die Frage, ob ein Erbverzicht gültig erfolgt ist, nicht der Abhandlungsrichter zu entscheiden hat. Er hat vielmehr trotz dieses Erbverzichtes eine Erbserklärung des Verzichtenden anzunehmen und auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen (Klang2 III, 185 f JBl 1961, 367, SZ 29/48, NZ 1927, 35). Zumindest infolge Abgabe der Erbserklärung ist sohin die angeblich verzichtende Erbin Partei des Verlassenschaftsverfahrens geworden.
Nach § 2 GKG ist die Abhandlung in den dort genannten Fällen (von denen eine Ausnahme im vorliegenden Fall dem Akt nicht entnommen werden kann) von einem Notar zu führen. Das Recht, schriftliche Eingaben direkt an das Gericht zu richten, räumt § 5 Abs 1 GKG „den Parteien“ des Abhandlungsverfahrens ein. Hieraus kann abgeleitet werden, daß die Abhandlung in bestimmten Fällen auf schriftlichem Wege unter Ausschaltung eines Notars als Gerichtskommissär geführt werden kann. Da jedoch das Abhandlungsverfahren nur ein einheitliches sein kann, setzt seine Führung auf diese Weise voraus, daß sich sämtliche Parteien darüber einig sind. Die Abhandlung kann nur entweder durch einen Gerichtskommissär oder durch die Erbengemeinschaft (meist durch einen gemeinsamen Vertreter) geführt werden. Eine Mischform ist undenkbar, weil sie dem Prinzip der Einheitlichkeit des Abhandlungsverfahrens widersprechen würde. Die Führung dieses Verfahrens unter Ausschaltung eines Gerichtskommissärs in jenen Fällen, die in den §§ 1 und 2 GKG aufgezählt sind, kommt demnach nur in Frage, wenn dies alle Parteien des Verfahrens begehren. Da im vorliegenden Fall, wie bereits ausgeführt wurde, auch eine Tochter des Erblassers nunmehr Partei des Verfahrens ist und zwischen ihr und dem Rekurswerber keine Einigung über die Durchführung der Abhandlung auf schriftlichem Wege besteht, erweist sich die Entscheidung des Rekursgerichtes als richtig.
Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)